astronomisches Sehen

  • Hallo Astro-Freunde !


    Trotz meines Alters bin ich ein Neuling in der praktischen Astronomie und beobachte seit einiger Zeit dieses und einige ähnliche Foren. Es gibt wohl keinen besseren Weg an echte Tips und Erfahrungen zu gelangen, als solche Foren.


    Zu Sache: Über 30 Jahr beschäftige ich mich mit der Mikroskopie und Mikrobiologie. Dabei habe ich Erfahrungen mit Beobachtungsgeräten ( hier Mikroskope) gesammelt, die z.T. sicherlich auf die Astronomie übertragbar sind. So habe ich mit 15 Jahren ein erste Kaufhausmikroskop bekommen (29,75 DM) , das in Qualität und Seherlebnis etwa den Kaufhaus-Plastik-Refraktoren 60/700 entsprechen dürfte. Es war aber trotzdem spannend, auch wenn es nicht viel zu sehen gab - aber zu lernen.


    Ein paar Jahre später und ca 20 Bücher weiter folgte Mikro-Nr.2, immer noch Plastik aus Japan, aber für 99,- DM ein ordentlicher Nachbau brachte eine deutliche Steigerung. Mit Farbfehlern und Artefakten klappten auch mittlere Vergrößerungen etc. Mir scheint das vergleichbar mit einem TS 150/1400 (auch oft unter Seben Big Boss verrissen) den ich mir zu Weihnachten eingefangen habe.(Bitte kein Haareraufen u.ä., das Thema ist mir hinlänglich bekannt!)


    Der Spaß mit dem Gerät / Thema veranlasste mich wieder ein paar Jährchen drauf zum Mikroskop Nr 3. Jetzt aber richtig, auch wenn`s weh tut. Ein deutsches Labormikro aus Wetzlar mit Normoptik bis 120-Öl etc. 1972 für knappe 2200,- DM... und es haute mich etwa so vom Hocker, wie ich mir das heute etwa bei einem guten. Achromaten vorstelle.
    (Für die Leser mit entsprechenden Erfahrungen: nach ca. 10 Jahren zum ersten Mal messerscharf die Wimpern von kleinen Ciliaten gesehen) Vielleicht ist auch eher ein 10" Dobson vergleichbar, aber da fehlen mir die Erfahrungen.


    So Mikro Nr 4 wird heute noch genutzt und folgt Nr.3 ca. 7 Jahre später. Für schlappe 12.000,- DM ein dt./Wetzlar Forschungsmikroskop Binokular mit Durchlicht-, Dunkelfeld- und Phasenkontrast-Ausrüstung war im Amateurbereich die erste Liga erreicht. Für diesen Preis erhielt ich dann unglaubliche Bilder, die mich noch heute begeistern. Das Analogon für die Amateur-Astronomie dürfte so etwa bei Takahashi Apochromaten und ICS-Dobsons liegen, aber da sollte man besser erfahrene Beobachter hören und entscheiden lassen.


    Natürlich will ich es jetzt mit den Teleskopen nicht unbedingt wieder genau so machen, aber übertragbar ist doch vieles.Das ganze habe ich u.a. aufgeschrieben, um meine Frage etwas mehr zu verdeutlichen.:


    Bei der Beobachtung mit den Mikroskopen war sehr deutlich festzustellen, dass die Qualität und das Beobachtungsergebnis nicht nur von der Qualität des verwendeten Gerätes abhänig ist. ( Die Beleuchtung respektive das Seeing kann hier ausser acht bleiben, da die Beleuchtungssituation in der Mikroskopie steuer- und reproduzierbar ist. siehe Köhlersche Beleuchtung etc.) Das Ergebnis der Beobachtung hängt ganz wesentlich von der Erfahrung des Beobachters ab. Und dieser Effekt ist nicht nur marginal, sondern im Laufe von Jahren erfolgt eine deutliche Steigerung der Sichtbarkeitsgrenzen.Optimales Training durch Zeichnen !


    Da dieser Effekt aus physiologischen und lernpsychologischen Gründen plausibel erscheint, sind für die Beobachtung mit dem Teleskop ähnliche Effekte zu erwarten ( und werden auch in der Literatur beschrieben).


