Zur Erinnerung: „Pünktchen“ ist ein 16“ (in Worten: sechzehn Zoll) Dobson. So etwas geht heutzutage glatt als Charter- Fluggepäck ohne Aufpreis mit, wenn man zu zweit reist und nicht tonneschwer gebaut hat. Schul- und Astrofreund Wolf konnte nicht nein sagen, als ich ihm vor zwei Monaten den Vorschlag machte mit obigem Kleinzeug auf die inzwischen für Profi- Astronomen und Amateure berühmte Insel La Palma zu fliegen. „Kleinzeug“ sag ich deswegen, weil dort hoch oben in ca. 2400 m Höhe auf dem Roque de las Muchachos einige wirklich dicke Profi- Lichtfallen herumstehen. Das dickste mit ca. 8m Öffnung befindet sich gerade im Bau. Das kleinste von allen ist ein 60 cm- Cassegrain.
Zurück zum Transportproblem:
Mit 2 Personen darf man 40 kg Freigepäck mitnehmen. „Pünktchen“ wog im transportfähigem Zustand genau 30,8 kg. Da bleibt noch genügend für die notwendigsten Utensilien wie Notebook, Okus, Zahnbürste und Reserve- Wäsche. Na ja, so auf 1 Gramm genau haben die freundlichen Leute von Thomas Cook - Condor auch nicht nachgewogen...
Das schwerste Einzelteil ist der Spiegel mit 7,4 kg, der zusammen mit seiner Sperrholz Verpackung ca. 10kg wiegt. Wegen der zu erwartenden Sicherheitskontrollen und des etwas sperrigen Gepäcks nutzten wir am Abend zuvor den Check- in Service der Fluggesellschaft am Flughafen in Düsseldorf. Am 26. August morgens gegen 6 Uhr 30 ging es dann endlich durch die Handgepäck- und Personenkontrolle zum Flugzeug. Wie erwartet, musste ich mein Handgepäck- Köfferchen öffnen. Man wollte unbedingt wissen, ob ein 3“ Fangspiegel womöglich gefährlich ist. Tatsächlich wurde eine Rolle Textil- Klebeband als gefährlich deklariert. Erst nachdem ich damit den zuvor zwecks Kontrolle geöffneten Schutzbehälter des FS wieder verschlossen hatte, durfte ich das Klebeband mitnehmen.
Personen und Gepäck sind dann wohlbehalten am Zielort angekommen. Wir hatten uns ein geräumiges Ferienhaus in 850 m Höhe auf der Westseite der Insel gemietet. Das erste Bild zeigt die „Pünktchen“- Teile noch in der Originalverpackung.
Wenig später stand das Teleskop auf der Südseite des Hauses einsatzbereit.
Wegen Schlafmangel unmittelbar vor Antritt der Reise haben wir die erste Beobachtungsnacht verpennt. Das war auch notwendig, denn für die folgenden Tag und die Nacht vom 27.- 28. Aug. waren wir als Gäste auf dem Schwedischen Sonnenobservatorium eingeladen. Gastgeber war Göran Hosinsky. Diese Einladung war für uns der Höhepunkt der Expedition.
Göran ist von Beruf Astrophysiker. Er hatte bereits bei der Planung und dem Bau des Observatoriums im Jahre 1982 wesentlich mitgewirkt.
Vom höchsten Punkt der Insel sieht man einen Teil der Teleskope. Der Turm in der Mitte das ist das Schwedische Sonnenobservatorium.
Etwas tiefer gelegen nähert sich das neue Teleskop zur Erforschung der kosmischen Strahlung seiner Vollendung. Bei Eintritt in die Erdatmosphäre verursacht diese Strahlung sehr schwache Lichtblitze, die von den 1000 individuell einstellbaren Einzelspiegeln erfasst und gebündelt wird.
Wie verabredet wurden wir um 16 Uhr vom Göran empfangen. Er führte uns bis hinauf zum Objektiv auf dem 16 m hohen Turm des Gebäudes. Es ist eine einzelne Linse. Deren Licht wird über zwei große Planspiegel in den senkrecht stehenden Vacuum- Tubus gelenkt.
Hier im Allerheiligsten befindet sich die komplizierte Filteranordnung und ein Kontroll- Monitor mit dem aktuellen Sonnenbild.
Göran arbeitet an den Kontrollmonitoren
Wir durften die aktuellen Bilder des Kontrollmonitors abfotografieren. Das Bild zeigt meinen besten Schnappschuß.
