Ist Blende gleich Blende?

  • Hallo,
    also jetzt hab i ja mal ne blöde Frage, aber ist das Belichtungsergebnis wirklich nur von der Blende abhängig und nicht von der Öffnung?D.h. mit einem 80mm f/6 Refraktor bekomm ich das gleiche Ergebnis wie mit einem 200mm f/6 Newton?(jetzt die Vergößerungen mal außer acht gelassen)?
    Weil ich überleg mir für meine HEQ5 Pro entweder ein 8Zoll SC zuzulegen oder vielleicht nen 100/900 ED oder den kleinen 80/600 ED zum fotografieren.
    Was meint Ihr denn?


    Grüßle und CS...
    Oli

  • Oli,


    falls Dir die obige Antwort nicht weiterhilft ([:D]):


    > ist das Belichtungsergebnis wirklich nur von der Blende abhängig


    Ja. Vom Öffnungsverhältnis (='Blende')


    > D.h. mit einem 80mm f/6 Refraktor bekomm ich das gleiche Ergebnis
    > wie mit einem 200mm f/6 Newton?


    Exakt.


    Natürlich mit einem anderen Bildausschnitt (größeres Gesichtsfeld beim 80/F6, kleineres Gesichtsfeld beim 200/F6).

  • Hallo Oli,


    die Blende ist ein Maß für die Belichtung. Konkret geht es dabei darum, dass die Anzahl eingefangener Photoen proportional zur lichtsammelden Fläche, also proportional zu d^2 ist. Andererseits wird ein Objekt abhängig von der Brennweite auf eine verschieden große Fläche abgebildet. Diese Fläche ist dabei proportional zu f^2.


    Für ein einzelnes Bildelement (nennen wir es mal "Pixel") ist dann die Zahl einfallender Photonen n proportional zu d^2 / f^2.


    n ~ d^2 / f^2 = (d/f)^2


    In der Praxis nutzt man den Kehrwert der Wurzel aus dem obigen Ausdruck als Blendenzahl B.


    sqrt(n) ~ d/f = 1/B, also B = f/d


    Eine Multiplikation dieser Blendenzahl mit dem Faktor Sqrt(2) führt also zur Halbierung der Lichtmenge (aka der Anzahl Photonen) pro Element. Hieraus resultiert die "krumme" Blendenreihe mit "dunkleren" Bildern bei steigender Blendenzahl.


    Ich hoffe dies erklärt auch, dass das Belichtungsergebnis (in Anzahl Photonen/Element) in erster Näherung tatsächlich nur von der Blendenzahl abhängig ist.


    In der Praxis kommen allerdings verschiedene "Kleinigkeiten" auch noch dazu. So spielen insbesondere bei der Astrofotografie auch die Transmission- oder Reflektionseigenschaften, der Streukreisdurchmesser, die Qualität der Farbkorrektur (was den Streukreis beeinflusst), etc. eine Rolle. Auch gilt die Blendenzahl in obiger Definition nur für nicht obstruierte Optiken. Ein Newton mit 200mm Öffnung und 800mm Brennweite hätte ohne Obstruktion eine Blendenzahl von 4, berücksichtigt man aber die Obstruktion durch den Fangspiegel, dann erkennt man, dass der Newton in Wahrheit lichtschwächer ist.


    Ich hoffe, das erklärt den Zusammenhang etwas tiefer[8D]


    steffen

  • Hi Oli,


    worauf ich hinaus will ist Steffens Hinweis, daß das mit der "Blende" so eine Sache ist, weil verschiedene Faktoren dabei nicht berücksichtigt sind:


    Grundsätzlich gilt erst einmal Steffens sehr schön hergeleitete Definition.


    Es gibt aber verschiedene Abweichungen, die zu beachten sind, vor allem, wenn es um eine wirklich exakte Auswertung von Lichtwerten bzw. Bemessung der Belichtung geht:


    a.) Obstruktion - also die vom Fangspiegel abedeckte Fläche. Bei fotografisch verwendeten Objektiven (z.B. Spiegeltele) sollte das eigentlich in die Blendenangabe eingerechnet sein, ist es aber nicht immer und bei Spiegelteleskopen wird meistens das Blenden-Verhältnis einfach aus der opt. Öffnung und Brennweite berechnet, die Obstruktion wird nur prozentual angegeben. Das ist zwar für Faktoren wie die angegebene Auflösung unerheblich, aber für die einfallende Lichtmenge und Bildhelligkeit natürlich nicht. Wenn das nicht berücksichtigt ist sagt z.B. eine Angabe f5 nicht unbedingt eine wirksame Blende 5 voraus.


