Servus beinand,
letzten Freitag konnte ich endlich mal wieder raus zum Sterngucken. Der Mittwoch davor hatte einen tollen Himmel, aber da musste ich am Tag danach fit sein und früh raus. Der Donnerstag war bewölkt, aber der Freitag versprach die letzte klare Nacht vor der Regenfront. Und Wochenende! Und nichts am Samstag, was dem entgegenstand! Also raus auf meinen Hügel... Also den 56cm-Dobson ins Auto verfrachtet und raus ins Dunkle!
Um 22 Uhr war ich beobachtungsbereit auf dem Hügel, da ich vorher noch familienintern beschäftigt war. Jetzt aber hatte ich die Nacht ohne Zeitdruck vor mir und konnte erstmal entspannen. Ich habe noch gemütlich die Dunkeladaption der Augen abgewartet, mit dem Fernglas etwas herumgeschaut, habe mir die "Nördliche Fliege" ins Blickfeld geholt, aber davon berichte ich weiter unten. Jetzt kam das erste Ziel, für das ich mir viel Zeit nehmen wollte: M 33, die Dreiecksgalaxie im Triangulum. Bisher hatte ich die immer nur nebenher beobachtet, quasi als kurzes Sight Seeing, aber jetzt war sie fällig, da zudem auch OdM dieses Oktobers. Das SQM-Messgerät zeigt 21m2 an, also ein ganz passabler Himmel. Die Luft war richtig trocken und blieb auch so und mit 12 Grad (blieb konstant) war es auch recht angenehm.
Es geht also los mit....
M 33:
Der nördliche Spiralarm, der auf NGC 604 zeigt, ist im 20mm Nagler (106×) sehr deutlich und auch direkt zu erkennen, ebenso der südliche Arm. Die Gabelung des südlichen Arms ist auch deutlich zu erkennen. Der nach Westen weisende Hauptarm ist am Ende des erkennbaren Bereichs etwas nach Nordwesten aufgefächert, wirkt fast, als würde er sich nochmal gabeln, aber hier ist alles sehr diffus und nur indirekt gut auszumachen. In der Verlängerung könnte ein Teil von dem Spiralarm sehr diffus zu sehen sein, aber das ist grenzwertig. Der nördliche Arm wiederum zeigt auch einen schwachen, sehr diffusen Seitenzweig, der an einer Stelle etwas deutlicher zu sehen ist (Knoten?). Im Nordarm sind mehrere helle Knoten zu erkennen, darunter IC 142 und IC 143, aber mindestens noch ein Knoten ist erkennbar. Das Erkennen dieser Knoten erfolgt durch indirektes Sehen, daher schwer zu greifen, und bei 224× (10mm Ethos). Immer wieder ist aber gut zu erkennen, dass hier mehrere Knoten vorliegen, so z.B. auch NGC 595. Im Südostzweig des südlichen Arms ist IC 135 sehr deutlich uind auffällig, IC 136 aber schwierig auszumachen. Im nach Westen weisenden Hauptarm sind mehrere Knoten erkennbar und die hätten besser bei hoher Vergrößerung herausgearbeitet werden müssen. Das Erfassen der Grobstrukturen war aber zeitaufwändig. Um die Sternenkette direkt nördlich des Hauptarms könnte ein weiterer Spiralarm liegen, aber hier ist nur sehr sehr undeutlich indirekt und durch Bewegen des Teleskops etwas zu erahnen. NGC 592 scheint außerhalb der Spiralarme zu liegen und NGC 604 wirkt extrem hell. Das Zentrum von M 33 ist ebenfalls hell und zwei Vordergrundsterne gehen fast unter, sind aber auch direkt gut zu halten. Rund um des helle, nicht ganz runde Zentrum ist ein diffuses Leuchten zu erkennen. In der Skizze ist es wohl zu hart vom hellen Zentrum abgesetzt, es geht schließlich ja ineinander über. In der Skizze fehlen einige Vordergrundsterne, die aus Zeitgründen weggelassen wurden. Es wurde die Gesamtgröße unterschätzt und weitere Knoten, die eigentlich sichtbar sein sollten, wurden nicht erkannt, da diese deutlicher in der Peripherie liegen und nicht in den visuell erkennbaren Armbereichen. Die zwei Stunden Beobachtungszeit haben sich gelohnt. Ich werde M 33 sicherlich erneut aufsuchen und dann hoffentlich die Zeit haben, mit meinem 4,7mm-Ethos weitere Details herauszukitzeln. Heute Nacht wollte ich aber erstmal die Grundskizze haben. Bei 476× rutscht alles so schnell aus dem Blickfeld, dass paralleles Zeichnen mir jedenfalls schwer fällt.
