Public-Viewing – Sternführung für Astro-Neulinge

  • Endlich, eine Woche planbares Astrowetter – leider ist mein Urlaub zu Ende und ich hab‘ nur am Wochenende Zeit – aber immerhin war das jetzt gute Möglichkeit meinen Sterneguckabend aus örtlichen Ferienprogramm nachzuholen. Der ursprüngliche Termin war wegen aufziehenden Gewittern leider ausgefallen.


    Da ich ursprünglich 20 Anmeldungen hatte, kam mir ein Astrokollege mit seinem C9 zur Hilfe, also musste ich dieses mal nur mein 14“ Dobson aufstellen musste, auf die „Russentonne“ habe ich diesmal verzichtet – ist immer etwas stressig zwei Teleskope gleichzeitig zu betreuen...


    Also kurz nach 20 Uhr raus zum Aufbau, gegen 21 Uhr sollte das Besucherprogramm starten.


    Aus dem geplanten „Public“ wurde dann ein fast schon „Personal“-Viewing da nur wenige den Weg zu den Teleskopen fanden.


    Der Mond war noch nicht aufgegangen (eigentlich schade, ist immer sehr beeindrucken –da kamen immer die ersten Ohs und Ahs) – also diesmal gleich zu den
    Sternen, „Sternerklärung für Dummies“: Angefangen mit dem Großen Wagen den Weg zum Polarstern finden, dann natürlich gleich die Korrektur, dass das ja die Große Bärin ist – die schöne Kallisto, zu schön für Jupiter, wurde zur unschönen Bärin verwandelt, dann zusammen mit ihrem Sohn Arcturus, dem Bärenhüter und seinen Jagdhunden an den Himmel versetzt.

    Dann den „Augentester“ – Mizar und Alkor, im Sucher das Reiterlein zu sehen, durch‘s Teleskop wird dann auch der Doppelstern sichtbar, immerhin ein kleiner „Aha-Effekt“.


    Was gibt es noch an hellen Sternen? Im Südosten war was ganz Helles, weit und breit überstrahlt das alles, aber ist kein Stern, ist Saturn, bei den Ringen im Blick durch das Teleskop dann wirklich „Boha“, da war auch das C9 vom Astrokollegen sehr hilfreich, bei großen Vergrößerungen und kleinen Kinder ist mein Dobson immer etwas wacklig.

    Danach aber wieder wirklich Sterne, weiter zum Sommerdreieck – Wega, Atair und Deneb, der Schwan ist ist einfach zu vermitteln, da ist die Verbindung von Figur zu Sternbild offensichtlich. Im Schwan natürlich Albireo: Sterne sind nicht nur weiße Punkte, Sterne sind bunt – aber nur beim Blick durch das Teleskop.

    Aber was sollen die „komischen“ Namen Kepheus, Kassiopeia, Perseus – da hilft nur ein Ausflug in die Antike: Kassiopeia, die von ihrer Schönheit zu eingebildete Frau vom König Kepheus, sollte zu Strafe ihrer Arroganz ihre Tochter Andromeda dem Meeresungeheuer (Walfisch) opfern.
    Der heldenhafte Perseus, der schon die Hydra besiegt und dabei Pegasus das geflügelte Pferd "bereit" hatte, hat Andromeda gerettet…. So langsam wird der Sternhimmel "begreifbar“, vieles gehört zusammen, so machen die „komischen“ Namen plötzlich Sinn...


    Und bei Andromeda kommt natürlich unsere Nachbargalaxie ins Spiel – M31 im Teleskop leider nur ein milchiger Fleck aber immerhin - einmal eine andere Galaxie gesehen – für die anderen „üblichen verdächtigen“ war der Himmel zu hell, macht keinen Sinn – für ungeübte sind Galaxien eher ungünstige DSOs.


    Also weiter zum nächsten Helden: Herkules – den kennt jeder aus irgendeiner Geschichte, aber M13 – Herkuleshaufen – hunderttausende Sonnen in einem „Knäul“ das sprengt endgültige jede Vorstellung, erst als „milchiger Fleck“, dann mit größerer Vergrößerung, werden viele Einzelsterne aufgelöst, auch ein „Boha“ wert. Nach diesem Prachtstück sieht dann M71, in dem Pfeil mit dem Herkules den Adler getötet hat, etwas „mager“ aus – trotzdem schön.


