Erfahrungsbericht GSO 16": Teil 2 Modifikationen

  • <b>Mobile Beobachtungsplattform realisiert auf Basis GSO 16“
    Dr.-Ing. Paul Deister</b>


    Brackenheim im Juni 2009


    Nachdem ich mich seit 09/2008 eingehend mit dem GSO Dobson 16“ in einer ausgiebigen Testphase beschäftigt hatte, siehe http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=77655, habe ich mich entschieden, diesem Dobson treu zu bleiben. Seitdem habe ich viele beeindruckende Beobachtungsnächte mit dem 16-Zöller verbracht und diesen durch Erweiterungen in eine mobile Beobachtungsplattform verwandelt. Bei diesen Umbauten wurde auch dessen Kollimationsstabilität perfektioniert. Der folgende Bericht dokumentiert diese Schritte und die damit gesammelten Erfahrungen.




    Bild1: Gesamtansicht GSO Dobson 16“


    Bild2: Detail: oberer Tubus




    Bild 3: Detail: Mittelteil und Rockerbox



    Ausgeführte Umbauten zugeordnet nach den Baugruppen:


    • <b>Rockerbox</b>
    <ul><li> Ablageplatte für Okulare </li><li> ausklappbarer Arbeitstisch </li></ul>
    • <b>Unterer Tubus</b>
    <ul><li> Führungsbolzen zur Aufnahme der Spannvorrichtung
    </li><li> Schiene und Prismenklemme der Firma Baader zur Aufnahme von Ausgleichsgewichten
    </li><li> dimmbare rote LED-Beleuchtung zur Ausleuchtung des Arbeitstisches
    </li><li> Staubschutzabdeckung der Firma Astrozapp
    </li></ul>
    • <b>Oberer Tubus</b>
    <ul><li> Telrad
    </li><li> Weitfeldsucher Takahashi FS60C 60mm f5,9
    </li><li> Griffe zur besseren Handhabung bei der Positionierung
    </li><li> Staubschutz-Abdeckung
    </li><li> Lichtschutz gegenüber Okularauszug
    </li></ul>
    • Spannvorrichtung zur optimalen Kollimationsstabilität
    • Lichtschutzhülle der Firma Astrozapp


    Die Erweiterung der Rockerbox um eine Ablageplatte zur Aufnahme mehrerer Okulare und einen ausklappbaren Arbeitstisch, welcher durch dimmbare rote LED-Beleuchtungen ausgeleuchtet wird, resultierte aus dem Wunsch, im Feldeinsatz sowohl auf ein Netbook als auch auf benötigtes Kartenmaterial in unmittelbarer Nachbarschaft der Okularauszüge von GSO und Sucher zugreifen zu können.


    Bild4: Arbeitstisch mit Beleuchtung und Okularablage




    Bild 5: Detail unterer Tubus: rote LED-Beleuchtungen mit Haltemagneten, Bolzen mit Seilzug



    Bild 6: Okularablage: Aufnahme für 5 Stück 2“ Okulare


    Nachdem der Richfielder Takahashi FS60C anstelle des mitgelieferten 8x50 Suchers
    montiert war, wurde die Gesamtanordnung kopflastig, wenn gewichtige Beladungen in
    den Okularauszügen des Tak und des GSO gefahren wurden.


    Bild 7: Oberer Tubus: Telrad und Tak FS60C als Sucher, Griff oberhalb Auszug und Staubschutzabdeckung


    Zur Kompensation dieser zusätzlichen Massen am oberen Tubus wurden drei Halterungen für modular anschraubbare Gewichte aus Messing, die mit maximal je 1,5 kg beladen werden können, an der Unterseite der Gußzelle, sektorförmig um 120 Grad versetzt, angebracht.



    Bild 8: Detail: modular angeordnete Ausgleichsgewichte am unteren Tubus



    Bild 9: Detail: Ausgleichsgewicht mit Softpad (dient als Standfuß beim Abstellen des Tubus)


    Zusätzlich wurde an der Rückseite des unteren Tubus eine Prismenschiene der Firma Baader Planetarium von 18 cm Länge angeschraubt, welche über eine Prismenklemme ebenfalls mit anschraubbaren Messinggewichten bis maximal 1,5 kg beladen werden kann.



