Schwarze Sonne 1629, Komet 1577 und 1744

  • Hallo zusammen,


    im Rahmen der 740-Jahr-Feier ihrer Stadtrechte stellte die polnische Stadt Koszalin (Köslin) am 27.05.2006 die Überarbeitung der so genannten Wendland-Chronik vor. Ich war bei der Präsentation dabei und habe auch einen Nachdruck erhalten. Johann David Wendland war im 18. Jahrhundert Geschichtsschreiber der Stadt Cöslin und hat akribisch alles in und um Cöslin herum in Worten festgehalten. Dabei verwendete er auch Unterlagen aus verherigen Jahrhunderten. So entstand


    "Eine Sammlung unterschiedlicher die Historie der Stadt Cöslin betreffende Sachen"


    In einem Kapitel beschreibt Wendland die wichtigsten Ereignisse der einzelnen Jahre. Es handelt sich hier um das Kapitel VI


    "CAPUT VI - Unter diesem Capite füget man per Modum Annalium das Merckwürdigste, so sich alhie zugetragen, und man zusammen bringen können."



    Da gibt es zum Beispiel solche Eintragungen wie:


    "Anno 1341 - Große Kälte
    Ist so große Kälte gewesen, daß den Leuten Nasen, Ohren und Finger abgefroren"


    Für das Jahr 1577 ist vermerkt:


    "Anno 1577 - Comet
    Mittwochs nach Martini Episcopi war der 11. November auf dem Abend umb 5 Uhr hat man alhie einen Cometen gesehen, der gar schröcklich in Gestalt einer Ruthen anzuschauen gewesen. Seine Strahlen, so sich von Westen nach dem Norden und von Osten zum Süden erstrecket, sind ganz Bluth Roth gewesen. Vide Kirchen Register de anno 1577"


    Ich denke, hier handelt es sich um den Halley'schen Kometen.


    Für das Jahr 1629 ist vermerkt:


    "Anno 1629 - Wunder Zeichen
    Ging die Sonne umb Glock 4 im August gantz schwarz, wie eine Kohle, auf und blieb darauf bis umb 7 Uhr Bluth Roth stehen, wobey sich etliche Wolcken presentiret, die eine Gestalt eines überzogen Wagens mit schwarz bekleidetem Volck von sich gegeben."


    Was ist hier beschrieben? Für August 1629 finde ich keine Sonnenfinsternis. Oder wurde hier ein falscher Monat überliefert?


    Und für das Jahr 1723


    "Anno 1723 - Conjunctio Planetarum
    Den 4. bis 9. Januar war die große Conjunction Saturni, Jupiters et Martis, wovon die Astronomi geschrieben, daß dergleichen sich nicht seit der Sündflut zugetragen und haben daher großen Sturm, Wind, Waßer Flut und allerley erschröckliches Unglück prognosticiret, wovon aber (der Höchste sey gelobet) nichts erfolget, weder in Pommern, noch in Europa, wenigstens habe ich nichts davon gelesen. Es müßte denn seyn, daß man die folgende Jahre abwarten sollen, da denn Unglücks genug geschehen."


    Eine schöne Beschreibung, Wendland wäre sicherlich Mitglied im Astrotreff geworden


    Dann für das Jahr 1730


    "Anno 1730 - Wunder Zeichen
    Den 15. Februar abends Glocke 6 war ein Wunder Zeichen am Himmel zu sehen, so anfangs weiße helle Strahlen von sich gab, diese aber gleich darauf Bluth Roth wurden und über alle vier Theile der Welt sich ausbreiteten, welches bis in die Nacht dauerte."


    Ich denke, hier ist ein Polarlicht beschrieben.


    Dann für das Jahr 1737


    "Anno 1737 - Feuer Zeichen am Himmel
    Den 16.Dezember abends gegen Glock 9 bis nach Glock 12 war ein großes Feur Zeichen am Himmel gegen alle vier Theile der Welt Bluth Roth strahlend und gleichsam brennend zu sehen, wobei es zugleich auf der Gaße so hell und lichte war, wie beym Monden Schein, hingegen an dem vorigen und nachfolgenden Abend es immer dunkel gewesen. Solet ira certis Numinum ostendi notis. Sen. Oedip."


    Auch dies dürfte die Beschreibung eines Polarlichtes sein.


    Weiter dann zum Jahr 1744


    "Anno 1744 - Comet
    Im Januar ein Comet über etliche 4 Wochen fast alle Abend sichtbaar gewesen"


    Ich denke, hier handelt es sich um den Kometen Klinkenberg.


    Auch für Wetter-Historiker ist die Kronika Wendlanda nicht uninteressant. Es werden einzelne meteorologische Ereignisse Tages bezogen beschrieben, aber auch eben auf ein ganzes Jahr bezogen. Hauptsächlich dient die Chronik allerdings der Geschichte Köslins.


    Ich habe versucht, bei diesem Beitrag jegliche Tippfehler zu vermeiden, damit der Originaltext in seiner Schreibweise wirklich so zur Geltung kommt, wie er geschrieben ist.


    Grüße


    Andreas

  • Moin Andreas!


    Danke für die Auszüge, es war sehr interessant zu lesen. Zu den beiden Kometen einige Anmerkungen:


    - Der Komet von 1577 (C/1577 V1) war nicht der Halley'sche Komet. Letzterer tauchte 1531 und 1607 auf. Der Große Komet von 1577 war sehr hell und zeitweilig auch am Tageshimmel zu sehen. Tycho Brahe versuchte an ihm eine Parallaxe zu bestimmen. Er zog daraus den richtigen Schluß, daß Kometen nicht zu irdischen Wetterphänomenen zählten, wie man bis dahin annahm, da die Parallaxe kleiner als die des Mondes war.


    - Der Komet von 1744 (C/1743 X1) hat zwei Entdecker (Klinkenberg und de Chesaux), man findet ihn in der Literatur auch (öfter) unter letzterem Namen. Auffällig war hier der sehr breite, 6fach aufgefächerte Schweif, der sichtbar war, als der Kern selbst unter dem Horizont stand.


    - Zur "Schwarzen Sonne": 1629 brach ein Vulkan auf Island aus. Ob der dieses Phänomen verursacht hat? Sieht mir fast danach aus.

  • Hallo


    und danke für den interessanten Bericht!


    Die "rote" Sonne passt besser zu einm Vulkanausbruch als zu einer Sonnenfinsternis. Warum sollte die Sonne bei einer SoFi rot erscheinen?


    Gruß,
    Tom

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