(03) Discovery Newton Spiegel

  • Zweiter Labor-Bericht: Ein Discovery Newton Spiegel


    Hallo Optik-Freaks und Test-Besessene,


    Ein zweiter Versuch auf dem Tec-Board von AstroTreff Einzelgeräte bzw. Optiken mit ihren
    Test-Bildern zu veröffentlichen und damit die Qualität von Einzelgeräten transparenter zu
    machen. Dafür gibt es eine Reihe sinnvoller Gründe:


    Mit welcher im Labor gemessenen Qualität kommt eigentlich ein optisches System aus? Mit
    einfachen marktüblichen Teleskopen sind heutige Astro-Amateure in der Lage unter Nutzung
    von CCD-Cameras und deren Computer-Software Ergebnisse zu erzielen, die den Aufnahmen
    von Space Hubble den Rang ablaufen, wenn die Berichte stimmen, die ich vor einigen Tagen
    gehört habe.


    Natürlich ist es für einen Neubesitzer, aber auch Verkäufer einer Optik, reizvoll, mal eben auf
    dem Board nachzuschauen, wie gut denn die Optik sei, die er kaufen möchte, bzw. zeigen zu
    können bei Verkauf, wie gut der Test ausgefallen sei.


    Daß dies auch noch Rückwirkungen auf die Szene allgemein haben könnte, ist ein von mir
    gehegter vielleicht erfüllbarer Wunsch. Es sind jedoch weiterhin immer nur Einzel-Geräte, die ich
    untersuchen soll im Auftrag von Sternfreunden. Eine generelle Würdigung meinerseits verbietet
    sich aus den unterschiedlichsten Gründen. Es werden also weiterhin besonders herausragende
    Geräte sein, oder besonders auffällige.


    Eine Zuordnung der Geräte zu bestimmten Händlern bzw. Sternfreunden verbietet sich ebenfalls.


    Auf Euer Echo bin ich vielleicht gespannt, sag ich Euch !


    2. Testobjekt: ein 12-Zoll Discovery Newton-Spiegel


    Prüfling: Newton Hauptspiegel 318/1588 von Discovery
    Prüfaufbau: Autokollimation gegen 400 Flat Flächengenauigkeit mindestens L/10 PV wave
    Wellenlänge: 632.8 nm HeNe

    Einzeltests: Ronchi, Foucault, PhaseContrast Teil A/B/C
    I_Gramme: quantitativ und Rotations-Symmetrie


    Der Test-Aufbau:



    Aufbau in Autokollimation, laserjustiert, am künstlichen Stern nachjustiert, am Interferogramm


    feinjustiert. Wegen Luft-Turbulenzen anschließend mit Styropor-Platten "eingehaust"


    Die Spiegel-Lagerung



    Die Spiege-Lagerung in einem Gurtband im Gleichgewicht, um Verformung durch Lagerung zu


    vermeiden. Auf diese Art kann Astigmatismus hinein oder heraus "gelagert" werden und damit
    die Fläche beeinflusst werden.

    Ronchi-Test




    Bereits der Ronchi-Gitter-Test am 0.01 mm künstlichen Stern, (Quelle: Melles Griot) zeigt ein


    nahezu perfektes Ronchigramm bei 10 lines per millimeter, das entspricht wegen der doppelten
    Genauigkeit in Autokollimation am Himmel 20 lines per millimeter und damit einigermaßen
    genau, um die wichtigsten Fehler erkennen zu können. Das Ronchi-Gramm zeigt außer einer
    minimalen Überkorrektur einen zonenfreien Spiegel, als wäre er für diesen Spiegeltest eigens
    hergestellt. Zonen wie Korrektur lassen sich auf diese Art bereits eindeutig darstellen.


    Flächen-Beschaffenheit: Foucault



    Die Landschaft der Fläche wird über die nachfolgenden Tests untersucht in konrast-steigender


    Weise - begionnend mit dem traditionellen Foucault-Test bzw. Messerschneide-Test. Die Fläche
    macht einen sehr gleichmäßigen homogenen Eindruck, ähnlich gleichmäßig wie am Stern-
    scheibchen, wenn man ein Okular intra/extrafokal defokussiert. Die senkrechten Linien sind
    möglicherweise Beugungs-Effekte und haben keine Aussage-Kraft. Bei 0.95% vom Durchmesser
    wäre eine äußerst feine, flache Zone erkennbar. Trotzdem hat auch dieser Spiegel noch eine
    deutliche Topografie, wie man abschließend in der Auswertung erkennt.


