Hallo Leute,
fünfzehn Jahre lang waren für mich die Zeiss Abbe II Orthos das Maß aller Dinge bei Planetenbeobachtungen. Sie waren deutlich besser als die Zeiss-Orthos aus Jena, die ich aus meinen Anfangsjahren kannte. Und teuer genug waren sie auch gewesen. Wahrscheinlich hätte ich mich für alle Zeit mit ihnen zufrieden gegeben. Aber in den beiden Sets, die ich komplett nehmen musste, fehlten die in der Praxis so wichtigen 25 mm. Also kaufte ich die asphärischen Orthos 25, die APM für kurze Zeit anbot, wurde aber mit ihnen nie richtig warm. Irgendwann bekam ich die TeleVue Plössl in die Finger. Und hier waren die 25er wirklich Klasse.
Doch konnte ein Plössl-Okular besser sein als ein orthoskopisches? Ich hatte zuvor einige Billig-Plössl gehabt und ziemlich schnell weitergegeben. Irgendwie traute ich der Sache nicht. Aber der Zweifel war geboren, und als mir dann auch noch ein Freund bestätigte, dass die 25er TV „ganz hervorragend“ sind, beschäftigte ich mich näher mit dem Thema. Außerdem hatte ich mittlerweile die Takahashi LE (5 und 30 mm) kennengelernt. Das waren modifizierte Plössl mit einer überzeugenden Abbildungsleistung. Schärfe und Transmission waren so ausgezeichnet, dass ich unbedingt noch 25er LE haben wollte. Aber ich kam zu spät, die Produktion war bereits eingestellt.
Wenig später kündigte Takahashi die TPL an, was nichts anderes bedeutet als Takahashi Plössl. In der Beschreibung waren Spotdiagramme enthalten, die bestätigten, was ich mit den Jahren immer stärker vermutet, mir aber aus Voreingenommenheit nie eingestanden hatte: Gute Plössl können tatsächlich besser als Orthos sein. Der Haben-wollen-Reflex war nicht mehr zu unterdrücken. Zur Finanzierung machte ich Inventur im Okularschrank und bestellte schließlich je zwei Stück der drei Brennweiten. (Für eingefleischte Binobeobachter ist das ja immer die schmerzhafte Konsequenz.)
Dann hieß es erst einmal warten, bis sie Ende September endlich geliefert wurden. Erster Eindruck: Verdammt, sind die gut! Aber konnte es sein, dass diese Wahrnehmung vom Wunsch nach Kaufrechtfertigung beeinflusst war? Nach meiner jahrlangen Ignoranz gegenüber der wahren Leistung guter Plössl war ich misstrauisch. Also erst mal gründlich testen und eine unvoreingenommene Meinung bilden.
Das ist mittlerweile geschehen. Die Okulare mussten am TEC 180, am AP EDF-S 130, am 300-mm-LOMO-Newton und am 120er APM-SD-Bino ihre Qualität beweisen. Teilweise allein, mehrmals aber auch im direkten Vergleich mit der bisherigen Referenzklasse. Um es vorweg zu nehmen: Meine Begeisterung für die TPL ist geblieben.
Natürlich ist es im optischen Highend-Bereich wie im Spitzensport: Die Unterschiede zwischen den Bewerbern um Platz Eins sind längst nicht so groß wie weiter unten in der Tabelle. So gesehen wäre es kein Fiasko gewesen, wenn ich bei den Abbe II oder den TV Plössl geblieben wäre. Aber ein Quentchen mehr holen die TPL doch heraus. Und ich denke, dass das gerade dann entscheidend sein kann, wenn das Seeing mal nicht so gut ist, ich aber trotzdem den GRF messen möchte. Bessere Streulichtunterdrückung durch weniger Innenreflexe und bestmögliche Vergütung können dann über eine gerade noch sichere Wahrnehmung entscheiden. Ganz abgesehen von der Ästethik, die ein perfekt scharfes Planetenbild mit abruptem Übergang zum tiefschwarzen Himmelshintergrund bietet. So deutlich wie mit den TPL habe ich z. Bsp. Enceladus dicht neben Saturn seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Mag sein, dass das zum Teil auch meinem neuen Binoviewer von Denis Levatić zu verdanken ist. Aber mit den Abbe Ortos darin war die Sichtung weniger eindeutig.
Während die bisherigen Spitzenkandidaten (im Bild rechts) im Inneren alle irgendeinen hell reflektierenden Rand haben, ist es in den TPL weitgehend dunkel. Gerade die Zeiss sind da nicht perfekt. Bei ihnen gibt es im hinteren Teil der Fassung einen relativ breiten Ring, der sich störend bemerkbar macht, weil er nicht matt, sondern glänzend geschwärzt ist.
Vom Einblick her lassen sich alle Bewerber sowohl ohne als auch mit Brille komfortabel benutzen. Um die Augenmuscheln der Takahashi TPL und LE umzustülpen, braucht man beide Hände. Besser geht das am TV Plössl. Die Zeiss haben keine Gummiaugenmuscheln, bieten aber zumindest bei 16 und 10 mm Brennweite einen guten Einblick mit und ohne Brille. Wer sie ohne benutzt, muss allerdings häufig die letzte Linse putzen, denn die wird regelmäßig von den Wimpern verschmiert. Und Fett ist viel störender als mal ein paar Staubpartikel auf dem Glas.
Natürlich sind solche Planetenokulare nichts für Freunde des Weitwinkelblicks. Während die Zeiss 44° und die Plössl/LE 52° Innenwinkel haben, sind es bei den TPL 48°. Für Kugelsternhaufen hab ich sie trotzdem eingesetzt und mich an der Schärfe und am ausgezeichneten Kontrast gefreut. Aber eindrucksvoller und kaum weniger scharf war das Bild mit den 12,5-mm-Noblex UWA (84°).
Fazit: Wer noch keine Highend-Planetenokulare hat und mit dem Gedanken spielt, welche zu kaufen, findet derzeit kaum bessere als die TPL. Wer dagegen schon Zeiss, Takahashi LE, TV Plössl oder ähnlich gute hat, kann bei diesen bleiben und wird keine essenziellen Einbußen haben. Für optische Perfektionisten sind die TPL dagegen eine klare Empfehlung.