    Aber gibt ja nicht nur Kugelsternhaufen – auch offene Sternhaufen und so was wie der Kleiderbügelhaufen haben wir uns angeschaut. Der Kleiderbügel, passt leider nicht ins Okular, aber im Sucher ist er toll zu erkennen.

    Was für offene Sternhaufen soll ich zeigen? Ich habe mich für M103 in Kassiopeia entschieden, war leicht zu finden und ist auch etwas bunt – die „Pizzaschnitte“; die dreieckige Struktur hat mich spontan eine Pizzastück erinnert – mit lecker Belag ;)

    Und den Wildentenhaufen (M11) – den hatte ich noch nie aufgesucht, sofort war mir klar wieso das der Wildentenhaufen sein muss, auch die Mitgucker haben das erkannt.

    Zwischendurch kam die Frage auf, „was passiert wenn eine Stern explodiert“ – das war das Stichwort für M57 – den Ringnebel in der Leier, da lohnt sich der große Dobson,
    da sieht man deutlich mehr als nur ein milchiges Fleckchen…


    Dann Stand endlich auch Jupiter hoch genug über dem Horizont – der Gasriese mit seinen Monden sorgte nochmal für richtig Begeisterung.

    Die Kids wurden langsam müde, als Erinnerung und Ansporn für weitere Beobachtungen gab‘s dann noch eine gebastelte drehbare Sternkarte mit auf den Heimweg.

    War toller Beobachtungsabend – ja waren nur ganz einfache „Basics“, aber so macht Astronomie Spaß: andere mit dem tollen Hobby begeistern….


    Eigentlich wollte ich nach dem "öffentlichen" Teil noch meine Streulichtsocke testen - werden mehr Details sichtbar wenn ich das Ding über den Gittertubus stülpe? Aber irgendwie war die Luft bei mir raus - noch etwas entspannt den Sternenhimmel genießen und dann wieder abbauen - der Test muss warten....


    Viele Grüße,

    Martin

  • Servus Martin,


    Es ist gut wenn jemand ein bisschen 'Öffentlichkeitsarbeit' macht und völlig Astronomie-Fremden etwas am Himmel zeigt. Also prima Deine Aktion !


    Wirklich befriedigend ist es allerdings oft nicht, weil Mann + Frau von der Strasse ausser den dicksten Kanonen kaum etwas zu schätzen wissen, und bei härteren Anforderungen an sie beim Beobachten dann schnell ermüden. Das ernüchtert einen dann schon manchmal.


    Beobachten mit echten 'Astronomen-Kollegen', die selbst begeistert sind, ist da schon was anderes... das macht immer noch am meisten Spass.


    Good luck also weiterhin,

    Peter

  • Wirklich befriedigend ist es allerdings oft nicht, weil Mann + Frau von der Strasse ausser den dicksten Kanonen kaum etwas zu schätzen wissen, und bei härteren Anforderungen an sie beim Beobachten dann schnell ermüden. Das ernüchtert einen dann schon manchmal !


    Beobachten mit echten 'Astronomen-Kollegen', die selbst begeistert sind, ist da schon was anderes... das macht immer noch am meisten Spass !

    Hallo Peter,

    ja klar, ist immer etwas schierig bei "Man+Frau von der Straße" die Balace zu finden - viele kennen halt die tollen Bilder aus dem www und sehen dann im Teleskop nur "milchige Flecken", aber ich suche ja immer nur die richtig einfachen "Hingucker" aus, da waren bisher immer alle erstaunt, wie viel man erkennen kann.

    Und auf EAA verzichte ich ganz bewust, will ja den Leuten ein Gefühl für den Himmel vermitteln: Freude am Suchen und Finden, die Leute senibel für Lichtverschmutzung machen (gibt leider zu viele die denken: LED-Straßenleuchten brachen fast keinen Strom, als möglichst die ganze Nacht brennen lassen)...


    und ja, mit Astrokollengen geht's dann dann die "schwierigeren" Objekte - bringt einen selber dann weiter - um den "harten Kern" an Hobbyastronomen in meiner Gegend zu vergrößern, mach ich halt so Publikumsaktionen - ab und zu findet man einen, der dann "hängen bleibt" - mein Ziel ist hier sowas wie "Astonomiearbeitskreis" oder Verein zu etablieren, ist aber sehr mühsam.