    Flächen-Beschaffenheit: Phasen Kontrast oder Schlieren-Messung



    Die Glattheit bzw. Flächen-Feinstruktur bei einer Dichte von ca. 2 .
    Auf einem Technical Pan 2415 Film-Negativ wurde fotografisch eine ca. 0.1 mm unscharfe Linie
    mit besagter Dichte aufgebracht auf die ein Lichtspalt abgebildet wird. Dieser Lichtspalt geht
    durch den Prüfaufbau und stellt die Rauheit der optischen Fläche dar, doppelt genau die vom
    Prüfling, und einfach genau die vom Referenz-Planspiegel, dessen Glattheit über eigene
    Tests untersucht worden ist.



    Bei einer höheren Dichte von ca. 3 läßt sich der Kontrast und damit die Flächen-Feinstruktur


    noch steigern. Die Schattierung bei 14.00 Uhr ist ein Artefakt.



    Eine Kontroll-Messung mit einem abgewandelten Verfahren, bei dem ein 0.1 mm dicker


    Alu-Strich mit einer Dichte von 2 auf einer Glasplatte aufgedampft wurde, liefert nahezu
    identische Werte. Je nach Rauhheits-Struktur ist die "Film"-Version oder die Glasplattenversion
    die bessere Lösung zur Untersuchung der Rauhheit.

    Das Interferogramm




    Das Interferogramm bei 632.8 nm zeigt die bereits am Ronchi-Gitter erkannte leichte Über-
    korrektur im Bereich L/5 PV wave, also der gravierendste Fehler überhaupt. Wobei wenige
    Streifen den Sachverhalt nicht verschleiern, sondern klar herausheben. Umgekehrt können viele
    Interferenz-Streifen einen Sachverhalt verschleiern und einen Spiegel besser erscheinen lassen,
    als er ist. Damit ist ein Güte-Kriterium möglich: Wenig Streifen bedeutet, einen Hochleistungs-
    Spiegel von den quantitativen Werten her vor sich zu haben.

    Die Auswertung




    Die Auswertung der Linien-Topografie als die Höhen-Linien einer Karte liefert die passablen


    Werte von L/5.5 PV wave, L/34 RMS wave und einem Strehl von 0.97. Ein ähnlich glatter
    Vergleichs-Spiegel mit nahezu gleichen optischen Daten eines anderen Herstellers verlor jedoch
    über einen signifikanten Astigmatismus von ca. L/2 PV wave mit nur 0.72 Strehl bzw.
    Definitions-Helligkeit obwohl mit 0.95 Strehl garantiert. Selbstverständlich wurde die Spiegel in
    der gleichen Wellenlänge interferometriert.

    Astigmatismus-Test




    Die Untersuchung auf Astigmatismus ergibt eine geringfügige Verformung in Richtung Dreieck,


    das eine Entsprechung in der 3D-Darstellung hat und auch bereits im Ronchi-Gramm eingangs
    abgelesen werden kann.Trotzdem wird sich der künstige Besitzers an einem Spitzen-Spiegel
    erfreuen können, weil selbst ein Astigmatismus von L/3 PV innerhalb der Toleranzen liegt, wie
    mir ein Fein-Optiker einmal erklärte, weil er sich "fokussiert".

    Gesamt-Würdigung:


    Eine sehr glatte und homogene Fläche, nahezu perfekt retouchierte Parabel und den
    quantitativen Werten von 0.97 Strehl bzw. Definitions-Helligkeit - wer ist der glückliche
    Spiegel-Besitzer? Wird er uns einschlägige Berichte liefern, was er mit dem optimal
    justierten Gerät alles anstellt? Vielleicht CCD-Fotografie ?


    Erwartungsvolles Hoffen auf Euer Echo,


    Wolfgang Rohr


    http://rohr.aiax.de

  • Hallo Wolfgang,


    schön,daß Du uns hier wieder einmal ein Beispiel deiner Arbeit vorführst.
    Ich glaube daß die meisten von uns anhand deiner Erläuterungen eine Menge lernen können!
    Die Oberfläche ist ja wirklich schön glatt.Die kleinen noch vorhandenen Fehler verzeih ich dem Spiegel,wenn ihn keiner abholt,meine e.mail kennst Du ja<img src=icon_smile_big.gif border=0 align=middle>


    Beste Grüße nach Haßfurt von


    Karsten

  • Hallo,Wolfgang
    Dieser Spiegel war sein Geld wert ,so scheint es mir-leider bin ich nicht sein Besitzer
    Gibt es ein qualitativen Unterschied zu einem Lomo-Spiegel ( lambda /16 PV ,Lambda/70 RMS )hinsichtlich der visuellen beobachtung u. wie äußert der sich ?
    Was ist eigentlich das entscheidende (aussagekräftigste )Testverfahren bei einer Linse ? Wellenfrontanalyse-Spotdiagramm,Diagramm zur Queraberration

