N'Abend Kurt
FringeXP paßt eine gewichtete Kombination der ersten 24 Zernikepolynome an die
tatsächliche Wellenfront an, hier mal eine Übersicht über die ersten 18:
Wie Du oben siehst, kann man mit sphärischer Aberration erster Ordnung eine radialsymmetrische
Wellenfrontabweichung darstellen:
In der Mitte geht's hoch, dann zum Rand hin herunter und ganz am Rand wieder hoch.
Höhere Ordnungen nehmen dann noch mehr Durchschwinger mit:
Sphärischer Aberration zweiter Ordnung z.B. stellt dann einen Durchschwinger mehr da:
hoch - runter, hoch - runter, hoch
Sphärischer Aberration dritter Ordnung dann noch einen Schwinger mehr:
hoch - runter, hoch - runter, hoch - runter, hoch
Eine höhere Ordnung der sphärischen Aberration paßt FringeXP (und auch die meisten anderen Programme)
nicht mehr an.
Was passiert aber, wenn man tatsächlich eine volle Schallplatte (zugegeben: unwahrscheinlich) schleifen
sollte: hoch - runter, hoch - runter, hoch - runter, hoch - runter, hoch ???
Na ja, dann läßt FringeXP (oder jedes andere Auswerteprogramm, daß sphärisch bis dritter Ordnung fittet)
diesen Fehler vollständig außer Acht - es wird Strehl 0,99 ausspucken und in der dargestellten Oberfläche
ist die Choose unsichtbar, selbst wenn die Rillen abgrundtief wären.
Diese Überlegungen sind auf die anderen Polynome übertragbar, nur recht schnell unanschaulich, so kann z.B
ein "Tortenstückchenfehler" mit mehr als zehr Stückchen a la hoch-tief-hoch-tief auch nicht mehr dargestellt
werden.
Aber das macht eigentlich nichts, schließlich hat jede Methode ihr Limit, wichtig ist ja nur, daß man's kennt:
Denn trotzdem ginge diese ja ziemlich üble Tatsache voll in den "RMS fit Error" ein und ein Blick darauf würde
einen sofort alarmieren, daß die errechnete Zernikeoberfläche eben <i>nicht</i> den Meßwerten entspricht.
Aus dem Grund stellt Fringe XP den Wert auch da.
> Der ist hier aus dem Beispiel der Auswerung des beinnahe Ideal I- Grammes (s. Antwort an Alois).
> Bei meinen CoC- Messungen im Iso- Tunnel lag der RMS- Fit Error bei 0,03. Der hängt nach meinen
> Erfahrungen auch recht stark von der Qualität der Streifen ab.
Wenn z.B. die Streifenqualität mies ist, gaukelt diese Tatsache FringeXP wesentlich feinere Oberflächefehler
vor, als erstens tatsächlich vorliegen und zweitens FringeXP noch in Zernikepolynome anfitten kann.
Der Fehler (reine Fausregel) sollte sich deutlich im unterem einstelligen Prozentbereich vom RMS-Wert der Auswertung
bewegen, wenn er zweistellig wird, dann würde ich das Endergebnis mit ziemlicher Vorsicht als vielleicht groben
Richtwert betrachten...
Aber bevor Du mich hier nun mißverstehst: Dies ist eine Ergänzung zu deinen Ausführungen oben, denn diese von mir
beschriebenen rein aus der Methode der numerischen Auswertung hinzukommenden Fehler addieren sich <i>zusätzlich</i>
zu den von dir oben behandelten Fehlern aus Thermik, ungenauer Aufbau, weitere optische Bauteile & Co noch dazu,
werden aber sehr gerne unterschlagen. Ich habe das mal angeschnitten, weil's der Robert angesprochen hat und man über
diese Art der Probleme eigentlich nie liest.
Hi Robert,
> Unglaublich Mario, träum' ich noch oder
> gibt es das Programm wirklich?
>
> Staunend,
> Robert
Ich werde mich hüten dafür irgendwelche Vorschußlorbeeren zu kassieren:
Erstens mal ist die Sache noch nicht so vollständig fertig, daß ich die Allgemeinheit darauf loslassen möchte
und zweitens muß man halt auch dazu sagen:
Es gibt auch noch andere sehr gute Auswertemethoden/Programme, (wie z.B. rFringe) die nur, weil sie halt nicht gleich
soooo anwenderfreundlich sind, nicht so bekannt sind, aber ebefalls
einiges mehr (+den Sourcecode) bieten, als FringeXP.
Außerdem sind die numerischen Methoden die all diesen Programmen zu Grunde liegen inzwischen Jahrzehnte alt und stehen in x-Büchern drin, die zum Teil
schon ihre dritte/vierte Auflage feinern.
Weiterhin wird oft einfach über die falschen Sachen gestaunt - z.B. die PSF zu berechnen ist numerisch ein Klacks:
Wenn man erst mal die Wellenfront hat (wie z.B. in FringeXP), dann einfach eine zweidimensionale Fouriertransformation
durchführen und quadrieren.
Das war's eigentlich schon, fertig ist die PSF.
Anders macht's z.B. "Aberrator" auch nicht.
Jetzt will man noch die MTF haben, keine Affaire: Einfach die zweidimensionale Fouriertransformation der PSF ausrechenen
und den Betrag davon nehemen. Fertig isses.
Wenn man die paar kümmerlichen Zeilen Code sieht, dann ist man alles andere als beeindruckt ...
Das Problem ist aber, daß zu viele beidruckt sind und sich nicht mal locker dran wagen - ziemlich schade.
Gruß Mario