    Bild 10: Detail: Halter mit Ausgleichsgewichten längs Prismenschiene verstellbar



    Bild 11: Detail: 12 Stück Ausgleichsgewichte am unteren Tubus auf Prismenschiene


    Durch diese Ausgleichsgewichte am unteren Tubus wird auch bei schweren Zuladungen am oberen Tubus die Balance des Systems erreicht, welche weiterhin sehr feinfühlig über die Friktion des Höhenlagers eingestellt wird.


    Nach mehreren Feldeinsätzen mit zunehmend gesteigerten Vergrößerungen und auch zunehmenden Beladungen am oberen Tubus, wuchs der Wunsch nach Kollimationsstabilität für alle Schräglagen des Tubus. Ein Vorschlag für eine Verstrebung der Tuben im Forum iceinspace forcierte die Suche nach praxistauglichen Lösungen. Ich habe mich dann auf eine Bauart aus dem Ultra-Leicht-Flugzeugbau für die Abspannung von tragenden Konstruktionen besonnen und diese wie folgt realisiert:




    Bild 12: Der mäanderförmige Seilzug wird zwischen den Tuben verspannt


    Die Lösung besteht aus einem Stahlseil von 2 mm Durchmesser mit knapp 4,5m Länge.
    Beide Enden sind mit einer Schnellspannvorrichtung abgeschlossen und werden miteinander verschraubt.


    Am unteren Tubus wurden jeweils sektorförmig um 120 Grad versetzt am oberen Gußring genau mittig zwischen den Profilelementen 3 Gewindebohrungen M5 angebracht.
    An diesen Stellen gibt es bereits kleine Materialverstärkungen, die bei der Ausführung des MEADE-Ligthbridge Dobsons 16“ genutzt werden.





    Bild 13: Detail: Bolzen mit Seilzugführung




    Bild 14: Detail: Seilzugklemme


    Genau an diesen Stellen habe ich die Inbusschrauben M5 mit einer Länge von 35 mm platziert, wobei am Kopfende jeweils abwechselnd eine große Unterlegscheibe, eine kleine Unterlegscheibe mit doppelter Materialstärke und wieder eine große Unterlegscheibe eingefädelt sind. Daraus wurden die drei Halterungen mittig zwischen den Profilelementen am unteren Tubus für die Seilführung realisiert.


    Nun lässt sich das Stahlseil mäanderförmig vom unteren Tubus gegen den oberen Tubus so verspannen, dass sich das Stahlseil jeweils am oberen Tubus an den beiden runden Stegen der Profilelemente anlegt und am unteren Tubus um die Bolzen geführt wird, welche jeweils mittig zwischen den zwei Profilstangen angeordnet sind. Oben wird das Stahlseil von den Schraubköpfen aus Kunststoff geführt und Unten wird das Stahlseil um die Bolzen innerhalb der Unterlegscheiben geführt.




    Bild 15: Detail: Führung Seilzug am oberen Tubus


    Mit dem Seilspanner wird das Stahlseil stramm verspannt. Zur einfachen Montage des Stahlseiles wurden im Bereich oberhalb der Schraubbolzen zusätzliche Führungshülsen angebracht, damit das Stahlseil einfach über die Führungsbolzen aufgezogen und innerhalb der Führungshülsen verschoben werden kann (Bohrungsdurchmesser 3mm). Das Ergebnis ist eine sehr steife Anordnung, welche ein Durchbiegen der Tuben gegeneinander unmöglich macht. Die mäanderförmige Verspannung des Stahlseiles übernimmt noch eine zusätzliche Funktion: die Lichtschutzhülle wird in der unteren Hälfte außerhalb des Lichtweges fixiert.


    Der Lichtschutz gegenüber dem Okularauszug am oberen Tubus wurde aus Flugzeug-Sperrholz mit 1,5 mm Wandstärke hergestellt. Die Flächen wurden mit Schultafellack schwarz gewalzt. Am oberen Tubus wird dieser über einen umlaufenden Klettverschluss und zwei SchraubenM6 fixiert. Der Lichtschutz wiegt weniger als 200 g.




    Bild 16: Detail: Lichtschutz und TAK mit Laser




    Bild 17: GSO 16“ Beobachtungsplattform mit Streulichtschutz


    Von der Firma Astrozapp wurden eine Lichtschutzhülle und zusätzlich eine Staubabdeckung für den unteren Tubus bezogen. Als Staubschutz für den oberen Tubus wurde eine Abdeckung aus Siebdruckplatte (Wandstärke 7 mm) angefertigt (siehe Bild Detail oberer Tubus Seite 2). Diese wurde an der Innenseite mit den drei ursprünglichen Gummifüßen versehen, um eine zentrische Fixierung im oberen Tubus zu erreichen.


