Beiträge von Mario_II im Thema „Was bringt der CHROMACORR wirklich???“

    Ja Stefan,
    tatsächlich eine interessante Frage, nicht wahr?
    Was ist eigentlich das <i>wahre</i> Bild, die <i>echte</i> Farbe?
    Kein Sensor, ob CCD oder CMOS, ob Dia- oder Negativfilm nimmt Farben mit derselben
    Farbballance wie das menschliche Auge war.
    Schon zwischen zwei Individuen kann es ganz erhebliche Unterschiede in der Farbwahrnehmung
    geben, muß ich dir ja nicht erzählen...
    Man muß die Farbkanäle je nach Sensor unterschiedlich wichten, um zu einer
    Farbballance zu kommen, die einigermaßen einer <i>gemittelten</i> menschlichen
    Farbwahrnehmung entspricht.
    In sofern ist jedes Bild, selbst ein unbearbeitetes Rohbild von einem CCD-Sensor
    immer schon "bearbeitet" oder nicht "echt".


    Leute die im Grafik/Design arbeiten wissen, was für ein Gezerre es ist, z.B. einen
    Scanner, einen Monitor und einen Farbdrucker so in ihren Farbwichtungen zu kallibrieren,
    daß das was man vorne in den Scanner reinsteckt, dann hinten mit der exakt gleichen
    Farbenwichtung auch genauso wieder aus dem Drucker herauskommt.


    Und es ist ebenfalls richtig, daß man z.B. Amplitudendaten, also rein "monochrome" Information
    natürlich in Falschfarben, oder mit nichtlinearen Farbrampen darstellen und dann werden auch
    Radar-, Röntgen-, IR- , Ultraschall [...] Bilder zum Zweck der besseren Darstellung dramatisch bunt.
    Damit kann man winzige Unterschiede dramatisch aufblasen oder riesige Differenzen darstellbar
    herunterskalieren.


    All das ist natürlich völlig legitim, aber man muß schon dazu sagen, daß es sich dann erstens
    um Falschfarbendarstellungen handelt und zweitens eine Farbskala danebenhängen, sonst ist das
    Bild uninterpretierbar.
    Was hier trotzdem erhalten bleibt ist die vorhandene Bildinformation: Sie wird entwedergefiltert
    oder eben anders gewichtet, kommt aber in jedem Fall erst einmal aus dem Bild und somit vom abgebildeten
    Objekt.


    Warum empören sich aber einige trotzdem über die Art und Weise, wie der Tom die Bilder bearbeitet hat?


    Na ja, die Diskussion fing mit der Frage an, daß ein visuell optimierter schneller Frauenhofer nun mal eine
    ziemliche mäßige Wiedergabe der blauen Bildinformation hat.


    Nun hat der Tom das relativ matschige Saturnbild bearbeitet und, siehe da, es lacht einem der Saturn entgegen,
    so wie man ihn eben aus Film, Funk und Fernsehen kennt ...
    Danach kam irgendwo der anerkennende Stoßseufzer vom Markus Lotz (müßte man jetzt noch mal im Thread nachschlagen wo genau):
    Na schau doch mal, was man aus dieser Aufnahme noch alles <i>herausholen</i> kann.


    Und da liegt meiner Ansicht nach der entscheidende Fehler, der auch so einige andere dann instinktiv und
    wohl auch nicht zu Unrecht aufzucken lies:
    Nein, dieses Bild ist eben nicht aus den Bilddaten des Frauenhofer "herausgeholt" worden.


    Um diese Darstellung hinzubekommen, hat der Tom allerdings die blauen Bilddaten des Frauenhofer komplett
    in den digitalen Eimer befördert, aus dem Rot/Grün-Kanal die Bildinformation auf blau kopiert und dann
    alle Kanäle soweit per Hand nachkallibriert, bis ihm rein visuell die Sache anderen bekannten
    Bildern vergleichbar erschein. Zum "subjektiv korrekten" Farbabgleich brauchte er natürlich ein anderes
    Farbbild vom Saturn mit vorhandener blauer Bildinformation. Und wenn es nur das war, daß er noch im Gedächtnis
    hatte...
    Das neue sythetisierte Bild enthält natüerlich keine wirkliche "blaue" Bildinformation, zumindest keine die direkt
    vom Saturn kam. Das ganze klappt natürlich auch prima am Saturn, weil der als eher gelblicher/weißer Planet kaum
    Bildinformationen sendet, die in den anderen Kanälen nicht auch enthalten wäre. Daher kann man Blau auch so sang und
    klanglos fallenlassen und kriegt die Sache über einen Farbabgleich trotzdem einigermaßen "naturgetreu" wieder hin.


    Die gleiche Art der Bildbearbeitung wäre allerdings z.B. bei den blauen Tälern des Mars ziemlich auf Grund gelaufen.
    Da wäre Bilddetails auf Nimmerwiedersehen verschwunden und andere Strukturen, wie die rötlichen Staubwüsten, wären
    dagegen überproportional verstärkt worden.


    Ich fand es daher - mal nebenbei - übrigens bemerkenswert (!), daß z.B. deine Marsfotos letztes Jahr einer Simulation mit den Maren
    gegenübergestellt waren, um mal zu sehen, was denn von der aufgenommenen und bearbeiteten Bildinformation auch tatsächlich
    den Realitäten entspricht.
    Naja, aber in dem Fall hier ist der Anspruch eben ein anderer: Du wolltest einen Gegenstand eben abbilden, der Tom
    oder der Roland wollen eben eben in erster Linie einfach mal ein ästhetisches Bild.

    Trotzdem ist Toms Art der Bearbeitung natürlich völlig legitim, nein, die Art ihres Einsatzes als Argument in Sachen
    Frauenhofer ist es eben nicht (Wobei fairereweise gesagt werden muß, daß nicht er es so hingestellt hat, daß hatte
    sich aus dem Verlauf des Threads so ergeben).


    Das sieht man spätestens dann, wenn man diese Art der Argumentation auf die Spitze treibt, denn dann kann
    man ja auch argumentieren: Auch mit einem schnellen Frauenhofer und einer Schwarzweißkamera (ohne irgendwelche Filter
    einzusetzen) kann man gute Farbbilder machen.
    Alles was man macht ist sich aus dem Internet ein Farbbild zu besorgen, sich daraus drei Farbkanäle zu mit geringer
    Auflösung zu synthetisieren, diese dann einzeln etwas nachzubearbeiten und über das selbst aufgenommene hochauflösende
    schwarzweiß-Amplitudenbild drüberzustülpen und fertig ist das RGB-Bild dann einer bekannten farbechten Aufnahme entspricht.


    Jeddenfalls,
    Gruß
    Mario