Beiträge von Rohr im Thema „(10) Wie sinnvoll ist die Strehl-D“

    Lieber Mario_II,


    mal eine ganz stinknormale Antwort zum Thema Streulicht.
    Streulicht entsteht ja u.a. aus Rauhheits-Effekten, Zonenfehler
    etc.


    Mein Spalt hat einen bestimmtem Fehler: Zwei "Nasen" mit einem
    Abstand von 30 Müh rechts unten, und ein "Haken" von ca. 4 Müh
    links in Höhe der "Nasen".


    Also schau ich mir mit einem kurzbrennweitigen Okular meinen
    Spalt an und sehe:


    Mehr oder weniger Streulicht z.B. bei einem C11 aus der Schmitt-
    Platte resultierend, oder weniger, weil ein besonders glatter
    LOMO-Spiegel oder Discovery-Spiegel. Wie gut ist nun die Definition
    genau dieser Unregelmäßigkeit, also wie gut werden die "Nasen" und
    der "Haken" abgebildet, wieviel Streulicht stört den Kontrast.


    Damit habe ich mindestens intern eine Vergleichsmöglichkeit, mit
    der ich heute einen 0.97 Strehl C11 untersucht habe, mit ähnlichen
    Ergebnissen wie mein NexStar C11, mit dem ich ebenfalls diesen
    Test bei ausgekühltem Tubus gemacht habe und am Saturn bei 280-
    facher Vergrößerung ein beindruckend scharfes Bild bekam heut früh
    gegen 03.30 Uhr. Mein vorheriges SC eines anderen Herstellers -
    soviele andere gibt es da nicht - hatte diese Leistung nicht
    erbracht.


    Man kann also diese gemessenen Effekte mindestens im Labor zu
    messen versuchen und ein bißchen schlechter am Himmel. Die
    Schwierigkeit jedoch ist, solche Feinheiten zu quantifizieren.
    Da ist mir noch nix vernünftiges eingefallen.


    Mit astrooptischen Grüßen


    Wolfgang




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    Nachlieferung:


    Airy-Scheibchen= 2.44*Lambda*Fokus/Öffnungsdurchmesser


    Strehl(wenn RMS eine Dezimalzahl) = 1-(2*Pi*RMS)^2


    Auflösung (arcsec) = 1.22*Lambda*206265/Öffnungsdurchmesser


    Ein Interferogramm ist eine Landschaft, die über die Interferenz
    von Lichtwellen und deren Länge dargestellt werden kann, weil
    die Interferenzen lediglich Abstands-Änderungen der Flächen
    zueinander anzeigen innerhalb der gemessenen Fläche:


    Also Geometrie


    Fröhliche Grüße


    Wolfgang Rohr




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    Frage 1:


    ZEMAX stellt vor die Eingangs-Öffnung ein Sieb, mit ganz dünnen Löchern, und rechnet jeden Lichtstrahl mit
    -Geschwindigkeit durch das System durch. In der Fokal-Ebene landen dann die Einzelstrahlen im sog. Spot-
    Diagramm innnerhalb oder außerhalb des Beugungsscheibchens bzw. Airy-Scheibchens. Die Größe rechnet
    und zeichnet ZEMAX, ich jedoch hab' es nach "Tipps und Tricks . . . " gerechnet, weil ich auf die Schnelle in
    ZEMAX den Zahlenwert nicht fand. Das Airy-Scheibchen errechnet sich aus Objektiv-Durchmesser und Wellen-
    länge, und das wird in ZEMAX eingegeben. (Je größer der Optik-Durchmesser, umso kleiner das Airy-Scheib-
    chen.) Astigmatismus und andere optische Fehler sind zunächst ein geometrisches Problem und damit mit
    genügender Genauigkeit darstellbar.


    Frage 2:


    Beispiel Fangspiegel:


    Die L/2 Surface Verformung simulierte ich mit einem leicht konvexen Fangspiegel, der eben durch einen
    entsprechenden Krümmungs-Radius so um die 10.000.000 mm genau diesen Fehler hat - so wie man das
    beim Prüfen von Fangspiegeln oft erlebt, daß sie leicht konvex sind. Streuung ist für diesen Fall nicht vor-
    gesehen. Es entsteht ein Astigmatismus-Effekt, den ZEMAX sauber durchrechnet.


    Dieser Fehler ist so gering, daß die Einzelstrahlen innerhalb des geometrischen Beugungs-Scheibchens
    bleiben. Hätte der Fangspiegel eine rauhe Oberfläche, dann müßten wir uns über Streulicht unterhalten.


    Die Strehl-B e r e c h n u n g kommt nach meiner Auffassung aus der Strahlen-Optik, weil die Topografie
    einer Wellenfront etwas mathematisch-geometrisch darstellbares ist, davon abhängig dann der über die
    Fläche gemittelte RMS-Wert und als andere Darstellungsform dann der Strehl. So kenne ich es aus der
    Rechnung.


