Okulartest bei Tage

  • Uff.


    Okulartest bei Tage.


    Optik: Vixen ED 102S, f/9


    Okulare: LV 5, 9 und 25 mm


    Das heruntertragen nahm zwei Gänge in Anspruch, ohne fremde Hilfe ist das nicht anders zu schaffen. Für das hochtragen wurden sogar drei Gänge benötigt, denn ich hatte noch nicht gegessen und war durch die Mittagssonne reichlich verschwitzt, da spürt man Gewichte besonders. Oben beim Auspacken habe ich Riesentrottel dann auch noch versehentlich auf die Augenlinse eines LV 25-Okulars gefingert. Verdammt!! Hoffentlich hält die Vergütung das durch, bis spezielle Reinigungsflüssigkeit und Tücher im Haus sind (was wohl noch eine gute Woche dauert, *seufz*.)


    Getestet wurde zunächst an einem Schild einer Autowaschanlage einer entfernten Tankstelle. Aber keine Chance, die Luft "kochte", an vernünftige Beobachtung war da nicht zu denken. Die Bäume im Umkreis wiederum standen zu nahe, hier kam man nicht in den Fokus. Also peilte ich im wesentlichen eine Hauswand und einen Strommast an.


    Übrigens habe ich einen Rochus auf dieses verflixte Ringsystem am Okularauszug. Beim rausschrauben schraubt man immer auch einen falschen Ring mit, und manchmal verkanten sich zwei Stücke, wenn man sie dann getrennt hat, trägt man Hautabschürfungen bzw. Einschnitte davon. Das ging zwar unblutig ab, Freude kam trotzdem nicht auf. Mit Routine mag das später schneller gehen, als Anfänger fühle ich mich bei den Ringen weniger gut aufgehoben.


    Das LV-Okular mit 25 mm Brennweite hat wie immer begeistert. Das Bild ist so kristall-klar, würde der Gesichtsfeldrand nicht sein (scheinbares Gesichtsfeld: 50°) dann wäre die Gesamt-Optik vollkommen transparent. Man hat ein Bild, was einfach nur vergrößert ist (Faktor 37.) Die Hauswand besteht aus Beton, wo oberflächlich viele Steine eingesprenktelt sind. Die Schärfe ist enorm, die Helligkeit völlig natürlich (knapp 2,8 mm Austrittspupille.) Der Strommast hat bestimmte Kupplungen (sieht aus wie glänzende braune Keramik.) Die Leitungen sind klar im hellblauen Himmel erkennbar.


    Das Gesichtfeld ist für ein ruhiges Auge ok, viel "herumgucken" kann man jedoch nicht, dann ist man schnell am Rand. Jedoch behält man trotz etwas Kopf-Bewegung das eigentliche Bild noch drin, mit diesem Okular dürften auch die unerfahrensten Anfänger sofort Erfolgserlebnisse erzielen.


    Technisch ist das 25-mm-LV-Okular kein LV, eher ein spezielles Plössl mit 5 Linsen statt 4. Was auch immer, dieses Okulare begeistert mich jedes mal aufs neue. (Auch im Bino war es geradezu eine Wucht, siehe dazu den First-Light-Bericht: http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=3882)


    Das 9 mm LV liefert ein deutlich stärker vergrößertes Bild (Faktor 102.) Die Bildhelligkeit nimmt leicht ab (1,0 mm AP) aber der Kontrast ist weiterhin sehr gut. An Details wird gegenüber 37x natürlich viel mehr geboten, die Steine in der Hauswand offenbaren mehr Struktur, die Kupplungen am Strommast sind besser zu sehen, die Leitungen zeigen ihre verwindete Struktur deutlicher. Übrigens sind generell gewisse Farbränder auszumachen, mal lila, mal gelblich. Ob das an der Luft liegen kann? Mir kommt es fast so vor, als würde der Kontrast einer Teerkante zum Himmel hin weniger Saum zeigen, und das Haus mit der Kante ist näher als der Strommast. Diese Ränder scheinen zudem etwas zu "schwimmen". Der Test wurde sowohl mit 45°-Amici-Prisma als auch ohne Prisma durchgeführt, jedes mal ist gelegentlich ein solcher Saum zu sehen. Der sehr niedrig stehende Mars beim First Light zeigte atmosphärisch bedingt auch Säume, allerdings muss das Licht dann ja durch sehr viel mehr Luft, als wenn es vom Strommast reflektiert wird.


    Wie die meisten LV-Okulare, hat das 9-mm-LV in der abschraubbaren Hülse (wo ein Filtergewinde offengelegt wird) eine zweilinsiges kurzbauendes Barlow-Element. Das 9 mm LV ist sehr bequem zu verwenden.


    Das ändert sich beim 5 mm LV jedoch etwas. Das gebotene Gesichtsfeld ist ein wenig kleiner (45°) und man muss geradewegs reingucken. Schon vergleichsweise kleine Abweichungen von der optischen Achse werden nicht verziehen, um das ganze Gesichtsfeld zu übersehen benötigt man mehr Konzentration. Subjektiv muss man zudem etwas näher mit dem Auge ran.