    Was sagen denn die erfahrenen Teleskop-praktiker aus ihrer Erfahrung dazu ? Wie lange habt ihr gebraucht um erste Verbesserungen festzustellen ? Habt ihr, wie ich, einen gewissen Trainingseffekt beobachten können (zB. Nachlassen nach längerer Pause u.ä.)? Welche Erfahrungen habt ihr mit Alkohol, Nikotin u.o. Medikamenten bezüglich des Sehvermögens gemacht? Welchen Einfluss hat das Zeichnen gehabt ? u.s.w.


    Mich interessiert das Thema "astronomisches Sehen" im Allgemeinen und freue mich über jeden Hinweis sehr.


    viele Grüsse und Super-Seeing


    manfred

  • Hallo


    mit kleinem gerät sieht man gar nichts [:D] weil man immer hoch vergrößern muß ich denkt, Anfängerfehler Nummer eins, logischerweise sind bei weniger vergrößerung die Objekte zwar im Bild werden aber oft nicht erkannt.
    Nach dem ich endlich ein größeres Teleskop hatte fand ich dann die Objekte leichter und wenn man weis wo sie sind gehts auf einmal auch im kleinerem Gerät.
    Letztens habe ich in einem Teleskop den Fangspiegel ersetzt und aufeinmal war M1 kein schwacher kleiner Fleck mehr sondern deutlich und doppelt so groß.
    Astronomisches sehen? bei Schneedecke? bei Vollmond? wenn man sich mal auf ein Objekt konzentrieren will sieht man es immer schlechter (kaltes Okular und warmfeuchtes Auge) wann habe ich das letzte mal was gesehen, das muß Monate her sein. natürlich kann man an dem Matschfleck den Mars jetzt noch dunklere Zonen erkennen wenn man sich konzentriert und das auch noch in kleineren Geräten wo der Besitzer entäuscht sagt da ist nichts, das ist eben der Wisenn wonach man suchen muß Effekt.


    Man hat sehr selten mal richtig gute Bedingeungen weil man dafür oft auch weit fahren muß was man nicht immer kann, wer soll einschätzen wie die Bedingungen sind? das macht man selber mit den Augen die zu blöd zum Kucken geworden sind? es kann also bomben Himmel sein und weil ich nicht trainiert bin kommt es mir mittelmäßig vor


    Eigentlich bräuchten wir jemand unerfahrenes als Versuchstier, hast du denn schon mal die Andromedagalaxie mit blosem Auge gesehen, oder Ha un Chi ? kannst du dir vorstellen das man im Opernglas schon M42 sehen kann? denke doch einfach mal drüber nach was am Himmel du schon mal gesehen hast dann geh auf eine dunkle Lichtung und leg dich in einen Liegstuhl und sieh einfach mal genauer hin ob es mehr wird was du sonst nicht beachtet hast, eine Karte der auffälligsten Objekte wäre hilfreich


    Zeichnen? na jedenfalls der Vergleich des gesehenen mit Simulationen lässt Erscheinungen einordnen und bei genauerem beobachten mehr erkennen wenn erst ein Ansatz da ist.


    Gruß Frank

  • Hallo!


    Also erst mal willkommen!
    Ja, es ist wirklich so, dass man mit mehr Erfahrung immer mehr sehen kann.
    Das erste Objekt, dass ich duch mein 8" gesehen hab war M42. Die ersten paar Male nur ein matschiger Fleck. Doch heute, 2 Jahre dannach, merke ich, dass ich von Beobachtung zu Beobachtung - von Jahr zu Jahr immer mehr an Details sehen kann. Und dass voll automatisch :)


    Ich weiß zwar nicht, ob deine Erfahrungen von der Mikroskopie übertragbar sind aber wenn du schon mal Spaß am Beobachten hast, dann wird dir sicher auch die Astronomie freude bereiten!


    Grüße
    Markus

  • Hi,
    ich denke, es ist eine Kombination aus Wissen wo und was und Erfahrung mit indirektem Sehen.
    Als ich das erste mal M1 mit 8" sah, musste ich lange suchen, obwohl ich schon ein paar mal drübergefahren sein dürfte. Ich wusste einfach nicht, was mich erwartete - nämlich ein kleine dunkler unscharfer und unscheinbarer Fleck - und registrierte die nebulöse Erscheinung einfach nicht.
    Später springt mir das Ding (und viel schwächere Nebel) beim drüberfahren direkt ins Auge. Er wirkt wesentlich heller als ich ihn in Erinnerung hatte.


