BB Namibia

  • Hi,


    in den Weihnachtsferien hatte ich endlich mal eine Gelegenheit, den Sternenhimmel von Namibia zu genießen. Es war kein reiner Astronomie-Urlaub, aber die Astronomie sollte dabei nicht zu kurz kommen. Daher nahm ich meinen auf 1.25“-Okulare umgerüsteten Novalux 415 Refraktor (60/415) mit und nahm mir vor, einige Objekte am Südhimmel zu beobachten, die ich zum Teil noch nie zuvor gesehen hatte und die zum Teil an der Grenze des mit diesem Teleskop machbaren liegen sollten. Eine Auswahl an Objekten sei hier vorgestellt. Beobachtet wurde an verschiedenen Standorten am Rand der Namib Wüste:



    Sharpless 2-276 (Barnard’s Loop)


    Vor einer Weile glaubte ich im Hochgebirge (Rocky Mountains) mit bloßem Auge und H-beta Filter, Barnard’s Loop zu erkennen. Problematisch ist hierbei, dass vor diesem Nebel einige schwächere Sterne dicht zusammen stehen, so dass das Auge einen Eindruck hat, Nebel zu sehen. Daher wollte ich diese Sichtung nochmal überprüfen. Dazu hielt ich einen H-beta Filter zwischen Daumen und Zeigefinger vor mein Auge und formte mit den restlichen Fingern der Hand einen „Tubus“ zum Streulichtschutz. Nach einigen Minuten Beobachtung und indirektem Sehen war ich mir sicher, an der Stelle immer mal wieder einen Nebelfetzen zu sehen. Dieser Fetzen verschwand aber aus der Sicht, wenn ich die Blickrichtung nur leicht änderte. Ohne Filter war der Nebel unsichtbar, aber ein paar Sterne blitzten auf, die mit Filter schwächer waren.
    Mit dem 60mm-Refraktor und H-beta Filter konnte ich bei 17-facher Vergrößerung Barnard’s Loop besser erkennen (indirektes Sehen trotzdem nötig) und richtig entlang der länglichen Nebelstruktur „entlang fahren“.



    Sharpless 2-264 (Lambda Orionis Nebel)


    Laut http://www.visualdeepsky.org/chat/msg01732.html sollte dieser Nebel einfacher zu beobachten sein als Barnard’s Loop. Obwohl ich dieselbe Beobachtungstechnik wie bei diesem anwandte, konnte ich den Lambda Orionis Nebel aber nicht erkennen.



    Zodiakalband


    In der Planetenebene des Sonnensystems befindet sich eine Menge Staub, der teilweise sichtbar wird, weil er das Licht der Sonne streut. Wer an dunklen Standorten v.a. in südlicheren Breiten beobachtet hat, kennt wahrscheinlich das Zodiakallicht, einen Lichtschein, der in der Dämmerung vom Horizont aus ein Stück entlang der Ekliptik sichtbar ist. Womöglich weniger bekannt ist das Zodiakalband, eine Verlängerung des Zodiakallichts, die bei exzellent dunklen Standorten über die gesamte Ekliptik bis hin zum Gegenschein ggü. der Sonne verfolgt werden kann.
    Dieses Zodiakalband hatte ich noch nie zuvor beobachtet und nahm mir deswegen vor, ihn bei dieser Gelegenheit mal zu versuchen. Tatsächlich: Nach ausreichender Dunkeladaption konnte ich mit indirektem Sehen an jedem Abend eine 5-8 Grad breite Aufhellung entlang der Ekiptik bis hin zur Milchstraße beobachten (also vom Sternbild Wassermann, wo das breitere Zodiakallicht ungefähr ins Zodiakalband überging, bis zum Sternbild Stier! Ein Stück weiter sollte sich der Gegenschein befinden, der allerdings nicht sichtbar war, weil er sich um diese Jahreszeit vor der Milchstraße befand). An besonders klaren Abenden war diese Aufhellung vom westlichen Horizont bis zum Sternbild Widder sogar gerade so mit direktem Sehen erkennbar! Am Sylvesterabend erklärte ich ein paar astronomisch unbedarfteren Leuten das Zodiakalband und sie konnten dies dann ebenfalls erkennen.



