Kulmination der Sonne im Treppenhaus - Ergänzung 2

  • Hallo allerseits,


    und als erstes herzliche Neujahrsgrüße an alle Astro-Begeisterten und den Rest der Welt.


    An dieser Stelle (hoffentlich bin ich hier einigermaßen richtig …) möchte ich als Anregung zur Weiterentwicklung ein wirkliches ‚low-cost’ Beobachtungssystem von erstaunlich hoher Präzision vorstellen.


    Das System besteht aus einem Türschloss und einer senkrechten Wand in 5046mm Entfernung (waagerecht gemessen).
    Es dient dazu, den Moment der Kulmination der Sonne zu bestimmen. Gleichzeitig ermöglicht es auch, die Kulminationshöhe der Sonne um die Wintersonnenwende herum darzustellen. Und, wie sich gezeigt hat, sind kleinste Veränderungen nachweisbar.


    Wie? Irgendwann im vergangenen Jahrhundert habe ich zur Mittagszeit einen leuchtenden, fast runden Fleck im sonst dunklen Treppenhaus bemerkt, der deutlich sichtbar über die (damals noch weiße) Wand wanderte. Schnell war geklärt, dass das Schlüsselloch der Badezimmertür die Funktion einer Lochkamera übernommen hatte. Mit Hilfe eines Astro-Programms (Skyplot) konnte ich dann den Moment der Kulmination bis auf die Sekunde genau bestimmen und habe die entsprechende Position des Bildes der Sonne auf der Wand mit senkrechten Linien links und rechts markiert.


    Über die Jahre haben sich so eine Reihe von Markierungen ergeben, die überwiegend jeweils den unteren Rand der Abbildung markieren (und die diverse Anstriche der Wand und tausende von vorbeilaufenden Händen überstehen mussten).


    Zu den folgenden Bildern:


    der Abstand der senkrechten Linien beträgt 48mm; die Uhr ist eine Funkuhr und sollte die Zeit demnach recht genau anzeigen.
    Zunächst das Foto vom 19.12.2008; der kurze waagerechte schwarze Strich, hier noch nicht mit Datum versehen, markiert die untere Grenze des Lichtflecks:





    Jetzt das aktuelle Kulminationsfoto von heute; nach Skyplot sollte die Sonne um 12Uhr 28min 8,5s kulminieren, die Abweichung beträgt gerade 3,5 Sekunden. Man beachte auch die Änderung der Höhe gegenüber dem Vortag:





    Damit die beleuchteten Marken besser sichtbar werden, hier das Foto fast einen Sonnendurchmesser später; für die genaue Auswertung sollte wohl die Schlüssellochbreite von 8mm einbezogen werden:





    Wenn ich die Bilder jetzt betrachte, dann ärgere ich mich ein wenig, dass ich die „Einträge“ nicht ein wenig sauberer vorgenommen habe, aber das Schreiben auf gestrichener Rauhfasertapete mit recht kleinen Buchstaben und Zahlen ist doch etwas schwierig.


    Vielleicht dient dieses kleine Projekt ja als Anregung für etwas ‚professionellere’ Ausführung, denn die Ergebnisse zeigen deutlich, dass es sich lohnt.


    Viele Grüße,


    Manfred.

  • Hallo Manfred
    Sehr interessante Arbeit, man muss nicht mal aus dem Haus :)
    Du warst bestimmt in deinem Vorleben bei der Erstellung von Stonehege dabei.
    Die nutzten ähnliche Techniken, leider ist davon nicht viel erhalten.


    viele Grüße Bernd

  • Hallo Manfred,


    das ist ja mal superklasse. Praktisch angewandte Astronomie im Hause.


    Was sagt`n eigentlich Deine Frau (gibt es eine Frau "Sonnenkulminator"? [:)])dazu, das Du da so "Aufzeichnungen" auf alter Wandfarbe im Treppenhaus "züchtest"? [:D]


    Also meine, die überhaupt kein Interesse an der Astronomie hat, würd mir wahrscheinlich `n Vogel zeigen, wenn ich ihr sagen würde, daß ich das Treppenhaus wegen astronomischer Aufzeichnungen nicht fertig streichen kann. [:)]


    [clown an]Ist bei Deinen Aufzeichnungen eigentlich die tektonische Plattenverschiebung berücksichtigt?[clown aus]


    Ne ganz im Ernst. Ich finde das wirklich klasse, was Du da machst und finde es super, daß Du uns davon, noch dazu mit Fotos, berichtest.