    Aber wie hat John Dobson mal erzählt: "wenn 1000 Leute ein Teleskop haben und jeder 1000 andere durchschauen lässt, dann haben schon 1000000 Meschen die Wunder des Universums mit eigenen Augen gesehen"

    Es gibt also viel zu tun, in diesem Sinne und viele Grüße

    Martin

  • Lucifugus

    Hat den Titel des Themas von „Pubic-Viewing – Sternführung für Astro-Neulinge“ zu „Public-Viewing – Sternführung für Astro-Neulinge“ geändert.
  • Hallo Martin,


    ein wirklich schoener Bericht(!), leicht zu verfolgen und man kann das Geschehen

    'vor Ort' beinahe in Echtzeit nachvollziehen. Toll was Du und der Kollege mit

    dem C-9 da geleistet habt. Sicher werden in Zukunft mehr Interessierte kommen.


    Auch ich habe ab und zu astroinfizierte Besucher, meist Schueler mit ihren Lehrern

    zu Gast; es gibt kaum oeffentliche Einrichtungen ... . Die wenigsten hatten/haben

    die Gelegenheit durch ein FG oder Teleskop zu schauen, erlangten ihre oft nicht

    einmal rudimentaeren Kenntnisse - und wenn ueberhaupt - mittels Smartphonesuche.

    (Es wird angeclickt was das Zeug haelt...verstanden leider viel zu wenig oder

    kaum und nur selten hinterfragt. Eigentlich schade in der heutigen Zeit (?))


    Himmelsobjekte life zu sehen ist fuer die meisten eine vollkommen neue Erfahrung.

    Was hier, ausser dem Mond, vom Sternenhimmel bekannt ist haelt sich folglich in

    Grenzen: der Chickenstar [M45], Omega Centauri [NGC5139] und einige helle Sterne

    die lokal oft- und historisch bedingt, andere Namen tragen.

    Ich zeige dann, jahres- und uhrzeitlich geeignet, analog Deiner Vorgehensweise

    nur eindeutig und klar erkennbare Objekte.

    Von 'Fuzzeliten', also schwer- oder kaum wahrnehmbaren Zielen sehe ich ab.

    Eine Information wie: 'das Licht war 75 Mio Jahre unterwegs' ist da unerheblich.

    Ausnahme ist Centaurus A [NGC 5128], die nicht selten zu lebhaften Diskussionen

    fuehrt; zumal hier optimal erkennbar.


    Die bei einem meist Bortle 2-3 Himmel eingesetzte Ausruestung besteht aus:

    C-11, FG 25x100, FG 10x50 (2x), StarAtlas 2000.0 [50x38cm], Laserpointer (gn),

    Laptop mit 'The Sky6' und zwangsweise(!) einige Raeucherspiralen gegen Stechies.


    Beobachtet wird auf einer 5 x 8 m Dachterrasse mit Internet, Rotlicht etc.

    Auf einer Wiese zu beobachten waere zwar moeglich, ist jedoch nachts aufgrund

    aggressiv stechender Aliens zu riskant. Da ist Mitteleuropa besser !


    Ich wuensche Dir und allen Kollegen viel Erfolg, CS und gutes Gelingen.


    Mit besten Gruessen,

    Steve


  • Oh wow, zentrales Thailand, das ist ja mal was anderes. :) Das ist natürlich schön (rechnerisch) bis Deklination -73° nach Süden schauen zu können. So äquatornah kann man ja fast den ganzen Himmel sehen... Das müsste an Objekten für Führungen ja reichen. Und fürs eigene Beobachten ! :thumbup: Und so ein C11 zeigt ja schon was am Himmel (hab selbst noch eins)...


    -- Sorry for offtopic --


    Schöne Grüsse,

    Peter

  • Ich kann mich "Gacrux" nur anschliessen: ein schöner Bericht! Im Grunde geht es mir noch wie deinen Besuchern. Als relativer Neuling entdecke ich noch so viel Neues, raune noch so viel "Ooooh"s und "Aaaah"s. Vielleicht könntest du deine Führungen noch etwas mehr choreographieren, von den einfachsten hin zu den erstaunlichsten Objekten. Die Wirkung ist frappierend: es kommt den Besuchern vor als würde ein Vortrag mitten in der "Story" aufhören. Und mit einem Satz wie ".....und es gibt da noch so viel mehr!" ist meistens Entdeckerlust geweckt. Auf jeden Fall meine Hochachtung für dein Engagement :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Erstaunen; und wenn ihn das Urphänomen in Erstaunen setzt, so sei er zufrieden;

    Johann Wolfgang von Goethe

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