Beiträge von Astrohardy im Thema „Aufgeblasener Aufwand für Astrophotos“

    >Ich kenne ein paar Leute, die aber für solche Problemchen absolut keine Zeit haben, weil berufstätig und in der kargen Freizeit eben familiäre Interessen klarerweise an erster Stelle stehen. Wenn da so ein Clown mit seiner Ausrüstung angerauscht kommt, mit der er Probleme hat, zieht sich doch jeder zurück. Ist doch so.<


    Zieh nach Hamburg [:)]. 65-jährige Clowns schrecken uns nicht. Ich glaube aber auch, dass das andernorts nicht anders ist.


    Hartwig

    > wir stimmen wohl überein, dass es viele schöne Astrofots gibt, doch muss man sie selbst aufnehmen? <


    Ja. Muss man. Oder muss man nicht. Man muss das nur, wenn es Spaß macht. Außerdem ist es durchaus möglich, Sachen aufzunehmen, die SO keiner aufgenommen hat. Die brauchen dann auch nicht unbedingt spekatkulär aussehen. Und außerdem finde ich es ungemein interessant und fesselnd, sich in Bildverarbeitungstechniken einzuarbeiten. Auch kann man, wenns gut läuft, doch durchaus nebenher visuell beoachten. Dieses Entweder-Oder sehe ich einfach nicht. Meine besten Astroerlebnisse verbinde ich mit dem Sowohl- als - auch!


    Hier mal ein paar Sachen aus meiner eigenen Küche.


    http://www.flickr.com/photos/a…y/sets/72157626988498591/
    (beachte Lichtwechsel des Kleinplaneten, er hat 15. Größe!)


    http://www.flickr.com/photos/a…y/sets/72157634094166650/
    (das Event hat übrigens ein Sternfreund visuell mit einem Dobson parallel verfolgt. Den Stern 11.Größe hat er vorher auf meinem Monitor identifiziert)


    http://www.flickr.com/photos/astrohardy/8802008536/
    (während die automatisierte Kamera die Bilder gemacht hat, gleichzeitig gründlich visuell geguckt - intensivstes visuelles Sofi-Erlebnis von 6 Sofis - u.a. erstmals im Leben "Mondgesicht" im Feldstecher visuell. Zuhause mehrere Abende Bildverarbeitung - und selber eine Methode entwickelt, mit der man sowas bearbeiten kann.)


    OK, die ersten Beispiele sind nicht gerade "pretty", aber ich hätte sie ohne etwas Pretty-Picture-Erfahrung mit DMKs und GOTO-Montis niemals machen können.


    Oder guck Dir die Entdeckungen von Jupiter-Impacts durch Antony Wesley. Der nutzt die Pretty-Picture-Planetenaufnahmetechnik, aber er fotografiert auch dann mal Sachen, die definitiv nur wenige außer ihm fotografiert oder gesehen haben. Zum Beispiel Impacts auf Jupiter. Und dann schreibt zum Beispiel ein Spanier eine Software, mit der ich in MEINEN Jupitervideos solche Impacts identifizieren kann (bisher waren keine drauf, aber wer weiß?). Gerade die Bildauswerte - Bildverarbeitungs- Community finde ich intellektuell extrem anregend.


    Man MUSS sowas nicht machen. Man muss auch nicht mit Ethos und Ringordner bewaffnet nächtelang Objekte mibbm Dobson "abarbeiten". Oder Zeichnungen machen, auf denen man nix sieht. Aber all das befriedigt ungemein. Und zwar wahrscheinlich verschiedene Typen von Zeitgenossen.


    Hartwig


    (==>) Gerhard: Ich hatte genau das mal mit einem falschen Autoguiderkabel (falsche Belegung der Pins)! Kannst Du das nicht zuhause auf dem Balkon testen, du brauchst doch nur einen kleinen Himmelsausschnitt?

    Ich denke, der Reiz der Astrofotografie ist gerade der, dass Bilder Dinge zeigen, die man so am Okular NICHT sehen kann. Farben, Details, schwache H-alpha-Gebiete, nichtkatalogisierte Galaxien, Sterne 20. Größe...Oder bei Planeten irrwitziges Detail!


