Astigmatismus ?

  • Hallo!
    Ich habe gerade ein "Meisterwerk" chinesischer Spiegelschleifkunst am Foucault Test angeschaut. Ist ein 8" f/5, Plate Glas, 20 mm dick.


    Der Spiegel soll ein grottenschlechtes Bild zeigen, habe das aber selbst nicht am Stern gesehen.


    Ich kann leider noch kein Bild einstellen, da nach meinem Wohnungsumzug der ATM Krams noch nicht seinen richtigen Platz gefunden hat, daher versuche ich das zu beschreiben.


    Der Spiegel wurde in 3 Positionen im Tester (slitless, Schneide von links) begutachtet.


    Position 1 (0 Grad):
    außerhalb Krümmungsradius(KR) - Schatten wandert von rechts herein
    Annäherung an KR - Schatten wandert zunehmend von unten herein, es deuten sich ein Zentralberg und Zonen an, ich finde aber überhaupt keine Einstellung, bei der sich die Oberfläche schön darstellen lässt, die Schatten sind immer ziemlich hart
    innerhalb KR - Schatten wandert von links herein


    Position 2 (45 Grad im Uhrzeigersinn)
    außerhalb Krümmungsradius(KR) - Schatten wandert von rechts oben herein
    Annäherung an KR - Schatten wandert zunehmend von oben herein, auch hier harte Schatten, das ganze sieht ein wenig wie das bekannte Ying/Yang Symbol aus
    innerhalb KR - Schatten wandert von links oben herein


    Position 3 (90 Grad im Uhrzeigersinn)
    außerhalb Krümmungsradius(KR) - Schatten wandert von rechts herein
    Annäherung an KR - hier erstmals Darstellung der Oberfläche mit weichen Schattenübergängen möglich, alles andere als eine Parabel, kräftiger Zentralberg, aber auch hier das Schattenbild nicht symmetrisch, abfallende Kante,
    innerhalb KR - Schatten wandert von links herein


    Test am Pinhole zeigt ein sehr deutlich elliptisches Bild, das beim Fokaldurchgang um 90 Grad umkippt. Allerdings wurde das Okular Freihand geführt, so dass hier auch ein Anteil durch Okularverkippung nicht auszuschließen ist.


    Nach meiner Einschätzung ist der Spiegel nicht ansatzweise parabolisiert, zeigt einen Zentralberg, eine abfallende Kante und hat einen Astigmatismus der übelsten Sorte.


    Ob die Spiegelrückseite plan ist, habe ich noch nicht geprüft.


    Ich habe so ein Bild eines Spiegels noch nie gesehen, bitte daher um eure Interpretation.


    Was macht man mit so einem Teil? Gleich an den Hydranten werfen? Bis man da ein Tool aus Gips und Fliesen für den Feinschliff zusammengepanscht hat, nimmt man doch besser gleich zwei Glasrohlinge und fängt was Richtiges an.


    Danke für Eure Einschätzung.


    Frank

  • Hallo Frank.


    Wenn der Schatten bei wagrechter Anordnung nicht von links oder von rechts kommt,
    sondern statt dessen in einer geneigten Richtung kommt dann deutet dies auf Astigmatismus.
    So wie du es beschrieben hast dürfte es sogar noch ein starker sein.
    Das beste wird wohl sein.
    Du machst dir einen Gipsabdruck und damit eine Polierschale.
    Du kannst die Spiegelschicht abbeizen oder auch abpolieren.
    Abpolieren geht leicht macht aber eine ziemlich schmutzige Suppe von der du dich nicht
    erschrecken brauchst weil die lässt sich leicht weg waschen und wenn das Aluminium
    fertig ist dann geht alles wieder normal weiter.
    So viel ich weis hast du ja schon mehrere Spiegel gemacht und dann brauch ich
    diesbezüglich nichts mehr schreiben weil bis die die Sphäre erreicht hast
    ist der Astigmatismus auch weg. Wenn er nicht weg will können wir dir immer noch
    dann die diesbezüglichen Ratschläge geben.
    Ein kleiner Hinweis doch noch dazu.
    Wenn du die Spiegelschicht abpolierst, hat es den Vorteil das du sehen kannst wo sie zuerst
    verschwindet und da wird auch der Astigmatismus sichtbar.
    Vielleicht kannst du davon sogar ein paar Bilder machen.
    Das wäre sicher interessant für uns.


    Wünsche dir dazu viel Erfolg
    Alois

  • Hallo Alois,


    vielen Dank für Deine Einschätzung. Ich bin auch der Meinung, dass der Spiegel einen ordentlichen Asti hat. Insbesondere da sich der Schattenverlauf so stark mit Drehung des Spiegels geändert hat. Die Messerschneide war dabei senkrecht und wurde nicht in ihrer Position verändert.