    Gruß, CS und ein frohes neues Jahr
    Heiko

  • Hallo Manfred,


    ich finde das eine tolle Arbeit! Das regt natürlich zum Nachmachen an, aber leider habe ich kein Schlüsselloch in meinem Haus, das von der Mittagssonne getroffen wird. Man könnte natürlich deinen Einfall auf eine andere Art umsetzen. Dann ist man aber schnell im Bereich der Sonnenuhren und unter freiem Himmel. Ich werde einmal überlegen und mit wachsamen Augen durch die Gegend laufen und vielleicht finde ich ja auch bei mir eine Möglichkeit, diese Beobachtung nachzumachen. Auf alle Fälle eine schöne Idee!


    Viele Grüße
    Arno

  • Hallo Manfred


    Deine Besucher werden sich über das Wachstum deiner Kinder wundern.[:D]
    (Wenn du Kinder hast.)


    Ich hoffe, deine Frau meckert nicht allzusehr.
    Wissenschaft hat eben oft einen niedrigen WAF (Woman Acceptance Faktor).


    Gruß
    Pit

  • Hallo Pit,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wissenschaft hat eben oft einen niedrigen WAF (Woman Acceptance Faktor).<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Also bei mir daheim auf jeden Fall. [:D] Und trotzdem würd ich sie wieder vom Fleck weg heiraten. [:p]


    Gruß
    Heiko (seit 12 Jahren glücklich verheiratet)

  • Hallo Bernd, Heiko, Arno und Pit,


    vielen Dank für eure Antworten. Es freut mich sehr, dass bei den wahnsinnigen Möglichkeiten, die die Technik bietet, auch solch vergleichsweise einfachen Dinge Beachtung finden. Ich finde es faszinierend, wenn man (fast) ganz ohne irgendeinen besonderen Aufwand (z.B. Stromversorgung) Ergebnisse erzielen kann.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Du warst bestimmt in deinem Vorleben bei der Erstellung von Stonehege dabei.
    Die nutzten ähnliche Techniken, leider ist davon nicht viel erhalten.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Bernd, wie gerne wäre ich dabeigewesen! Und ist es nicht erstaunlich, dass dieser Ort nach einigen tausend Jahren immer noch interessant ist? Das dort verwendete Prinzip funktioniert immer noch und wird es weiterhin tun, solange die Sonne scheint und es irgendwo Türen mit Schlüsselloch gibt :)


    Hico und Pit, nein, meine Frau meckert überhaupt nicht, und ihr persönlicher WAF ist eher höher anzusiedeln. Sie weiß, wie wenig Zeit ich für mein Hobby übrig habe und toleriert deshalb das allermeiste, was damit in Zusammenhang steht.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Deine Besucher werden sich über das Wachstum deiner Kinder wundern<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Wenn ich jetzt darüber nachdenke – es ist eigentlich noch niemandem aufgefallen, dass unsere Kinder (15 und 17 Jahre alt) nur in der Weihnachtszeit am größten sind und eine Körpergröße von ca. 1,3 Metern bisher nicht überschritten haben …


    Einen Aspekt möchte ich noch nachtragen: man sieht das Bild der Sonne mit einer Geschwindigkeit von 0,4mm pro Sekunde über die Wand wandern, wobei die unregelmäßige Oberflächenstruktur der Tapete diesen Bewegungseindruck noch unterstützt – Erddrehung live.


    Viele Grüße,


    Manfred.

  • Hallo,


    das gefällt mir ganz gut.
    Generell mag ich es, mit limitierten Mitteln interessante Dinge zu tun, wie zB wenn Leute mit einer Kompakt-Digiknipse extrasolare Planeten suchen oder mit PET-Flaschen einen Stirling-Motor basteln.


    Das erinnert mich an ein befreundetes (und reiches) Pärchen, die ihren Kindern jedes Jahr die Ausstattung eines Kindergartens schenken, aber die kleinen spielen nicht mit der Wii oder dem Nintendo, sondern - mit Bauklötzen.


