Kurzbericht von der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2023 (Fernglas)

  • Servus beinand,


    gestern war ich auf meinem Hügelchen bei Dettenschwang, um ein paar Fotos zu machen. Das bedeutet, man sitzt neben dem Teleskop und hat Zeit für Fernglas und bloßes Auge. Verwendet habe ich mein 20 × 60 frei Hand.


    Das Zeitfenster zwischen Dämmerungsende und Mondaufgang war schon etwas gewachsen, aber so richtig dunkel wurde es natürlich trotzdem nicht. Wie auch immer, ich hatte direkt in Südrichtung Skorpion und Schlangenträger zu bewundern. Leider war der südlichste Bereich wegen Wollen dicht. Epsilon Scorpii war nichtmal mit dem Fernglas sichtbar!


    Aufgewärmt habe ich mich wieder mit den Klassikern (Offenen Sternhaufen) IC 4665 (Sommer-Krippe), NGC 6633 und IC 4756. Letzteren hatte ich bei meinem letzten, längeren Fernglasbericht ausführlich beschrieben. Heute war er, da kein Mond störte, noch um einiges schöner. Wieder die Kombination aus Nebel und Puderzuckersternen. Dieser Haufen ist ein Genuss für jedes Fernglas (liegt bereits in der Schlange, aber das macht ja nichts).


    Dann hatte ich den Versuch begonnen, alle Messier-Kugelsternhaufen im Ophiuchus abzuklappern. M 10 und M 12 liegen nah beieinander und sind so hell und auffällig, dass man sie eigentlich nicht übersehen kann. Man geht von Yed Posterior (Epsilon Ophiuchi) nach Osten in Richtung 30 Ophiuchi und stößt kurz vor 30 Oph auf M 10. Von da nur etwas nach Nordwesten und M 12 ist auch da. Freihand konnte ich nicht schauen, ob Einzelsterne aufgelöst sind, aber die hellen Wattebausche sind auch so nett. Dabei fiel mir zum ersten Mal auf, wie extrem gelborange Yed Prior Posterior mit bloßem Auge ist (Delta Ophiuchi)


    M 107 stand bedrohlich nahe an den Wolken, aber Zeta Ophiuchi war noch hell und klar zu erkennen. Etwas südsüdwestlich davon tauchte dann ein wirklich großer, aber schwächerer Nebelfleck im Gesichtsfeld auf, der erst indirekt, dann auch direkt erkennbar war.


    M 14 ist schwieriger zu finden, da er ein Bisserl im Niemandsland südlich von Cebalrai (Beta Ophiuchi) steht. Dafür ist er sehr hell und Kompakt. Auf dem langen Weg von Cebalrai zu µ Ophiuchi wurde ich dann doch fündig.


    M 9 war schwieriger, weil hier schon der Dunst störte. Mit Hilfe einer Detailsternkarte konnte ich dann das Sterndreieck festmachen, knapp westlich dessen Westkante dieser Haufen positioniert ist. Ein schwacher Wattebausch war zu sehen.


    M4 im Skorpion war zwischendurch auch zu erkennen, also gab es zwischendurch Hoffnung auf M 19. Aber leider war da alles dicht. Um Theta Ophiuchi war im Fernglas ein dichter Hof, die Wolken machten zu. Währenddessen verschwand dann auch Anatares. M 62 war daher jenseits jeder Diskussion.


    In guten Nächten mit klarem Horizont sehe ich mit bloßem Auge den Wolf (also den Nordteil die dortigen hellen Sterne wie Xi Lupi), heute ging da aber nichts.


    M 101 habe ich auch noch besucht. Der Asphalt war noch so warm, dass einfaches auf den Rückenlegen problemlos ging und um dann mit dem Fernglas zenitnah herumzuspechteln. Diesmal klar erkennbar: das Sternmuster des Pilzes, auf dessen Hut M 101 bappt. Schöner, großer Nebelfleck. Die Supernova ging aber leider nicht (freihändig schwierig, vielleicht mit 60 mm auch etwas eng). Als dann der Mond aufging und die Bewölkung zunahm (und es zudem langsam wieder tropfnass wurde), habe ich alles wieder eingepackt. Der Mond ging rot auf, zeigte sich direkt an den Alpen durch eine kleine Lücke und verschwand dann in den Wolken. Sehr hübsches Schauspiel.


    Ach ja, Kochab (Beta Ursae Minoris) ist mir plötzlich auch mir bloßem Auge aufgefallen. Der ist ja auch gelb (Spektralklasse K). Was man plötzlich sieht, wenn man darauf achtet... Sachen gibts. Delta Lyrae und Stephenson 1 war natürlich auch ein Besuchsziel. Um kurz nach 2 Uhr war ich dann wieder daheim und habe die "Rauhnacht vor Fronleichnam" unbeschadet draußen in der Wildnis überlebt. Statt Geistern und Dämonen hat mich ein sehr netter Landwirt auf dem Hügel besucht, der eigentlich auf die Rückseite wollte (aber das teleskop stand im Weg). Also ist er umgedreht und außenrum über Feldwege gefahren. Fand ich super!


    Liebe Grüße,

    Christoph


    P.S.: "EAA für Arme" war auch dabei: Doppelsterne fotografeiren heißt, Doppelsterne im Sucher getrennt zu sehen.

