Hallo in die Runde,
über die Vorzüge des binokularen Sehens ist hier im Forum schon viel geschrieben worden: Sowohl über echte Binokularbeobachtung mit Ferngläsern oder Doppelteleskopen als auch über die mit Binokularansätzen, die das Licht nur eines Objektivs auf zwei Okulare aufteilen. Um letztere geht es hier.
Binokularansätze sind in der professionellen Mikroskopie seit Jahrzehnten Standard. In der Amateurastronomie dagegen haben sie erst Ende des 20. Jahrhunderts eine größere Verbreitung gefunden. Mein erster Binoansatz war ein von der Jenaer Zeiss-Astroabteilung passend gemachter Mikroskopansatz – damals ein in Amateurkreisen wenig verbreitetes, eher exotisches Zubehörteil.
Ein paar Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung tauschte ich den gegen das Zeiss-Großfeldbinokular von Baader aus. Ich war inzwischen auf 1,25“-Okulare umgestiegen und da passte der aus der DDR nicht mehr. Weitere Jahre später brachte Baader Planetarium die überarbeitete Version Mark V heraus. Die Werbung dafür klang vollmundig, aber für mich waren die verbesserten Okularaufnahmen der Hauptgrund, den Mark V zu kaufen. Nun konnte ich zwei Teleskope nebeneinander mit Binoansatz nutzen, was gelegentlich nützlich ist, doch in der Praxis eher selten vorkommt.
Weil ich mittlerweile praktisch nur noch binokular beobachtete, kam bald ein dritter Binokularansatz hinzu: der Denkmeier II mit 2“-Newton-OCS und X-Switch. Letzteres ist ein Extendersystem, das drei abgestufte Äquivalentbrennweiten liefert, wobei die kürzeste die 1,4-fache Primärbrennweite ist. Schnell stellte sich heraus, dass dieser Extender problemlos auch mit den beiden Großfeldansätzen arbeitete – und das sowohl am Newton als auch an den Refraktoren.
Vor etwa zehn Jahren stolperte ich dann zum ersten Mal über die Angebote von Denis Levatić. Er versprach Binos, die besser sein sollten als die Baader Großfeld: supercharged, sprich genauer justiert und auf maximalen Durchlassdurchmesser getuned. Das klang interessant. Aber einerseits hatte ich bereits drei Binoansätze und andererseits habe ich schon zu viel erlebt, um jedem scheinbar selbst ernannten Experten sofort blind zu vertrauen.
Doch Denis schien sich erfolgreich zu behaupten. Man hörte zumindest keine Klagen. Und während es in Deutschland noch weitgehend still um seine Binos war, kamen aus den USA die ersten begeisterten Reviews. Voller Interesse las ich auf CN mit. Irgendwann kündigte Denis dann seinen Ausstieg aus dem Bino-Business an. Schade! Sollte ich schnell noch ein Bino von ihm kaufen? Die Vernunft war stärker. Hast ja schon drei, sagte ich mir.
Aber im Jahr darauf waren es plötzlich nur noch zwei. Der Denkmeier-Ansatz stürzte mir eines Tages vom Balkon – acht Meter tief auf eine Betontreppe. Die Okulare überlebten das wie durch ein Wunder, aber das Binogehäuse war nur noch Schrott. Erstaunlicherweise war der Prismenverbund heil geblieben und nicht mal dejustiert. Aber das Teil zur Reparatur in die Staaten zu schicken – mit Zoll hin und zurück plus den gepfefferten Versandkosten - erschien mir wenig sinnvoll.
Anfang dieses Jahres machte Denis dann doch weiter. Ein paar Monate dachte ich noch auf dem Thema herum, aber im Spätsommer siegte die Neugier und ich bestellte einen seiner APO Apochromatic & Sharpest Binoviewer. Der Kontakt zu Denis war schnell hergestellt und ließ keine Wünsche offen. Kaum hatte ich das Geld geschickt, hatte ich auch schon eine Tracking-Nummer, und keine Woche später trudelte das Packet aus Kroatien ein. Erster äußerer Eindruck: Perfekt! Da war zweifellos ein mir seelenverwandter Perfektionist am Werk gewesen.
