Sonnenkorona während der partiellen Phasen einer Sonnenfinsternis

  • Hallo Leute und gleichzeitig Sofi-Fans,


    Bin mal wieder am durchstöbern des Datenschatzes, der bei der Sonnenfinsternis am 20. April 2023 in Westaustralien für mich zustande kam. Bilder von der totalen Phase gibt's ja genug. Hier eine Serie von Bildern, die nach Ende der Totalität entstanden, aus Standbildern des 4k-Videos bestehen, welches ich interessehalber nach dem 3. Kontakt ohne jeden Filter einfach mal weiterlaufen ließ, und darübergelegt zeitgleich gemachte Aufnahmen mit Filter. Die Aufnahmen zeigen Sonne und Mond ca. 1, 2, 3, 6 und 10 Minuten nach dem 3. Kontakt ('C3'). Als die Korona dann wirklich nicht mehr zu sehen war auf dem Vorschaubildschirm waren über 10 Minuten seit dem Diamantring verstrichen und Größe und Bedeckungsgrad deutlich unter 90% gesunken. Das Ergebnis war, sagen wir mal, unerwartet und ist den extrem guten Wetterbedingungen geschuldet. Selbstverständlich war das so nicht visuell direkt zu beobachten!


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    Fazit: Ab 90% Bedeckungsgrad sind unter bestimmten Bedingungen ohne Sonnenfilter oder sonstiges Spezialequipment Koronadetails fotografisch zu erfassen, und der Umriss der Mondscheibe vor der äußeren Korona auch noch deutlich unter 90%. Die Annahme dass sowas nur bei 100% oder knapp darunter geht, kann wohl zu den Akten. Verbrannt, explodiert oder sonstwie geschrottet worden ist auch nichts dabei.

    CS & GS


    Mirko


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    Hauptstandorte: 51°N, 46°S

    Teleskop-Optiken: 40-300mm, f/2-f/13

    Einmal editiert, zuletzt von N1 ()

  • Hallo Mirko,


    sehr interessante Bilder. Danke fürs Zeigen. Kannst Du bitte noch genauer schreiben, in welcher Höhe die Sofi stattfand, wie die Wetterbedingungen genau waren und welche Optiken Du eingesetzt hast?


    Und der Kamerasensor des filterlosen Instruments hat das völlig unbeschadet mitgemacht?! Wirklich erstaunlich. (Hab mal zu analoger Zeit den Gummituchverschluss einer Pentacon Six geschrottet, nur weil die Sonne durch ein Normalobjektiv ein paar Sekunden auf die gleiche Stelle gebraten hatte…)


    CS

    Jörg

  • Hallo Jörg,


    Das Ganze spielte sich zwischen 54° und 55° Höhe ab, Standort war um die 80m überm Meeresspiegel. Temperatur war ca. 22 - 27°C je nach Finsternisphase, Luftfeuchte 40% vormittags und 35% nachmittags, Transparenz und Seeing extrem gut für die Tageszeit - ich würde sagen in den Top-3 für mich von allen Tagesbeobachtugen überhaupt. Im Nachhinein kaum zu glauben wie gut das alles gepasst hat.


    Die ungefilterten Bilder sind hiermit entstanden:



    Lumix GH5 an Askar FMA180. Der Askar ist ein 40mm Triplett. Meine Ausgangsannahme, dass der Hitzeeintrag bei 40mm Öffnung überschaubar ist und der UV/IR-Filter vor dem Sensor das abkann, hat sich als richtig erwiesen. Der physische Verschluss befindet sich im Videomodus ja nicht im Lichtweg, soweit ich das sehe. Die Kamera erfreut sich bester Gesundheit.


    Hier ist ein unbearbeitetes Standbild aus dem Video:


    Hätte ich mir die Mühe gemacht, die Sonnensichel ein Stück vor dem Objektiv abzudecken, wäre die Korona noch deutlicher zu sehen gewesen. Als erstes Experiment, um mal prinzipiell zu sehen was geht bei partiellen Phasen, war das aber schon ganz gut. Und das große Besteck hatte ich ohnehin nicht eingepackt auf der Reise.


    Hätte ich diese Wetterbedingungen, Technik und Erfahrungen im August 1999 gehabt, hätte ich mir die Fahrt ins verregnete Stuttgart sparen und die Korona von Dresden aus ablichten können. Das hätte, wie ich jetzt sehe, funktioniert :P

    CS & GS


    Mirko


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    Hauptstandorte: 51°N, 46°S

    Teleskop-Optiken: 40-300mm, f/2-f/13

    Einmal editiert, zuletzt von N1 ()

  • Moin.


    Ich habe bei der 99er Sofi in Österreich ähnliches festgestellt. Und da habe ich noch auf chemischem Film fotografiert. Ich muss mal in meine alten Bilder schauen, aber ich hatte ein paar Bilder auf denen vor dem Auftreten des Diamantrings eindeutig Protuberanzen über den Mondrand hinaus ragten. Ich weiß noch wie spannend ich das damals fand. Ob man auf den Bildern auch schon Zeichen der Korona sah, müsste ich wie gesagt mal nachprüfen.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • … Hätte ich diese Wetterbedingungen, Technik und Erfahrungen im August 1999 gehabt, hätte ich mir die Fahrt ins verregnete Stuttgart sparen und die Korona von Dresden aus ablichten können. Das hätte, wie ich jetzt sehe, funktioniert :P

    Hallo Mirko,


    Danke für Deine schnelle Antwort. Ja, hinterher sind wir immer schlauer. Ich bin 1999 sogar von Meißen bis Graz gekarrt und hab dort auf dem Schöckl unter einer Wolkenmütze gesessen, während überall im Umkreis die Finsternis zu sehen war.


