Vierter Labor-Bericht: Ein C11 NexStar mit hervorragenden Werten?
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Vorbemerkung:
Das C14 von Stefan Binnewies, dessen optische Qualität oft genug in SuW durch eindrucksvolle
Sternfeld-Aufnahmen unter Beweis gestellt worden war, wird sogar von nachfolgendem NexStar C11
noch übertroffen, sowohl quantitativ wie qualtitativ. Vielleicht ermuntert dieser Bericht den Besitzer,
es dem Stefan gleichzutun - vielleicht diesmal mit einer CCD-Camera und den in der Bildverarbeitung
herausragenden Möglichkeiten. Durchwegs gute Ergebnisse lieferten die bisherigen acht von mir ver-
messenen Geräte dieses Typs. Trotzdem sind es weiterhin Einzelgeräte, die hier vorgestellt werden,
und eine Typisierung bzw. Vergleich einzelner Hersteller untereinander wird nicht angestrebt.
Ein SC-System unterscheidete sich natürlich wesentliche von einem Newton-System z.B. durch
das Öffnungs-Verhältnis: Beim NexStar f/10 bei einem Newton zwischen f/4 - f/8. Beim Newton
hat man im Wesentlichen eine optische Fläche mit ihren Feinheiten, beim SC sind es deren
vier, wobei die Schmittplatte eine kritische Stellung einnimmt, weil hier optisch das meiste passiert.
Entscheidend bei den SC-Systemen ist die vorherige exakte Kollimierung. Also die exakte Justierung
des auf sehr einfache Weise eingebauten und justierbaren Fangspiegels zum Gesamt-System. Auch
die Schmittplatte selbst sollte absolut druckfrei gelagert sein, sonst reagiert das System astigmatisch.
Eine Justierung vor einem Kollimations-Spiegel ist doppelt so genau, wie am Himmel, sodaß ich
selbst fabrikneue Geräte immer noch einmal nachjustiert habe um die Justierung nicht in der Messung
durch schlechtere Ergebnisse abzubilden.
00. Testaufbau
Die übliche Autokollimations-Anordnung ermöglicht doppelte Meßgenauigkeit: Im Fokus der 0.01 mm
künstliche Stern bzw. verstellbare Spalt, der bei der Rauhheits-Messung mehr Licht mitbringt. Hinter
dem NexStar C11 mein Koordinaten-Meßtisch erkennbar, der in X, Y, Z mit 0.01 mm Hub verstell-
bar ist, was besonders für die Interferometrie oder andere quantitative Tests wichtig ist. Alles in den
letzten 15 Jahren als Baukasten-System entwickelt. Dahinter eine Mavica, deren 10-fach-Zoom eine
elegante Einrichtung ist, außerdem liefert sie gleich das richtige Bildformat auf Diskette ab und
damit ein wichtiges Glied bei der Dokumentation der Ergebnisse.
01. Qualitativ: Vergleich der Sternscheibchen extra/intra-Fokal
Auf einem anderen bekannten Board wird sich zuweilen um die Einführung des Sterntestes als
Qualitäts-Beweis "gefetzt", ohne jedoch darüber Auskunft zu geben, wie er nun wirklich funktioniert:
So viele Möglichkeiten gibt es da nämlich gar nicht - also könnte man ganz entspannt darüber Aus-
kunft geben, wenn man nur wollte. Das linke Bild zeigt das C11 extra-fokal, dann den Fokus, und
das recht Bild entstand intra-fokal. Unterschiede sind also nur schwer auszumachen, etwas heller
könnte mein künstlicher Stern sein, die Punkte bei 4 Uhr und 9 Uhr sind Sekundärinterferenzen
durch Verunreinigungen, Beugungs-Effekte sind ebenfalls erkennbar, das Ganze noch mit doppelter
Genauigkeit: Also sollte das System eigentlich OK sein.
02. Qualitativ: Ronchi 10 line pair /mm
Schmitt-Cassegrain-Systeme liefern leider nicht so kontrastreiche Ronchi-Gramme ab, wie ein
Newton-Einzel-Spiegel beispielsweise. Trotzdem zeigt bzw. bestätigt das Ronchi-Gramm, daß
das C11 keine gravierenden Zonenfehler hat, ganz zart überkorrigiert ist und eine Schmittplatte
in das System einen Farbfehler einführt, der immer zu Lasten des Kontrastes geht. Im Falle
des NexStar C11 eine vergleichsweise harmlose Sache, habe ich bei anderen SC-Systemen viel
beeindruckender fotografiert - also sollte man dem Hersteller trotz der Unkenrufe noch ein langes
Leben wünschen.