    Heute kommt noch die Technik - das indirekte Sehen hinzu - also leichtes Vorbeischielen am eigentlichen Objekt. Und dann kommen erste zarte Strukturen...


    Es geht voran...

  • Wenn das Auge sich so trainieren ließe, dann müsste das ja fürs Autofahren auch gelten. Man fahre nur lange genug durch Regen und Nebel.
    Ich denke, es ist weniger das Sehen, als die Fähigkeit zur Mustererkennung. (Indirektes Sehen jetzt mal außen vor gelassen.)
    Da gibt es doch Untersuchungen beim Lesen:
    "Slongae die Angfnasbchutsanbn rihcitg snid, knan man es lseen."
    Gruß

  • es mag wohl kein "Augentraining" in dem Sinne sein, sondern mehr das Konzentrieren auf Details, welches sich aber auch antrainieren lässt.
    Normalerweise schaut man hin, sieht - und schaut wieder weg. Bei schwachen Planetarys z.B. muss man aber schon länger und konzentrierter schauen, um leichte Helligkeitsunterschiede oder Details wahrzunehmen. Das kann man lernen. Hatte ich gestern z.B. bei NGC 1535 oder beim Eskimo-Nebel. Handtuch überm Kopp, 15 Min. pro Objekt, und ich sah ich Details wie die "Schalen" bei 1535.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Kalle66</i>
    <br />Wenn das Auge sich so trainieren ließe, dann müsste das ja fürs Autofahren auch gelten. Man fahre nur lange genug durch Regen und Nebel.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo


    das stimmt doch so[:D], ist wohl mehr ein antrainiertes Verhalten und ausnutzen bekannter Vorzugszonen im Auge, bei planeten hilft ja nicht indirektes sehen sondern der Fleck der höchsten Schärfe, also gewust wie.


    Gruß Frank

  • Hallo,


    vorab vielen Dank, bereits nach einem Tag so viele interessante Antworten. Dieses Forum scheint ja sehr gut zu funktionieren!


    Noch ein Nachtrag zum Thema:
    Mir ist folgendes aufgefallen: wenn ich mit bloßem Auge genau den Orion betrachte, kann ich so grade das Schwert aus drei Pünktchen erkennen. Beobachte ich dann danach mit dem Fernglas und dem Teleskop das Schwert nochmals gründlich (M42 u. M43). Schaue ich danach wieder mit dem bloßen Auge, kann ich M42 deutlich als verwaschenen Fleck sehen. Bei den Plejaden M45 ist der Effekt nicht ganz so deutlich, aber ebenfalls bemerkbar.


    Könnt Ihr das bestätigen ?

  • Hallo,


    lasst mich auch meine unausgegorenen Thesen beitragen ;) Ich bin noch Anfänger, seit gut 2 Jahren dabei. Ich bin übrigens der Meinung, dass man auch im kleinen Gerät (z.B. 70/900) einiges sehen kann, man muss sich nur Zeit lassen (und vielleicht nicht gerade nach den lichtschwächsten DS Objekten suchen). Ich habe leider nicht so viel Zeit für die Beobachtung, wie ich es mir wünschen würde. Auch sind immer 'mal wieder Pausen dazwischen. Ich meine aber, eine deutliche Verbesserung meiner Wahrnehmung im Laufe der letzten 2 Jahre bemerkt zu haben (aber sicherlich immer noch schlechter als bei "Profis").


    Ein Freund von mir baut seit einiger Zeit nen 24 Zöller. Er hat auch andere große Geräte. Ich meine, dass ich auch im kleinen Gerät mehr erkennen, nachdem ich durch ein grosses geschaut habe. Wohlgemerkt am selben Abend! Soweit mir bekannt ist, Verarbeitet das Gehirn nicht das Rohbild, sondern "bearbeitet" es, bevor wir es bewusst wahrnehmen (z.B. ja erforderlich für den Abgleich der beiden Augen zu einem Bild). Dabei hilft meines Wissens nach auch die Erfahrung. D.h. "fehlende" Elemente können vom Gehirn ergänzt werden, so lange diese hinlänglich bekannt sind. Im Klartext meine ich, dass das Gehirn das Teleskopbild unbewusst um Details ergänzt, die wir zwar de-fakto nicht wirklich erkennen können, aber (bildhaft!) *wissen* dass sie da sind. Das Gehirn fälscht quasi den optischen Eindruck, ohne das wir das erkennen können.