    Habe ich das richtig verstanden: das Alu einfach mit dem Polierer und Polierweiß wegpolieren? Wie sieht danach die Pechhaut aus? Taugt die dann noch zur Politur oder muss die erneuert werden?


    Den Asti nur mit Politur rauskriegen? Ich hätte eher gedacht, dass da Feinschliff notwendig ist. Ich habe aber auch keine Erfahrungen mit Asti. Meine Spiegel waren bisher immer schön sphärisch.
    Ich habe auch keine Lust mir zuviel Arbeit mit der Scherbe zu machen. Fliesentool herstellen und einschleifen, bis es Kontakt hat, Feinschliff und dann wieder asupolieren, wäre schon Aufwand. Wenn es mit Polieren klappt, ein Gipsabguss für einen Polierer wäre ja schnell gemacht. Na ja, Versuch macht klug.


    Frank

  • Hallo Frank,


    solche "krummen Zeugen" fernöstlicher Spiegelschliefkunst hatten wir auch wiederholt vor der Messerschbeide. Im Foucualt reicht schon weniger Drehung, um den Asti zu erkennen. Bei 0° hast du dasselbe Bild wie bei 90°. Besser wäre 0°, 15°, 30°.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Was macht man mit so einem Teil? Gleich an den Hydranten werfen? <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nicht doch gleich am Hydranten[}:)]. Ein allseits bekannter Händler aus Augsburg empfielt sie als Mousepad. Ich gebe sie den Leuten als Schleifschale (Rückseite).


    Zum entfernen der Aluschicht, geht Natronlauge, "Domestos" oder "Rohrfrei" (wo auch Natronlauge drin ist) oder mit Kupfersulfat und Salzsäure. Siehe Aluschicht ab mit Kupfersulfat


    <font color="red">Dank dieser nervtötenden Forensuchfunktion habe ich ewig gebaucht, um dieses alte Thema zu finden!</font id="red">
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Den Asti nur mit Politur rauskriegen? Ich hätte eher gedacht, dass da Feinschliff notwendig ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nein, bei so einem kleinen Spiegel 2-3 Stunden schwungvoll polieren und der Asti ist restlos verschwunden. Siehe Beispiel von einem astigmatischen 15 cm Spiegel, den ich vor Jahren korrigiert hatte: http://salzgeber.at/articles/6inch_optics.htm

  • Hallo Frank.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Habe ich das richtig verstanden: das Alu einfach mit dem Polierer und Polierweiß wegpolieren?
    Wie sieht danach die Pechhaut aus? Taugt die dann noch zur Politur oder muss die erneuert werden?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Das ist überhaupt kein Problem.
    Der Quarzschutz ist ja auch das selbe wie Glas und Aluminium ist ja viel weicher und
    geht sofort weg wenn es einmal angegriffen wird.
    Das alles geht ja mit dem Wasser beim Polieren weg.
    Die Pechhaut ist zuerst leicht gräulich weil Aluminium auf hellen Untergrund dunkel erscheint.
    Aber polieren tut sie genau so gut und sie bekommt auch später die gewohnte Farbe.
    Der Höhenunterschied des Astigmatismus ist nicht so groß das man zum Feinschliff gehen müsste.
    Er ist sogar kleiner als die Parabelkurve und diese kann man auch nach belieben
    wider sphärisch machen und erneut polieren.
    Das siehst du dann eh beim Abpolieren wo die Spiegelschicht zuerst weg geht.
    Wahrscheinlich wird zuerst die 70% Zone abpolieren und sie wird unrund sein
    von der astigmatischen Fläche weil du bereits schon eine sphärische Fläche machst.
    Somit hast du auch eine Kontrolle über deinen Spiegel und deine Politur.


    Viele Grüße
    Alois

  • Hallo Frank,


    ich würde das Ding als erstes in Drano- Powergel legen um die Schicht abzulaugen.
    Dann würde ich mit dem Polfilter prüfen, ob er nennenswerte Spannungen hat und dann entscheiden, ob er Spiegel bleiben darf oder Tool werden muß.


    Viele Grüße,


    Ulli

  • Hallo Frank,


    Nach Deiner Beschreibung zu urteilen ist das Ding garantiert heftig astigmatisch. Bei effektiv f/10 in ROC muss man das Okular schon kräftig verkippen damit es deutlich Asti zeigt. Wegen 20mm Plateglas würde ich keinen Finger dafür rühren um daraus einen brauchbaren Spiegel zu machen. Als Tool wär es wohl brauchbar.


    Gruß Kurt

  • Hallo Frank,


    ich schließe mich dem Kurt an, die Scherbe ist keine 20€ wert, und falls die abgesunkene Kante nur annähernd so ausgebildet ist wie der Asti polierst du dir einen Wolf, mit zwei oder drei Stündchen lockerer Politur isses da längst nicht getan.


    ps:
    bei der beschriebenen Fehleramplitude macht sich auch ein Ronchigitter ganz gut


    Gruß Roland

  • Hallo!