03. Qualitativ: Foucault
Der Foucault-Test bestätigt die Farbsituation erneut, zeigt aber eine nahezu ebene Fläche, auch
die zarte Überkorrektur bis 60% vom Durchmesser. Eine weitere Auffälligkeit sind die acht "Ansaug-
Speichen". Ich kann nur vermuten, daß die Schmittplatte bei der Herstellung angesaugt wird auf
eine gleichgroße Platte, und sich die Ansaugschlitze über die Speichen optische wieder abbilden.
Weil diese Schlitze früher breiter gewesen sein müssen, habe ich hier Meßergebnisse, die diese
Speichen sehr deutlich zeigen. So ein stolzer C11 Besitzer hatte einmal einen Astro-Laien durch-
schauen lassen und war verblüfft, als dieser konstatierte, er würde "Speichen" sehen. Irgendwann
kam dann dieses "Rad" zu mir. Celestron muß das wohl auch gemerkt haben, weshalb mittlerweile
die Speichen nur noch andeutungs-weise erkennbar sind.
04. Qualitativ: Oberflächen-Feinstruktur A
Die Flächenfeinstruktur ist vergleichsweise glatt. Allerdings misst man jetzt die Summe von vier
Flächen und keine Einzelfläche mehr wie beim Spiegel. Das ist mit ein Grund für die Unschärfe der
Rauhheits-Messung. Auch die Speichen sind wieder vorhanden und Reflexe, die beim nächsten
Bild noch stärker stören. Das C14-Binnewies-Gerät erreichte diese Qualität beispielsweise nicht.
Wahlweise untersuche ich dies mit einem speziellen Film-Negativ oder einem auf einer Glasplatte
aufgedampften teildurchlässigen Strich mit einer Dichte von 2 bzw. 1% Lichtdurchlaß.
05. Qualitativ: Oberflächen-Feinstruktur B
Leider wird durch Falschlicht die Flächenfeinstruktur nur schlecht erkennbar. Diesmal war es der
Test mit dem Glasplättchen.
06. Quantitativ: Interferogramm
Das Interferogramm zeigt einen Koma-Effekt in Nord-Süd-Richtung durch die kleiner werdenden
Streifenabstände. Da die Koma als Justier-Fehler herausgerechnet werden darf, wurde dieser
Sachverhalt berücksichtigt. Bemerkenswert jedoch die nahezu perfekt linearen Streifen, die erneut
die Zonen-Freiheit und richtige Korrektur unter Beweis stellen. Der helle Fleck bei 3 Uhr zeigt das
Referenz-Bündel, das erst auf dem Rückweg zur Referenz-Kugel-Welle gemacht wird und als heller
Teil um das eigentliche Interferopgramm mit allen Sekundär-Interferenzen zu sehen ist. Auf meinen
Webseiten habe ich eine genaue Beschreibung dieses Bath-Interferometers abgeliefert.
07. Quantitativ: Auswertung
Die über dieses Interferogramm ermittelten Ergebnisse, die ich über ein weiteres I_Gramme gegen-
prüfte, zeigen auch im quantitativen Teil ein Spitzen-Gerät, wie es jeder Sternfreund gerne besitzen
würde - leider kann ich es nur messen, nicht verändern. Die Landschaft bildet noch eine Rest-Koma
ab, die auf dem Interferogramm in Ost-West-Richtung durch eine leicht konische Verformung der
Linien erkennbar ist.
08. Qualitativ: Astigmatismus
Die Rotations-Symmetrie stimmt, also hat das NexStar C11 auch in diesem Bereich keine Fehler.
Alle übrigen Vorzüge dieses Gerätes sollten nun in der Praxis ermittelt werden - solange nämlich
überläßt mir der Sternfreund gar nicht sein Gerät, um das noch auszutesten. Die Berichte aus der
Praxis sind also dringend nötig, um die im Labor ermittelten Werte richtig würdigen zu können. In
dieser Hinsicht erwarte ich von diesem Board noch einiges. Eine Reihe von Anregungen müssen
in den USA-Foren zu finden sein, sagte mit Arthur Sutsch, studierter Astronom aus Friburg, Schweiz,
mit einer beeindruckenden 7 Tonnen Anlage auf ca. 800 Meter mit einem 800/8000 RC-System vor
30 Jahren von Eugen Aeppli, Adlikon-Zürich, geschliffen.
Herzliche Grüße an Alle
Wolfgang Rohr