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Lucifugus

    Hat den Titel des Themas von „Kurzbericht vom der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2023 (Fernglas)“ zu „Kurzbericht von der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2023 (Fernglas)“ geändert.
  • Servus Christoph,


    da bin ich gestern auf Kurzurlaub nach Trier gefahren, müde ins Bett, ein kurzer Blick ins Forum. Kaum les ich "Fernglas" im Titel, mußte ich gestern noch Deinen Bericht lesen. Dann noch farbliche Erwähnungen mir unbekannter Sterne. Im Schlangenträger war ich noch nie unterwegs. Herjemine , so geht's nicht. Halb zwölf wieder raus aus dem Bett, schnell ausgerüstet mit Handy und 12x36 und nochmal raus in die Nacht etwas nachbeobachten 😁


    Yed Posterior zeigte sich bei mir per Auge wie Fernglas eher normalgelb ohne orangeton. Die Aufmerksamkeit zog dann schnell Yed Prior auf sich, der seine rot-orangenen Photonen auf die Netzhaut sandte und beeindruckte. Ich hab einen Narren an farbigen Sternen gefressen!

    Beide hätten bei geringerer Vergrößerung ein hübsches weites Doppel abgegeben, ich muß da nochmal mit dem 6x30 draufhalten.


    Danach noch IC 4665 angetestet. Zeigte sich schon nett, bettelte jedoch meiner Meinung nach nach mehr Öffnung, zumindest im Vergleich zur Krippe, die im 12x36 mir wesentlich reicher mit Sternen wirkte.


    Da der Himmel auf dem Trierer Land um Welten besser als in München war, ging es gleich noch zur Erkundung diverser Sternbilder wie Herkules, die ich in München per Auge nichtmal identifizieren kann, weil die Hauptsterne kaum erkennbar sind. Ich sollte umziehen, Stadthimmel sind ein Jammer. Allein wieviel mehr Sterne der Milchstraße hier im Hintergrund vom Schwan erscheinen, ein Wahnsinn. Das gibt schlaflose Nächte noch.


    Deine Rückenbeobachtung von M101 auf dem Rücken will ich heute unbedingt mal ausprobieren. Am großen Wagen holt man sich derzeit schneller einen Krankenschein wegen Nackenbeschwerden, als man überhaupt was in den Höhen genießen kann.


    Bitte weiter Beobachtungen teilen, ich fühle mich gut unterhalten und zum nachbeobachten animiert von Deinen Berichten 👍🔭


    (Schlaflose) beste Grüße

    Johannes

  • Kurzer Nachtrag: M101 war mit dem 12x36 nicht erkennbar unter gestrigen Himmel. Größeres Gerät im Urlaub nicht dabei. Schade schade. Mußte dann an Trostpflastern wie M13 oder M29 die Moral wieder heben. Wobei die ganze Ecke um Gamma und Eta Cygni schon ein Balsam für die Augen ist, mit dem vom Füllhorn ausgeschenkten Sternen der Milchstraße.

    Diese lauen Fastsommernächte haben schon ihren eigenen Reiz.


    Ciao

    Johannes

  • Hallo Johannes u. Christoph,


    eure Begeisterung ist wohltuend ansteckend! :thumbup:

    Da der Himmel auf dem Trierer Land um Welten besser als in München war....

    ...das glaub' ich gerne.


    Wobei die Himmelsqualität hier rund um Trier in den letzten Jahren, durch die enorme Bebauung, doch leider stark nachgelassen hat.

    Aber es gibt sie noch, die ,,dunklen Ecken", wenn man keine Angst vor ,,wilden Tieren" hat. ;) ^^

  • Wobei die Himmelsqualität hier rund um Trier in den letzten Jahren, durch die enorme Bebauung, doch leider stark nachgelassen hat.


    Ich hab nordöstlich von Irsch beobachtet. In einer Ecke ohne jede Störlichtquelle. Dennoch ist der Stadtkern von Trier weniger an der Lichtverschmutzung beteiligt, als der viel weiter entfernte Flughafen und Gewerbegebiet von Luxemburg.


    Aber, ich will nicht meckern, im Vergleich zu München kam ich mir wie in Namibia vor und mußte unfachmännische Kommentare in den Nachthimmel abgeben: "Wuaar...Geil....boar Leck, Alter ist das etwa...unfassbar...!" 😁


    Letzte Nacht im übrigens M101 indirekt erahnen können visuell im 12x36 als ganz leichter Matschfleck. Scheint größer zu sein als ich dachte. Mußte mir Schützenhilfe per Kamera holen, danach war die Lokalisation klarer.


    (Chronisch übermüdete) Grüße

    Johannes

  • Yed Posterior zeigte sich bei mir per Auge wie Fernglas eher normalgelb ohne orangeton. Die Aufmerksamkeit zog dann schnell Yed Prior auf sich, der seine rot-orangenen Photonen auf die Netzhaut sandte und beeindruckte. Ich hab einen Narren an farbigen Sternen gefressen!

    Beide hätten bei geringerer Vergrößerung ein hübsches weites Doppel abgegeben, ich muß da nochmal mit dem 6x30 draufhalten.

    Servus Johannes,


    klar, ich hatte mich beim letzten Satz verschrieben. Delta Ophiuchi (Yed Prior) ist rotorange (Spektralklasse M), Yed Posterior gelb (Spektralklasse G). Die beiden sind nur ein optisches Paar, physisch gehören sie nicht zusammen. Die Farbe fand ich mit bloßem Auge einfach nur beeindruckend, da der Stern ja nicht sooo hell ist. Bei Antares oder Betelgeuze ist es klar, dass man das Orange erkennt.


    Bitte weiter Beobachtungen teilen, ich fühle mich gut unterhalten und zum nachbeobachten animiert von Deinen Berichten 👍

    Aber sehr gerne doch. Freut mich, dass ich dich damit auch ein bisserl animieren kann.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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