  • Hallo Marc,


    bei einer Einzel-Linse - wenn Du sie zu Prüfzwecke benutzen willst -
    ist ebenfalls ein ZYGO-Interferogramm nötig, mit dem Du die Topgrafie
    der Fläche untersuchst. Die sollte möglichst genau sein. Weil aber
    diese Linse im Durchgang benutzt wird ist die erforderliche Flächen-
    Genauigkeit nur ca. 1/4 der von spiegelnden Flächen. Natürlich muß
    eine solche Linse homogen sein, also nicht etwa aus Float-Glas wie
    manchmal bei optischen Fenstern, Schmittplatten etc. Je nach Einsatz
    einer Linse wird auch das Test-Verfahren darauf abgestimmt sein
    müssen: Es muß also verschiedene Testverfahren geben, die den
    jeweiligen Aspekt untersuchen und herausstellen.


    Die Unterschiede zwischen LOMO und anderen Spiegeln kenne ich bzw.
    ich lerne die spezifischen Fertigungs-Verfahren unterschiedlicher
    Hersteller kennen und vergleichen. Trotzdem fehlt mir der Praxis-
    Vergleich, damit ich den Messungen aus dem Labor die Berichte aus
    der Praxis zuordnen könnte.


    Mein Schwerpunkt liegt gleichermaßen auf den qualitativen wie
    quantitativen Ergebnissen und der jeweiligen Gegenkontrolle durch
    verschiedene Tests.


    Eigentlich bräuchte man für die Praxis einen verifizierbaren Kriterien
    Katalog um zu wasserdichten Ergebnissen zu kommen. Dieser Rückfluß
    könnte besser sein. Auch fehlt eine exakte Analyse der mechanischen
    Situation von Teleskopen, ähnlich wie ich die optische Seite unter-
    suche.


    Herzliche Grüße


    Wolfgang







    <img src="http://home.t-online.de/home/wolfgang.rohr/farb-ig2.JPG" border=0>
    http://rohr.aiax.de

  • Wolfgang,


    Spiegel und Bericht liegen in Sachen Professionalitaet gleich auf!
    Vielen Dank dafuer.


    Ich nehme an, dass der Test erst nach Kauf erfolgte – korrekt?


    Dietmar,
    Willkommen!
    Ich weiss, was Du sagen willst mit dem Weinvergleich – aber um halb zehn am Morgen ist es nicht ganz so einfach dem zu folgen ….


    Glatte Spiegel wuenscht,
    Guido

  • Hallo Wolfgang,


    ist die relativ glatte Oberfläche dieses Spiegels auf Handretouche zurückzuführen, oder kann auch ein maschinenpolierter Spiegel eine so glatte Oberfläche haben?


    Gruß,
    Jens

  • Tachchen ...
    Ich habe den 10 Zoll von Galaxy, deshalb meine Frage inwiefern der Test eines Spiegels aus einer Serie Rückschlüsse auf seine Brüder und Schwestern zuläßt? Kann man davon ausgehen das gerade bei den "Günstigspiegeln" aufgrund der normierten maschinellen Produktionsweise in bestimmten Schwankungsbreiten auch andere Familienmitglieder ähnlich Qualitäten haben, oder bin ich da zu optimistisch und jeder Spiegel gerät anders?

  • Hallo Ralph,


    heute habe ich den "Zwilling" mit der Nr. "B" vermessen und war
    verblüfft, wie ähnlich sich beide Spiegel sind. Gleiche zarte
    Überkorrektur so um die L/5 PV wave (als einziger Fehler),
    L/5 PV wave, L/29 RMS wave und Strehl dieses Spiegels 0.95,
    gleiche Flächen-Feinstruktur, ohne alle Zonen, zwei Traum-
    Spiegel. Hatte zu Jahresbeginn zwei 15-Zoll Discovery-Spiegel
    zu vermessen mit ähnlich guten Ergebnissen und sehr homogener
    Fläche.


    Es könnte sich bei diesen Spiegeln um eine Maschinen-Retouche
    handeln, bei Handretouchen kann ich die einzelnen Polierstriche
    erkennen wenn der Polier-Druck zu hoch ist. Vielleicht verrät es
    der Discovery Hersteller.


    Herzliche Grüße


    Wolfgang Rohr






    <img src="http://home.t-online.de/home/wolfgang.rohr/farb-ig2.JPG" border=0>
    http://rohr.aiax.de

  • Hallo Gemeinde,


    ein Spiegel, wie man ihn sich wünscht. Und wenn dann auch beim zweiten Test sehr ähnliche Ergebnisse kommen, hat man zwar noch keine exakte Stichprobe ... aber schon mal einen Trend.


    Sternfreundliche Gruesse - Matthias

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