    Viele Grüße
    Julian

  • Hallo Manfred,


    ist ja toll. Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen!
    Ich habe in unserem Haus auch so einen "Sonnenfleck" im Keller entdeckt, allerdings erscheint er nur gegen 11 Uhr.
    (in letzter Zeit aber garnicht [:(])
    Ich hatte mich mal kurz mit der Verbesserung der Schärfe der Lochkamera beschäftigt, habe aber keine brauchbaren Ergebnisse bekommen.
    Ist Deine Sonne scharf??


    Bodo

  • Hallo Bodo,


    nein, ganz scharf ist der Rand nicht. Das kann er auch nicht; wenn es eine Öffnung von einigen Millimetern gibt, dann gibt es auch einen Halbschatten, der auf den Fotos ansatzweise erkennbar ist.
    Er ist aber in der Horizontalen so schmal, dass man spätestens von einer Sekunde zur übernächsten entscheiden kann, ob die Sonnenscheibe genau mittig zwischen den Begrenzungslinien sitzt oder schon zu weit gewandert ist.


    Wenn man den Lochdurchmesser gegen Null gehen lässt, dann hilft das auch wenig, da irgendwann Beugungserscheinungen, die vom Rand des Lochs ausgehen, den Rand der Sonne unscharf erscheinen lassen.


    Ich muss gestehen, dass ich diese Feinheiten bisher noch nicht weiter durchdacht habe, denn nach meinen visuellen Eindruck präsentiert sich eine Form mit klar erkennbaren Grenzen, und das hat bisher gereicht.


    Vorbeiziehende Wolken zeichnen sich zum Beispiel sehr deutlich ab; interessant wäre es (ohne jetzt viel zu rechnen ...), ob man z. B. Sonnenflecken erkennen kann. Zum einen wage ich es zu bezweifeln, zum anderen machen die sich zur Zeit ja auch recht rar.


    Gruß,


    Manfred.

  • Hallo,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ob man z. B. Sonnenflecken erkennen kann<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Sollte klappen. Dein Sonnenbild ist ja knapp 50mm groß.
    Große Gruppen müssten zu sehen sein, ich weiß nur nicht ob die dann auch scharf sind.


    Aber, es ist eh nichts auf der Sonne los... (Kann einer der mal sagen das wir auf Flecken warten...? [8D])


    Gruß
    Gerd

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: DrMoriarty</i>
    <br />Hi,


    man kann ja in das Schlüsselloch eine langbrennweitige Linse einsetzen [:)]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Aber nich, daß er dann nachher `n Loch in der Wand hat. [:D]


    Gruß
    Heiko

  • Hallo Bodo,


    das ist ja richtig interessant, auf welche Welt du mit deinem Link hinweist.
    Auf ‚Dieters Lochkamera Seite’ bin ich auch gelandet. Ich gebe zu, ich habe sie eher überflogen, aber ergibt sich für eine „Brennweite“ von 5000mm nicht ein optimaler Lochdurchmesser von ca. 2,6mm?
    Den werde ich auf jeden Fall einmal ausprobieren. Hoffentlich zeichnet sich dann allein von der Lichtintensität her überhaupt noch ein erkennbares Bild ab.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">man kann ja in das Schlüsselloch eine langbrennweitige Linse einsetzen <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nein, Julian, hier muss ich dir entschieden widersprechen! Auch wenn ich mit Bauklötzen und Lego (in der Urform) groß geworden bin – eine Linse ist mir in meinem GP-M-Refraktor immer noch lieber als anderswo.
    Nein, mein Schlüsselloch bleibt luftgefüllt. :)


    Aber jetzt noch einmal ernsthaft – ich bin richtig erstaunt darüber, welche Gedanken in diesem Thread entwickelt worden sind. Die Abbildung von Sonnenflecken werde ich auf jeden Fall ausprobieren, aber zunächst einmal experimentell.
    Nach dem 1. Februar wird es jedoch hier keine Gelegenheit geben, denn dann sorgt die oberste Treppenstufe bis November für dauerhafte Finsternis auf der Wand, zumindest bezüglich der Sonne.
    Auch der Mond in seinen verschiedenen Phasen ist bestimmt interessant, und der steht in den Sommermonaten wieder günstiger.


    Gruß,


    Manfred.


    P.S. Eben habe ich gesehen, bezüglich optimalem Lochdurchmesser nennt Kurt („maul-wurf“) mit 4mm eine ähnliche Größenordnung wie der Lochkamerarechner. M.