    Ich habe die Scherbe abgelaugt, das Glas zeigt Spannungen im polarisierten Licht. Taugt also wirklich nur als Tool.


    Welche Seite als Tool zu nehmen macht mehr Sinn?
    - Vorderseite: ergibt plane Auflage auf Tisch bei MOT, aber viel Glas was erstmal am Rand weg muss, bis es mit neuem Rohling Kontakt macht.


    - Rückseite: Tool und Rohling können sich schneller anpassen aber Tool liegt auf Rückseite hohl bei MOT.


    Frank

  • Hallo Frank,


    ich habe aus genau so einer Scherbe mit genau den gleichen Fehlern eine Referenzsphäre für mein Planspiegelprojekt poliert.


    Der Asti ist nach ca. 3 bis 4 Stunden Chaos polieren Vergangenheit. Danach allerdings hat mich das Teil echt Nerven gekostet. Man glaubt es nicht, aber die krumme Rückseite erlaubt praktisch keine nachvollziehbaren Polieraktionen. Erst als ich auch die Rückseite plan geschliffen hatte, war der Weg zur Sphäre praktisch nachvollziehbar. Es sind zwar nur 8 Zoll, aber die Delle in der Rückseite hat sich trotzdem gnadenlos gezeigt.


    Der Planschliff ist in ca. 30 Minuten erledigt. Ich habe das auf einer Feinsteinzeugfliese gemacht. Nach ca. 8 Chargen Karbo 80 hatte er überall Kontakt. Vorher waren in der Mitte mit aufgelegtem Alulineal ca. 0,3 mm Luft. Also schon eine ordentliche Delle. Dann noch ein paar Chargen 180er und Plan war er.


    Denk dran, daß sich dieses Glas vollkommen anders benimmt als die Borofloatscheiben vom Stathis.
    1. Die Dinger sind wahnsinnig Temperaturempfindlich. Ich hatte die Scheibe zum abwaschen und trocknen vielleicht zwei Minuten in der Hand. Danach hast du im Focault die seltsamsten Erscheinungen.
    2. Ich hatte zwischendrin einen Berg in der Mitte. Daraufhin hab ich dann mal 8 Minuten MOT poliert. In diesen 8 Minuten habe ich das Ding komplett für F6 parabolisiert. Kein Scheiss. Das Glas ist extrem weich.


    Nachdem du aber sowieso schreibst, daß er Spannungen hat.....



    Harry

  • Hallo Frank,
    zum Bearbeiten von Plate Glas kann ich auch ein paar Anmerkungen beitragen nach immerhin 4 gelungenen Spiegeln von 97-180 mm aus 10 mm dünnem Plate Glas.
    Harry hat ja schon vor dem weichen Material "gewarnt". Wenn man es weiß, ist das eine wunderbache Sache, weil das Arbeiten merklich schneller geht. Durch den schnelleren Abtrag kann man auch mit weniger Druck gut schleifen und polieren.


    Ich finde es überhaupt spannend, verschiedene Materialien und ihre Eigenschaften kennen zu lernen. Dies ist auch so ziemlich der einzige mir einleuchtende Grund, sich auf dieses Abenteuer einzulassen.


    Was das Parabolisieren angeht: Speziell die "großen dünnen" Spiegel mit 180 mm f/5,3 und nur 10 mm Dicke habe ich nur MOT parabolisiert, aber nie direkt angefaßt, sondern eine angefeuchtete 3mm Hartschaumplatte (Handelsname z.B. "Seliton" oder "Depron") zwischengelegt. Die pappte genug auf der blanken Spiegelrückseite, um die Polierkräfte zu übertragen.


    Das Spülwasser habe ich auf Raumtemperatur gehalten, und auch beim Abtrocknen nach dem Spülen das Glas niemals direkt angefaßt.
    Dadurch konnte ich 10 Minuten nachdem der Spiegel auf der Testhalterung stand jeweils problemlos die Focaulttests machen.
    Bei 20 mm Glas dauert der Temperaturausgleich sicher länger.


    Ich hätte bei Plate Glas also solange keine Bange, wie das Polieren und Parabolisieren noch mit einem Fullsize-Tool geht.
    Gerade dünne Spiegel erreichen ihr thermisches Gleichgewicht sehr schnell, daher erwarte ich auch beim Beobachten keine großen Probleme damit.


    Übrigens, wißt Ihr, wie groß der größte Plate Glas-Teleskopspiegel ist?
    Es ist der 2,5 m Hooker-Reflektor auf dem Mount Wilson in den USA.
    Hier ein Bild des Spiegelträgers vor dem Neubeschichten


    Gruß,
    Martin

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