Hallo alle,
vor längerer Zeit hatte ich ja von der Fertigstellung meines 30cm-Spiegels erzählt (298mm/1658mm um genau zu sein). Nach der Verspiegelung lag dieser nun schon seit einer kleinen Ewigkeit in der Transportverpackung, da der Teleskopbau aufgrund von Motivationsmangel nach Fertigstellung des (kleinen) Hutes ziemlich stockte. Zwischenzeitlich hatte ich mich auch relativ weit vorgelehnt, und für das CHAT ein zumindest einsatzbereites Gerät versprochen, was immer unwahrscheinlicher wurde. Am schönen langweiligen Nachmittag des 22. April reifte dann aber der Entschluss, zumindest einen provisorischen Tubus zu bauen, um endlich einen Sterntest machen zu können, und gar nicht erst zu versuchen mit den Teleskopbauprofis hier im Forum, die in unwirklichen Geschwindigkeiten absolute Spitzenprodukte produzieren, gleich von Anfang in irgend einer Weise mithalten zu wollen. Nur wenige schnelle Skizzen wurden angefertigt, um Maße für einen solchen Testaufbau zu ermitteln, und ab ging es in den Baumarkt um Roh-Spanplatten zuschneiden zu lassen und als "Gitterrohre" 4 Fichtenleisten (40x40mm) zu besorgen. Als Lager sollten für das Provisorium Rolladen-Gurt und eine Küchenarbeitsplatte dienen, Teflon hatte ich keines zuhause, darum schnitt ich passende Quadrate aus einem Küchen-Schneidbrett. Das Gesamtgewicht der Konstruktion wurde ignoriert, es sollte ein Provisorium sein, das nach dem Sammeln von Tipps & Tricks auf den kommenden Treffen irgendwann einem Neubau weichen wird, auch wenn mir von ein paar Chat-Kollegen schon viel Spaß mit dem Gerät für die nächsten Jahre gewünscht wurde...
Hier sind ein paar Bilder vom Bau des Gerätes:
Nun - erste Tests bei diesigem Himmel waren ein wenig ernüchternd. Die Bewegungen der Küchenbrettlager waren katastrophal. Ich suchte daher im Baumarkt nach irgendeiner günstigen Alternative, um zumindest brauchbar gut nachführen zu können. Ein etwa 10cm² großes Stück Selbstklebe-Gleitmaterial mit teflonähnlicher Oberfläche schien Erfolg zu versprechen, und wie sich später herausstellte funktionieren diese Lager wirklich gut. Viel mehr Sorgen machte mir allerdings ein sichtbarer Astigmatismus. Dass sich dieser *nicht* mit dem Spiegel mitdrehte, war zwar im ersten Moment beruhigend, aber schön war das Bild natürlich trotzdem nicht.
Um den langwierigen Teil der Fehlersuche mit Spiegelzellen-Neubau, Fangspiegelhalterungsmodifikationen usw... abzukürzen: Ein Teil des Astigmatismus stammt von der Spiegellagerung bzw. konkret von der lateralen Unterstützung (mit Filz ausgelegter Ring). Nach Anheben des Spiegels löst sich dieser in Wohlgefallen auf, was zumindest für die Testphase ausreichte, v.A. nachdem ja auch im Zenit genügend Teststerne zu finden sind. Die Rollen, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, liegen bereits zuhause, ich brauche nur noch ein wenig Zeit. Der restliche Teil des Astigmatismus stammt aber definitiv vom Fangspiegel, und interessanterweise zeigen *beide* Fangspiegel in meinem Besitz etwas davon - wenn auch ein wenig unterschiedlich. Der erste ist ein 50mm Pyrex-Spiegel aus den USA, der angeblich im ehemaligen Optikzentrum Bochum zu L/8 PV Oberfläche vermessen worden war (kein Protokoll verfügbar). Der 60mm Fangspiegel sollte aus Duran50 sein, und stammt wahrscheinlich von der Astro-Arge Westerholt. An diesem Spiegel sah ich vor längerer Zeit im Foucaulttest gegen einen sphärischen Spiegel einen Hügel in der Mitte, der 60mm-Spiegel macht auch etwas mehr Astigmatismus als der kleinere. Bei beiden Spiegeln zeigt sich außerhalb des Fokus eine elliptische Abbildung, wobei extrafokal die lange Achse in den Himmel zeigt, intrafokal liegt sie quer. Ein Experiment in dem der 50mm nicht geklebt sondern sehr locker und etwas drehbar gefasst war, zeigte ein Mitdrehen der Achse mit dem Fangspiegel.
Zwischenzeitlich war das Wetter selbst aus Amateurspiegelschleifersicht ganz fürchterlich (mit einem einzelnen Teststern wäre ich ja durchaus schon zufrieden gewesen) - so wurde zumindest das Gerät ein wenig angemalt, etwas verblendet und die Höhenräder kamen ein Stück weiter nach vorne:
Das Sterntestbild selbst gefällt mir (abgesehen vom Astigmatismus) ausgezeichnet, und scheint die Foucaultmessungen weitestgehend zu bestätigen. Als auffälligster Fehler ist ein extrafokal etwas größerer und dunklerer Fangspiegelschatten erkennbar, der von einem etwas helleren Innenring umgeben ist. Während der Auskühlung sieht man intrafokal einen etwas helleren Außenring als extrafokal, interessanterweise war dieser Effekt bei ausgekühltem Spiegel aber kaum noch erkennbar (was ich mir nicht wirklich erklären kann, außer ich hätte den Spiegel in einem Moment erwischt, indem sich der hohe Randbereich während des Auskühlens nach unten gebogen hätte?) Der Kontrast der inneren Ringe schien in diesem Zustand intra/extrafokal gleich, was mich sehr erfreute. Auf beiden Seiten des Fokus ist im Fangspiegelschatten auch ein kleiner Punkt zu sehen (Poisson-Spot?) - was auch immer das bedeuten mag [;)]
(Getestet wurde bei Vergrößerungen von 184x bis 414x - Nagler 9, Orthos 5 und 4).
Wer es geschafft hat, bis hierhin mitzulesen: Woher bekomme ich einen garantiert guten Fangspiegel mit etwa 56mm kleiner Achse, der am Himmel *sicher* keinen Astigmatismus zeigt? Was er kostet, das soll er kosten, aber geärgert habe ich mich nun genug.
Ciao,
Roland
Nachtrag: natürlich habe ich nicht *nur* getestet, sondern auch ein kleinwenig beobachtet: Saturn und Jupiter waren in ruhigen Phasen durchaus nett, M3 und M13 (bei ca. 118x-332x) zogen mir allerdings selbst am Stadtrand die Schuhe aus! [:D]