Beiträge von Manfred Holl im Thema „Das erste Teleskop?“

    Hallo Holger!


    Du meintest:
    Na sowas, wir sind hier doch unter Astronomen, Physikern, Postivisten. Und dann plötzlich Diskussionen über Hermeneutik und Interpretation?


    Wenn man sich einem komplexen Thema wie Leonardo da Vinci nähern will, braucht man schon eine bestimmte Vorgehensweise, das sollte hier deutlich gemacht werden. Leute, die Quellen falsch verstanden oder interpretiert haben und das dann als Wahrheit verkaufen, gibt es leider viel zu viele.


    Dass sich der Thread hier ein wenig in die Richtung "richtige Interpretation der Quellen" verlagert hat, ist nicht schädlich, sondern eher sinnvoll.


    Gerade bei Leonardo mischen sich oft Dichtung und Wahrheit. So hat er zwar (sofern ich richtig informiert bin), Modelle entworfen, mit denen man man vielleicht hätte fliegen können (so wurde es in dem Zweiteiler auf N 3 über Leonardo neulich dargestellt). Irgendwo hatte ich dann im Web gelesen, dass Leonardo Luftschiffe und Atom U-Boote entwickelt haben soll ...


    Um hier Dichtung von Wahrheit zu trennen ist eine grundsätzliche Diskussion über den Umgang mit Quellenmaterial richtig und wichtig. Ob man das zu einem gesonderten Thema hätte machen können, darüber ließe sich sicher diskutieren.


    Der kritische Umgang mit den Quellen muss jedoch stets im Hinterkopf bleiben, um nicht Irrtümern aufzusitzen.


    Viele Grüße

    Hallo Tom!


    Du meintest:


    Deine Sichtweise ("Vorsicht statt Generalverdacht") ist absolut berechtigt. Ich habe auch versucht klar herauszustellen, dass es sich im Falle des (vermeintlichen?) Leonardo-Teleskops nicht um bewiesene Fakten handelt. Allerdings fand ich den Artikel derzeit spannend, dass ich mir dachte, dass Nachforschungen in diesem Thema wahrscheinlich sinnvoll wären.


    Das auf jeden Fall, auch wenn sich am Ende herausstellt, dass Leonardo kein Teleskop gebaut oder konstruiert hat.


    Du meintest:
    "Pfleglicher Umgang mit der Geschichte" bedeutet m.E. vor allem, klar zwischen Erkenntnissen und Belegen einerseits und Interpretationen andererseits zu unterscheiden. Echte Wissenschaft ist stets ergebnisoffen. Man braucht nicht jeder Ente nachlaufen, aber sollte auch nicht die Chance verpassen, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.


    Genau so ist es. Niemand sollte sich davon abhalten lassen, ein interessantes Gebiet zu erforschen, entscheidend sind dabei die Mittel und Wege, die eingesetzt werden, und das man nicht voreingenommen an die Sache herangeht!


    Außerdem meintest Du:
    Am Thema Astronomiegeschichte habe ich zwar großes Interesse, jedoch geht es nicht soweit, dass ich eigene Quellenforschung betreibe. Die "üblichen Vorsichtsmaßnahmen" z.B. bei der Interpretation megalithischer Steinsetzungen sind mir durchaus geläufig. Auch gefällt mir sehr, dass sich Prof. Schlosser bei einem Bonner Vortrag zur Himmelsscheibe von Nebra auf die Fakten konzentriert hat und sich von den Interpretationen ausdrücklich distanzierte.


    Das Thema Nebra ist fast für einen eigenen Thread geeignet, da es auch einige grundsätzliche Probleme offenbart. Im Prinzip gibt es, was Nebra angeht, vier Lager: Die Astronomen, wie Prof. Schlosser, die einen astronomischen Bezug erforschen, die Archäologen, die einen kultischen Bezug herstellen wollen, diejeniegen, die beides zu verbinden versuchen und die Spekulanten.


    Grundsätzlich betrachtet ja jeder Mensch ein Wissensgebiet durch seine eigene Brille. In der Archäologie wird bei der Deutung von Schriften so vorgegangen, dass man nicht nur den Text zu interpretieren versucht, sondern auch ergründen möchte, was der Autor für ein Mensch war, und warum er das, was er geschrieben hat, so geschrieben hat und nicht anders. Als vergleichendes Beispiel kann man die Politik nehmen. Da wird ein Sachverhalt von einer Regierung fast immer anders interpretiert, als von einer Opposition. Gleiches gilt eben auch für die Archäologie.


    Liegen keine schriftlichen Quellen vor, wie bei der Himmelsscheibe, wird eine Deutung sehr schwierig. Wenn Herr Prof. Schlosser jetzt die Sache kritischer sieht, ist das schön, denn seine ersten Äußerungen sahen in der Himmelsscheibe ein eindeutigen Beleg für eine prähistorische Sternwarte auf dem Mittelberg, was natürlich sein kann, aber nicht muss. Ist das, was Archäologen wie Dr. Meller vermuten, evtl. ein kultischer Gegenstand, so gab es am Mittelberg keine Sternwarte, sondern "nur" einen Kultplatz. Ich denke aber, das man das nie mit Sicherheit wird feststellen können. Nur jede der Seiten muss dann halt auch so ehrlich sein, und kundtun, das die eigene Sichtweise eine der möglichen Varianten darstellt und nicht absolut betrachtet werden darf. Und wenn man sich die Theorien zur Himmelsscheibe ansieht, so wurde diese kritische Herangehensweise nicht von Anfang an praktiziert. Mittlerweile ist aber erfreulich zu beobachten, dass die beiden Hauptrichtungen, also Astro und Kult sich selbst auch kritisch sehen!


    Viele Grüße

    Hallo!


    Leornardo da Vinci war schon so etwas wie ein Universalgenie. Daher kann sicher nicht ausgeschlossen werden, das er auch mit Linsen herumexperimentiert hat, was dabei herausgekommen ist, werden wir wohl nie erfahren.


    Andererseits möchte ich davor warnen, in die Aufzeichnungen zu viel hinein zu deuten. Ich muss zugeben, den STERNZEIT-Artikel nicht zu kennen. Es ist aber leider häufig so, dass in Andeutungen, lückenhaften Aufzeichnungen etc. oft mehr hineininterpretiert wird, als tatsächlich dahinter steckt. Es passiert dann oft, das Genies Sachen zugeschrieben werden, wo einfach nicht greifbar ist, ob sie es wirklich getan haben, oder nicht.


    Geschichte ist immer interpretierbar, das macht sie ja so reizvoll, das aber verpflichtet auch zu einem pfleglichen Umgang damit.


    Viele Grüße