Bei der nächsten Jupiterbeobachtung ersetzte ich den Baader Mark V durch den neuen APO Binoviewer. Lag es am Seeing oder an diesem Bino – das Bild erschien klarer, schärfer und farbiger als bisher, der Himmelshintergrund wirkte dunkler. Doch dem ersten Eindruck wollte ich nicht ganz trauen. Wir alle kennen den Einfluss der Euphorie, wenn wir ein neues Instrument oder Zubehörteil testen. Also machte ich weitere Beobachtungen und schließlich einen Vergleichstest bei Tageslicht. Ziel waren dabei die Antennen auf einem etwa 100 m entfernten Dach im nachmittäglichen Gegenlicht. Das Instrument war mein Vixen FL-S 80 Aporefraktor. Ich verglich die allgemeine Schärfe, suchte nach Farbsäumen an den kontraststarken Übergängen vom hellen, fast weißen Cirrushimmel zum benahe schwarz korrodierten Aluminium der Antellenstäbe. Außerdem fahndete ich nach Einstrahlungen und Geisterbildern. Wohl an die zehn Mal tauschte ich die drei Binokularansätze aus, stöpselte die Okulare um und versuchte einen objektiven Eindruck zu gewinnen. Das war gar nicht so leicht, denn die drei Kandidaten schenkten sich nichts. In der allgemeinen Bildschärfe waren sie auf den ersten, zweiten und dritten Blick gleichauf. Klarer war die Sache bei den Farbsäumen. Hier ließ der APO Binoviewer die Baadersche Konkurrenz zweifelsfrei hinter sich. Völlig frei von Falschfarben ist zwar auch er nicht, aber diese sind geschätzt um den Faktor 3 reduziert. Und auch bei den Geisterbildern konnte der neue übezeugen. Insgesamt kein haushoher Sieg – dazu war die Konkurrenz zu gut – aber ein eindeutiger.
Interessant war außerdem der Baader-interne Vergleich zwischen dem alten Zeiss-Großfeldbino und dem Non-Zeiss-Mark V. Hier schien mir der alte einen Hauch besser zu sein. Minimal schärfer und kontrastreicher und eindeutig besser kollimiert.
Denis kollimiert seine Binoansätze übrigens sogar genau auf den Augenabstand des Käufers. Das Resultat war allerdings kaum besser als beim alten Großfeldbino. Doch möglicherweise ist das Paket unterwegs unsanft behandelt worden. Theoretisch könnte ich mich selbst daran versuchen. Im Gegensatz zu Baader, wo man bei fehlerhafter Kollimation zum Einschicken aufgefordert wird, liefert Denis die Kollimationsanleitung gleich mit. Aber ehrlich, mir ist das doch irgendwie zu heikel. Schließlich gibt es keine Stellschrauben, sondern man muss die Okularaufnahmen lösen und vorsichtig verschieben. Mit Erfahrung mag das gut gehen, aber wenn man es zum ersten Mal versucht…?
Das Fazit dieses Tests: Wer bereits das Großfeldbinokular besitzt – und zwar egal in welcher Ausführung – hat rational betrachtet keinen Grund zum Wechsel. Es sei denn, er oder sie ist damit aus irgend einem Grund unzufrieden. Wer aber noch keinen Binoansatz besitzt, etwas wirklich Wertiges haben will und bereit ist, dafür Geld auszugeben, der bekommt hiermit eine klare Kaufempfehlung für das Produkt vom Bino-experten Denis Levatić.
Und noch etwas: Beim Thema Gewicht ist sein Binoviewer klar im Vorteil. Er wiegt nur 542 g, während der alte Großfeld 704 g und der Mark V 783 g auf die Waage bringen.
CS
Jörg