Servus beinand,
gestern war ich auf meinem Hügelchen bei Dettenschwang, um ein paar Fotos zu machen. Das bedeutet, man sitzt neben dem Teleskop und hat Zeit für Fernglas und bloßes Auge. Verwendet habe ich mein 20 × 60 frei Hand.
Das Zeitfenster zwischen Dämmerungsende und Mondaufgang war schon etwas gewachsen, aber so richtig dunkel wurde es natürlich trotzdem nicht. Wie auch immer, ich hatte direkt in Südrichtung Skorpion und Schlangenträger zu bewundern. Leider war der südlichste Bereich wegen Wollen dicht. Epsilon Scorpii war nichtmal mit dem Fernglas sichtbar!
Aufgewärmt habe ich mich wieder mit den Klassikern (Offenen Sternhaufen) IC 4665 (Sommer-Krippe), NGC 6633 und IC 4756. Letzteren hatte ich bei meinem letzten, längeren Fernglasbericht ausführlich beschrieben. Heute war er, da kein Mond störte, noch um einiges schöner. Wieder die Kombination aus Nebel und Puderzuckersternen. Dieser Haufen ist ein Genuss für jedes Fernglas (liegt bereits in der Schlange, aber das macht ja nichts).
Dann hatte ich den Versuch begonnen, alle Messier-Kugelsternhaufen im Ophiuchus abzuklappern. M 10 und M 12 liegen nah beieinander und sind so hell und auffällig, dass man sie eigentlich nicht übersehen kann. Man geht von Yed Posterior (Epsilon Ophiuchi) nach Osten in Richtung 30 Ophiuchi und stößt kurz vor 30 Oph auf M 10. Von da nur etwas nach Nordwesten und M 12 ist auch da. Freihand konnte ich nicht schauen, ob Einzelsterne aufgelöst sind, aber die hellen Wattebausche sind auch so nett. Dabei fiel mir zum ersten Mal auf, wie extrem gelborange Yed Prior Posterior mit bloßem Auge ist (Delta Ophiuchi)
M 107 stand bedrohlich nahe an den Wolken, aber Zeta Ophiuchi war noch hell und klar zu erkennen. Etwas südsüdwestlich davon tauchte dann ein wirklich großer, aber schwächerer Nebelfleck im Gesichtsfeld auf, der erst indirekt, dann auch direkt erkennbar war.
M 14 ist schwieriger zu finden, da er ein Bisserl im Niemandsland südlich von Cebalrai (Beta Ophiuchi) steht. Dafür ist er sehr hell und Kompakt. Auf dem langen Weg von Cebalrai zu µ Ophiuchi wurde ich dann doch fündig.
M 9 war schwieriger, weil hier schon der Dunst störte. Mit Hilfe einer Detailsternkarte konnte ich dann das Sterndreieck festmachen, knapp westlich dessen Westkante dieser Haufen positioniert ist. Ein schwacher Wattebausch war zu sehen.
M4 im Skorpion war zwischendurch auch zu erkennen, also gab es zwischendurch Hoffnung auf M 19. Aber leider war da alles dicht. Um Theta Ophiuchi war im Fernglas ein dichter Hof, die Wolken machten zu. Währenddessen verschwand dann auch Anatares. M 62 war daher jenseits jeder Diskussion.
In guten Nächten mit klarem Horizont sehe ich mit bloßem Auge den Wolf (also den Nordteil die dortigen hellen Sterne wie Xi Lupi), heute ging da aber nichts.
M 101 habe ich auch noch besucht. Der Asphalt war noch so warm, dass einfaches auf den Rückenlegen problemlos ging und um dann mit dem Fernglas zenitnah herumzuspechteln. Diesmal klar erkennbar: das Sternmuster des Pilzes, auf dessen Hut M 101 bappt. Schöner, großer Nebelfleck. Die Supernova ging aber leider nicht (freihändig schwierig, vielleicht mit 60 mm auch etwas eng). Als dann der Mond aufging und die Bewölkung zunahm (und es zudem langsam wieder tropfnass wurde), habe ich alles wieder eingepackt. Der Mond ging rot auf, zeigte sich direkt an den Alpen durch eine kleine Lücke und verschwand dann in den Wolken. Sehr hübsches Schauspiel.
Ach ja, Kochab (Beta Ursae Minoris) ist mir plötzlich auch mir bloßem Auge aufgefallen. Der ist ja auch gelb (Spektralklasse K). Was man plötzlich sieht, wenn man darauf achtet... Sachen gibts. Delta Lyrae und Stephenson 1 war natürlich auch ein Besuchsziel. Um kurz nach 2 Uhr war ich dann wieder daheim und habe die "Rauhnacht vor Fronleichnam" unbeschadet draußen in der Wildnis überlebt. Statt Geistern und Dämonen hat mich ein sehr netter Landwirt auf dem Hügel besucht, der eigentlich auf die Rückseite wollte (aber das teleskop stand im Weg). Also ist er umgedreht und außenrum über Feldwege gefahren. Fand ich super!
Liebe Grüße,
Christoph
P.S.: "EAA für Arme" war auch dabei: Doppelsterne fotografeiren heißt, Doppelsterne im Sucher getrennt zu sehen.