  • Hallo Manfred,


    bei Wikipedia habe ich mich in der Spalte geirrt. Richtig ist: Bei 5 m
    Abstand sollte des Loch einen Durchmesser von etwa 2,6 mm haben, so wie Du es geschrieben hast. Sorry!


    Gruß


    Kurt

  • Hallo noch einmal,


    heute Mittag war mal wieder ein blauer Himmel draußen, gute Gelegenheit, eine Lochblende von 3 bis 4 mm Durchmesser hinter dem Schlüsselloch zu befestigen.


    Ergebnis:





    Und ich finde, das Foto zeigt sehr schön ein kreisrundes und relativ scharf begrenztes Bild, deutlich besser, als die davor. Leider gibt es zur Zeit auch keine Sonnenflecken, die sich hätten abzeichnen können, auch das Warten auf irgendwelche zufällig vorbeifliegenden Objekte war umsonst.


    Natürlich werde ich die Sache weiter verfolgen, nur muss dazu einiges zeitlich zusammenpassen.


    Und, wie man sieht, seit Silvester steht die Mittagssonne schon wieder 0,5 ° höher - wir sind auf dem Weg in den Sommer....


    Viele Grüße,


    Manfred.

  • Hallo noch einmal,


    da heute wieder die Sonne schien und etwas Zeit war, habe ich wieder die Sonne über die Wand wandern lassen und noch ein erstaunliches Detail entdeckt:


    Das erste Bild zeigt die Sonne (leider) einige wenige Sekunden nach der Kulmination, da ich zeitweise mit dem Kopf im Strahlengang selbst eine Finsternis produziert hatte; die Uhr zeigt 12:32:13 Uhr, und die Unterkante der Sonnenscheibe ist markiert:





    Nur ca 11 Minuten später ist an der Wand deutlich erkennbar, dass die Sonne draußen in dieser kurzen Zeit etwas an Höhe verloren hat. Es sind im Vergleich der Fotos ca 3 bis 4 Bogenminuten – die Differenz beträgt etwas mehr als ein Zehntel des Durchmessers der Sonnenscheibe; zur Verdeutlichung habe ich eine Linie am Geo-Dreieck eingefügt:





    Wie anfangs gesagt, das System ‚arbeitet’ mit erstaunlicher Genauigkeit.



    Viele Grüße,


    Manfred.


    P.S. Der rot markierte 12.01. im oberen Bild war auf die <u>Ober</u>kante der Sonne bezogen, da unten ein Handlauf die freie Sicht auf die Tapete einschränkt ...

  • Hallo Manfred,


    wie gesagt, ich finds toll, was Du da machst.


    Hast Du denn die neue Fleckengruppe auch sehen können? Wahrscheinlich nicht, oder? Die is ja nicht sehr kontrastreich.


    Gruß
    Heiko

  • Hallo Heiko,


    danke für deine Antwort. Nein, von Sonnenflecken war nichts zu sehen; habe eine ganze Serie mit unterschiedlichen Belichtungszeiten gemacht, aber außer Struktur im Papier hat sich nichts abgezeichnet. Wie gesagt, ich bin da auch ein wenig skeptisch.
    Wenn ich es wenigstens mal an Wolken überprüfen könnte, wie scharf die Abblidungen etwa sind - das wäre ja schon ein Anfang.


    Viele Grüße,


    Manfred.

  • Hallo Manfred,


    heute Nacht war soo vollmondig, daß ich mit meiner Schnelltest - Lochkamera Canon 300d mit M42 Adapter, einige Zwischenringen, Alufolie und ein Nadelstich in der Fastmitte einen Schnellschuß auf den Mond gewagt habe.
    Man sieht immerhin was!! (Brennweite ca 123mm)
    (Bild ist ein 1:1 Auszug ohne Bearbeitung)



    Kann man sicherlich noch ausbauen (Lochgröße und Beschaffenheit + Bearbeitung oder stacken).
    Als Strukturen auf der Venus würde es aber noch durchgehen. [;)]


    Bodo

  • hallo Bodo,


    toll, dass du experimentiert hast.
    Für nur 123mm "Brennweite" und einen von den Strukturen her "flachen" Mond sieht man auf deinem Bild doch schon recht viel. Der Monddurchmesser dürfte ja nur etwas mehr als ein Millimeter betragen haben. Es scheint sich zu lohnen, mehr auszuprobieren.


    Gruß,


    Manfred.

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