    Rainer

  • Hallo,


    ich habe 6 Jahre lang mit einem 4,5" Newton (TAL 1M) intensiv Deep Sky beobachtet (&gt; 1000 Objekte) und erst nach ungefähr 4-5 Jahren habe ich bemerkt, dass ich nun kaum noch eine Wahrnehmungssteigerung durch das Training (Stichwort "Beobachtungserfahrung") ereiche. Bei Objekten, die ich über die Jahre hin in jeder Saison wieder beobachtet habe, war ganz klar erkennbar, wie sich die Beobachtungsfertigkeit entwickelt und wie aus "klein und dunkel" mit der Zeit "hell und groß" wurde. Schließlich habe ich das Teleskop dank gutem Himmel dann wirklich ausgereizt.


    Dabei ging es aber meist um sichtbar/nicht sichtbar, also um das Erkennen schwächster Objekte (GX). Hierbei hatte ich mehrere "Durchbrüche" erlebt (z.B. meine erste 11,0 mag-GX oder meine erste 12,0 mag-GX). Wenn die Tür zu schwierigeren Objekten einmal aufgestoßen wird, dann gibt es kein Zurück mehr und man sieht dann mehr als vorher, weil man weiß, was einen erwartet. Mit der Zeit bei längeren Beobachtungspausen tut man sich aber wieder etwas schwerer, als wenn man mehrere Nächte am Stück beobachtet.


    Nun, mit dem 12"er ging das Spiel bezüglich dem Erkennen von Details wieder vorne los, allerdings komme ich inzwischen viel seltener zum Beobachten, daher geht das ganze eher schleppend und ich habe den Eindruck, ich bin auch nicht mehr so in Form wie zu Zeiten das TALs. [:(]


    Ach ja, wenn man ein mittelmäßiges Objekt besonders schön sehen will, empfiehlt es sich, davor ein paar echt schwache faint fuzzies zu beobachten, direkt danach kommt einem das Mittelklasse-Objekt wie ein detailliertes Showpiece vor. [:D]


    Soweit meine Erfahrungen, die ich in Anlehnung an die Sprüche "Öffnung ist nur durch mehr Öffnung zu ersetzen." und "Ein guter Himmel ist durch nichts zu ersetzen." in dem Satz "Beobachtungserfahrung ist nur durch viel Öffnung zu ersetzen." auf meiner HP zusammengefasst habe. [:D][:D]


    Viele Grüße
    Christian

  • Kann Euch nur beipflichten, dass das Wissen um das Objekt viel zu seinem Erkennen beiträgt. Dazu ein Beispiel: Mein Nachbar, den ich früher mal den Saturn zeigte, erkannte eine "Lasche". Wo wir eine Kugel sehen, weil wir sie erwarten, sah er etwas Flaches mit 2 Löchern. <u>Nach</u> meinen Erläuterungen konnte er sich die Kugel schon eher vorstellen.


    Zu beeinträchtigtem Sehvermögen auch noch 'ne Anmerkung: Außer Alkohol usw. ist ja das Altern auch nichts Positives; bei mir wird langsam die Hornhaut bucklig, was aber weniger als befürchtet stört, denn bei geringen Vergrößerungen (DS) kommts weniger auf Details an, und bei hohen V. erlaubt die kleine Austrittspupille das Aussuchen eines guten Hornhautabschnittes.
    Nicht ganz ernst gemeint: Grog oder Glühwein sollte man nicht <u>vor</u> dem Objektiv abstellen.


    Wünsche Manfred eine gute Kombination der extremen Dimensionen und hoffe, dass sein Konto analoge Sprünge bei Teleskopen erlaubt!


    es grüßt Lutz

  • Hallo,


    besonders bei der Planetenbeobachtung spielt die Erfahrung (=Training) eine große Rolle. Bei Jupiter muß man sich erfahrungsgemäß 1-2 Beobachtungsperioden einsehen, bevor man ihn "drauf hat". Leider beobachtet kaum noch jemand Planeten. Meist wird ja die Webcam angestöpselt, giottiert und fertig sind die fantastischsten, visuell nie erreichbaren Bilder. Und die Apo-Gucker sind wohl so von dem Anblick überwältigt, daß sie jegliche Dokumentation und Veröffentlichung verdrängen. - Sehen kann man auf jeden Fall trainieren, und natürlich auch das astronomische Beobachten als besondere Form des Sehens.


    Grüße von Michael!

