Beiträge von Mario_II im Thema „Ist die Spinne beim Newton der Killer ? (Lang ...)“

    @ Andreas
    Hallo Andreas,
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    Nochmal von der theoretischen: Diese undiskutierbar vorhandenen Spikes sind
    doch Streulicht das auf jeden Fall den Strehl des Gesamtsystem drückt, oder
    seh ich das falsch?
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    Erst mal eine kosmetische Berichtigung: Die Sache hat mit "Streuung" nichts
    zu tun, es handelt sich um "gebeugtes" Licht.


    1) Die "Spikes" haben mit dem Strehl nix zu tun - oder besser gesagt der Strehl
    (auch nur so eine "konstruierte" Vergleichsnummer, die mehrere Effekte zusammenfassen
    soll, damit man die Groesse von Gesamtfehlern von Optischen Systemen leichter
    vergleichen kann), ist so konstruiert, dass er das nicht einschliesst.


    2) Die Betrachtung eines einzelnen Sterns unter hoher Vergroesserung ist eines der
    schwierigsten Uebungen die man einer Optik ueberhaupt zumuten kann. Dumm gelaufen, dass
    Teleskope sich hauptsaechlich nur damit beschaeftigen...
    Nicht umsonst zeigt's einem der "Sterntest" die bittere Wahrheit ueber die Optik, wie's
    so schoen heisst.:
    Gerade bei Fernglaesern sieht man das immer wieder - War der Feldstecher beim
    beobachten des nachbarlichen Geschlechtsakts noch einigermassen scharf und schien
    optisch ok, dann zeigt dir ein Blick auf die Pleiaden sofort was Sache ist - Sternchen
    sind nicht nadelfein, sondern am Rand verzerrte flaechige Punkte, usw. Bei Sternen
    (Punktlichtquelle) sind alle Fehler in der Optik fast sofort offensichtlich.
    Diese Fehler schlagen sich in der Pointspread-Function (PSF) nieder. Das Ding beschreibt
    halt kurz gesagt, wie Punkte abgebildet werden.
    Das dir vermutlich bekannte Airy-Scheibchen ist z.B. das Nullte Maximum - also das Zentrum -
    dieser PSF (auch nur die halbe Wahrheit - die PSF ist eigentlich vierdimensional - AUA!
    aber geschenkt).
    Mit der PSF haelst Du die gesamte Information ueber die Abbildungsleistung einer Optik
    in Haenden. Damit weisst Du buchstaeblich alles, was die optik mit einem "Bild" anstellt.
    Aus dieser Information kann man dann u.A. ableiten, wie das Bild komplexerer Objekte sich durch
    die Optik veraendern werden. Die Funktion die dir dann z.B. den Kontrastverlust
    beschreibt, ist die oben genannte MTF. Auf der Y-Achse ist da der relative Kontrastverlust,
    auf der X-Achse dann die Groessenordnung des Objekts das Kontrast hat.
    Nicht einfach, die Sache, ich weiss, aber schau mal da unter "Obstruktion", das duerfte schon
    einiges klaeren (Und hat schon so manchen Obstruktionsparanoiker kuriert...):


    http://perso.club-internet.fr/legault/


    Auch etwas herumspielen mit Aberator hilft da viel.


    Nun ist der Fehler durch die Spinne allerdings recht klein.
    Daher faellt er auch - meine Meinung/Geschmack - primaer nur in der Astrofotografie
    ins Gewicht. An der Tatsache, dass dieser Fehler nur im Worst-case Szenario (heller Stern)
    ueberhaupt direkt sichtbar ist, kannst Du sehen, dass er nicht sehr gross ist.
    Bei komplexen Objekten, wie bei den oben gezeigten Saturn, ist sein Einfluss so klein, dass
    man schon ziemlich die Register der Bildverarbeitung bemuehen mussete, um das ueberhaupt zu
    sehen.
    An den Bildern von Nebeln, Galaxien, Planeten ist der Einfluss der Spinne also so gut wie nicht
    messbar, nur an den Sternen in diesen Bildern sieht man es.
    Demnach nimm' mal wirklich mit, dass die Sache mit den spikes eher ein aesthetische Frage
    ist, als eine praktische, mit der die Beobachtbarkeit von Objekten steht und faellt. Das ist
    zumindest meine Meinung.


    @Copernikus
    Hallo Copernukus,
    wenn dich wirklich interessiert, ob's bei deinem Vergleich die Spinne, oder die relativ hohe
    Zentralabschattung war (oder ganz was anderes), dann mach' doch einfach genau das, was dem Kurt
    nach 5.3s scharfen Nachdenkens eingefallen waere:
    Haeng vor den Vixen 102M doch einfach ein Kreuz aus Draehten, dessen Durchmesser in der
    selben Relation zur Oeffnung steht, wie beim das beim VMC200 der Fall ist. Und dann wird
    abwechselnd mit und ohne dem Ding Jupiter oder der Mond beobachtet.
    Und mit einem Schlag haben alle Mutmassungen woher Kontrast Verluste kommen sollte ein Ende. Nur zentrier es gut - mal als Tip.
    Schoen waere, wenn Du das Ergebnis hier posten koenntest.
    No Joke!