Ich fand das Zeichnen eh herausfordernd, denn bisher habe ich ja meist gemütlich sitzend und mit Papier auf einem Tisch mit meinem 8" RC gewerkelt. Die Nachführung und der "Heckeinblick" sind da sehr hilfreich. Vermutlich müsste ich mir für mein kleines Riesenbaby eine EQ-Plattform basteln. Aber das hat Zeit, erst muss das Teleskop ausgekostet werden, wie es ist. Und mit Klemmbrett unter dem Arm lässt sich der Dobson auch schubsen. Das Zeichnen, nun ja, es geht schon irgendwie. Ich habe aber in der Skizze oben einige Sterne ausgelassen. Vermutlich ist es sinnvoll, so eine Skizze mit der Zeit zu ergänzen und quasi ein Komposit aus mehreren Besuchen zusammenzusetzen. Wie machen das andere Dobsonauten hier?
Mittlerweile war es nach Mitternacht und Jupiter strahlte wie ein Scheinwerfer. Und über ihm ist die gebogene Sternenkette des Widders hoch am Himmel. Folgt man der Sternenkette zu Bahrani = 41 Arietis, einem 3m6-hellen Stern, hat man bereits die Nördliche Fliege gefunden. Hier eine Abbildung aus Bodes Uranographia von 1861 und daneben die Region mittels einer SDSS-Karte (aus Wikisky):
41 Ari ist hier "c Muscae Borealis". Nachdem am Südhimmel die Fliege eingetragen wurde, hatte man am Nordhimmel auch eine haben wollen. Vorher wurde die Sternengruppe als Biene bezeichnet. Man hat hier also ein flugfähiges Insekt verortet. Mit bloßem Auge sind eigentlich nur die Sterne ab, b und c, sowie der Stern im "Kopf der Fliege (33 Ari) zu sehen. Die anderen liegen jenseits von 6m2 und müssten erarbeitet werden, wenn man sie mit bloßem Auge sehen will. Im Fernglas hingegen ist die Nördliche Fliege wirklich nett. wobei man schon extrem viel Phantasie braucht, um da ein Insekt zu sehen. Wie auch immer, mir ist dabei eine kleine Raute im Fernglas aufgefallen, die nordwestlich von der Nördlichen Fliege liegt (im SDSS-Foto oben rechts in der Ecke, sehr auffällig). Dieses Trapez ist bereits im Dreieck, aber an der Grenze zum Widder. Im Fernglas ist das Objekt richtig auffällig, finde ich. Und die zwei hellsten Sterne an den Spitzen strahlen richtig. Also habe ich das Objekt auch im großen Dobson eingestellt und das Ding skizziert:
Die Hauptsterne sind sehr hell, 5m3 und 5m9, also gut mit bloßem Auge zu sehen. Sie sind die Spitzen des Trapezes, 12 und 13 Ari. Die beiden anderen Ecken bilden Sterne mit 7m4 resp. 7m5 und die Diagioale wird durch einen 8m5-Stern markiert. Für mich wirkte das im Teleskop wie ein Edelstein, der rhomboide Form zeigt, wenngleich etwas asymetrisch, but who's perfect? Ich habe mir daher erdreistet, den Asterismus als "Der Edelstein" zu bezeichnen, denn das Trapez ist ja schon besetzt (im Orion). Da es aber trotzdem ein Trapez bzw. eine Raute ist, habe ich das im Bild als Titel mal so belassen. Vielleicht ist das Muster ja schon jemandem aufgefallen und es hat schon einen Namen ReneM ...
