Hallo Leute,
die meisten Balkons haben den Nachteil, dass sie nicht alle Himmelsrichtungen zugänglich machen. Meiner geht nach WSW. Das bedeutet, dass ich die Planeten frühestens ab SSO beobachten kann. Ausweg ist seit Jahrzehnten der Wäscheboden mit Fenstern nach Osten und Süden, aber die sind relativ klein, weshalb es bei hoch stehenden Planeten schwierig wird, ohne Objektivabschattung nach oben zu schauen.
Warum also nicht in der Wohnung aus den Fenstern beobachten? Klar, in der kalten Jahreszeit mit Temperaturdifferenz zwischen drinnen und draußen ist das nicht sinnvoll. Vor allem, wenn das Teleskop weit im Zimmer steht, sich vor der Optik Luftschlieren bilden usw. Aber was ist im Sommer und in der Übergangszeit, in der noch nicht geheizt wird? Und was wäre, wenn man das Teleskop nach draußen rückt und dabei die Aufstellung vom Fußboden entkoppelt, so dass das Bild nicht bei jedem Schritt und jeder Bewegung zittert? – Das waren die Überlegungen, mit denen mein Nachdenken über ein Fensterstativ begann.
Um‘s kurz zu machen: Inzwischen habe ich das Ding gebaut. Aus 27mm-Siebdruck-Sperrholz, Alugusswinkeln, V2A-Sterngriffschrauben M12, Maschinenfüßen und einem überzähligen Montierungsflansch von Baader.
Die Platte lässt sich über die Justierfüße exakt horizontieren, und sie wird darunter zusätzlich am Fensterrahmen geklemmt. So sieht das im Detail aus:
Und so von unten:
Über den Stativflansch und vorhandene Adapter plus nötigenfalls einen 20-cm-Säulenaufsatz lassen sich vier verschiedene Montierungen aufsetzen: Celestron SE-2, AP 400 CNC, Vixen GP und meine schwere Eigenbau-Omega-Montierung für das 120er Bino.
Gestern war die Premiere an Jupiter (Ganymed-Schatten, GRF-Transit), mit dem Intes Micro Alter 603 und der Celestron-Einarmgabel. Ich habe drei Stunden zuvor alle drei Fenster aufgerissen und zwei Stunden vorher den Lüfter des Teleskops eingeschaltet. Das Ergebnis waren Bilder, die dem Blick vom Balkon oder von draußen nicht nachstehen. Tiefschwarzer Ganymedschatten, orangefarbener, stabil sichtbarer GRF und generell ein Kontrast, der den kurzen Mak wieder etwas aus dem Schatten der Refraktoren rückte.
Und das beste war: Das Abbauen danach war innerhalb von Minuten erledigt. Fenster zu, Vorhang, fertig!
Ihr fragt nach den Nachteilen? So dicht am Fenster sitzend, ist kein Platz für die Knie. Ich muss als nächstes über eine Fußraumerweiterung nachdenken…
CS
Jörg