Wenn dieser Bericht hier nicht erwünscht ist, postet doch einfach einen Kommentar zu einem
untenstehenden Thema, dann verschwindet dieser in der Versenkung.
In den fünfzehn Jahren unserer
Sonnenfinsternisreisen konnten wir nur bei zwei Reisen keinen Blick
auf die sich verfinsternde Sonne werfen. Am 1. August 2008, wo es um
ein 0,459-prozentiges, 15 Minuten langes Vorbeischrammen des Mondes
an der Sonne ging und das durch einen zeitlich deckungsgleichen
Regenschauer angereichert wurde und Ende Mai fünf Jahre zuvor
20 Jahre danach:
Claudia Johannsen und Dietrich Ehmann
Der Ruf der Schafe
Ein wenig fröstelnd verfolgten wir am 31.Mai 2003 die Morgendämmerung im nordschottischen Thurso.
Über Nacht war See-Nebel aufgezogen, der sich erst am späten Vormittag
wieder auflöste. Die ringförmige Sonnenfinsternis war da aber schon vorbei.
Einige Kilometer weiter westlich waren manche Beobachter erfolgreich...
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Seit dreihundert Jahren wird das schottische Hochland verstärkt von Schafen bewohnt. Die ursprüngliche gälische Bevölkerung wurde vertrieben,
wanderte aus ihrer ländlichen Heimat in die Städte ab und wurde oft in der gerade industrialisierten Wirtschaft verschlissen.
Heute leben in Schottland 7 Millionen Schafe (nur 1% davon sind männlich!), aber nur 5,5 Millionen Menschen (48,7% m/51,3% w, oder v.v.).
Die Schafe wurden von der mächtigen Aristokratie Schottlands ins Land gebracht und für circa 100 Jahre wurden sie für diese zum Quell teilweise
unmäßigen Reichtums, wovon z.B. das Dunrobin Castle bauliches Zeugnis ablegt.
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Überall auf den schottische Highlands hört man aber auch heute noch die Rufe der Schafe.
Wie aber kam es, daß sie sich so lautstark zu Worte melden?
Lange, sehr lange Zeit waren sie mit der Welt , so wie sie war, zufrieden.
Grünes Gras wuchs überall zu ihren Hufen. Im Winter mußte man vielleicht ein wenig danach scharren, dafür wuchs dichte, wärmende Wolle auf ihrer Haut. Wurde es ihnen nachts zu kalt, konnten sie aneinandergeschmiegt die glitzernde Pracht der Sterne auf sich einwirken lassen, zufrieden verdauend.
Kein Wunder also, daß sich unter solch günstigen Voraussetzungen ein immenses geistiges Potential ansammelte und daß die einzelnen Individuen, jedes für sich, noch eigene Erfahrungen hätte einbringen können.
Aber mit vollem Munde spricht man nicht, gerade bei Gras als Hauptnahrungsmittel wäre das unzweckmäßig, wer wollte die vielen abgebissenen Halme zwischen den noch nicht abgebissenen, aufsammeln – und womit?
Dennoch, es war abzusehen, daß es eines Tages geschehen würde, aber es dauerte natürlich lange, lange Zeit. So etwas will ja auch gut durchdacht sein.
Aber dann war es doch soweit.
Zuerst war es nur ein Gedanke.
Einzelne hatten ihn.
Sie sahen sich bedeutungsvoll an, gingen dann aber wieder ihrer Wege, kauend und wiederkauend. Die Fülle ihrer Erfahrungen in und mit dieser Welt, sie suchte einen Ausdruck. Man wollte sich endlich äußern zu den Dingen dieser Welt,
die doch erfreulich waren.
Und warum sollte nicht jede*r wissen, was schon längst hätte gesagt werden sollen?
Was nun aber fehlte, war ein Ausdrucksmittel, eine Sprache also.
Eine Sprache mußte her!
Einfach erlernbar sollte sie sein, damit jede*r sie schnell ergreifen könnte um seinen/ihren Teil zum Gesamtwissen beisteuern zu können.
Am besten wäre es, wenn sie nur aus einem einzigen Buchstaben bestände. Das wäre wirklich einfach für alle.
A,E,I.O,U und ein Ypsilon wurden vorgeschlagen.
Aber dem zurückhaltenden Gemüt der Schafe widerstrebte vorerst derart selbstlautende Äußerung.
Alle anderen Buchstaben fielen aber durch Unaussprechbarkeit oder wegen ihres zu leisen Klanges aus.
„fff“ war kaum vom Wehen des Windes zu unterscheiden. “n“ dröhnte zwar ein wenig im Schädel, aber der nächste Nachbar hörte
von „n“ schon gar nichts mehr.
Nach langem Hin und Her einigte man sich darauf , eine Silbe zu bilden. Eine Silbe, die jedes Befinden, jede Erkenntnis und jede Weisheit gleichermaßen in Umfang und Tiefe auszudrücken vermag.
Jahre nachdenklichen Wiederkäuens gingen durchs Land bis ein erster Vorschlag spruchreif wurde.
Ein vollmundiges „M“ sollte der Anfang sein. Und dann etwas, was über lange Entfernungen trägt, ja, alle sollten es ja wissen. „UH“ zum Beispiel.
Muh! Das könnte es sein. Die gesuchte Silbe, die alles ausdrückt: Freude, Leid, Zuneigung und Warnung – Muh einfach.
Als das erste Schaf den Mut fand, die neue Sprache auszuprobieren, konnte es noch nicht damit rechnen, sofort in anspruchsvolle Gespräche verwickelt zu werden, die anderen mußten die neue Sprache ja erst lernen.
Aber einige Rinder, mit denen man ja nun gar nicht gerechnet hatte, blickten interessiert auf, sagten
„Muh“ und damit „Danke für eine so schöne Sprache und wir brauchten gar nicht darüber nachzudenken, wie sie denn klingen sollte“.
Ja, die Rinder waren begeistert,
die Schafe aber überhaupt nicht.
Mit Rindern hatte man aber auch gar nichts gemein.
Wo das Schaf detailiert Halm für Halm in präziesem Abbiss auf die erforderliche Länge brachte,
schlangen die Rinder die Gräser büschelweise herunter und begruben ganze Salatplatten feinster Frischgräser mit ihren fäkalen Hinterlassenschaften.
Nein, also wenn die Rinder untereinander muhten, sollten sie es doch tun. Den Schafen war das von nun an nicht ausdrucksvoll genug.
Es mußten also Aeonen durchs Land ziehen, bis ein weises Schaf dieser Sprachlosigkeit ein Ende setzte.
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Ein wenig fröstelnd verfolgten wir am 31.Mai 2003 die Morgendämmerung im nordschottischen Thurso. Über Nacht war See-Nebel aufgezogen, der sich erst am späten Vormittag wieder auflöste. Die ringförmige Sonnenfinsternis war da aber schon vorbei.
Es war wohl ein zu gewagtes Unternehmen, einen Sonnenring bei Sonnenaufgang an der nördlichen Küste von Schottland beobachten zu wollen.
Nachdem unsere Reise nach Schottland 2003 im Blick auf die ringförmige Sonnenfinsternis bei Sonnenaufgang so fulminant erfolglos war (und dennoch eine Reise durch wunderschöne Landschaften, die ich nicht missen möchte), folgte im Jahr 2005 eine Reise nach Ibiza im Oktober, wo wir eine
ringförmige Sonnenfinsternis zusammen mit neugierigen Eidechsen beobachten konnten.
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