Ist Astronomie am boomen?

  • Hallo,


    ich möchte mich auch mal dazu äußern. Wenn ich mir das Thema durchlese, gehöre ich mit meinen 20 Jahren wohl eher zu den Jüngeren hier. Ich kann zwar nicht beurteilen ob die Astronomie boomt, dazu fehlt mir einfach der Überblick und die langejährige Erfahrung, die manche hier haben, aber ich kann meinen Weg zur Astronomie beschreiben. Vielleicht wird dadurch auch klar, warum relativ wenig junge Menschen sich dafür begeistern können.


    Mein Einstieg in die Astronomie waren meine Eltern, die immer versucht haben mich zu fördern. So habe ich vor einigen Jahren zu Weihnachten (damals war ich 15) ein kleines Kaufhausteleskop bekommen. Da meine Eltern leider nicht sonderlich viel Ahnung von Teleskopen hatten, waren sie der Meinung dass sie mir etwas Tolles schenken. Dem war aber leider nicht so. Das Teleskop wanderte nach kurzer Zeit in den Keller, es war einfach unbrauchbar. Aber eines haben sie damit geschafft: Sie haben mein Interesse an der Astronomie geweckt, von der ich damals noch nichteimal wusste, dass es sie gibt. In dieser Zeit habe ich begonnen die großen Astronomie-Foren zu durchstöbern, einfach weil ich wissen wollte, was da so geht. Ich hatte zwar keine Ausrüstung, war aber von den Aufnahmen und Berichten begeistert. Bei mir waren es also gerade die Foren und die leicht zugänglichen Informationen, die mich bei der Stange gehalten haben. Zwar war das Interesse phasenweise mehr und phasenweise weniger ausgeprägt, es war aber immer latent vorhanden. Vor einigen Monaten entschloss ich mich dann entgültig, ein halbwegs ordentliches Teleskop zu kaufen. Eine absolut richtige Entscheidung aus heutiger Sicht. Ich bin begeistert wie nie zuvor. :)


    Unter meinen Freunden herrscht da leider oft Unverständnis. Wenn am Wochenende das Wetter schön ist, nutze ich die Zeit lieber um mit dem Teleskop rauszugehen als in irgendeine Bar oder Disko zu gehen. Kommentare wie "Na, wie stehen die Sterne heute für mich" oder ähnliches sind an der Tagesordnung- keine Ahnung ob aus gezwungener Lustigkeit oder wirklich aus Unwissenheit. Wenn sich dann mal einer überwindet und mit mir beobachtet, gibt es die typischen Kommentare wie "Naja, so toll ist das aber nicht". Ich denke viele Menschen meiner Generation sind wahnsinnig reizüberflutet. Man kann sich nicht dafür begeistern, dass das Licht einer wahnsinnig weit entfernten Galaxie gerade die eigene Netzhaut berührt oder dass man manchmal für Stunden alleine im Dunkeln sitzt und die Ruhe genießt.


    Astronomisches zieht meiner Meinung nach bei den meisten meines Alters nur mit Spezialeffekten. Wenn Bruce Willis auf einem Asteroiden landet und die Menschheit vor dem Ende rettet oder wenn Will Smith gegen Ausserirdische kämpft, dann ist es interessant. Wenn es aber darum geht zu Staunen, zu Beobachten und sich an kleinen Nebelflecken zu faszinieren, fehlt einfach der "Bunti-Bunti"-, "Bling-Bling"-Effekt. Sprich: Es ist ihnen einfach zu langweilig.


    Gruß,
    Dominik

  • Moin Winnie,


    ich möchte Dir jetzt nicht zu nahe treten, aber siehst Du das alles nicht zu sehr durch deine "persönliche" Brille? Ich muss mich energisch dagegen wehren, die heutigen "Beginner" als Gelegenheitsspechtler und Drauflosknipser zu katalogisieren.


    Ich denke schon daß es einen Boom gibt, denn ansonsten sind die Heerscharen auf der ATT, der HATT oder an anderen Treffen nicht zu erklären.


