Neulich kam in einer Diskussion folgende Frage auf:
Kann man im Sterntest am Himmel noch Koma erkennen wenn das das Teleskop Echtstrehl 95% hat? Das soll heißen das Teleskop sei bestmöglich kollimiert.
Um das hardwaremäßig prüfen zu können hab ich meinen 5“ f/9 ED folgendermaßen misshandelt.: Er wurde vor dem Interferometer „komatisiert“. Das geht eigentlich fast von alleine aber für diesen Test sollten die übrigen Restfehler idealerweise gegen Null gehen. Deshalb waren mehrere spezielle Kolimationschraubgänge mit interferometrischer Erfolgskontrolle notwendig. Gemäß obiger Fragestellung sollte ja der Gesamtstrehl mindestens 0,95% betragen und idealerweise nur Koma als Restfehler. Um daraus keine Lebensaufgabe zu machen hab ich das Objektiv sehr deutlich komatisiert und dann so weit abgeblendet, bis das Interferometer Strehl > 95% sagte, ohne irgendwelche Abzüge versteht sich.
So sehen die dazugehörigen I-gramme aus:
<b>Bild 1</b>
Die leicht S.-förmige Verbiegung der Streifen im linken I-gramm sowie die schwach tonnenförmige im rechten signalisieren Koma. Wie viel das dann ist zeigt die Wellenfrontanalyse
nach Auswertung der beiden I- Gramme und Mittelung der Zernikes mit „openFringe“:
<b>Bild 2</b>
Strehl besser als 95% ist erreicht und dem Farbmuster zufolge dominiert hier Koma als Restfehler.
Im nächsten Plot kann man die Koma in Reinkultur sehen:
<b>Bild 3 </b>
Danach beträgt der PtV- Wert gerade mal 1/8 lambda Wellenfrontfehler. Diese Koma allein würde den Strehl auf 98% drücken. Aber sieht man das denn wirklich beim Sterntest am Himmel oder einfach nur bei der Beobachtung von Sternen? Die Antwort von „openFringe“ sieht so
aus:
<b>Bild 4</b>
Das sehe ich so: im intra/extrafokalen Sterntest wird man derart schwache Koma wohl kaum erkennen können aber bei hoher Vergrößerung in fokaler Einstellung sieht man deutlich die nicht gleichförmig ausgeleuchteten Beugungsringe. Das ist eben Koma in schwacher Ausprägung.
Nun ist es weit verbreitet unangenehme Antworten eines Rechensystems für falsch zu erklären. Wer hätte denn geschätzt dass sich mickrige 1/8 lambda Wellefront Koma noch bemerkbar machen kann. Aber es gibt ja auch Experten die sehen 1/10 lambda wave sphärische Aberration. Sei es drum, man braucht eben noch einen weiteren Beweis dafür dass bei Echstrehl von >95% Koma (hier Achskoma eines Refraktors) sichtbar werden kann. Dazu hab ich einen künstlichen Stern in ca 80m Abstand aufgestellt. Dessen Durchmesser beträgt ca. 0,2 mm . Das Auflösungsvermögen des Teleskops beträgt in diesem Abstand ca. 0,7 mm. Damit ist der künstliche Stern erheblich kleiner und natürlich genug.
So sieht die Kamera das fokale Sternbild:
<b>Bild 5</b>
Hier sieht man die einseitige Helligkeitsverteilung in den Ringen als Zeichen für Koma noch besser als in den beiden oben gezeigten synthetischen fokalen Sternbildern. Rein visuell zeigte sich mit diversen Okularen und Okular, sowie Okular- Barlow Kombinationen ein gleichartiges Bild aber ohne Farben Die Erstellung von extra/intrafokalen Sterntestbildern haben ich mir gespart. Visuell sah man bei wenige expandierten Ringen andeutungsweise eine ungleichmäßige Helligkeitsverteilung.
<b>Fazit:</b>1.Die Eingangsfrage kann man mit einem klaren Ja beantworten. Durch aufwändige Feinskollimation kann man diesen Restfehler noch reduzieren.
2.Der synthetische Sterntest auf Basis von Interferometerauswertung mit „openFringe“ hat sich wieder einmal bewährt.
Gruß Kurt