Mit den Wettervorhersagen auf diversen Homepages, die vorwiegend von der Tourismusindustrie gesponsert werden, ist es ja so eine Sache. Da ist am Montag die Prognose fürs kommende Wochenende noch wunderbar, ohne Woelkchen am Himmel ... und im Laufe der Woche kommen mehr und mehr Wolken dazu und am Schluss ist alles grau in grau [:(!].
So auch letzte Woche, allerdings hielt sich diesmal erstaunlicherweise die Verschlechterung der Prognose in Grenzen; vor allem fuer Samstag war hartnaeckig ein Schönwetterfenster angesagt, was die Hoffnung aufkeimen ließ, dass doch was mit Beobachten werden könnte. Deshalb schon mal vorsorglich sämtliche sozialen Verpflichtungen für Samstagabend abgesagt, einen Freund (der grade erst bei e-bay ein kaum gebrauchtes 8" SC im Internet erstanden hat) ob meiner Astropläne informiert & eifrig Beobachtungspläne erstellt. Wie sich spaeter zeigen wird, waren letztere allerdings hauptsächlich verlorene Liebesmüh ... aber egal.
Jedenfalls: Der Samstag kommt, die Aufregung steigt - nur lässt der Hochnebel keine Schlüsse darüber zu, wies drüber transparenzmaessig aussieht. Glücklicherweise gibts aber ja Webcams, und jene am Col des Mosses zeigt den ganzen Tag über blauen Himmel & Sonnenschein, was bei mir einiges an erhöhtem Speichelfluss auslöst. Also ins Auto gesetzt, den Kollegen mitsamt Gerätschaft abgeholt, und Richtung Montreux rauf. Tatsächlich reisst die Hochnebeldecke kurz vorm Wallis auf, und einige Sternchen blinzeln uns schon entgegen, als wir von der Autobahn abbiegen & den Pass rauffahren.
Als wir dann allerdings oben am Col angekommen sind böse Überraschung: bedeckter Himmel. Und zwar so weit das Auge reicht ... Eine Zeitlang warten wir ab, ob sich die Lage bessert - aber nachdems immer schlechter wird, brechen wir irgendwann frustriert ab und machen uns wieder auf den Weg nach Hause.
Da mein Kumpel während der gesamten Fahrt am Beifahrersitz dahindämmert (die 9 Bier vom Vortag (auf nüchternen Magen !!!) waren doch etwas steil) und der Verkehr doch eher zahm dahinplätschert, gucke ich während der Fahrt ab und zu beim Beifahrerfenster hinaus, in der Hoffnung, doch noch ein Sternchen oder zwei zu erhaschen; und siehe da, in der Gegend um Lausanne klart es doch tatsächlich auf, & kurzentschlossen steuere ich meinen Zweitbeobachtungsplatz am Col du Machairuz (1447m) an.
Dort angekommen, erwartet uns tatsächlich ein wunderbarer Himmel ( inkl. Gegenschein & M 33 naked-eye ); allerdings kommen wir nicht zu meinem Liebingsplätzle hin (Schranken unten & nicht zum Aufkriegen), sondern müssen uns mit einem nahegelegenen Parkplatz vorlieb nehmen, der leider Richtung Südwesten nur sehr eingeschränkte Sicht bietet.
Da sich jedoch die Objekte meines Beobachtungsplans hauptsächlich dort befinden [:(!][:(!][:(!], fällt mein Plan für den heutigen Abend weitgehend ins Wasser. Es muss also improvisiert werden.
Nachdem mein 10-er Newton aufgebaut und notdürftig am Stern kollimiert ist (so eine geile Koma hatte ich glaubich noch nie), gehts zunächst mal in den Cepheus, genauer in die Umgebung des Granatsterns my. Südlich davon steht mein erstes Ziel heute: der Sternhaufen-Emissionsnebelkomplex <font color="yellow"><b>Trumpler 37 - IC 1396</b></font id="yellow">. Trumpler 37 (eines der wenigen naked-eye Objekte im Cepheus) ist zwar eigentlich mehr Feldstecherobjekt, kommt aber auch im Fernrohr super, obwohl er für mein Gesichtsfeld doch schon fast zu gross ist.