Und wenn man so einen Edelstein sieht, dann schweift der Blick weiter und plötzlich sehe ich einen Fisch. Der liegt im Bereich, der früher mal als "Kleines Dreieck" bezeichnet wurde (das Sternbild "Dreieck" waren mal zwei Dreiecke). Ich dachte erst, dass der Edelstein ein Köder sein könnte, aber da passte mir die Form nicht. In der Nähe sind ja noch weitere Fische (zwei im Sternbild Pisces, dann weiter weg der Südliche Fisch), da macht noch einer wenig aus. Also ein Fisch im Dreieck, warum nicht? Und das neben einem Edelstein. Hach, was hat der Himmel für Schätzchen parat? Hier eine Karte, wieder aus SDSS bzw. Wikisky:
Der Fisch ist ein Objekt für das Fernglas, denn auch der hellste Stern am Ende der Rückenflosse ist nur 6m5 hell. Der hellste Stern des Dreiecks an der Stirn ist 7m5 hell, der hintere Rand der Schwanzflosse enthält Sterne bis runter auf 9 mag, um die Rückenflosse (mit sehr viel Phantasie) zu sehen, muss man etwas jenseits von 10 mag kommen. Also im Fernglas o.k. Ich habe den Fisch im 8 × 42-Glas angeschaut, die Rücken- und Brustflosse aber erst am Wikisky-Bild erkannt. Insbesondere die Brustflosse... der Stern vorne ist nur 11 mag hell. Vielleicht habe ich da zu viel reingepinselt. Der Fisch an sich ist aber m.E. auffällig. Für's Teleskop ist das Muster zu groß, aber dafür ist ja der Edelstein da.
Koordinaten (grob):
Edelstein: RA 02h 28min 30s, Dekl. +29°49'
Fisch: RA 02h 21min, Dekl. +30° 05'
Nach diesen zwei Sternmustern aber weiter mit physikalischen Objekten. Unter dem Widder ist der Kopf des Walfischs / Seeungeheuers Cetus schön zu sehen. Warum also nicht mal kurz rüber zu M 77?
Messier 77 ist eine hübsche Balkenspirale, die eine besondere Form aufweist. Ich habe notiert: Die Galaxie wirkt sehr hell und oval, jedenfalls nicht kreisrund. Im Zentrum ist klar ein Balken zu erkennen sowie der aktive Galaxienkern, rundherum sind die Spiralarme nicht wirklich auszumachen, sondern alles wirkt, als wäre um den Balken herum eine ellipsoide Umrandung, so also, als würden die Spiralarme sich berühren und einen schief angesehenen Ring bilden. Hierbei wirkt alles hell nebelig, nur der Balken und die Umrandung durch die Spiralarme sind heller. Den schwachen, diffusen äußeren Ring habe ich nicht bemerkt, der bis jenseits von TYC 47-70-1 (9m0, weitere Sterne sind nicht in der kurzen Skizze) reichen würde.Im Nachhinein habe ich den diffusen Außenring, der auf Fotos sehr ins Auge springt, auf anderen Zeichnungen mit weniger Öffnung gesehen. Mir war das beim Besuch aber nicht bweusst und ich habe vielleicht nicht drauf geachtet, weil ich von der Helligkeit von M 77 geflasht war.
Hier die Skizze:
Nach dem Besuch bei M 77 musste natürlich auch NGC 1055 ins Visier genommen werden, die direkt danaben liegt und gravitativ an M 77 gebunden ist (bzw. auch umgekehrt natürlich):
Notiert habe ich dazu: Das Staubband fällt sofort auf, da es die Galaxie nicht symmetrisch durchschneidet, sondern aufgrund der Perspektive einen großen südlichen Teil und einen kleinen, nördlichen Teil abtrennt. Die Galaxie erscheint deutlich elongiert und ist auffallend hell. Besonders hübsch: der helle, gelbe Stern (HD 16786), der im Teleskop richtig gelb strahlt. Sehr hübsch! Und für eine NGC-Galaxie sind 10m6 schon sehr hell.