Bei besonders guten Bedingungen erlaubt das Teleskop eine Auflösung bis zu 0,15“! Zur Zeit unserer Anwesenheit waren die Bedingungen immerhin „gut“, selbst noch weniger als 2 Stunden vor Sonnenuntergang.
Ausnahmsweise wurde das Observatorium anlässlich der Mars- Opposition zur fotografischen Mars- Beobachtung genutzt und wir durften zuschauen. Das Teleskop wurde dazu mit einer Schupmann- Korrekturoptik ausgerüstet. Damit wird der Farbfehler des Objektivs weitgehend kompensiert. Danach wurden halbautomatisch sequenziell Rot- Grün und Blaufilter eingeschaltet und die Mars- Bilder life auf einem Monitor sichtbar gemacht. Die besten Einzelbilder wurden gespeichert. Das gesamte Mars- Beobachtungsprogramm war für mehrere Nächte angesetzt. Ob und wann die besten Bilder als Farb- Komposite veröffentlicht werden, das stand noch nicht fest. Jedenfalls sahen wir dort life- Marsbilder in SW wie nie zuvor.
Selbstverständlich durften wir auch „Pünktchen“ auf dem Gelände aufbauen. Nach Ende der Sonnenbeobachtung blieb uns dazu genügend Zeit. Wir fanden einen windgeschützten Platz auf der Südseite eines großen Containers mit freiem Blick von Ost über Süd bis NW. Hier zwei Fotos vom „4.2“. So wird das 4,2 m große Herschel- Teleskop genannt.
Es war noch nicht richtig dunkel als uns der Glanz der südlichen Milchstraße überfiel. Unbeschreiblich hell und kontrastreich zeigte „Pünktchen“ was mit 16“ sonst kaum zu sehen ist. Die Anschaffung eines 2“ OIII Filters mit dem dazu passenden Nagler 26 hat sich echt gelohnt. Selbst Göran war davon begeistert. Er sagte scherzhaft, wegen der Milchstraße müsse man hier oben eigentlich einen Schutzhelm tragen. Wir wechselten mehrfach zwischen Monitor- Beobachtung von Mars wie oben beschrieben und dem 16“ im Freien. Der Wind blies hier mit durchschnittlich 10 m/s. Trotz des Windschutzes waren Mars- Beobachtungen mit höherer Vergrößerung weniger ergiebig. Dafür wurden wir mit bisher unbekannter deep sky- Pracht voll entschädigt, je nach Objekt mit oder ohne OIII.
Gegen 3 Uhr war unsere Kondition leider erschöpft. Wir bauten ab und fielen gegen 5 in unsere Betten.
Der Spiegel hatte während der windigen Nacht im Gebirge etwas Staub angesetzt.
und wurde vor Ort gebadet.
Erfreulicherweise zeigte sich auch im „Tal“ an unseren Ferienhaus der Himmel sehr klar, wenn die Passatwolken mal verschwunden waren. Nachts machen sie das meistens.
Wir konnten daher in jeder Nacht bis zur Erschöpfung beobachten, nur hin und wieder von einzelnen Wolken gestört. Erst gegen 6 Uhr 30 bemerkte man die Morgendämmerung. Um 5 Uhr kam Orion über die östlich gelegene Bergkette in Sicht. Es ist unglaublich wie farbig der große M42 in seinem Zentralteil aussieht, dazu noch fast blendend hell. Beobachtet man eine Minute lang diesen Nebel im Okular und schaut dann ohne Teleskop in den Himmel, so sieht man mit dem „Okular-Auge“ die Sterne dunkler. In der Nacht vor unserer Abreise am 2 Sept. war der Himmel wegen Südwind aus der Sahara weniger klar. Dafür wurde das Mars- seeing deutlich besser. Trotzdem, nach Monduntergang lohnte sich deep sky immer noch.
Eine Nacht verbrachten wir mit Göran an seinem Ferienhaus in 700 m Höhe. Er hatte sich kürzlich ein 10“ f/4 Schnitt- Newton zugelegt. Dieses wird er seinen astronomisch interessierten Gästen zur Verfügung stellen. Nichts gegen 10“ bei sehr klarem Himmel, aber wir planen schon den nächsten Trip mit „Pünktchen“ zu der nicht nur astronomisch unbeschreiblich schönen Insel. Ich hab im vergangenen Oktober Teneriffa und die Höhen der Canadas besucht. Den Nachthimmel dort kann man im Vergleich zu La Palma vergessen.
Von l. n. r.: Göran, Kurt und Wolf
Gruß Kurt