    b.) Anzahl der Luft-/Glas-Flächen: Auch eine gut vergütete Glas-/Luftfläche wirft um 1% des einfallenden Lichts zurück, das also für die Aufnahme verlogen ist. Daher hatten die klassischen Objektivkonstrukte auch immer möglichst wenige Linsen (oder möglichst viele verkittete Elemente), um die Transmission hoch zu halten.
    Bei Objektiven einfacher Art spielt das ganze nur eine geringe Rolle, bei viellinsigen Konstruktionen (Zoom) geht aber manchmal bereits Licht in so nennenswertem Unfang im System verloren, daß die rein mechanische Öffnung als Blendenangabe nicht mehr brauchbar ist.
    Daher werden die meisten Objektivfamilien auf ein Referenz-Objektiv abgeglichen, so daß bei einer identischen Blenden- und Zeiteinstellung die Belichtung eines Referenzfilms/-sensors gleich bleibt. Das ist zwar heute bei den Innenmeßsysteme nicht mehr DAS Problem, aber es gibt genug Anwendungen, bei denen auch heute noch der Handbelichtungsmesser und die Belichtungstabelle regieren. Und für die Einstellung der Belichtung nach Zeit und Blende muß das Verhältnis natürlich stimmen.
    Das bedeutet, daß die tatsächlichen mechanischen Blendenöffnungen dann leicht unterschiedlich sind zu den rechnerischen, damit derselben aufgeruckten Blendenzahl, korrigiert mit der Eigentransmission, eine äquivalente Belichtung für alle Optiken einer Typenreihe entgegensteht.


    Da wir aber in der Astrofotografie ohnedies gewohnt sind, unsere Setups einzukalibrieren, ist das alles nicht von so großer Bedeutung. Nur für das Verständnis sollte einem schon klar sein, wie das ganze funktioniert.


    Gerade die Problematik des Lichtwegs durch viele Linsen ist insofern nicht zu vernachlässigen, als je nach Ausführungsqualität realtiv viel Streulicht im System herumschwirrt, das am Tage überhaupt keine Bedeutung hat, da die Objekthelligkeit um ein vielfaches größer ist, ansonsten bei schwachen Objekten aber den Kontrast reduzieren kann.
    Das gilt natürlich auch für schlecht vergütete Okulare, Korrektoren und andere opt. wirksame Teile im Strahlengang (Filter!).


    CS


    Narvi

  • Steffen und Narvi:


    Danke für Eure Ausführungen. Das sind ja fast Physikvorlesungen. [:)] In allen Punkten korrekt.


    Dennoch eine Ergänzung aus der Praxis:


    In der Tageslichtphotographie verwende ich gerne einen Handbelichtungsmesser für Lichtmessung (misst das auf das Objekt auftreffende Licht, nicht das von ihm reflektierte). Dem Belichtungsmesser ist nicht bekannt, mit welchem Objektiv ich die Aufnahme machen möchte. Dennoch passt in den allermeisten Fällen die Belichtung 100%ig, wenn ich die vom Belichtungsmesser angezeigten Werte auf die Kamera übertrage, unabhängig davon, welches Objektiv verwendet wird (wenige/viele Linsen, ohne/mit Obstruktion, schlechte/gute Vergütung, usw.).


    Will heißen:


    Die beschriebenen Einflüsse, die zu einer Abweichung des *wahren* Blendenwertes gegenüber dem geometrisch errechneten Blendenwert führen, sind in den meisten Fällen so gering, dass sie bei der Belichtung nicht berücksichtigt werden müssen bzw. im Ergebnis unsichtbar bleiben.


    Selbst ein SC Teleskop mit 32,4% linearer Obstruktion verliert dadurch 'nur' 10,5% des einfallenden Lichtes. Einen Betrag, den man bei Kurzzeitbelichtungen durch die Wahl der Verschlußzeit nicht kompensieren kann, weil die Skala zu grob ist... (Klar, wenn sich Reflektionsverluste dazu addieren, wird schnell eine halbe oder gar ganze Belichtungsstufe daraus).


    Daher würde ich in erster Näherung und um Verwirrungen zu vermeiden, dabei bleiben:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">&gt; D.h. mit einem 80mm f/6 Refraktor bekomm ich das gleiche Ergebnis
    &gt; wie mit einem 200mm f/6 Newton?


    Exakt.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist eine für den Einsteiger griffige Angelegenheit, ohne die von Euch geschilderten Faktoren in Abrede zu stellen.


    Gruß!
    Stefan


    http://www.astromeeting.de

  • Grüß Gottle nochmals ausm Schwabaländle an Euch alle,


    also ersteinmal natürlich vielen Dank für Eure (detailierten) Antworten.(Freut mich besonders,dass Steffen und Stefan als Großmeister geantwortet haben.Dann muss ich ja Dein Buch garnet mehr kaufen,Stefan...*grins*... Aber auch vielen Dank an die anderen Beiträge).
    Also ich werde die Antworten dann für mich folgendermaßen verwerten: Ich werde mir dann den 80/600ED als Fotooptik kaufen und mit nem kleinen Mak als LEitrohr auf die HEQ5-Pro setzen.Ich denke,für den Anfang mit kleinen Brennweiten genügt das,und Objekte mit großem Ausmaß gibt es ja genug,oder?Und Später werd ich mir nen 8 oder 10Zoll SC mit Off-AxisGuider auf die Monti setzen mit nem Brennweitenreduzierer.ABer eins nachm andern...Jeder fängt ja mal klein an.
    Ist doch okay,oder?
    Also dann,nochmals vielen Dank!...
    Oli

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