    Airglow


    Durch das Licht der Sonne werden tagsüber in der höheren Atmosphäre Stickstoff und Sauerstoff angeregt, die dann Licht aussenden. Das dabei entstehende Leuchten macht sich nachts durch eine leichte Aufhellung des Himmels sichtbar, die in dicht besiedelten Gebieten leider überstrahlt wird.
    Tatsächlich konnte ich dieses Airglow beobachten. Es machte sich als eine Aufhellung des Himmels rund um den Horizont bemerkbar, die wegen Abwesenheit künstlicher Lichtquellen nicht durch künstliches Licht erklärt werden konnte. Diese Aufhellung begann etwa 5 Grad über den Horizont, war zwischen etwa 10 und 20 Grad Höhe am hellsten und konnte mit indirektem Sehen bis in 35 Grad höhe verfolgt werden.
    Überhaupt fiel Folgendes auf: In Mitteleuropa erscheinen ja Wolken nachts als aufgehellte Flächen vor dunklerem Hintergrund. Unter Abwesenheit von Lichtverschmutzung sind es aber dunkle Flecken vor hellem Hintergrund. Wolken waren während meines Aufenthalts an der Namib-Wüste nicht vorhanden, aber in der Dämmerung konnte man erkennen, dass aufgewehter Wüstenstaub am Horizont war. Dieser absorbierte wahrscheinlich einen Teil des Airglows, so dass dieses erst ab etwa 5° über dem Horizont auffiel.



    Schon öfters konnte ich die Kleine Magellansche Wolke (NGC 292) beobachten, achtete jedoch nie besonders auf weitere Deep-Sky-Objekte, die zu dieser Galaxie gehörten. Daher nahm ich mir einige NGC-Objekte aus dieser Region vor.


    (Objektdaten in Klammern: Typ, vis. Helligkeit, Größe, Sternbild)


    NGC 330 (OH, 9.6 mag, 1.9’, Tuc)
    NGC 346 (OH, 10.3 mag, 14’x11’, Tuc)
    Im nördlichen Bereich der SMC befinden sich die beiden auffälligen offenen Sternhaufen NGC 330 und NGC 346, die beide physisch zur SMC gehören, also keine Vordergrundobjekte sind.
    NGC 330: In einem hellen, aber diffusen Fleck sieht man eine körnige Struktur einiger lichtschwacher Sterne.
    NGC 346: Nördlich von einem Stern 11. Größe (Vordergrundstern) befindet sich dieser offene Sternhaufen, den man als hellen, diffusen Fleck sieht.


    NGC 419 (OC, 10.6 mag, 2.6’, Tuc)
    Der hellste Kugelsternhaufen der Kleinen Magellanschen Wolke. Diffuser Fleck ein Stück westlich zweier Sterne 11. Größe. Blickweise hatte ich bei 83x den Eindruck, einen helleren Kern von einem schwächeren Außenbereich unterscheiden zu können, dies ist jedoch unsicher.


    NGC 339 (OC, 11.9mag, 2.2’, Tuc)
    Diffus, deutlich flächig; bei indirektem Sehen etwa 50% der Zeit gehalten. Befindet sich nordöstlich von 3 Sternen 7. bis 8. Größe, die entlang einer markanten Linie stehen.


    NGC 121 (GC, 11.2 mag, 1.8’)
    Bei direktem Sehen gerade noch erkennbarer diffuser Fleck ohne Strukturen. Nahe an 47 Tuc, einem hellen Kugelsternhaufen unserer Galaxie, der schon mit bloßem Auge sehr gut erkennbar ist.


