Wie Glassorte mit einfachen Mitteln bestimmen?

  • Hallo zusammen,


    jetzt wo in der Werkstatt des astronomischen Vereins das meiste Altmetall und offensichtlicher Schrott den Weg alles irdischen gegangen ist oder bald noch gehen wird (bis Ende Juni sollte ich durch sein, dann kann ich neu durchstarten mit einem ersten Spiegelschleifkurs) habe ich mir den "optischen" Schrank vorgeknöpft.

    Dabei sind noch eine Unmenge Rohlinge verschiederer Grösse (von <100mm bis vermutlich etwa 400mm Durchmesser) zum Vorschein gekommen. Es hat ein paar wenige, auf deren Pappverpackung Statis (sic) steht, da dürfte klar sein, um welches Glas es sich handelt und von wem sie sind ;) , andere Rohlinge kann ich nur vermuten, dass es sich um Borofloat handeln könnte. Ich bin geneigt, vier 200mm Scheiben meinen ersten Schleifern zur Veredelung zu geben. Glastools hat es ebenfalls noch genug.

    Die vier satanisch schweren 400mm Pizzen (schätzungsweise >50mm dick) hingegen müssen uralt sein und selbst wenn es schade darum ist: wenn sie aus Fensterglas sind, dann sehe ich keinen vernünftigen Einsatz als Spiegel. Die könnten höchstens als Unterlage zum Planschleifen dienen, das dann aber gut.


    So: nun die Frage(n): gibt es eine einfache, halbwegs zuverlässige Methode, die Glassorte einzukreisen? Brechungsindex sollte man mit Winkelmessung (Laser) bestimmen können. Wie sieht es mit der Härte aus? Ich nehme an, dass Optikfirmen dafür professionelle Mittel zur Verfügung haben. Ich muss mich auf das beschränken, was ich habe (Karbo, Schleifstein).


    Was meinen die versammelten Schleifer- und Optikexperten dazu?



    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Robert,

    Spiegelglas oder opt. Gläser für Linsensysteme?


    Bei Spiegeln kannst du normales Fensterglas am leichten Grünstich im Glas von Borofloat/Pyrex unterscheiden. Manche Rohlinge haben auch eine Vorgeschichte. Wenn man die kennt, weiß man woraus die sind.


    Mit Laser den Brechungsindex so genau zu messen, dass du die Glassorte unterscheiden kannst ... das wird meiner Einschätzung nach nicht funzen. Da brauchst du eine opt. Bank und Messysteme für die Parallelität/Flächenwinkel der Flächen des Laserein- und austritts für die Genauigkeit, sonst winkelt der Strahl wie in einem unbekanntem Prisma. Aber Versuch macht klug. Ich lass mich gerne belehren.


    Mach lieber ein Test mit polarisiertem Licht, ob die Rohlinge spannungsfrei sind. Das ist m.E. wichtiger für die Brauchbarkeit.

  • Hallo Robert,

    man könnte, besonders bei großen Rohlingen, das Volumen durch Messung und das Gewicht bestimmen und so die Dichte des Materials. Daraus läßt sich möglicherweise auch auf die Glassorte schließen.

    Grüße

    Dietrich

  • Ich würde aus Dicke und Durchmesser das Volumen berechnen, und die Dichte = Gewicht / Volumen berechnen. Dann in der Tabelle nachschauen was es sein könnte. Ist nicht immer eindeutig weil manche Glassorten ähnliche Dichten haben. Das zweite Unterscheidungskriterium wäre die Farbe (Vergleich mit bekannten Rohlingen). Die Messung des Brechungsindex ist schwierig, erfordert dass man ein kleines Stück abschneidet und einen kleinen Keil daraus herstellt.

    faq


    Gruß

    Michael

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für die Feedbacks.

    Kurz: keine komplexe Messtechnik, sondern nur Dichte und Farbe. Das vereinfacht vieles.

    Mechanisch genau messen kann ich, eine genaue Waage kann ich organisieren.

    Die Farbe lässt bei den grossen Scheiben auf Plate Glass (siehe Link von Stefan ) schliessen, auch die "gewellte" Oberfläche einer Seite würde passen.

    Die 200er Scheiben könnten Borofloat sein.


    Werde die Scheiben mal genauer inspizieren und berichten.


    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Hi,


    Hast Du eine Waage zum dranhängen? Dann geht folgender Trick.

    1. Glasklotz mit dünnem Seil an die Waage hängen und Gewicht aufschreiben

    2. Großen Wassereimer drunter stellen und Glasklotz ins Wasser hängen lassen. Waage nicht mit ins Wasser tauchen, wenn es eine elektronische ist! Nochmal Gewicht aufschreiben.


    Gewichtsdifferenz entspricht dem Gewicht des verdrängten Wassers. Nimm normales Süßwasser bei Raumtemperatur das hat Dichte ~1.0. Also 1liter Wasser = 1kg.

    Dichte = Messung#1 / ( Messung#1 - Messung#2)

    (Sowas wie die Dichte der Luft lassen wir mal weg).


    Clear Skies,

    Gert

  • Hallo Gert,


    das habe ich mir auch schon überlegt.

    Ich denke aber, dass die Technik, die von Spacetec beschrieben wird, reicht. Ich kann Durchmesser und Dicke genau genug messen und kann dann den Glasrohling einfach auf die Waage legen.


