Hallo,
wie im letzten Thread schon angekündigt habe ich einen Versuch gemacht um herauszufinden ob Glas bei Raumtemperatur fliesst, mit anderen Worten ob man es als Festkörper oder als extrem zähe Flüssigkeit betrachten muss.
Auf einem 8mm dicken Stück Floatglas habe ich eine kleine Fläche ausgesucht die schön flach ist. Der betrachtete Bereich ist ca. 4mm x 3mm gross und die Topografie wurde gestern mit einem Interferenzmikroskop vermessen, siehe Bild 1:
Die Skalierung der X und Y Achsen ist falsch, ich hatte jetzt keine Lust das zu ändern. Der Bildausschnitt ist wie gesagt ca. 4mm x 3mm gross. Rot sind Täler, blau sind Berge. Die Einheit in der Z-Achse sind Wellenlängen bei 633nm.
Dann habe ich für etwas mehr als 26 Stunden eine Stahlkugel mit 2mm Durchmesser auf die Glasplatte gepresst. Die Anpresskraft war ca. 40N.
Die theoretische Berechnung nach (1) ergibt einen Durchmesser der Berührfläche von ca. 0.16mm, was einer Fläche von ca. 0.02mm^2 entspricht. Das ergibt eine Flächenpressung (= Spannung) von ca. 2000 N/mm^2.
(1) Warren C. Young, Roark's formulas for stress and strain, 6th edition, Seite 650
Das zweite Bild ist heute entstanden und zeigt den gleichen Bereich der Glasoberfläche (die Stelle habe ich natürlich vorher mit Edding markiert, die Markierung liegt aber ausserhalb des hier gezeigten Bereichs):
Und siehe da, da ist eine kleine Delle im Glas. Der kleine rote Punkt.
Tiefe ca. 0.02 Wellenlängen, entspricht ca. 12nm. Der Durchmesser der Delle stimmt auch gut mit dem theoretischen Wert überein.
Damit wäre gezeigt dass zumindest diese Glassorte im kalten Zustand fliesst. Ich werde den Versuch jetzt noch über eine längere Zeit fortsetzen um das Ergebnis zu erhärten.
Gruss
Michael