    <b>Die drei Stufen des GSO:</b>


    <b>Stufe 1:</b> von 0% auf 70%. Der Kauf des GSO ist preiswert. Der Käufer lernt den Umgang mit dem System und kann direkt mit dem Beobachten anfangen. Er lernt auch die Schwächen des Systems kennen, und kann dann sukzessive selbst entscheiden, welche Schwachpunkte er beseitigen möchte.


    <b>Stufe 2:</b> von 70% auf 80%. Als notwendig erachte ich die Nachrüstung des GSO mit dem Umrüstkit, so wie in meinem „Erfahrungsbericht GSO“ beschrieben. Wird auf diese Nachrüstung verzichtet, bleibt der GSO 16“ Felduntauglich.

    <b>Stufe 3:</b> von 80% auf 100%. Wie in diesem Bericht in allen Details beschrieben, wird das System auf sein Maximum hin optimiert.


    Durch den Erwerb des GSO erhält der Käufer ein Standardgerät zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis, das mit handwerklichem Geschick mit mäßigem Aufwand (sowohl zeitlich als auch finanziell) nach und nach zu einem äußerst leistungsfähigen Gerät ausgebaut werden kann. Gegenüber einem Bausatz oder gar dem kompletten Selbstbau eines Gitterrohrdobsons werden gravierende Risiken vermieden. Die Funktion ist vom ersten Tag an gegeben und die Anordnung kann sukzessive den eigenen Bedürfnissen angepasst werden, ohne dass Fehlschritte oder gar das komplette Scheitern des Vorhabens in Kauf genommen werden müssen. Die Grundkonstruktion des GSO ist sehr gut brauchbar und mit vielen guten Features bedacht, so dass daraus eine sehr leistungsfähige Beobachtungsplattform der 16Zoll Klasse realisiert werden kann. Ein kompletter Selbstbau fällt nicht kostengünstiger aus – zudem dabei zusätzlich immense Planungs- und Baustunden anfallen.


    Als Nachteile dieser Ausführung sind das hohe Eigengewicht und die Sperrigkeit zu nennen. Wer nicht unter einem guten Landhimmel wohnt (Mag 6) und das Teleskop leicht fahrbar unmittelbar neben dem Beobachtungsplatz lagern kann (z.B. in der benachbarten Garage), der sollte sich vorher reiflich überlegen, ob er sich eine solche Kampf-Klasse antun kann. Vor dem Beobachten heißt es schleppen und aufbauen. Danach wieder abbauen, schleppen und verräumen. Dies ist mit einem 10-Zöller wesentlich einfacher, da diese Klasse wesentlich leichter und auch kompakter ist. Der GSO 16“ setzt zum Transport mindestens einen Kombi, besser einen Bus voraus. Mit einer Limousine ist da nichts mehr zu machen, denn das sperrigste Teil misst 80 cm im Durchmesser und das passt weder durch eine Beifahrertür noch einfach auf einen Rücksitz. Das Gesamtgewicht beläuft sich mit den Okularen, Tak und Zubehör auf knapp 70 kg.


    Diese funktionale Beobachtungsplattform benötigt keinen Kartentisch mehr und alle Utensilien sind unmittelbar greifbar. Mit dem Richfielder mit D=60mm sind Vergrößerungen mit dem Bino-Ansatz bis 120fach und mit dem 16-Zöller bis 600-fach realisierbar. Da sind derzeit bei mir keine Wünsche mehr offen – und das Ganze funktioniert mit 100 Grad Gesichtsfeld Dank der neuen Ethos Serie. Meinen Wunsch nach einer finanzierbaren mobilen Beobachtungsplattform konnte ich mir durch diese Anordnung erfüllen und Sie hat mir in den vergangenen 6 Monaten unvergessliche Deep-Sky Beobachtungen beschert.


    Und jetzt freue ich mich auf Eure Kommentare.


