Wolf-Rayet Nebel Thor's Helm NGC 2359 & Sternhaufen Haffner 6 + Berkeley 36 in Canis Major

  • Thors Helm NGC 2359 im Großen Hund ist für mich eines der spektakulärsten Deep Sky Objekte der Galaxis und damit bin ich sicher nicht allein. Es war bereits Objekt des Monats Januar 2017, siehe dort auch meine visuellen Beobachtungen und Zeichnung. Der verantwortliche Wolf-Rayet Stern ist der 11,5 mag helle WR7 = HD 56925, ein über 100.000 K heißer Wüterich mit 230.000- facher Sonnenleuchtkraft, dort kann man sicher schnell braun werden (Quelle Wikipedia). Laut Galactic Wolf-Rayet Catalogue Spektralklasse WN4b, laut The Galactic WN stars revisited Spektralklasse WN4-s und 112.000 K Temperatur. Als wäre das nicht genug, wird er auch noch durch die Sternhaufen Haffner 6 und Berkeley 36 eingerahmt. Be 6 ist laut dieser Quelle ein 4 Milliarden Jahre alter Methusalem von Sternhaufen, was man nach dem lehrreichen DSM Vortrag von Christoph auch gut an den vielen ca. 17 mag hellen roten Puderzucker Sternen direkt am Bild nachvollziehen kann.


    Mit seinen -13° Deklination kratzt das Objekt knapp über den gegenüberliegenden Dächern meines Stadtbalkons, damit blieben mir immer nur recht kurze Zeitfenster und ich musste 2 Sessions für RGB und 6 Sessions mit dem Dualbandfilter verwenden, um auf insgesamt knapp 21 Stunden Belichtungszeit zu kommen. Durch das anhaltend schlechte Wetter zog sich die Aktion über fast 2 Monate hin, teils bei Wind, oft mit Schleierwolken, teils bei dickem Mond, immer 2 feiste Laternen vor der Nase. Trotzdem bin ich recht zufrieden mit dem Ergebnis und hoffe, dass es euch euch auch gefällt, Klick für die größere Version:



    Hier die annotierte Version:



    Einen Helm mit Hörnern sehe ich eigentlich nur, wenn ich Westen nach oben drehe. In dieser kartenrichtigen Orientierung sieht mir die zentrale Blase wie ein Osterhase von der Seite aus mit dem großen Auge am WR Stern. Nach WR134 und WR128 ist das nunmehr mein dritter Wolf-Rayet Nebel.


    Die Aufnahmedaten:

    Teleskop: Getunter TS-UNC Newton 250/1000 + TS-GPU Komakorrektor.

    Montierung: Losmandy G11

    Kamera: ToupTek 2600 Color @ Gain 100 für RGB und Gain 300 für die Filteraufnahmen, Kühlung auf -10°C.

    Guidecam: ASI 120MM mini

    Guiding: ZWO 30/120 mm mini Guidescope + ASI 120MM mini Guidecam, PHD2

    Bedingungen: Stadthimmel, Laternen, teilweise Mond, teilweise Schleierwolken. Bortle 8, fst 3,5 mag.

    - 200x2 min in 2 Sessions ohne Filter für die Sterne.

    - 427x2 min in 6 Sessions mit Antlia ALP-T Zweibandfilter (je 5 nm Bandbreite für OIII+Ha) für den Nebel.

    Total: 20h54m.

    Darks, Himmelsflats während der Dämmerung.

    Bearbeitung: Stacking mit DSS+Siril, Hintergrundabzug + Farbkalibrierung + Hystogrammstrecken mit Siril. Farbanpassung in RawTherapee.

    Die Filteraufnahmen mit Starnet++ die Sterne entfernt. In Gimp multiple Ebenen übereinander gelegt incl. Feintuning. Im gesamten Prozess keine Schärfung und nur wenig Rauschreduzierung.

  • Hallo Stathis ,

    ein wirklich tolles Bild ist dir gelungen. Tolle Tiefe und schöne Farben....

    Und toll, dass du zum Workflow so viel geschrieben hast👍

    Das fehlt mir sehr oft bei tollen Bildern.


    Gruß Matthias

    8" -f6 Newton, Selbstschliff * im Gitterohrtubus "deep blue" platziert * mit Selbstbau-Reibradantrieb angetrieben, wohl temperiert und allzeit startklar in der Gartensternwarte montiert

    TS294CP, Canon600Dac, ASI178 und ASI120mini zum Guiden, GPU Koma Korrektor

  • Hi Stathis


    Ich liebe Wolf Rayet Sterne und Thors Helm ist einer der Eindrücklichsten!

    Über 20h an einem so tiefen Objekt, respekt! Ich habs leider bloss auf etwas über 3h gebracht 😉

    Die lange belichtungszeit hat sich aber definitiv gelohnt! Ein wunderbares Bild!


    CS, Seraphin

  • Danke, danke für die die Osterblumen.