Schwieriger ist allerdings der Emissionsnebel: Seine schiere Größe von 3° Durchmesser, in Kombination mit der doch relativ geringen Flächenhelligkeit, macht ihn zu keinem einfachen Objekt für mein Röhrl. Das er aber dann doch nicht so schwierig dingfest zu machen ist, liegt vor allem daran, dass in der hellen Nebelmasse einige Dunkelnebel eingebettet sind, die gut mit dem Hintergrundleuchten kontrastieren; so zB eine fingerförmige Struktur im W-Teil des Nebels, die den Reflexionsnebel vdB 142 umgibt und deren östlicher Rand bei 75x + OIII tatsächlich gut verfolgt werden kann. Eine weitere Dunkelstruktur NE des Hauptsterns von Tr 37 kann ebenfalls gut in ihren Umrissen erkannt werden; vdB 142 sehe ich hingegen nicht ( was allerdings auch am sehr schlechten Seeing - 3" oder sogar schlechter - gelegene haben mag ).
Nach diesem eingänglichen Erfolgserlebnis gehts weiter zur nächsten Challenge. Zunächst bin ich etwas enttäuscht, dass sich der planetarische Nebel <font color="yellow"><b>PK 98+2.1</b></font id="yellow"> bei 175x+OIII nur blickweise indirekt als diffuses Fleckschen zeigt; als ich aber dann in meinen Notizen eine Helligkeit von 16.0 angegeben finde, bin ich doch wieder mehr als zufrieden ... [:D]
Nächster Programmpunkt mit <font color="yellow"><b>Sh2-132 </b></font id="yellow">wieder ein Emissionsnebel. Recht hell, deutlich bei 45x+OIII zu sehen, ist dabei am auffälligsten die NW-Region, die auch einige hellere Sterne enthält; aber auch die Ausläufer Richtung SW können gut ausgemacht werden.
Ein kurzer Schwenk Richtung N bringt mich zu <b><font color="yellow">NGC 7235</font id="yellow"></b>, einem kleinen, schütteren, trotzdem aber recht netten Haufen, der mich irgendwie an eine Schlange erinnert, da sich eine geschungene Sternkette an den etwa dreieckig geformten Zentralteil des Haufens anschliesst. Die beiden <b><font color="yellow">Berkeleys #94 und #96 </font id="yellow"></b>fallen da als kleine, sternarme Grüppchen doch deutlich ab. Dafür entschädigt der PN <font color="yellow"><b>PK 104-1.1</b></font id="yellow"> dann doch wieder für einiges - trotz nur 15.1m Helligkeit gut bei 175x+OIII als blasses Scheibchen auszumachen.
Während die beiden Sharpless-Nebel Sh2-135 und Sh2-138 ein wenig ausserhalb meiner Möglichkeiten liegen, kommt mit dem <b><font color="yellow">NGC 7380 </font id="yellow"></b>das nächste Highlight des Abends auf mich zu. Schon ohne Filter ist der Emissionsnebel als schwaches, diffuses Leuchten zwischen den Mitgliedern des zugehörigen Sternhaufens zu sehen, und mit OIII ist dann sogar der hakenförmige Ausläufer Richtung SW ohne Probleme zu erkennen. Hätte (nach meiner mühsamen Erstbeobachtung vor ein paar Jahren) nicht erwartet, dass das Teil so leicht gehen kann !