  • hallo Michael,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Leider beobachtet kaum noch jemand Planeten. Meist wird ja die Webcam angestöpselt, giottiert und fertig sind die fantastischsten, visuell nie erreichbaren Bilder<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    also so kann ich das nicht stehen lassen.
    Die Visuelle Beobachtung ist meiner Meinung nach immer noch das A und O in der Astronomie.
    Hoffentlich hast du damit keine Welle der Empörung ausgelöst.....[:0]


    Sternenklare Güße:


    Thilo

  • Hallo Thilo und Stefan,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Die Visuelle Beobachtung ist meiner Meinung nach immer noch das A und O in der Astronomie.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Dem stimme ich natürlich uneingeschränkt zu, und eine Welle der Empörung will ich auf keinen Fall auslösen.


    Bei meiner Bemerkung, die natürlich etwas übertrieben war, bezog ich mich auf auf die visuelle Planetenbeobachtung und auf das, was ich darüber in meiner Umgebung gehört oder gelesen habe. Man braucht ja nur mal in den bekannten Foren Beobachtungsberichte lesen, da steht oft genug neben der Aufzählung 6-8zölliger Geräte, daß am Jupiter sehr schön die Monde und zwei Streifen gesehen wurden oder am Saturn die Cassiniteilung. Auch in Gesprächen habe ich so etwas nicht nur einmal gehört. Visuelle Planetenbeobachtungen werden regelmäßig von 2-3 Beobachtern veröffentlicht.


    Trotzdem weiß ich natürlich, daß die visuelle Beobachtung bei uns Amateuren den Hauptanteil unserer nächtlichen Aktivitäten ausmacht, auch die visuelle Planetenbeobachtung. Und weil es in dieser Diskussion ja um "astronomisches Sehen" geht, wollte ich zum Ausdruck bringen, daß sich nach MEINER Erfahrung eine gewisse Tendenz zeigt, "astronomisches Sehen" auf die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Technik zu fokussieren, insbesondere bei der Planetenbeobachtung. Das Hinsehen, Hineinsehen, die cerebrale Rohbildverarbeitung und damit verbundene Lerneffekte gehören aber auch dazu. Ich will das u.G.W. nicht so verstanden wissen, daß ich das eigentliche Sehen als generell vernachlässigt beurteile. Aber eine gewisse Tendenz zur astronomischen Beobachtung als "technische Disziplin" ist wohl auch hier für jeden manchmal nicht zu überlesen.


    Schließlich wollte ich mit meiner Äußerung niemanden persönlich be- oder gar verurteilen. Ich kenne Amateurastronomen, die ihre Technik aufstellen und dann weit weg von dieser ganze Nächte am Rechner verbringen und so fantastische Fotos herstellen, ohne einmal durch´s Fernrohr geguckt zu haben. Aber hier in diesem Beitrag geht es um "astronomisches Sehen"!


    Grüße von Michael!


    (PS: NONSENS bezieht sich auf den Standort meines Beobachtungsplatzes!)

  • hallo artur,
    ich kann deine fragen eigentlich nur mit deutlichem JA in allen teilen beantworten. bin auch nicht mehr der jüngste und erst seit ca. 2 jahren mit himmelgucken beschäftigt, aber ich merke, es ist wie beim hören (ich komme aus der musik): irgendwann fängt man an harmonien, konratpunktik, strukturen, instrumentenfarben usw. zu hören und eben nicht nur mehr bummbummtaa. habe auch mit 60/700 angefangen und bin bei bigboss gelandet, und ich muss sagen: übung machts - und der standort. deine beobachtungen am mikroskop gleichen denen am teleskop. jetzt bin ich wieder seit wochen nicht mehr auf dem balkon gewesen und ich bin sicher: ich brauche wieder mindestens 1-2 nächte klaren trainingshimmel, bis ich die augen wieder soweit habe, dass sie das sehen, was ich eigentlich erwarten kann (mit dem gerät, das ich habe und den bedingungen, wie sie nun mal bei mir sind am stadtrand). also m42 konnte ich diesen winter noch gar nciht beobachten, aber ich denke, wenn ich ihn wieder mal ins visier nehme und zeichne, kommt was ganz anderes dabei heraus als letztes jahr. --- und irgendwann mal ein tolles gerät anschaffen! das wärs! vielleicht in ein paar jahren... gruß matthias