    Da der Workflow mit RGB+ Schmalband Bearbeitung mittels Farbkamera zur Sprache kam und auch im Nachbarthread IC434 (Alnitak war schon heftig) thematisiert wurde, hier noch mal meine Vorgehenseise, wie ich filterlose + Filteraufnahmen kombiniere:


    200x2 min = 6,7 Stunden RGB ohne Filter (lediglich das eingebaute UV/IR Sperrfilter Fenster der Kamera) aus 2 Sessions ohne Mond bei niedrigem Gain 100. Dabei die erste Session schwächer gewichtet, da sie bei kräftigen Windböen und damit unscharfen Sternen einherging. In Siril Hintergrund ebnen mit manuell gesetzten Samples, photometrische Farbkalibrierung, dann strecken mit Asinh + Hystogramm Transformation, Farbsättigung erhöhen für schönere Sternfarben. So gestreckt, dass die schwachen rötlichen Sternchen von Berkeley 36 gut herauskommen, jedoch nicht zu sehr, damit die hellen Sterne nicht zu stark aufblähen und das Bild zu sehr dominieren. Siril Deconvolution, Fitswork Sternverkleinerung, oder sonstige Sternverkleinerungstools kommen nicht zum Einsatz, da sie mir unschöne Artefakte erzeugen oder die schwachen Sterne schlucken. Das einzige Tool, das ich ich mir in dieser Hinsicht wünschen würde, wäre der BlurXTerminator, der jedoch nur in Verbindung mit PixInsight funktioniert, was ich nicht habe. In RawTherapee weiteres Hystogrammtuning, minimale Farbanpassung und Rauschreduzierung (hier nur wenig angewandt). Das Ergebnis zeigt am fertigen RGB Bild Sterne bis knapp 19 mag, der Nebel ist jedoch vergleichsweise blass, da ich aus der Stadt fotografiere (Bortle 8):



    Für die Kontrastseigerung des H-alpha + OIII Signals der Emissionsnebel nehme ich inzwischen den Antlia ALP-T Dualbandfilter mit je 5 nm Halbwertsbreite. Der breitere Optolong L-Enhance hatte mir zuvor jedoch ebenfalls guten Kontrast gegen den Stadtlichtsumpf geliefert und ist wesentlich günstiger zu haben.

    Hier die 427x2 min = 14,2 Stunden aus 6 Sessions mit dem ALP-T Filter, teilweise bei Mond oder Schleierwolken. Wieder in Siril gestreckt, dieses mal etwas mehr Rauschreduzierung in Siril und RawTherapee, jedoch wieder keine Schärfungstools verwendet. Alle Sessions in Gimp Ebenentechnik überlagert und nach Qualität gewichtet. Das ergibt dramatisch viel mehr Kontrast am Nebel, jedoch Sterne bis nur knapp 17 mag und komische Sternfarben, da ja das Kontinuum fehlt:



    Da mir diese Schmalbandsterne nicht gefallen, werden sie aus den Schmalbandaufnahmen mit Starnet++ entfernt. Hier habe ich zusätzlich die schwachen Außenpartieren noch stärker gestreckt. Das sieht so aus:



    Die Überlagerung der sternlosen Nebelebenen mit den RGB Sternebenen erfolgt in Gimp mit Methode "Bildschirm", in Englisch "Screen", was dem "Negativ Multiplizieren" in Photoshop entsprechen soll. Schließlich in Gimp mit den Hystogrammkurven den Hintergrund auf ca. 10% Helligkeit und neutraler Farbe einregeln, jedoch unbedingt so, dass keine schwachen Nebeldetails verschluckt werden. Andererseits darauf achten, dass die hellen Nebelfilamente nicht in Sättigung gehen. Das ergibt das fertige Bild in Beitrag #1.


    Probeweise habe ich auch eine selektive Schärfung der hellen Filamente in RawTherapee und Gimp probiert, jedoch wieder verworfen, da mir das zu viel Rauschen einbrachte und unnatürlich hart wirkte. Das Gewackel bei Wind und das relativ schlechte Guiding bei dem Dunst und dem Seeing so knapp über den Hausdächern mit ihren Schornsteinen erlauben mir ohnehin keine besonders hohe Auflösung (Sterne im Rohstack laut Siril bestenfalls FWHM = 4", meist eher schlechter).


    Falls es es weitere Fragen, Anregungen, Bemerkungen, oder Tipps zu all dem gibt - gerne.

  • Servus Stathis,


    ich bin total begeistert. Vor allem, dass die beiden Sternhaufen mit dabei sind (wir hatten ja schon drüber gesprochen). Auf so vielen Bildern von Thors Helm fallen die unten durch, weil die Sterne entweder zurückgenommen werden oder weil zu wenig RGB mitgenommen wird. Dabei ist es doch gerade so genial, dass dieser eh spezielle Nebel von zwei Sternhaufen eingerahmt wird. Und Berkeley 36 zeigt neben der Rötung durch Staub wirklich sehr schön dieses Gewusel von zig gleichhellen Sternen (Knie im HRD), was sein Alter besonders unterstreicht. Haffner 6 ist mit seinen ca. 1 Milliarden Jahren auch nicht der Jüngste. Hier kann man ein pdf über eine Studie aus dem Jahr 1995 inklusive HRD bzw. CMD herunterladen: https://academic.oup.com/mnras/article/272/3/507/1029448 (Patat & Carraro 1995)

    Der Nebel ist ebenfalls genial. Und das aus München und dann noch so tief stehend. Großes Kino. Und eben vor allem mit "Würdigung" der beiden spannenden Sternhaufen. Wenn man sich nicht zu sehr von der Hauptattraktion ablenken lässt, findet man immer wieder das eine oder andere Schmuckstück. Hier sogar gleich zwei. :saint:


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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