    Ich habe es schon einmal erwähnt, der hochnäsige und lehrerhafte Ton, den früher viele "Amateurastronomen" an den Tag gelegt haben, hat mehr Leute vergrault als zum Hobby gebracht. Das dieser Ton auch heute noch von einer gewissen Klientel nicht unterdrückt werden kann, habe ich leider zuoft erlebt. Das ist glücklicherweise heute anders, denn jeder kann nach seinen Vorlieben sich dem Thema widmen und sich entwickeln. Es mag sein, daß aus 100 "Gelegenheitspechtlern" vielleicht ein "ernsthafter" Amateurastronom hervorgeht, aber das hat mit dem Boom nichts zu tun.


    Ich gebe Dir übrigens Recht, daß je nach Standpunkt der Boom nicht zu bemerken ist. Superfusselgucker werden sicherlich nur wenige neue Kollegen gewonnen haben, Pixelqäuler oder Glaswürmer haben dagegen dieses Problem nicht. Die Zeiten haben sich halt geändert, denn heute wird nicht mehr unbedingt nur nach "alter Herren Sitte" gespechtelt, sondern das Teleskop als Werkzeug verstanden, wozu auch immer. Auch die Technische Verliebtheit gehört dazu, denn diese hat auch früher die neuen Teleskop- und Okularentwicklungen beschert.


    Ich kann mich noch gut an meine ersten versuche in Sachen Astronomie erinnern, als ich als 16 jähriger keine Chance hatte gleichgesinnte kennen zu lernen. Wohlbermerkt kennen zu lernen, ohne als "Schüler" entsprechend bevormundet oder "belehrt" zu werden. Heute findet jeder halbwegs clevere Schüler in seinem Umkreis einen Mitspechtler. Ob dann die Chemie stimmt, ist eine andere Sache, aber letztendlich liegt es nur an den Leuten selbst eine Spechtelgruppe zu organisieren.


    Im übrigen täte uns ein wenig mehr Toleranz sehr gut zu Gesicht stehen, denn letztendlich schauen wir alle in den gleichen Himmel.


    In dem Sinne
    Ulrich

  • Hi Dominik,


    das Stichwort "Reizueberflutung" hat mir sehr gefallen !


    Als ich 16 war, hatte ich mal einen Bekannten, der oefters mit durchguckte und entschloss, Astronomie sei ihm "zu langsam". Er kaufte sich dann Autos und Motorraeder - keine Ahnung ob er noch lebt. [xx(] Haette er sich klargemacht, wie langsam das schnellste Motorrad gegenueber allein der Erddrehung ist, waere seine Entscheidung vielleicht anders ausgefallen.


    Eine astronomische Beobachtung ohne Hintergrundwissen ist in den meisten Faellen langweilig - halt nur Punkte, von Mond und Saturn mal abgesehen. Und es gilt, selber Phantasien zu entwickeln und sich klarzumachen, WAS man da einfach sieht.


    Das ist sicher Trainingssache. Ich habe das Fernsehen vor 7 Jahren abgeschafft. Wenn ich heute bei Freunden bin wo die Hirnsaege laeuft, kann ich dieses bunte Kauderwelsch zackeliger Kamerafuehrung und rapiden Themenwechsels keine Kilosekunde lang ertragen. Habs mir abtrainiert. Genauso ist das "Training" fuer die Astronomie zu verstehen. Erstens, sich mental mit der Sache auseinanderzusetzen, um das Nebelflecklein im Okular wirklich geniessen zu koennen. Andererseits bekommt man natuerlich mit der Zeit einen Blick dafuer und sieht mehr hinterm Okular.


    Astronomie gegen Standardfreizeitbeschaeftigung (Diskothek, Kneipe, Fußpilz etc) ist wie ein Feinschmeckerrestaurant gegen eine Fastfoodkette. Man muss sich drauf einlassen und auf den Geschmack kommen.


    Auch setzt Astronomie eine hohe Frustrationstoleranz voraus. Viele Kinder heute wachsen mit Computerspielen auf, in denen jede Aktion instantan eine Gegenreaktion zufolge hat. Die Geduld, etwas anzufangen, was erst nach Tagen oder Wochen den gewuenschten Effekt erzielt, muss erst antrainiert werden. Habe einem Nachbarsjungen vor 2 Jahren ein nachtleuchtendes Sternhimmelpuzzle geschenkt. Die Idee fand er schon toll, aber nach einem Nachmittag Puzzlen hatte er schon aufgegeben. Klar, dass er sein Fernrohr nicht mehr benutzt, nachdem er dreimal draussen war und nichts gefunden hat. Und auch, als er in den Ferien beinahe flehentlich um Erloesung von der Langeweile bat, zeigte er sich nicht mehr, nachdem ich ihm den Bau eines Dobsons vorschlug ...