    Mario

    Hallo allerseits,
    Bei Astronomie.de war gerade die Mak-Newton Gemeinde dabei,
    die zugegeben gute Planetentauglichkeit ihrer Geraete herauszustellen.
    Als einer der wesentlichen Vorteile wird da immer wieder nebuloes auf
    den hinterhaeltig negativen Gesamteinfluss der Spinne bei Newtons bei
    Planetenbildern angespielt, was z.T. in recht gewagten Vergleichen
    wie - ein 8"MN zeigt am Planeten mehr als ein 12" LOMO - gipfelte
    (fairerweise gesagt: das wurde aber auch gleich wieder von denselben Leuten
    in einem besonneneren Moment ein Posting spaeter wieder relativiert...). [B)]


    Obwohl der Streit um die absolute Optik vermutlich aelter ist als die Astronomie
    selbst ( Dem Vernehmen nach hatte Kain einen Apo in der Faust als Abel mit dem
    Newton zuschlug) und ich ausserdem selber z.Z. sozusagen "newtonlos" bin und
    auch ueberhaupt nix gegen Mak-Newtons habe, dacht' ich mir trotzdem, naja so ganz
    unhinterfragt lasse ich mir die alten Newton-Arbeitstiere jetzt aber auch nicht
    zusammenhauen ... [;)]


    Nun habe ich leider keinen Dukatenesel hier stehen und kann daher beide
    genannten Vertreter der Gattungen in dem Kalliber nicht Ruecken an Ruecken stellen und einfach
    durchschauen, aber irgendwie dacht ich mir, das schauen wir uns doch trotzdem
    irgendwie mal an.


    Ich habe mir also mal ein Saturn-Bild geschnappt (Voyager Aufnahme: so gut
    wird man's wohl nie sehen hehehe...) und ein "Standard-Testbild" (breitere
    Kontrastpalette) und die mal mit der jeweiligen PSF-durchgefaltet, ganz so
    wie's Aberrator auch macht. Interessiert hat mich, wie sich eine 3mm Spinne
    auf den relativen Kontrast am Planeten auswirkt und ob der 8"MN theoretisch
    wirklich eine Chance haette da die fehlenden "harten" Zoll Oeffnung irgendwie
    wieder gut zu machen.


    Hier das Testbild im Original:




    Das kam dabei heraus (man konzentriere sich auf den relativen Kontrastverlust,
    speziell an der Cassini-Teilung):


    <b>
    Der 8"er ohne Spinne und mit 20% Obstruktion.
    </b>



    <b>Der 12"er ohne Spinne und mit 20% Obstruktion.</b>



    <b>Der 12"er mit Spinne (3mm vierarmig) und mit 20% Obstruktion.</b>



    Die Planeten-Bilder sind uebrigens jeweils TATSAECHLICH NICHT GLEICH. Zwischen 8" und
    12" sieht man noch den Unterschied, zwischen 12" mit Spinne und 12" ohne Spinne
    musste ich allerdings die Rohdaten voneinander abziehen um's ueberhaupt zu sehen.
    Ich denke man sieht deutlich KEINEN den dramatischen Einfluss der Spinne auf den
    Planetenkontrast und auch das kontraststarke Testbild, dass beinahe alles an den Tag
    bringt, was da an den Tag zu bringen waere, gleicht wie ein Ei dem anderen.
    Der Vollstaendigkeit halber hier noch die auf 12" unobstr. normierten
    MTF-Diagramme:

    Man vergebe mir die fehlenden Achsenbeschriftungen. Gestrichelt ist der 8"
    im Vergleich zum durchgezogenen 12" (mit und ohne Spinne, in der Aufloesung
    nicht zu trennen). Es ist ja gemeinhin bekannt, dass sich die maximale
    Aufloesung linear mit der Oeffnung skaliert. Daher ist der Nulldurchgang der
    MTF natuerlich fuer den 12er erwartungsgemaess auch bei 1.5 mal hoehren
    Ortsraumfrequenzen im MTF Diagram zu finden. Die Spinne muesste schon 33%
    Kontrastbandbreite schlucken, bevor der 8er eine reelle Chance haette. Ich
    hab's jetzt nicht fuer dickere Spinnenarme gerechnet, aber ich denke, wenn
    man seinen Fangspiegel nicht quasi einmauert, dann kann man diesen Fall wirklich
    voellig vergessen. Und auch bei gleicher Oeffnung ist die Spinne keineswegs der Killer.


    (Der Vollstaendigkeit halber: Da jetzt noch ein Newton-Koma reinzufalten habe
    ich mir jetzt gespart, det is' am Planeten bei halbwegs humaner Brennweite
    eh' nicht der Brecher.)


    Mein Fazit:
    Tja, also abgesehen von der logischen Tatsache, dass ein 12"er aufgrund der
    groesseren Masse langsamer auskuehlt, unhandlicher blabla usw, etc pp.
    ist es mir jetzt rein von der Optik her wirklich schleinerhaft, wie das denn
    sein koennen sollte, das ein guter Mak-Newton einen guten Newton - Spinne hin,
    Spinne her - bei gleicher Brennweite aber mit erheblich weniger Oeffnung am
    Planeten trotzdem in die Tasche stecken soll. Schon bei DERSELBEN Oeffnung
    konnte ich den Unterschied bedingt durch die Spinne nur ueber eine Subtraktion ausfindig
    machen.


    Soweit die Theorie:
    Da muss ich doch jetzt mal hier die Gemeinde mit den grossen Rohren nach ihren
    realen Eindruecken aus der Praxis fragen:
    Koennt ihr meine Ueberlegungen bestaetigen oder war's mal wieder ziemlich spaet
    um geradeaus zu denken und ich hab' hier Kappes verzapft?
    Mario