Erste Eindrücke - Leica Ultravid 8x20

  • Hallo alle,


    vor einer kleinen Ewigkeit bemühte ich ja mit der Bitte um Gedankenanstöße zum Umkrempeln meines Fernglasbesitzstandes das Forum, und äußerte den Wunsch, ein aktuelles Spitzenglas anzuschaffen.


    Nun ist es endlich tatsächlich passiert, mein neuestes Schätzchen geriet allerdings kleiner als anfänglich gedacht. Immer mehr hatte sich in der letzten Zeit herauskristallisiert, dass mein mit Abstand meistverwendetes Glas ein altes 8x20 Zeiss-Taschenglas war, mit Einzelokulareinstellung, fetten Dach-"Balken" und älterer Vergütung. Bald war (nach Jahren des Grübelns) also die Entscheidung gefallen, ein 8x20 Glas aus aktueller Fertigung anzuschaffen. Ich trug also Daten zusammen, las Vergleichsberichte, und stellte eine schöne Entscheidungstabelle mit allen wichtigen Vergleichspunkten auf. Dann erinnerte ich mich an meine astronomische Anfangszeit zurück, als ein Meade 114er in einer ähnlichen Tabelle fast mein tolles TAL1 geschlagen hätte, da trotz aller Objektivität einer solchen Tabelle einfach viel zu viele Punkte *NICHT* darin zu sehen sind. Ich warf diese sodann weg, und bestellte bei ICS das mit Abstand schönste 8x20, das es derzeit gibt: Ein Leica Ultravid (allerdings den klammen Fingern in eisiger Kälte zuliebe in seiner gummierten Version...)


    Nach relativ langer Wartezeit, weil das Glas nicht auf Lager war und bestellt werden musste, bin ich nun seit einigen Tagen stolzer Besitzer dieses kleinen Wunderwerkes der Technik, und kann ein paar erste Eindrücke schildern:


    Das Sehfeld ist mit ca 50° nicht groß, lässt aber glücklicherweise kein wirklich störendes Gefühl der Enge aufkommen, und wird wohl erst von der nächstgrößeren Kategorie an Gläsern wirklich substanziell übertroffen. Der böse Straßenlaternentest (wobei mein Exemplar relativ nahe steht und wirklich hell ist) lässt bei richtigem Winkel einen stärkeren Reflex erkennen, der bei anderer Glasneigung aber schnell das Gesichtsfeld verlässt. Über und unter der Laterne durchzieht ein mit größerem Abstand schwächer und größer werdender Streulicht-Ring das Bild. Von den Reflexen her wird ein Docter Nobilem 10x50 deutlich geschlagen (letzteres zeigt deutlich mehr Reaktion, und auch mehrere Reflexe), das Streulicht ist aber mehr. Ich hörte einmal, dass bei den kompakten Bauformen die Streulichtausblendung nicht wirklich einfach ist, weiter entfernte Straßenlaternen lassen das kleine Gerät jedoch kalt.


    Wie sieht das aber in der Praxis aus? Tagsüber sind Bildhelligkeit und Kontrast schlicht beeindruckend. Der Einblick ist erfreulich unkompliziert, auch mit (Sonnen-)Brille ist bei eingeschobenen Augenmuscheln das volle Feld einfach sichtbar. Auf dem Parkdeck eines Einkaufszentrums sah ich vorgestern abend zwischen heller Neonbeleuchtung die schmale Mondsichel durchschimmern, und griff zum kleinen Leica. Obwohl ich genau zwischen 2 Reihen von Lampen durchschauen musste, war im scharfen und kontrastreichen Mondbild absolut keine ungewollte Aufhellung zu erkennen - erster Streulicht-Praxistest also mit Bravour bestanden.


    Anfangs erschrocken war ich über den Fokusspielraum auf der Unendlich-Seite. Mit meiner leichten Weitsichtigkeit von +0,5 Dioptrien links und +0,75 Dioptrien rechts erwartete ich diesbezüglich keinerlei Schwierigkeiten, aber die Fokusreserve ist enorm knapp. In den vergangenen 4 Nächten konnte ich mich aber wiederholt davon überzeugen, dass Sterne definitiv mit etwas Reserve scharf werden, und weiter entfernte Objekte muss ich nicht unbedingt sehen. Die Naheinstellgrenze ist dafür enorm, und unterbietet die Angabe von 2,2m in den technischen Daten mit gemessenen 1,5 Metern noch deutlich. Scheinbar wurde mein Exemplar speziell für mich angepasst


    Die Schärfe im zentralen Bereich des Gesichtsfeldes ist tadellos, und am Stern erkennt man, dass sich daran bis etwa 80% des Radius auch nichts merklich ändert. Zum Rand hin schleicht sich eine leichte Unschärfe ein, die vor allem von der bei Leica wohl so gewollten leichten Feldwölbung herrührt, aber auch einen Randschärfefanatiker wie mich nicht wirklich stören kann. Vergleiche mit anderen Gläsern sind wegen der sehr unterschiedlichen Feldgrößen natürlich schwierig.


    Durch das höhere Gewicht ist das Glas einfacher ruhig zu halten als mein bisheriges (altes) Zeiss-Glas, im Gegensatz zu diesem ist es mir noch nicht gelungen, die Dachkanten zu sehen, und durch den Mitteltrieb ist der Spaßfaktor nun wesentlich größer.


    Was hat ein 8x20 nun mit Astronomie zu tun? Nun - zugegebenermaßen gibt es dafür geeignetere Gläser, aber vor 3 Tagen schaute ich damit auf Saturn, und erblickte nebenan die berühmte Krippe (M44), die hier am Stadtrand freiäugig absolut nicht zu erkennen war. Auf Ausflügen und bei allen Gelegenheiten, bei denen man ein größeres Glas nicht dabei haben kann oder will, ist es vermutlich auch für astronomische Zwecke nicht gänzlich ungeeignet [;)]


    Fazit: Die Überweisung schmerzte weniger als zuvor angenommen.


    Ciao,
    Roland

  • Roland,


    danke für diesen Erfahrungsbericht.


    Mein Trinovid 10x25 BC ist der optimale Reisebeleiter zur SoFi. Da hat schon mancher mitleidig gelächelt ob der Größe (sieht aus wie ein Opernglas). Nach dem Durchschauen habe ich dann gelächelt, über die Gesichter... [:D]

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