    Was die Materialschlacht anbelangt, so finde ich, ist die zum Teil gar nicht nötig. Ich finde zum Teil Bilder mit Tele- oder Normalobjektiven sehr viel SCHÖNER als irgendwelche Bilder durch Teleskope! Riesige Milchstraßenausschnitte - ev. durch CLS oder UHC-E-Filter - , in die ich mich tief reinzoomen kann und stundenlang von Objekt zu Objekt wandern kann, sind doch phantastisch und lassen das Dobson-Feeling am Monitor aufkommen. Und das erfordert keinen großen Materialaufwand. Zudem ist man bei f/3 (oder ab wann das Objektiv scharf abbildet) auch signalrauschmäßig viel besser dran als mit irgend so einem f/7 Turboapo. Dennoch ernte ich immer ein wenig staunende Blicke, wenn ich Einsteigern genau DEN Zugang in die Astrofotografie empfehle - die Leute wollen UNBEDINGT als erstes DURCH ihr ein Teleskop fotografieren. Die Materialschlacht geht m.E. so weit, wie man sie gehen lässt. Gerade die DSLR-Technik lässt sich auch mit weniger Aufwand betreiben. Ich denke nur an die Bilder des Users 30sek hier im Forum - der schenkt sich den ganzen Nachführpunk und macht trotzdem Fotos, von denen man in der Chemiezeit nicht zu träumen wagte.


    Ein anderer Zugang sind großchippige Webcams (DMK41 oder so), die es erlauben, Einzelobjekte mit jedem Teleskop mit elektrischer Nachführung abzulichten. Und dann addiert man eben 200 10-Sekunden-Aufnahmen - so what? Der Punk am Fernrohr ist jedenfalls minimal.


    Und generell: Ich habe einen hohen Respekt vor Leuten, die mibbm Dobson Objekte angucken oder sogar zeichnen. Zeige solche Ergebnisse gerne in unserem Anfängerworkshop, weil sie den Anblick im Okular etwas realistischer wiedergeben als irgendein Foto. Und genau das ist der Grund, wieso ich mir selber nicht vorstellen kann, das zu machen. Wenn ich schon - wie auch immer - in die Bildgewinnung einsteige und nicht nur einfach genieße, dann möchte ich gerne Objekte so festhalten, dass ich MEHR sehen kann als am Okular möglich.


    Hartwig

    Ich kenne das Gegenmodell -
    Beispiel 1: Erlebt in Handeloh.


    5 Leute rennen auf eine große Vereinsmonti zu, drei hängen ihre eigenen Optiken an die Monti, einer hängt sein EOS an einen vereinseigenen Apo, der letzte an den vereinseigenen Newton Astrografen. Irgendwer kabelt sich an die Monti und sorgt für Autoguiding für alle (wenn wir darauf keine Lust haben - die Monti ist genau genug). Viel operative Hektik, die nicht enden mag. Und dann rattern die Kameras vor sich hin, und alles läuft. Ab jetzt muss nur mal so alle Viertelstunde abchecken, ob es noch geht. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo der Beobachter eher stört. Also guckt man, was draußen so läuft.


    Vor der Tür rattern die zwei Privatmontierungen auch bereits vor sich hin. Und dann ist sie da, die Schlange vor dem Dobson eines Vereinsmitglieds, an dem sich eine Schlange bildet. So solls sein. Wir werden das übrigens durch die Anschaffung eines großen Vereins-Dobsons übrigens zum Normalfall machen. Rüdiger schleift schon (und flucht manchmal leise vor sich hin).


    Beispiel 2: Seit mein Netbook bei totalen Sofis meine Kamera steuert, habe ich während der Totalität viiiiiel mehr Zeit, mir mit kleinen Teleskopen oder Feldstechern die Einzelheiten der Korona anzugucken. Und ich verstehe langsam, wieso dieser Anblick manche Leute zu Tränen rührt. Dennoch reichte die Fotoausbeute 2008 für anregende Bildverarbeitungsexperimente, jeden Abend, ca. eine Woche lang. Das Ergebnis war dann ein APOD.


    Ich finde, rechnergesteuerte Astrofotorafie erlaubt es einem im Idealfall, beide Welten zu vereinen - jedenfalls ist das mein Ziel dabei. Natürlich ist das nicht immer so - auch bei uns führt mitunter Murphy Regie, und dann bleibt der Zauber aus. Aber dann muss man eben noch was verbessern an der Fotografie. Man sollte auf Dauer nicht Sklave seiner Maschine sein, gelle ?


    Hartwig