    NGC 376 (OC,11.8 mag, 7.9’?)
    Bei einer lichtschwachen (11. bis 12 1/2. Größe) Gruppe von Sternen, die ein "Haus vom Nikolaus" bilden (->Asterismus?). Am westlichen Dach des "Hauses vom Nikolaus" sehr lichtschwachen Fleck indirekt zeitweise gesehen. Lt. messier45.com ist der Durchmesser 7,9', sieht aber auf dem DSS-Bild viel kleiner aus (etwas kleiner als 1').



    Im Bereich der Sternbilder Cetus-Sculptor-Fornax, nahe am galaktischen Südpol, befinden sich einige interessante Objekte. Zum einen die Galaxie NGC 253, die man fast von Kante aus als recht helles Objekt sieht, oder der Kugelsternhaufen NGC 288. In der Nähe ist auch der offene Sternhaufen Blanco 1, eine eineinhalb Grad breite Gruppe von Sternen. Diese Objekte beobachtete ich kurz, weil sie in der Nähe der Fornax-Zwerggalaxie liegen, an die ich mich dann heranwagte ...



    MCG -06-07-001 - Fornax-Zwerggalaxie (GX, 8.1-9.3 mag?, 17.0’x12.6’, For)


    Dies ist eine kleine Galaxie in unserer lokalen Gruppe, die erst 1938 von Südafrika aus entdeckt wurde. Sie ist eine elliptische Zwerggalaxie in 450 000 bis 500 000 Lichtjahren Entfernung (http://seds.org/~spider/spider/lg/for_dw.html).
    Die Sichtbarkeit dieser Galaxie simulierte ich zuvor mit dem Optimum Detection Magnification Calculator von Mel Bartels (http://www.bbastrodesigns.com/visual.html ). Geht man von den Objekt-Daten aus dem SAC-Katalog aus (8.1 mag), den man auch in Cartes du Ciel einbinden kann, so ist die Galaxie bei einer angenommenen Grenzgröße von 7,1 mag und Himmelshelligkeit zwischen 21 und 22 mag /arcses^2 sichtbar. Unter Annahme der Objektdaten von http://seds.org/~spider/spider/lg/for_dw.html (9.3 mag), 17-facher Vergrößerung und 60 mm Öffnung müsste die Himmelshelligkeit 22 mag pro arcsec^2 betragen, also perfekt sein. Ich probierte es einfach mal...
    Tatsächlich: Nachdem ich schon eine Viertelstunde lang nicht mehr vom Okular weggeschaut hatte und keine Sternkarte mehr gelesen hatte, um die Dunkeladaption nicht zu gefährden, konnte ich bei 17x etwa für ein Drittel der Zeit bei indirektem Sehen einen größeren, aber shr lichtschwachen und diffusen Fleck erkennen, der etwa 3:2 elongiert war. Bei 42x Vergrößerung konnte ich diesen Fleck nicht sehen. Um zu vermeiden, dass ich mir die Sichtung einbildete, bewegte ich das Gesichtsfeld mehrmals an verschiedene in der Umgebung liegende Stellen. Dort konnte ich jeweils keine diffusen Flecken erkennen. Deswegen bin ich mir sicher, die Fornax-Zwerggalaxie tatsächlich gesehen zu haben, es war aber wirklich ein sehr schwieriges Objekt.


    NGC 1049 (GC, 11.0-12.9 mag?, 0.4’, For)


    Dies ist der hellste Kugelsternhaufen der Fornax-Zwerggalaxie. Er wurde schon lange vor der Galaxie entdeckt und bekam sogar eine eigene NGC-Nummer. Je nach Quelle soll dieser Kugelsternhaufen zwischen 11,0 und 12,9 mag hell sein (http://seds.org/~spider/spider/lg/for_dw.html), Grund genug, ihn mal zu probieren.
    Mit 42-facher Vergrößerung konnte ich bei indirektem Sehen zu etwa 50% der Zeit einen lichtschwachen und tatsächlich ausgedehnten Fleck erkennen. Bei 17x-Vergrößerung konnte ich ihn nicht erkennen. Es war also nicht möglich, diesen Kugelsternhaufen zusammen mit seiner Heimatgalaxie im Gesichtsfeldzu sehen.