    Genau dies ist einer der Gründe, warum ich die leider-immer-noch qualitative Rauhheits-Messung mache,
    die übrigens bis in den Angström-Bereich genau sein soll, sagen die Franzosen. Mein Feinoptiker Alois
    runzelt da natürlich die Stirn.


    Deine Fragen wären Anlaß für eine Dissertation. Aber in 10 Minuten kommt der nächste Sternfreund, deshalb
    isses kürzer ausgefallen. Vielleicht hab ich mich ein wenig klar ausgedrückt: Die ganze Rechnerei findet
    in der Strahlen-Geometrie statt, weil ja auch die Interferometrie zunächst ein geometrisches Problem ist:
    Die Interferenzen hängen von unterschiedlichen Abständen zweier Flächen zueinander ab.


    Fröhliche Grüße


    Wolfgang Rohr





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    Achter Laborbericht: Wie sinnvoll ist die Strehl-Diskussion?


    Der Strehl, bzw. die Definitions-Helligkeit, gibt an, wieviel Prozent des ankommenden, meist parallelen Lichtbündels
    innerhalb eines Abbildungs-Kreises, des sog. Airy-Scheibchens bzw. Beugungs-Scheibchens gesammelt werden,
    bzw. im ersten Beugungs-Ring verschwindet, also die Energie-Konzentration innerhalb und außerhalb dieses Scheib-
    chens. Beugungs-begrenzt wäre es, wenn 80% der ankommenden Lichtstrahlendavon innerhalb dieses Airy-Scheib-
    chens konzentriert wären. Man nennt dies Rayleigh Kritierium bzw. Limit. Der Sachverhalt wird u.a. in "Tipps und Tricks
    für Sternfreunde", S 14-18 ff eingehend beschrieben, oder in "Reflecting Telescope Optics II" 349 ff und sicherlich in
    noch anderen einschlägigen Fachbüchern bzw. im Internet.


    Nun neigen Amateur-Astronomen dazu, die Strehl-Diskussion einseitig dahingehend zu verschärfen, daß sie nur noch
    Spiegel akzeptieren, mit mindestens 0.95 Strehl, obwohl das Rayleigh-Kriterium sagt, daß es ausreichend wäre, wenn
    80% im Airy-Scheibchen landen, das wären L/4 PV wave oder L/14 RMS wave oder ein Strehl von 0.80. Wie Sinnvoll
    diese Strehl-Diskussion vor dem Hintergrund der Flächen-Rauhheit ist, habe ich bereits oft deutlich gemacht. Einen
    weiterer Aspekt möchte ich über die fehlerhafte Justage einführen, inwieweit diese den Strehl-Wert in den Keller
    gehen läßt, und schließlich die Frage, wieviel Genauigkeit braucht ein Fangspiegel. Die Ergebnisse sind alle mit
    dem Industrie Optical Design Programm ZEMAX gerechnet und erstellt worden.


    Ich bin von einem Standard-System ausgegangen, also ein 10-Zoll Newton-Spiegel f/5


    01. Der 250/1250 Newton ist perfekt auf der Achse



    Links das von ZEMAX gezeichnete Layout des optischen Systems Nweton, rechts der Scale 10 micron, der zugleich
    die Größe des Airy-Scheibchens für ein solches System mit 0.00671 mm bzw. 6.71 mircron angibt. Bei einem
    perfekten Strehl von 1.0 werden also alle Strahlen dieses perfekten Newtons weit unter ca. 6 mircron vereinigt, und damit
    der Grund, warum ein Newton auf der Achse wirklich das beste Gerät ist, wenn man einen möglichst kleinen Fang-
    spiegel für dieses System wählt. Er übertrifft noch locker einen Refraktor, jedoch nur auf der optischen Achse. Im
    Feld wird der Newton schnell unbrauchbar, oder aber, der Newton ist nicht exakt justiert, und das ist in vielen Fällen
    wahrscheinlicher.


    02. Geringe Abweichung - große Wirkung



    Das Problem beginnt damit, bei einem Newton-Hauptspiegel genau die Mitte zu finden. Unter der Annahme, daß die
    Rotations-Achse des Spiegel-Trägers aus Glas zugleich die optische Achse ist, setze ich also den Hauptspiegel auf
    einen Drehteller, sorge für Rundlauf des Glaskörpers, und schreibe schließlich mit einem permanent Folien-Stift einen
    4 mm Durchmesser Kreis auf die Hauptspiegel-Mitte, um mit dem Justierlaser genau die Spiegelmitte zu haben. Die
    Endgültige Justage wäre ohnehin am Stern durchzuführen. (Eine genaue Justieranleitung findet man auf meiner
    Homepage http://rohr.aiax.de ) ZEMAX hat nun nacheinander folgende Fälle simuliert:


    eine Abweichung von der optischen Achse von nur 1 mm.
    eine Abweichung von der optischen Achse von nur 2 mm.
    eine Abweichung von der optischen Achse von nur 3 mm.