  • Hallo Manfred,


    als "alter" Mikroskopbeobachter liegst Du mit Deiner Vermutung, dass die visuellen Beobachtung sehr viel mit Erfahrung zu tun hat goldrichtig [:)]
    Erste positive Ergebnisse bei dem visuellen Eindruck treten recht schnell mit dem Erlernen der <i>Grundtechniken</i> des teleskopischen Sehens (indirektes Beobachten, Field Sweeping, Filternutzung, Blinking) auf.
    Wenn man "am Ball" bleibt und entsprechend oft beobachtet entwickelt man sich weiter. Dieser Entwicklungsprozess ist nicht zu unterschätzen. Persönlich würde ich sagen, dass dieser in 1-2 Jahren vollständig abgeschlossen ist. Sehr sehr wichtig ist aber nicht nur die <i>Gesamtdauer der Entwicklung</i>, sondern auch die <i>"Wiederholhäufigkeit"</i> und <i>Intensität</i> der Beobachtung. Grob gesagt komme ich auch nach 10 Jahren nicht weiter, wenn ich mir jeden Abend 2 Minuten den Orionnebel anschaue.
    Mit <i>"Wiederholhäufigkeit"</i> ist Anzahl der Beobachtungen pro Jahr gemeint. Sehr aktive Amateure kommen dabei auf über 50. Um am Ball zu bleiben benötigt man meines Erachtes mindestens um die 20-30 Nächte.
    Mit <i>Intensität</i> meine ich Dauer der eigentlichen Beobachtung und die Beobachtung selbst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Beobachtung von sehr lichtschwachen und grenzwertigen Objekten das Auge und die Sehfähigkeit enorm steigert. So lernt man nicht nur die gezwungenermaßen nötigen Techniken, sondern wird auch mit Fehlbeobachtungen konfrontiert und kann mit entsprechender Erfahrung und Zeit gut abschätzen, was nun real oder auch nicht ist und kann erst so seine Beobachtung dahin führen, zu dem sie führen kann, nämlich das Maximum aus dem Auge und dem Teleskop herauszuholen.
    Zum Thema <i>Alkohol</i> kann ich nur sagen, dass dieser sehr kontraproduktiv ist. Sicher wird man bei 2 Promille den Orionnebel noch von Saturn unterscheiden können, mehr aber auch nicht. Meine Etrfahrung ist, dass schon die geringesten Mengen zu sichtbaren Verlusten führen. Alles in langwierigen Selbstversuchen getestet [:D][:D]
    Mit dem <i>Zeichnen</i> sprichst Du einen weiteren förderlichen Grund der Verbesserung des teleskopischen Sehens an. Jedoch ist das Zeichnen nicht direkt Grund für die Verbesserung. Bei einer Zeichnung hat man ja den persönlichen Anspruch so exakt wie möglich und so viel wie möglich vom Objekt festzuhalten. Wenn dies erfolgreich gemacht werden soll, muss man sich gezwungenermaßen mit dem Objekt auseinanderseztzen und lässt sich so Zeit für das Objekt. Die Beobachtung wird also <i>Intensiv</i>, die Anwendungen der Techniken werden probiert und so trainiert man automatisch seine eigene Wahrnehmungen. Was dabei mit einem 5" Bino oder einem 16" Newton rauskommen kann, zeigen die Zeichnungen.


    Zugegeben ein schwieriger Prozess, den Du aber sicher ähnlich aus der Mikroskopie her kennst. Nicht jeden hat die Zeit, die Ausdauer oder auch die Interesse an intensiven Beobachtungen...das muss man auch aktzeptieren. Wichtig ist, dass es <b><i>Spaß</i></b> macht.


    Viele Grüße, Uwe

  • Hallo,


    ich muß mich einfach ganz besonders bedanken. Mit so vielen, hochwertigen Aussagen hatte ich wirklich nicht gerechnet. Nichts geht doch über die jahrelange Erfahrung von Praktikern.


    Ihr habt meine mikroskopischen Erfahrungen vollauf bestätigt. Jetzt weiß ich was mich erwartet. Etwa 30 gute Beobachtungsnächte pro Jahr und alle zwei Jahre 2" mehr Öffnung, dann bleibt die Astronomie auf Jahre spannend ! ( Nur dazu sollte es etwas besser werden als dieser Januar 2006 - 1 klare Nacht mit Vollmond )


    zappenduster wünscht
    manfred

  • Hallo zusammen,
    ich habe zwar nicht alle Beiträge bis ins Detail gelesen, möchte aber auch noch meine Meinung kundtun:


    Wieviel bzw. was man findet oder sieht, hängt enorm davon ab, wenn man weiß, wie das Objekt der Begierde aussehen soll.