    Diskussion der Beobachtungsbedingungen:


    Ich besitze leider kein SQM, deswegen kann ich die Himmelsqualität, die zu der Zeit dort herrschte, nicht objektiv beurteilen. Schon vor der Reise war ich gespannt darauf, ob mich dort ein Bortle 1 Himmel erwarten würde ( http://www.skyandtelescope.com…y/3304011.html?page=2&c=y ). Mit der Methode der Meteorbeobachter (Zählen der in bestimmten Dreiecken am Himmel sichtbaren Sterne) bestimmte ich aber in jeder Nacht die Grenzgröße für das bloße Auge. Dazu nutzte ich das zenitnahe Dreieck aus beta Lep – beta Ori - 53 Eri (http://www.imo.net/visual/major/observation/lm ), in dem jeweils zwischen 34 und 38 Sterne sichtbar waren. Dies entspricht einer Grenzgröße von 7,0 bis 7,1 mag. Allerdings sehe ich Sterne auch trotz Brille nicht perfekt scharf. Diesen Sehfehler kann ich aber am Teleskop durch Fokussieren vermeiden. Mit 60 mm Öffnung blitzten zeitweise Sterne zwischen 12 1/2. und 13. Größe auf.
    Nach den Sichtungen des Zodiakalbands und des Airglows könnte dies Klasse 1 auf der Bortle-Skala entsprechen. Allerdings war meine Umgebung (Teleskop und Landschaft) nie völlig unsichtbar.




    Clear skies


    Robin

  • Hallo Robin,
    ja, der Himmel in Namibia macht schon richtig Spass. Auch mit so einem kleinen Röhrchen...
    Schöner Bericht, der Lust auf mehr macht.
    Die Fornax-Galaxie konnte ich noch nie sehen, trotz vieler Versuche mit dem 20-Zoll lowrider in Spanien.
    Den Kugelhaufen sieht man aber easy.
    Im April bin ich wieder auf der Hakosfarm und dein BB lässt mir wegen der Vorfreude das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    Vor allem, weil ich dann den 24er vom Martin benützen kann!
    CS
    Timm

  • Ciao Robin,


    ich war zwar auch schon 4x am Südhimmel, aber leider immer ohne eigenes Astro-Equipment. Mit Deinem Bericht bekomm ich doch Lust endlich mal bewaffnet runter zu fliegen... :) Ausserdem finde ich Deinen Bericht wirklich herausragend gut gelungen - wegen der Hintergrundinformationen und auch wegen der Links (Zitate) die Du eingebunden hast !
    Interessant sind auch Deine Fornax-Beobachtungen. Ich hatte mal am Grossglockner IC 1613 beobachtet (aber mit ner 20" Kanone :)
    http://eyes4skies.de/Internet/…008_10_25_EDWS.htm#ic1613
    die hat 22.8 mag/sas mittlere FH, Fornax ist aber noch schwächer: 23.4mag/sas. Immer wieder erstaunlich, was mit kleiner Öffnung so geht wenn der Himmel passt (ein Spezialgebiet, zu dem Uwe sicher noch Bemerkungen hier abgeben wird ... :-).


    Also vielen Dank für Deinen sehr interessanten Bericht +
    schöne Grüsse,
    Peter

  • Hallo Timm, Stefan und Peter,


    ja, der Himmel in Namibia war wirklich genial. In den paar Nächten, die hier in Deutschland in der zweiten Januarhälfte klar waren, mochte ich schon gar nicht mehr beobachten gehen, weil mir der Himmel zu dunstig vorkam.
    Bei der Fornax-Zwerggalaxie spielt es wahrscheinlich gar nicht mal so sehr eine Rolle, wie groß die Öffnung ist, weil sie relativ hell aber flächen-lichtschwach ist. Man braucht einfach sehr dunklen Himmel und großes Gesichtsfeld.
    IC 1613 hätte ich ja eigentlich auch mal versuchen können, die wäre ja sogar in der Nähe gewesen. :)


    Clear skies


    Robin

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