    Aber trotzdem danke für den Tipp.



    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Robert,

    messe den Durchmesser auf zwei Achsen. Die Dinger könnten auch eine Eierform haben (Ellipse). Unbekannte Herkunft heißt schließlich auch "unbekannte Bearbeitung".

    Gleiches gilt für die Dicke und Planflächen. Ein gutes Lineal hilft da einzuschätzen, wie flach sie sind. Kopierpapier hat z.B. 0,1mm, wenn es drunter passt.

  • Moin Robert,


    für die von Gerd vorgeschlagene Methode muss man erst mal eine hinreichend genaue Hängewaage haben. Die mir bekannten Kofferwaagen haben alle Ungenauigkeiten im teilweise mehrstelligen Prozentbereich.

    Ich würde die Dichte deshalb auch über Gewicht auf einer präzisen Waage und gemessenes Volumen bestimmen. Bei der Berechnung des Volumens und schließlich der Dichte eine Fehlerrechnung nicht vergessen. Sonst gaukelt Dir die Rechnung eine Präzision vor die Du gar nicht praktisch erreichst und eventuell hast Du verschiedene Glassorten im Fehlerbereich liegen. Dann müsste man die Rechnung noch mal präzisieren und weitere Kriterien zur Identifizierung heranziehen.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hier ein Link zu meinen gesammelten Daten über Glassorten:

    Glassorten
    Tabellenblatt1 Bezeichnung,Hersteller,lieferbare Stärke,Wärme-ausdehnung,Dichte,Wärmeleit-fähigkeit,Wärme-kapazität,Härte (Knoop),E-modul (Young),Poissonzahl…
    docs.google.com

    Manche Dichten habe ich allerdings nur geschätzt (die mit 2,2).

  • Den Ausdehnungskoeffizienten kann man an polierten Hohlspiegeln mit dem Fingerkuppentest abschätzen:


    Den Spiegel mit den Fingerkuppen lokal erwärmen, am besten mit Alufolie dazwischen, damit es keine Fettflecken gibt. Sofort danach mit dem Foucaultstest den Spiegel anschauen. Man sieht die 5 Berge der Finger als Foucaultschatten, wie sie langsam immer flacher werden, bis sie komplett verschwinden.

    Im direkten Vergleich konnte ich den hohen Ausdehnungskoeffizienten und damit stärkeren Schattenbildung von BK7 sehr zuverlässig vom dem niedrigeren Ausdehnungskoeffizienten von Borosilikatglas (Pyrex) unterscheiden. Bei Zerodur konnte ich gar keine Fingerschatten sehen, so wusste ich, dass ich wirklich Null-Ausdehnung-Material vor mir hatte.


    Das funktioniert natürlich nicht bei Rohlingen ohne polierte konkave Oberfläche

  • Hallo Robert,

    warum sollte man aus Float Glas keinen guten Spiegel schleifen können? Wenn das Glas einigermaßen Spannungsfrei ist, sollte es schon möglich sein. Eventuell muss man etwas die Temperatur im Auge behalten und mehr Zeit beim Messen kalkulieren.


    Ein paar Float Rohlinge - wenn nicht zu groß- könnte ich tatsächlich für verschiedenes nutzen, wenn diese übrig wären (bis max 11“)….


    cs Peter


    ps: es dürften auch kleine dabeisein und Glastools ;)….

  • Hallo Peter,


    gute Frage :)


    Ich bin am Sichten des Materials. Im Gegensatz zu etwa einer Tonne anderem Material, das gestern noch im Resthof ausgewildert worden ist werde ich da erst mal ein Inventar machen.

    Was ich nicht selber verwenden will wird hier angeboten. Also keine Angst, das fliegt nicht so schnell was.


    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Hallo Robert,


    aus dem oben genannten gehe ich davon aus, dass Du keine Linsen schleifen willst sondern es Dir rein um Spiegel geht. DIchte und insbesondere der Brechungsindex sind da belanglos. Interessant ist der Ausdehnungskoeffzient. Bestimme diesen. Du kannst den Rohling hierzu in die Gefriertruhe legen und auf zB -18 Grad abkühlen (Thermometer dazulegen) und in der Werkstatt wieder auf Raumtemperatur 20 Grad aufwärmem lassen. Auch hier Thermometer. Eine Messuhr mit 1/100 Teilung an die Flanke und Du wirst sehen, wie der Zeiger beginnt langsam zu wandern. Auf der anderen Seite muss der Spiegel an einem festen Bezugspunkt auf Anschlag anliegen. Diese Längenänderung kannst Du dann ins Verhältnis zum Durchmesser des Rohlings und der Temperaturdiffernz setzen. So gewinnst Du den Wärmeausdehnungskoeffizient im genannten und auch für unsere Zwecke interessanten Temperaturbereich. Dabei kannst Du auch die Zeit messen, wie lange der Rohling arbeitet je nach seiner Abmessung.


    Viele Grüße

    Gerhard

  • Hallo


    mir war so als gab es auch grünliches Pyrex, einfach Wärmedehnung messen klärt das, ist sowieso fast der wichtigste Faktor, keine Wärmedehnung macht auch keine Formveründerung durch Spannungen.

    Bei BK7 liegt der Fokus eher auf Spannungsfrei, das Zeug ist aber auch Butterweich, merkt man beim schleifen


    Gruß Frank

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!