  • Moin Ulrich!


    > Ich möchte Dir jetzt nicht zu nahe treten, aber siehst Du das alles nicht zu sehr durch deine "persönliche" Brille?


    Natürlich, das ist meine Meinung. Wenn Du es anders siehst, ist das doch in Ordnung.


    Nein, ich bin nicht tolerant. [;)]

  • Hi,
    (==>)Winnie:alter Hase[;)]
    dein Interesse war genetisch bedingt(guter spruch[:D])kannst du das mal genauer erläutern[:o)]
    ich wollt genau das gleiche kundtun,habs mir aber dann doch verkniffen-klang ein bisschen total abgehoben[:D]
    m.E. wird man durch seine Umwelt zu dem ,was man ist[;)]


    vor 20 jahren fings bei mir an,2 jahre später der erste Refraktor
    80/500
    Sonne klasse[8D]-Planeten mau[:o)]und heut[:D]immer noch auf der suche nach dem perfekten Planetenteleskop(wieviel Aperture und brennweite darfs diesmal sein?[:o)]

  • Hallo


    Ich glaube nicht, daß Astronomie "boomt"
    Die meisten Käufer werden durch bunte Hubble-Bilder auf den Verpackungen der immer billiger werdenden Kaufhausteleskopen geblendet.
    Dazu kommen noch technische Raffinessen wie ein elektronisches Okular
    zum Anschluß des Teleskops an den Computer oder gar Go-To.
    Aber dadurch sieht eine Galaxie auch aus wie ein graues Wölkchen.


    Ich habe einen reizüberfluteteten Vereinskollegen, der sich für Astrofotografie interressiert und die tollsten Astrofotos vom Himmel holen will,
    Aber keinen blassen schimmer wo welches Sternbild zu finden ist.
    (Wozu gibt es Go-To)

    Als er das erste Mal bei uns auf der Sternwarte war, wollte ich ihm
    den Jupiter mit dem großen roten Fleck zeigen, den ich gerade im Teleskop hatte, aber er zog es vor im Vereinsheim zu sitzen und mit einem anderen Vereinskollegen über Computern zu reden.



    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich habe das Fernsehen vor 7 Jahren abgeschafft. Wenn ich heute bei Freunden bin wo die Hirnsaege laeuft, kann ich dieses bunte Kauderwelsch zackeliger Kamerafuehrung und rapiden Themenwechsels keine Kilosekunde lang ertragen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Bei mir steht das elektrische Teleskop auch unbenutzt rum.
    Manchmal zappe ich rum und stelle fest, daß gerade in den Kinderkanälen der größte Mist läuft. Hier wird der kommenden Generation mit quitschbuntem Zeichentrickmüll das Gehirn weggebrannt.


    Sendungen wie Hobbythek wird es nicht mehr geben, da sie nicht
    dem Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen entsprechen.
    Das Fernsehen soll das Volk zu einer dummen, leicht regierbaren Masse
    BILDen.


    So nun bin ich ein wenig abgeschweift, aber das mußte mal gesagt werden.

    Astronomie ist ein Hobby, das Geduld erfordert, aber Geduld ist leider
    aus der Mode gekommen.


    Gruß
    Pit

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Pit</i>
    Das Fernsehen soll das Volk zu einer dummen, leicht regierbaren Masse
    BILDen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Leute,


    ich habe das Fernsehen vor kurzem bei der GEZ abgemeldet (Ausschnitt):
    http://www.josef-graef.de/imag…_abmeldung_ausschnitt.gif
    Ist ganz einfach. Einfach folgendes Formular downloaden:
    http://www.gez.de/docs/abmeldung_200704.pdf
    ausdrucken, ausfüllen und an "GEZ 50656 Köln" schicken.
    Es gibt ja diverse Tipp-Seiten im Internet, aber die übertreiben etwas mit der Juristerei - Einschreiben genügt.


    Als mir ein Astrokollege vor zwei Jahren erzählte,
    er habe kein Fernsehen, fragte ich ihn:
    "Wie hast Du dann Deine Kinder großgekriegt?".
    Daraufhin antwortete er mir nur: "Wenn die fernsehen wollten,
    schickte ich die immer zu den Großeltern."


    Klappt also!


    Viele Grüße,
    Josef

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!