Beobachtungsinstrument = Medium?

  • Hallo Leute,


    ich möchte an dieser Stelle einmal eure Meinung zu einer etwas vielleicht sonderbar anmutenden Diskussion einholen, die ich vor kurzen führen durfte. Dabei ging es darum, ob man Beobachtungsinstrumente (z.B. Teleskop) zu den Medien zählen sollte oder nicht. Mein Gegenüber vertrat die Ansicht, dass man (Themenbereich: Astronomieunterricht) zwischen Beobachtungsinstrumenten und Medien unterscheiden sollte, dabei treffen meiner Ansicht nach Beobachtungsinstrumente folgende Mediendefinitionen (Quelle: Wikipedia) recht gut:


    "Vermittlungsträger von Informationen" (Horn/Kerner)
    "Informationsvermittler zwischen Quelle und Senke" (Fluckiger)
    "Medien sind Mittler und bilden eine Sphäre der Vermittlung" (Winkler)
    "Institutionalisierte Kommunikationskanäle" (Saxer)


    Ich möchte euch mit dieser Frage keineswegs verwirren - meine Meinung dazu ist klar. Wollte nur mal hören, ob ihr das ähnlich seht oder meinen Diskussionspartner verstehen könnt.


    Viele Grüße,


    astrowolff

  • Hallo,
    ein Photo oder ein Beobachtungsbericht entspricht eher den von Dir angegebenen Kriterien.
    Das Teleskop meiner Meinung nach nicht. Da hat Dein Gegenüber recht.


    Gruß


    Gunnar

  • Hallo Stefan,


    leider sind manche Menschen gezwungen sich berufsbedingt mit solchem "Krempel" wie der Mediendidaktik herumzuschlagen [;)] Ist also nicht immer alles freiwillig, auch falls es so erscheinen sollte.


    Ja Gunnar,


    aber ist es nicht so, dass ein Foto ein Abbild der Realität darstellt - ein Blick durchs Teleskop aber ebenso? Beides sind doch (Ver)Mittler, oder liege ich da wirklich so falsch?
    Ihr glaub es kaum, aber in der Mediendidaktik gibt es hierzu verschiedene Positionen, welche schon zu heftigen Diskussionen führten und da geb ich Stefan irgendwo recht. Trotzdem interessiert mich eure Meinung dazu.


    Viele Grüße,


    astrowolff

  • Moin,


    also für mich ist ein Medium ein Träger <i><b>und</b></i> Mittler von Informationen. Im Bereich der Fotografie bspw. gibts den Begriff Medium auch. In Bezug auf <i>Aufnahme</i>-Medien. Ein Medium kann z.B. ein Chip oder ein Film sein. Beide Medien haben Informationen aufgenommen und können von einem Nutzer abgerufen werden.


    Beide bilden die Realität auf ihre Weise ab, also unterschiedlich.


    Wenn man diese Definition auf ein Teleskop anwendet, dann kann es nur ein Mittler der Information sein aber kein Träger. Dadurch wäre es per definitionem kein Medium. Die Information bleibt ja nirgendwo, sie ist flüchtig. Man braucht also einen Informationsträger, der die -in diesem Fall- ankommenden Photonen speichert und nutzbar macht.


    Wenn man visuell beobachtet, dann ist das Medium unsere Netzhaut in Verbindung mit unserem Gehirn.


    In meinem Verständnis selektiert ein Teleskop lediglich (auch ohne Detektor= Medium) Informationen. Ein 8,2m Spiegel wird einen anderen Himmel "sehen" als ein 2"-Refraktörchen.

  • Danke Ralf,


    gefällt mir. Habe mir eben nochmal eine Definition vom Brockhaus gezogen:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Me|di|um [n. -s; -di|en] 1 [allg.] Mittel, Mittelglied 2 Vermittler von Informationen, Werbeträger, Lehr-, Lernmittel (z. B. Zeitung, Schaufenster, Buch, Tonband) 3 [Phys.] Stoff, in dem sich ein physikalischer Vorgang abspielt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nach 1 und 2 wäre meiner Meinung nach auch ein Teleskop ein Medium.


    Nach 3 eigentlich auch, denn in einem Teleskop spielt sich ja auch ein physikalischer Vorgang ab, oder?


    Beste Grüße,


    Christian

  • Hallo Christian,


    die Physik existiert zweifellos auch im Teleskop. Nur läßt sich ohne "Eingriff" von außen nichts feststellen. Erst unter Zuhilfenahme eines -Mediums- können Informationen festgehalten oder sichtbar gemacht werden. Die simple Tatsache der Reflexion an einem Teleskopspiegel reicht meiner Meinung nach nicht aus, um ein Medium zu sein. Mehr oder weniger alle Gegenstände reflektieren (z.T. in unterschiedlichen Wellenlängen und vermitteln daher auch selektierte Informationen), sind deshalb aber noch immer kein Medium. Es fehlt sozusagen der Zwischenspeicher für diese Information.