Nach einem kurzen Abstecher zu meinem Lieblings-OC im Cepheus, <b><font color="yellow">NGC 7419</font id="yellow"></b> ( ein geiles Teil! ), beschliesse ich, das Sternbild zu wechseln. Nach einem kurzen Abstecher zu M 31 für meinen Kumpel (der sich ansonsten hauptsächlich mit der Computersteuerung des MEADE herumplagt, von seinem Hangover ganz zu schweigen) lasse mich in der Umgebung von phi Cassiopeia nieder. Dort wartet mit dem Sternhaufen <font color="yellow"><b>NGC 457 </b></font id="yellow">ein weiteres Highlight auf mich - sehr hell, sehr gross, und die Eulen- bzw. ET-Form ist bei niedriger Vergrößerung deutlich erkennbar. Wobei: eigentlich denke ich beim Anblick des Sternhaufens eher an
ein Rumpelstilzchen, das grad ums Feuer herumhüpft und dabei dezent herumkreischt ... [:D]
sternhaufenmaessig gehts dann auch weiter: zuunächst zum recht netten, rundlichen <b><font color="yellow">NGC 436 </font id="yellow"></b>NW vom Eulenhaufen, dann weiter zu dem in ein Sternendreieck eingebetteten <b><font color="yellow">M 103</font id="yellow"></b>, in dessem Zentrum ein rötlicher Stern wunderschön mit den anderen, bläulichweissen Mitgliedern um die Wette funkelt.
Westlich davon steht mit <b><font color="yellow">Trumpler 1 - Czernik 4</font id="yellow"></b> ein Sternhaufenpaar, bei dem allerdings nur Trumpler 1 wirklich überzeugen kann - ein konzentriertes Zentrum mit einem auffälligen Balken aus 4 Sternen, umgeben vcon etlichen schwächeren Mitgliedern.
Noch besser kommt allerdings die Dreiergruppe <font color="yellow"><b>NGC 654 - 659 - 663</b></font id="yellow">, von denen jeder schon ein Highlight für sich darstellen würde: NGC 654 kompakt, mit einem auffälligen Doppelstern im Zentrum, NGC 663 groß, sternreich, mit dreigeteiltem
Zentralbereich und ansonsten auch einfach nur super, und NGC 659 zwar schwächer, aber aufgrund des diffusen Schimmers der nicht aufgelösten Mitglieder des Haufens auch eine reizvolle Angelegenheit.
<b><font color="yellow">Berkeley 6</font id="yellow"></b> kann mich dagegen nicht wirklich überzeugen; lediglich 4 halbkreisförmig angeordnete Sterne sind hier erkennbar. <b><font color="yellow">Czernik 5</font id="yellow"></b> ist da schon etwas besser: obwohl besseres Seeing sicher hilfreich wäre, können auch so bei 175x schon einige Mitglieder an der Sichtbarkeitsgrenze erkannt werden.
Noch besser dann allerdings <font color="yellow"><b>IC 166</b></font id="yellow">: ein diffuser, milchiger Flecken inmitten des Sterngewimmels, der bei 175x schon Ansätze von Auflösung zeigt.
Nach dem ebenfalls netten <font color="yellow"><b>Berkeley 7</b></font id="yellow"> ( einige Sterne umgeben von zartem Schimmer sichtbar ) kommen zum Abschluss noch weitere zwei Czernik Haufen - <font color="yellow"><b>Cz 6 und Cz 7</b></font id="yellow"> dran, die mich allerdings nicht wirkich zu Begeisterungsstürmen hinreissen ... ausserdem macht sich mittlerweile auch schon Müdigkeit bemerkbar. Packe deshalb meine Sachen zusammen ( mein Kumpel hat selbiges bereits vor einer Stunde mit sich selbst gemacht & döselt im Auto ), warte noch meine obligatorische Sternschnuppe ab ( die diesmal netterweise durchs Tor der Ekliptik durchfetzt ) - & mache mich dann auf nach Hause, seligen Träumen von Nebelchen und Sternenhäufchen entgegen ...
in diesem Sinne: CS !
Matthias