Hallo Martin,
ist es dir wirklich so egal, wo deine Informationen herkommen? Immerhin geht es um die Frage wie glaubwürdig eine Quelle ist. Unterschätze nicht die Macht der NASA-PR (die europäischen Wissenschaftsorganisationen üben noch was das angeht), dort arbeiten Marketingfachleute und keine Wissenschaftler. Jedermann/frau kennt heute Hubble, weil seine PR-Abteilung aus mehr als zwei Dutzend Leuten besteht, die den ganzen Tag nix anderes machen als Hubble zu promoten. Eine Folge davon: Jedermann/frau denkt auch, Hubble wäre das größte, dickste, tollste, was die Astronomie zu bieten hat, dabei stimmt das schlicht und ergreifend nicht. Hubble ist mittlerweile ein Oldie, der in seiner Performance an den meisten Stellen längst von anderen Observatorien eingeholt wurde oder wo von je her andere Observatorien besser waren. Nur die kennt halt keiner, weil sich allenfalls ein Freiwilliger eine Stunde die Woche damit auseinandersetzt, deren Ergebnisse zu verbreiten. Und was die "Konkurrenz" so treibt, das erzählt einem ein Marketingmensch ja nicht. Keine, wirklich keine Pressemitteilung, die eine Forschungseinrichtung verbreitet, ist neutral. Vermarktet wird auch in der Wissenschaftskommunikation nur das, was man selber gemacht hat, bzw. die positiven Aspekte eines Projektes. Und natürlich spielen die Marketingexperten mit dir, damit du Dinge in das Geschriebene rein (und damit über)interpretierst, die dort so gar nicht stehen.
In diesem Sinne gilt für JWST. Es ist mitnichten DER Hubble-Nachfolger, sondern vielmehr ein stark spezialisiertes Instrument mit tollen Neuerungen, aber eben nicht nur Stärken sondern auch Schwächen. Exoplaneten stehen da eigentlich hauptsächlich deshalb auf der Agenda, weil das nunmal derzeit in Mode ist. Insofern: Sei einfach vorsichtig mit dem stumpfen Nacherzählen von Phrasen wie "atmosphärische Unruhe... grosser Vorteil von Weltraumteleskopen gegenüber erdgebundenen Teleskopen", die man irgendwo aufschnappt, denn das ist Stand der Dinge von vor 15, 20 Jahren. Und nein, es gibt de facto keinen Königsweg um an neutrale Informationen zu gelangen, es sei denn, man hält die Augen auf und informiert sich auf breiter Ebene.
Ach ja: Auch in wissenschaftlichen Wikipedia-Artikeln sind immer wieder PR-Leute unterwegs bzw. die Texte wurden von gutgläubigen Leuten verfaßt, die den PR-Sperrfeuer auf den Leim gegangen sind. Wobei bei der deutschen Wikipedia eher das Problem ist, daß die Texte häufig veraltet oder oberflächlich sind. Was übrigens nix damit zu tun hat, daß man ein wörtliches Zitat aus der Wikipedia als solches kennzeichnen muß, egal ob "Wikipedia nun alle kennen".
Viele Grüße
Caro