    Deswegen paßt die 2. Definition auch nicht auf ein Teleskop, weil im Gegensatz z.B. zu einer Zeitung kein Speicher vorhanden ist. Bei einer Zeitung wird die Information ja in Form von Buchstaben auf dem Papier gespeichert. Ich sehe da kein Analogon zu einem Teleskop.



    Und die erste Definition paßt zwar, ist meiner Meinung nach aber unvollständig, weil ein Medium eben auch das Kriterium eines Speichers erfüllen sollte.


    Also für mich ist ein Fernrohr nach nachwievor kein Medium, aber eine tolle Erfindung...[;)]

  • Hallo Leute,
    spontan hätte auch ich gesagt, dass ein Teleskop nicht zu den Medien (lat. Ver-Mittler) gehört. Aber im Sozialkundeunterricht wecke ich meine schlafenden Schüler immer mit ein paar Storys über Stühlerücken, Pendeln und so - und über "Medien", die aus dem Jenseits berichten.


    So ein Teleskop vermittelt uns ja auch ein bestimmtes Bild vom Universum - und wie ein Vorredner treffend bemerkte, ein von allen möglichen Parametern abhängiges: Hubble ein anderes als mein 8x30, ein 7"-APO ein anderes als ein Lidl, ein Riesendobson usw.


    Natürlich wird erst durch den Betrachter das Abbild real, denn er kann ja gucken (dunkeladaptiert oder nicht), fotografieren oder ein Video drehen, das auf CD brennen oder Abzüge machen, das wiederum alles veröffentlichen...


    Klare Nächte
    Kay Hempel

  • Hallo!


    Ich würde jedenfalls eher ein Teleskop "Medium" nennen,
    als z.B. ein astrologie - Pendel des "wissenschaftlichen Gerätes" zu bezichtigen.
    [:)]



    Edit: Spass beiseite.
    Nach Definition kann man ein Teleskop m.E. als Medium bezeichnen. Es vermittelt die Information des Weltalles in meine Augen. Information, die ohne das Teleskop zwar auch vorhanden ist, die ich aber ohne den Vermittler nicht wahrnehmen kann.
    Der Vergleich mit dem Buch ist dabei sehr treffend: auch dieses muss man erst aufschlagen und darin lesen, um an die Information zu gelangen.
    (Okay, ein Teleskop speichert die Information nicht so dauerhaft wie ein Buch ([;)]) aber: ist das Speichern der Information ein Keiterium, um "Medium" zu sein?


    (Viele der "spirituellen Medien", die man von Hollywoodfilmen kennt, "speichern" ja die Information auch nicht; in vielen Fällen sind sie nach der Geisterbeschwörung benommen und wissen nicht, was passiert ist...[:o)])

  • Hallo Astrowolff,


    einem Medium haftet für mich auch immer noch das "Makel" der Mittelbarkeit an und des Un-Authentischen an, denn sonst bräuchte man das Medium ja nicht.
    Ich sperre mich äußerst dagegen, das Teleskop im Falle der visuellen Beobachtung als Medium anzusehen. (Wohl, wenn es fotographisch eingesetzt wird, um Fotos oder Filme, also Medien, damit zu produzieren.)
    Ich erlebe, wenn ich visuell beobachte, das Beobachtete unmittelbar mit. Die optische Sehhilfe Teleskop schränkt mich dabei in der Unmittelbarkeit des Miterlebens ebensowenig ein, wie das Tragen einer Brille (oder wollte die jemand hier auch zu Medien zählen.) Wenn ich unmittelbar am Okular hänge, so unterscheide ich es für mich immer, dringen Photonen, (Ne, Licht als Teilchen!!!) vom beobachteten Objekt unmittelbar auf meine Netzhaut. Man könnte sagen, ich inkorporiere im subatomaren Bereich etwas von dem entfernten Objekt. Wenn ich das gleiche zwar "live", aber auf einem Computer-Monitur ansehe, ist das für mich schon mediatisiert, denn dann kommt das Licht vom Display des Laptops.
    Mein Kriterium, dass ich hier einführe, nämlich ob ich mit dem, mit dem ich mich befasse, unmittelbar haptisch in Kontakt treten kann oder ich es (am Teleskop) in beschriebener Weise irgendwie "inkorporieren" kann, orientiert sich zwar nicht an vorgegebenen Definitionen von "Medium oder nicht Medium. (Vielleicht mutet euch meine vorgeschlagene Unterscheidung auch etwas "metaphysisch" an, wenn ich hinzufüge, dass ich als katholischer Christgläubiger schließlich auch zu denen gehöre, die immer alles was ihnen lieb und <u>heilig</u> ist, inkorporieren wollen.) Aber, soweit mein subjektiver Vorschlag zur Unterscheidung.


    Klare Nächte und frohes Fest,


    Hubertus

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