    Auf jeden Fall belegen Deine Aufnahmen, dass das Askar eine wirklich gute Vergütung hat. Mit älteren Optiken hätte das bestimmt nicht so gut geklappt. Meine Sorge war, dass direktes Sonnenlicht am Sensor bleibende Schäden verursacht. Mit der Netzhaut dürfte man das jedenfalls nicht machen, selbst wenn man dabei durch einen UV/IR-Filter schauen würde. Deine positiven Erfahrungen sind tatsächlich die ersten von denen ich höre. Wär‘ interessant, mehr darüber zu finden. Dann könnte man die Finsternisfotografie ein bisschen experimenteller angehen.


    CS

    Jörg

  • Daß die Korona selbst bei nicht vollständiger Bedeckung der Sonne durch den Mond sichtbar ist, kann ich bestätigen. Bei meiner Betrachtung der Sonnenfinsternis 2010 auf Tahiti war die Korona auch sichtbar, obwohl Tahiti knapp außerhalb der Totalitätszone lag. Für etwa zwei Minuten um die maximale Bedeckung war sie visuell und fotografisch sicht- und fotografierbar.

    Ich hoffe, die Sonnenfinsternis am 8.April wenigstens als Partielle Sonnenfinsternis bei Sonnenuntergang zu sehen. Auf der Kanarischen Insel El Hierro.

    Grüße

    Dietrich

  • Hi Jörg - als Trost habe ich von 1999 den extremen Lichtabfall mitgenommen. Von den mittlerweile 6 totalen SoFis, die ich erleben konnte, war das mit Abstand die dunkelste.


    Hi Marcus und Dietrich - danke für Eure Berichte. Finde dies äußerst spannend. Vielleicht könnt Ihr ja ein paar von den Fotos von damals mal hochladen. Auch von Island kamen 2015 Fotos von der Korona, obwohl die Insel außerhalb der Totalität lag. Island hatten wir dewegen auch erwägt, haben uns dann aber auf einem Air Berlin-Flug mit dem Kernschatten über dem Nortatlantik ein Rennen geliefert. Sagenhaft gut. 2008 hatten wir die totale SoFi am 1. August als sehr tiefe partielle von Spitsbergen aus beobachtet. Der Himmel war nicht klar genug um den 93% Koronadetails zu entlocken. Im Norden sah man aber eine von West nach Ost wandernde Verdunklung, das war auch nicht schlecht.


    Hier ist noch eine GIF-Animation der Bilder oben, bei der man unten rechts schön die Bewegung des Mondes vor der Korona sieht (obwohl auf den Mond zentriert, da die Koronadetails dahinter verschwinden).


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  • Partielle Sonnenfinsternis am 11. Juli 2010. Aufnahmeort war Pueu auf Tahiti.




    Ich habe versucht, Bilder hier aus dem Forum, aus einem früheren Beitrag, zu kopieren.

    Scheint geklappt zu haben. Auf einem Bild ist sogar eine Protuberanz zu sehen und der rote Strahl im ersten Bild ist wohl ebenfalls auf eine Protuberanz oder die Chromosphäre zurück zu führen.

    Grüße

    Dietrich

  • Auch noch interessant : Die Korona hat einen gewaltigen Helligkeits-Gradienten! Unmittelbar an der abdeckenden Mondscheibe kann man sie mit 1/1000 sec belichten, wie es bei meinen Bildern teilweise auch geschah, die Außenbereiche hingegen verlangen mehrere volle Sekunden Belichtungszeit. Mit nur einer einzigen Aufnahme ist sie unmöglich voll durchgezeichnet aufzunehmen. Besonders die inneren Bereiche werden gern völlig überbelichtet.

    Gut ist es, eine Belichtungsreihe von 1/1000 sec bis mehrere Sekunden aufzunehmen (Nachführung!) und die Bilder mit Ebenentechnik und Larson-Sekanina-Filter zu montieren.

  • Hallo Dietrich, die Bilder sind große Klasse! Hab mal nachgeschaut - 98-99%

    Ich denke mal das war die Reise absolut wert!

    Ja, der Dynamikumfang der Korona ist gewaltig. Bin mal gespannt wann es die ersten Kameras für normal Sterbliche gibt, die das mit 1x Belichten einfangen können.


    Jörg - Ich werde mir jetzt grundsätzlich überlegen, ob ich bei allen SoFis über 85% zumindest versuche, vielleicht irgendwas von der Korona einzufangen, so abwegig das auch ist. Wetter muss natürlich passen dafür.

    CS & GS


    Mirko


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    Hauptstandorte: 51°N, 46°S

    Teleskop-Optiken: 40-300mm, f/2-f/13

  • . Bin mal gespannt wann es die ersten Kameras für normal Sterbliche gibt, die das mit 1x Belichten einfangen können.

    Die Vorläufer dieser Kamera waren die " Hochzeits-Kameras" : Belichtungszeit 1/80 Sekunde, Blende 8, 27 DIN - Farbfilm. Da konnte aus fast jedem Negativ ein Bild gestrickt werden.

    Hoffentlich haben die SofiKameras dann nicht auch so eine "Idioten - Einstellung". Variable Belichtungseinstellungen wären dann ja überflüssig.

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