Weiter nördlich steht noch NGC 1032:
Die kleine, aber recht helle Galaxie bildet grob mit drei Sternen, die selber ein rechtwinkliges Dreieck bilden, ein Rechteck. Die Form ist grob zu erkennen, also mit breiterer Mitte und dünn auslaufenden Enden, aber sie wirkt kleiner als auf Fotos. Der dünne, schwarze Staubstreifen wurde nicht gesehen. Würde mehr Vergrößerung vertragen, sollte also nochmals aufgesucht werden... mit 11m8 auch für kleinere Optiken geeignet. Der Staubstreifen wirkt auf Fotos pechschwarz, ist aber sehr dünn. Ob man den wirklich sehen kann?
Es gibt so viele weitere Galaxien im Cetus, aber die Wintersternbilder rufen...
Kurz zu den Plejaden (M 45), aber nur Soght Seeing, dann zu NGC 1514, einem großen PN im Stier. Letzterer ist immer wieder hübsch und mit 22 Zoll richtig hell, trotz der Größe (jedenfalls im OIII-Filter). Man sieht den extrem hellen Zentralstern (der nur der Doppelsternpartner des eigentlichen Verursachers ist) und die vier dunklen Bereiche, die ein schwarzes Kleeblatt in den diffusen Nebel malen. Serh nett.
Dann noch kurz zum Orionnebel, der aber noch tief am Horizont stand. Trotzdem nur Wow! 22 Zoll sind da schon gigantisch. Und das Trapez (das "echte") sowas von hell und in einer dunklen Blase. man sieht quasi, wie es den Nebel wegpustet. Den Rest kann man kaum schildern. So hell, so kontrastreich, einfach nur cool.
MittlerweileSchon länger zogen im Nordwesten Wolken auf und es wurde immer windiger, nachdem es zwischendurch mal windstill war. Die Schlechtwetterfront kam also. Also schnell noch in die Auriga und dort über Menkalinan (beta Aurigae) zu dem strahlend gelben Pi Aurigae (toll im Okular zu sehen!), um über HD 40143 und HD 39863 die Seyfertgalaxie UGC 3374 (=PGC/LEDA 18078) aufzusuchen, eine kleine Balkenspirale. Direkt auf dem Weg dorthin stolpert an über den kleinen PN IC 2149, der mit 10m6 sehr hell ist, aber zudem auch sehr klein (nur 34 Bogensekunden im Gesamtdurchmesser). Da ich die Galaxie suchen wollte, habe ich den Zwerg nur bei 106× im 20mm-Okular angeschau tund durch Filterschieben den PN klar erkannt. Wenn Auriga richtig hoch steht und das Seeing sehr gut, muss ich den mal mit Maximalvergrößerung probieren. Er ist ja sehr hell und direkt auf der Linie der beiden Peilsterne, die ich oben erwähnt habe. Als ich dann weiterging, um UGC 3374 zu finden, wurde das Bild plötzlich so sternarm. Ein Blick nach oben und die Wolken waren schon da. Das ging jetzt sehr schnell. Es war Viertel Drei (Viertel nach Zwei) und etwas über vier Stunden Beobachtungsspaß waren vorbei.
Der Wind wurde jetzt richtig stark und es roch in der Luft nach Regen. Ich mag den Geruch, aber nicht mit offenem Dobson. Laut Wewtterradar sollte es aber erst ab 5 Uhr regnen, was dann im Nachhinein auch nicht stimmte. Es dauerte bis zum Vormittag für ein paar wenige Tropfen, was heute ganz anders aussah (inkl. dem obligatorischen Hagel).
Um Dreiviertel Drei war alles im Auto verpackt, dann habe ich noch ein Bisserl den Wind genossen (und den Duft der Luft), um gemütlich heimwärts zu fahren. Mit Auspacken, dies und das kurz am PC nachschauen (Vergleich der Skizzen mit Fotos) konnte ich dann um halb fünf gemütlich einschlafen.
Da sage jemand, Freitag der 13. sei ein schlechtes Omen. Die pure Naturwissenschaft spricht dagegen. Was für eine schöne Nacht. Ich schwelge immer noch in Erinnerung an M 33. Der Sprung von 8 Zoll auf 22 Zoll hat sich einfach gelohnt.
Liebe Grüße,
Christoph