    Ich kann mich an meine ersten Beobachtungsversuche vor ca. 3 bis 4 Jahren erinnern. Ich entdeckte im Okular so gut wie nichts. Keine Galaxie, kein Kugelsternhaufen, kein PN oder ähnliches...


    Nicht lange Zeit danach habe ich mir den "DeekSky Reiseführer" gekauft, und zunächst mal darin "gelesen". Für die nächsten Beobachtungsabende habe ich mir zusammengesucht, was ich so beobachten könnte, und diese Objekte im genannten Buch nachgeschlagen.


    Ich war erstaunt darüber, wie "wenig" man eigentlich sieht. Kleine graue Flächen, diffuse Punkte etc.


    Inspiriert durch diese Vorarbeiten, habe ich tatsächlich die meisten gesuchten Objekte relativ leicht gefunden und beobachtet.


    Mit der Zeit wurden die Geräte immer größer, von einem 130/650 bis zu einem 300/1500-Dobson. Heute benutze ich ausschließlich ein Fernglas 20x88 mit Wechselokularen bis zur Vergrößerung 32-fach. Also kein Vergleich mit den vorigen Gerätschaften, bei denen ich bis 300-fach oder mehr vergrößern konnte.


    Und trotzdem finde ich sehr viele der Objekte, die ich mir mit großen Geräten ansah, auch im Fernglas wieder. Ein Beispiel weiter oben war M1 - grob anpeilen, schwups, da ist er. Genauso beim Eskimonebel.


    Natürlich kann man sich auch leichter mal vertun, z.B. liegt im Fuhrmann (hmm, jetzt hab ich grad keinerlei Bezeichnungen im Kopf [;)]) am oberen der beiden M-Haufen (37, 38?) rechts darunter ein kleiner Offener Sternhaufen. Ich hielt ihn im Fernglas für eine Galaxie. Nur Nachschaun im Karkoschka hielt mich davon ab, diese neue Entdeckung zu melden. Im "DeepSky Reiseführer" stand dann auch drin, daß dieser Haufen in Ferngläsern als schwacher Fleck zu sehen ist. So war es dann auch...


    Ich nehme an, man ist sogar in der Lage, die Erscheinung eines Objektes mit einer großen Optik "im Hirn" auf das voraussichtliche Aussehen in einer kleinen Optik zu berechnen. So wie bei M1. Im Fernglas sieht der natürlich anders aus als im 12-Zöller. Aber mir war klar, wo er sein muß, und wie er aussehen müsste. Somit war das Auffinden kein Problem.


    Mache ich aber mal eine lange Beobachtungspause, so 1-2 Monate etwa, dann wird es wieder schwieriger. Hängt aber auch damit zusammen, daß die Lage mancher Objekte leicht vergessen geht, besonders bei schwierigen Objekten. Da muss ich dann vorher mal wieder in eine Karte schaun. Kenne ich die Position aber einigermassen, ist es wiederum kein Problem, das Objekt zu finden.


    Meiner Meinung nach wird also nicht das Auge geschult, mehr zu sehen. Im Gegenteil, meine werden laufend schlechter, und trotzdem sehe ich "mehr". Es ist das Hirn, das da mitspielt. Mehr Konzentration, Erfahrung, Vorstellungskraft usw. Das macht es aus.


    Ich wünsche allen weiterhin viele schöne Beobachtungen und einen klarem Himmel!


    Gruss


    Peter

  • Eine interessante Geschichte aus dem Film "What the bleep do we know?":
    Als Kolumbus sich der Küste in der Karibik näherte, konnten die Indios nur die Bugwellen der Schiffe erkennen. Sie sahen die Schiffe nicht, weil sie noch nie zuvor Schiffe gesehen haben. Sie hatten noch keine "neuronalen Erfahrungs- Strukturen" bilden können. Erst nach langen Beobachtungen der Wellen dämmerte die Erkenntnis auf: "Es gibt Schiffe". Vielleicht geht es uns mit den deepsky Dingen ähnlich: Wir müssen erst noch lernen, dass es sie wirklich gibt. Irgend wann sehen wir dann sogar die Nieten in den einzelnen Planken.
    Peter

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