Optik f. Schiefspiegler/ Kutter im Selbstschliff ?

  • Hallo Freunde,


    nun im Alter von 42 Lenzen hat mich wohl auch der Schleif-Virus erfasst.
    Beruflich habe ich als Metallograph ja schon seit nahezu 20 Jahren Erfahrung mit der Herstellung von Metall-Schliffen zur mikroskopischen Untersuchung - allerdings haben die in d.R. nur einen Durchmesser bis 50 mm ! Auch wird hier kein Glas, sondern wie gesagt Metall geschliffen und poliert..


    Der Hintergrund meines Gefasels : schon lange beschäftigt mich der Gedankle, mir einen kleinen Schiefspiegler zu bauen. Ich würde eine Spiegelgrösse von bis zu 110 mm bevorzugen, da ich hier noch ohne Korrektionselement auskommen kann.


    Als bastlerisch nicht unbegabt, traue ich mir die rein mechanische Ausführung ohne weiteres zu - das wichtigste fehlt mir aber : die Optik !


    Käufliche Optik ( z.B. AOK ) ist mir für ein ATM-Projekt aber einfach zu teuer, daher der Gedanke an einen Selbstschliff.


    Nun habe ich noch nie einen Spiegel geschliffen, würde es aber doch gerne zumindest probieren. Oder habt Ihr vielleicht andere Bezugsquellen ?
    Ausserdem muss ich mich nochmals gründlich einlesen und einige Grundkenntnisse aneignen - z:B. wie ich überhaupt die Brennweite eines Selbstschliff ermitteln/kontrollieren kann, wo kann ich einen Spiegel beschichten lassen und und und.. ).


    Schleif- und Polierteller stünden mir zu Verfügung - sollte ich es einfach mal probieren, oder als blutiger Neueinsteiger doch lieber die Finger davon lassen ?


    Ein grübelnder Michael

  • Hallo Michael,


    ein F/20 Kutter mit 110 mm Öffnung und sphärischen Spiegeln und gleichen Radien (HS konkav, FS konvex) wäre schleif - und prüftechnisch kein Püoblem. Der Absolutwert der Radien liegt bei 2700 mm. Ein solches System ohne Korrekturoptik wäre gerade noch "beugungsbegrenzt", d. h. Strehl ca. 0,8. Man kann es prinzipiell "anastigmatisch" oder als "komafreie Anlage" ausführen. Davon ausgehend könnte man mit etwas Geschick aber auch die anastigmatische Anlage durch geringe komatische Deformation des HS (prinzipiell auch komatische Deformation des FS) ein nahezu perfektes System schaffen. Das ist mir bei meinem 6" und 9" schon recht brauchbar gelungen. Für diesen Kunstgriff wäre allerdings die Verfügbarkeit eines Interferometers mit Planspiegel >= HS sehr empfehlenswert. Siehe auch:
    http://www.astrotreff.de/topic…044&SearchTerms=komatisch
    sowie die eingebundenen Links.


    Alternativ könnte man das System auch komafrei auslegen und durch geringe mechanische Deformation des HS (oder des FS) den Asti wegtrimmen. Dazu braucht man kein Interferometer, sondern man kann die Deformation mittels Sterntest asm Himmel einstellen. Das geht erfahrungsgemäß einfacher als die perfekte Kolliation einen 8" f/6 Newton.


    Spezielle Details zum torisch deformierten HS siehe im Verlauf der Diskussion:
    http://www.astrotreff.de/topic…CHIVE=true&TOPIC_ID=61343


    Gruß Kurt


    PS.: Bei meinen und anderen Experimentalkuttern wurde ziemlich viel grob zugeschittenes Sperrholz verwendet[}:)][:D].

  • Hallo Michael,


    ich finde so ein langbrennweitiger Schiefspiegler ist ein fantastisches Einstiegsprojekt!
    Die Probleme des Messens hat Kurt schon angerissen, für absolute Perfektionisten ist das sicher unbefriedigend so ins Blaue hinein zu polieren.
    Auf der anderen Seite kann man ja mal anfangen. Versilbern um das ganze zu testen ist bei der Größe Null Problem, da reicht pro Versuch ein einziges Gramm AgNO3. Dann kann man sofort beobachten!


    Ich würde aus eigener Erfahrung mit langbrennweitigen Sphären ein größeres Tool verwenden. Wenn Du es Dir zutraust auch zum Polieren, geht schneller und wird automatisch besser.


    Zufälligerweise habe ich noch einige kleinere runde 19mm-Floatglasscheiben hier rumliegen. Bei Bedarf bitte eine PM. Hoffe, das wird jetzt nicht als Werbung ausgelegt, mir ist es egal ob ich die verkaufe, aber wenn sie jemand brauchen kann ist mir's auch recht.
    Borofloat ist natürlich auch ein ganz heißer Kandidat für ein Tool, das kann man später sogar zu einen Planspiegel umschleifen.
    Aber als Poliertool ist Glas recht praktisch, weil man es unbegrenzt unter Wasser lagern kann[:D]