    Das Bild verliert bei 184 Vergrößerungen spürbar an Helligkeit (man hat eine AP von unter 0,6 mm.) Man bekommt noch eine Scharfstellung hin, benötigt dafür aber mehr Zeit, und die Knackigkeit wie bei 102x ist nicht mehr drin. Aber es ist scharf genug, dass man mit Gewinn durchsehen kann. Die Detailfülle ist gegenüber 102x definitiv höher. Der Strommast, der ja aus flachen Metallstreifen zusammen gesetzt ist, offenbart trotz seiner Entfernung mehr Feinstrukturen. Dabei ist das Luftzittern schon deutlich zu sehen, erst bei ruhiger Luft würde sich das ganze Potenzial entfalten können.


    Aber ich werde mich wohl wieder von den 5-mm-Okularen trennen. Man sieht zum Beispiel im Bild die Verunreinigungen auf der eigenen Pupille. Woher das kommt, kann ich beim besten Willen nicht sagen, aber es ist so. Der Einblick mag gegenüber einem 5 mm Ortho um Welten besser sein, trotzdem könnte ich jetzt mir keine stundenlange Beobachtung damit vorstellen. Sicherlich wäre das auch eine Übungfrage.


    Das Bild lässt an Schärfe nach. Klar, verglichen mit den Erlebnissen mit einem 60/700-er Billigfrauhofer-Refraktor mit Billigst-Okularen ist es akzeptabel. Im Vergleich aus der Erinnerung würde ich das Bild bei vergleichbar kleiner AP noch nicht "flau" nennen, aber was ist das schon für ein Vergleich? Es ist weniger gut als mit 102x, nämlich dunkler, und wenn sich auch mit etwas Probieren ein zufriedenstellender Schärfepunkt finden lässt, spürt man doch dass sich die Optik schon quält.


    Die erwähnten seltsamen Säume treten auch hier wieder auf. Was noch nicht getestet wurde, sind die 9 mm mit dem Bino und dem 1,7x Glaswegkorrektor, das würde eine Vergrößerung von 174x ergeben. Hier aber wäre der bequemere Einblick beim 9-mm-Okular von Vorteil, weiterhin das größere Gesichtsfeld, und dass man die Verunreinigung seiner eigenen Pupille noch nicht sieht. Wie schon gesagt ist die Detailfülle gegenüber der nächst kleineren Stufe wirklich größer, und man muss ja nicht unbedingt Leistung verschenken.


    Ehrlich gesagt hatte ich aber ausgehend von den Tipps, man könne bis zum zweifachen des Durchmessers vergrößern, mehr erwartet. Dieses Kriterium reizte ich noch nicht ganz aus, und doch, obwohl ich über einen kontrastreichen Refraktor verfüge, der ja ohne Obstruktion auskommt, und das Modell zudem ein Halbapo ist, würde ich zu dieser Grenze im Moment nur ungerne gehen. Obwohl wie gesagt das Auflösungsvermögen ansich da ist, das Licht wird knapp.


    Außerdem bekomme ich bei den 5-mm-Okularen im Bino nicht das Bild zur Deckung, diesen Test habe ich heute nicht wiederholt, das frühere Probieren sollte ausreichen.



    Es kam auf einem Fahrrad ein Junge vorbei gefahren, der fragte was ich beobachte, ich antwortete dass ich versuche die Güte der Optik zu testen und bot ihm einen Blick durch das Rohr an, worauf er meinte das würde ziemlich teuer aussehen und dann weiter fuhr.


    Aus Spaß testete ich kurz vor dem Abbau die Okulare schnell noch mit aufgesetzter Objektiv-Kappe, die eine zentrale Öffnung von knapp 2" hat (welche wiederum mit einer extra Kappe verschließbar ist.) 37x war noch sehr gut, selbst 102x ging noch, 184x war sehr dunkel, und sehr unscharf.




    Zusammengefasst: Mit 5 mm Brennweite sieht man die meisten Details, bei einem zufrieden stellendem Bild. Aber das Lichtsammelvermögen einer 4" Öffnung wird hier sichtlich strapaziert.


    9 mm Brennweite führen bei mir zu genau 1 mm Austrittspupille, und das erscheint ideal. Bino-Beobachtungen (dann mit 0,8 mm AP) stehen noch aus, hier habe ich jedoch was das Licht angeht wirklich keine Befürchtungen. Sofern die Bilder zur Deckung bringen lassen, könnte 128x eine sehr häufig verwendete Vergrößerung sein.


    Mit 25 mm Brennweite hätte man am Himmel 1,3° wahres Gesichtfeld (mit dem Binokular dann 1,0°.) Das 25-mm-LV dient aber nicht nur zum Aufsuchen, dank der unglaublichen Bildqualität verbleibt es länger im Auszug, weil das reingucken ein echter Genuss ist.

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