    03. Die "Sieb-Löcher" sind gleichmäßig verteilt



    Bei immer gleichem Airy-Scheibchen und bei einer regelmäßigen Verteilung der einzelnen Lichtstrahlen zeigen die
    Spot-Ergebnisse, wo sich die Lichtstrahlen in der für einen Newton so typischen Koma-Figur verteilen: Es findet
    wohl eine bestimmte Konzentration im Kern statt, aber ganz schnell wird bei einer minimalen Dejustierung der
    Newton unbrauchbar. Diese Feststellung gilt jedoch auch für das Feld außerhalb der Achse. und vor allem für die
    kurzbrennweitigen Newton-Syteme, nicht so sehr für die f/8 bis f/10 Systeme.


    04. Die Bedeutung der richtigen Justage beim Newton:



    Ein Sternfreund hätte beispielsweise den perfekten Newton mit einem Strehl von 1.00 bei einem PV-Wert von
    ca. L/40 wave, wie unlängst ein Spiegelschleifer selbstsicher behauptete. Dieser Spiegel ist perfekt gelagert,
    bereits eine neue Fehlerquelle, aber lassen wird das einmal, dieser Spiegel ist perfekt temperiert, auch das
    soll jetzt keine Rolle spielen, aber dieser Spiegel ist wegen eines wackligen Okularauszuges oder anderer
    mechanischer Unzulänglichkeiten um jeweils 1 mm, 2 mm oder 3 mm von der optischen Achse entfernt, also
    dejustiert. Dann geht der Strehl signifikant in den Keller, wie die Übersicht zeigt.
    Bei "Field" erkennt man den Abstand von der optischen Achse, also die Dejustierung. Die Wellenlänger war mit den
    üblichen 550 nm angenommen, weils unser Auge so will. "Peak to Valley" und alle anderen Werte kann man aus
    der jeweiligen Tabelle entnehmen. Fazit daraus: Wenn ein 0.95 Strehl Spiegel nicht ganz exakt justiert ist, dann
    sind die 0.95 Strehl regelrecht für die Katz. Bei 1 mm sind es nur noch 0.89 Strehl bei 3 mm nur noch beachtliche
    0.35 STrehl usw. An alle Strehl-Jäger die eindeutige Botschaft, jagt ihr vielleicht einer Chimäre hinterher? Oder
    einfacher: Leute justiert eure Newtons exakt. Abschließend am Stern. Also erst den Fangspiegel mit'm Laser auf
    die Hauptspiegel-Mitte und dann über den Hauptspiegel zurück in den Ursprung, den Rest am Hauptspiegel über
    einen zentrierten und roations-symmetrischen Stern im Okular.


    05. Fangspiegel-Fehler L/4 wave / Fangspiegel-Fehler L/2 wave



    Wollen wir hoffen, daß sowohl Hauptspiegel wie Fangspiegel druckfrei gelagert sind, also nicht verspannt! Dann
    ist noch unklar, wie gut bzw. schlecht denn der Fangspiegel überhaupt sein darf? Man bekommt nämlich über
    den Fangspiegel Astigmatismus hinein, wenn der nicht ganz genau ist. Also habe ich hier zwei Fälle simuliert:


    Der Fangspiegel weicht für die optisch wirksame Fläche um 1/8 Lambda von der Oberfläche ab, oder L/4 wave.
    Dann ginge der Strehl von 1.00 auf den Wert von 0.99 Strehl.


    Der Fangspiegel weicht für die optisch wirksame Fläche um 1/4 Lambda von der Oberfläche ab, oder L/2 wave.
    Dann ginge der Strehl von 1.00 auf den Wert von 0.93 Strehl.


    Auch das wäre noch verdächtig nahe am eingangs erwähnten Strehl von 0.95


    Fazit: Ein nicht ganz perfekter Fangspiegel ist leichter zu verschmerzen, als eine fehlerhafte Newton-Justierung.
    Der Einfluß eines dejustierten Newton-Systems ist viel gravierender, als ein nicht ganz perfekter Planspiegel, oder
    ein nicht ganz perfekter Hauptspiegel. Von allen anderen Problemen der Lagerung, Thermik, Rauhheit etc. mal gar
    nicht zu sprechen. Vielleicht hilft ja dieser einmal andere Bericht, diese Diskussion ein bißchen auf die Füße zu stellen.



    Herzliche Grüße


    Wolfgang Rohr


    Die Sonnen-Filter-Diskussion geht demnächst in die 2. Runde, wenn ich die unbelegte Folie/Glasplättchen im
    Durchgang mit dem Interferometer, dem Rauhheits-Test im doppelten Durchgang prüfe. Da wird die Anglegenheit
    noch einmal eindeutiger, wenn ich vor dem Hintergrund einer vorhandenen Spiegelrauhheit zusätzlich die der
    Filter untersuchen kann.




    http://rohr.aiax.de