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kutter Freunde, hier noch ein paar Anmerkungen/Hinweise:
    ausgehend von der 150/4250 Kutter Grundversion der anastigmatischen
    Anlage ergibt sich beim Skalieren auf kleinere Instrumente ein vom Hauptspiegelradius <b>abweichender</b> Fangspiegelradius. Bei dem in der Tabelle aufgeführten 110/2700 System sollte demzufolge die
    Fangspiegelbrennweite -1750mm betragen. (Hauptspiegel f1=1620 mm).
    Der 110/2720 Kosmos Schiefspiegler nach Kutter ist eine Vereinfachung und nutzt die Möglichkeit aus mit gleichen Radien aber
    veränderten Winkeln die Fertigung zu vereinfachen und trotzdem eine brauchbare Abbildung zu erhalten.(marginal beugungsbegrenzt)
    Für den in der Tabelle aufgeführten 150/4250 sollte der Fangspiegel
    -f2=2720 mm Brennweite haben. (Hauptspiegel f1= 2550 mm)
    Bei den katadioprischen Anlagen (f20) wird, wie der Name schon sagt, eine Linse in den Strahlengang eingebracht: plankonvex,
    schräggestellt (w3 in der Skizze),keilförmig, BK7, Brennweite für den 200/4000: Konvexradius 15 Meter!. hat mal jemand versucht diese
    Linse zu schleifen ? (AOK will ca 210 Euro dafür haben)
    Ich habe den Kosmos Schiefspiegler 110/2720 und bin damit sehr zufrieden - ein 130/3680 ist in Arbeit.(f1= 2210mm, -f2= 2357mm)
    Gruß, Joachim

  • Hallo Joachim,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...Bei den katadioprischen Anlagen (f20) wird, wie der Name schon sagt, eine Linse in den Strahlengang eingebracht: plankonvex,
    schräggestellt (w3 in der Skizze),keilförmig, BK7, Brennweite für den 200/4000: Konvexradius 15 Meter!. hat mal jemand versucht diese
    Linse zu schleifen ? (AOK will ca 210 Euro dafür haben)
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    bei diesen Abmessungen ist mir sehr schnell der Spaß am Selbstschliff der Linse vergangen. Dazu käme noch die Notwewndigkeit der Vergütung. Letzendlich bin ich dadurch zu dem erfolgreichen Versuch der komatischen Deformation des HS gekommen. Ein entsprechender Bericht zu meinem 9" kommt noch.


    Gruß Kurt

  • Hallo und Danke für die zahlreichen Tipps - ich werde mich mal an den Selbstschliff eines kleinen 110 mm HS wagen. Schliesslich soll das Endgerät noch auf meine Lichtenknecker M60 Montierung passen und ich möchte ohne Korrektionslinse auskommen.


    MfG Michael


    P.S. : Habe hier noch die "Leiche" eines alten Revue 114 mm Newtons rumliegen - könnte ich den nicht als Ausgangsbasis nehmen und "umschleifen" ?

  • Hallo Stefan


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">P.S. : Habe hier noch die "Leiche" eines alten Revue 114 mm Newtons rumliegen - könnte ich den nicht als Ausgangsbasis nehmen und "umschleifen" ?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    im Prinzip ja. Aber bei einem Neuschliff der Sphären mit ca. 3000 mm Radius hättest Du effektiv weniger Material abzuschleifen als beim umschleifen des 114mm. Bei diesen Abmessungen und der geringen Pfeiltiefe würde ich den Grobschliff mit K120 oder K180 beginnen. Dann hast Du garantiert keine Pits von K 80 auszugleichen und kommst insgesamt wahrscheinlich etwas schneller zum Ziel. Jedenfalls wünsche ich Dir frohes Beginnen.


    Noch ein Tipp: ich würde bei gleichen Radien und auch zunächst gleichen Durchmessern für HS und FS bleiben. Den FS kann man, da sphärisch beim Einsatz im Teleskop versuchsweise auch exzentisch ausleuchten und falls OK später auf Solldurchmesser schneiden. Letzteres hab ich schon wiedertholt bei meinen Cassegrain- FS praktiziert.


    Falls ich mal auf die Idee kommem sollte einen Metallspiegel zu schleifen weiß ich ja jetzt wen ich um Rat fragen kann [;)]


    Gruß Kurt

  • Hallo Michael.


    Der Selbstschliff eines kleinen Kutters ist sicher möglich. In den USA gibt es etliche Amateure, die das ausgezeichnet hingekriegt haben.


    Den HS eines alten Revue-Reflektors zu nehmen, ist möglich. Aber mit zwei Borofloat-Scheiben von Stathis geht es wahrscheinlich besser. Spätestens beim Interferenz-Test lernt man die geringere Wärmeausdehnung dieses Materials zu schätzen.
    Floatglas funzt aber auch. Ich habe kleinere (85mm) Sekundär- und Tertiärspiegel für einen Tetra-Schiefspiegler problemlos aus 1cm dickem Floatglas geschliffen.


    Für das Ausschneiden des Sekundärspiegels werden Diamantwerkzeuge empfohlen, die es für ein paar Euronen in der Bucht gibt. Die Dinger arbeiten schnell und sauber.


    Bezüglich des Grobschliffes: Ja, ein paar Chargen 120er, dann gleich weiter mit 180er. Das geht ruck-zuck.




    Viel Erfolg,
    und halte uns bitte auf dem Laufenden!


    Guntram

  • Hallo Michael,


    interessantes Projekt. Hatte mich auch mal mit dem Schleifen von konvexen Spiegeloberflächen auseinander gesetzt.
    Ursprünglich wollte ich mir einen Multischiefspiegler bauen. Habe mich dann aber etwas abschrecken lassen und das Projekt für 'später' aufgehoben.
    Gelandet bin ich nun beim Yolo.
    Habe mich hier als "Einstiegsgröße" für 6 Zoll entschieden.
    Bei Kugelradien von 6600 und 7300 mm kann ich das ganze noch sehr gut ohne Probleme händeln.
    Für mein bereits geplantes nächstes größeres Yolo-Projekt wird es komplizierter. Aber Probleme löse ich immer erst wenn sie auftauchen.
    Näheres kannst Du hier finden: http://www.astroattack.eu/selbstbau/yolo6zoll/yolo1.htm


    Viele Grüße von einem Freund schiefer Strahlengänge


    Ralf

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