    <font color="limegreen">Bild-URLs repariert von Caro</font id="limegreen">

  • Lieber Paul,


    du hast den GSO erstklassig optimiert.
    Vorbildlich finde ich auch Deine Dokumentation.[:)]
    Ich bin gespannt auf den nächsten gemeinsamen Feldeinsatz.
    Man könnte das Tischlein auch für eine Flasche guten Roten und Weingläser anstelle des Laptops verwenden,
    um auf ein gelungenes Projekt anzustossen. [:D]

  • Hallo Paul,


    ganz sicher ein gelungener Umbau.
    Allerdings stellt sich, ob des enormen Aufwandes, die Frage, ob nicht da schon eine völlige Neukonstruktion, unter Verwendung der Spiegel oder eventuell noch der Verwendung des Hutes und des unteren Tubusteils, mit vergleichbarem Aufwand ein steiferes und leichteres, auch leichter zu händelndes Teleskop ergeben hätte.


    Gruß und CS
    Günther

  • Hallo Günther,


    Du hast sicher Recht, dass mit vergleichbarem Aufwand an Zeit auch andere Konzeptionen möglich sind.


    Der GSO hat einfach etwas Robustes. Das zeigen schon die Tuben. Nicht nur massiv, auch noch von einer Person aufzubauen. Ich wollte am Erscheinungsbild und der Grundkonzeption des GSO festhalten.


    Die Modifikationen habe ich sukzessive an meine Bedürfnisse angepasst. Der mitdrehende und beleuchtete Arbeitstisch und die Okularablage sind ergonomisch im Feldeinsatz sehr hilfreich. Ich schätze es ungemein, schnell und unkompliziert auf die benötigten Utensilien zurück greifen zu können. Auch die schweren Zuladungen am oberen Tubus musste ich ausgleichen – natürlich ohne auf das Feature des butterweich einstellbaren Höhenlagers zu verzichten. Mit einem Lowrider hätte ich dies nicht erreicht. Der finanzielle Aufwand für die Modifikationen war bescheiden. Die monetären Kapazitäten stecken im Sucher und den Okularen.

  • Lieber Gerd,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: GerdHuissel</i>
    <br />Lieber Paul,


    .....
    Ich bin gespannt auf den nächsten gemeinsamen Feldeinsatz.
    Man könnte das Tischlein auch für eine Flasche guten Roten und Weingläser anstelle des Laptops verwenden,
    um auf ein gelungenes Projekt anzustossen. [:D]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    natürlich ist bereits ein 1,5 Liter Fläschle Brackenheimer LEMBERGER der WG von 2006 zur Rockerbox beigestellt. [:)]


    Passende Gläsle bringscht Du mit. Unnersetzer brauche mer keene - mir henn a Siebdruckplatt als Unnerlach [;)].

  • Danke für den erstklassigen Bericht + der Beschreibung deiner Optimierungen!


    Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, ein 16" Teleksop anzuschaffen, möchte jedoch noch warten, bis diese billiger werden. ;)
    Beim Lesen dieses Berichtes denke ich mir aber: Wäre es denn nicht gleich "sinnvoller" (für jemanden, der bastlerisch nicht so fähig ist wie du),
    sich ein GSO-Spiegelset anzuschaffen und dazu dann vorgefräste Dobson Teile z.B. von Dieter Martini?


    Ohne das beurteilen zu können: Dadurch sollte ja eine bessere mechanische Qualität des Dobsons erreichbar sein, welche auch durch einen Laien selbst zusammenstellbar ist.
    Was meinst du/ihr dazu?


    freundliche Grüße
    Hannes

  • Hallo Hannes,


    ich würd mir net so ein klobiges Teil bestellen und dann einen Haufen Aufwand und Zeit reinstecken, um es zu optimieren. (was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass ich obige Arbeit nicht würdige - das tue ich nämlich durchaus).


    Zum anderen kostet das Spiegelset auch nur um die 1000€ (wenn ich jetzt richtig informiert bin), dann kommen nochmal 200-300€ an Materialkosten dazu, wenn du wirklich alles selbstbaust und schon hast du ein deutlich besseres Teleskop als das Ursprungsdesign. Und natürlich auch deutlich günstiger! [:D]


    So wirklich leicht wird das Dobson dann wohl auch nicht werden, weil halt schon der Spiegel recht schwer ist und man die Spiegelbox usw. dann natürlich auch net so leicht bauen kann. Aber deutlich leichter als die zusammengewürfelten Pressspanplatten wird es allemal werden. Und wohl auch deutlich besser nachzuführen sein.


    Insofern kann ich dir nur raten, es so zu machen, wie du es vorhast. Spiegelset kaufen und den Rest außen rum bauen. Wünsch dir jedenfalls schon mal viel Spaß beim Bauen. [:)]


    Christian

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