Hallo in die Runde,
Vorab: In diesem Thread geht es um Zubehör für die Beobachtung hoch stehender Objekte mit Refraktoren und Cassegrainsystemen, nicht jedoch um Zenitspiegel oder -prismen, die das vom Teleskop gelieferte Bild umkehren und seine Seiten vertauschen. Und auch nicht um Amici-Prismen, die das Bild seitenrichtig umkehren.
Für meine visuellen Positionsbestimmungen des GRF brauche ich stets die gleiche Bildorientierung. Wenn der GRF innerhalb der Beobachtungsreihen mal von links und mal von rechts auf den Jupitermeridian zuwandern würde, wäre das irritierend. Auch wenn er von der gleichen Seite käme, aber bei der geradsichtigen Beobachtung oben auf dem SEB sitzt, während er bei Zenitspiegelnutzung unten am SEB hängt, würde das das Symmetrieempfinden beeinträchtigen. Noch stärker wirkt es sich aus, wenn die Jupiterbänder nicht horizontal verlaufen. Zugegeben, das sind Dinge, die den gelegentlichen Beobachter nicht weiter stören, doch für das Messen mit den Augen ist es essenziell.
Ich beobachte seit 1971 GRF-Transits. In diesen fünf Jahrzehnten sind etwa viereinhalb Jupiterjahre vergangen – mit allem, was das für uns Beobachter auf der Erde heißt: Mal steht der Planet für uns auf der Nordhalbkugel sehr tief im Süden und kann geradsichtig beobachtet werden. Ein paar Jahre später ist er zur Kulmination mehr als 60° hoch, und man braucht zwingend einen „Umlenker“, um sich nicht die Halswirbelsäule zu ruinieren. Hinzu kommt, dass die Jupiterachse mit Ausnahme von etwa eine Stunde am Tag gegen die Vertikale am Beobachtungsplatz gekippt ist. Also braucht es nicht nur einen seitenrichtigen Umlenker, sondern auch noch eine Möglichkeit, die Jupiterbänder zu horizontieren.
In den 1970er Jahren, als die visuelle Beobachtung noch Mainstream war und kein Nischendasein neben der Astrofotografie fristete, war das Pentaprisma das Maß aller Dinge. Es lieferte ein seitenrichtiges, kopfstehendes Bild, das dem eines geradsichtig genutzten Refraktors entsprach. Allerdings hatten nur die wenigsten eines. Zeiss baute sie nicht, und ich bin nie an eines der wenigen älteren Exemplare herangekommen. Als junger Kerl habe ich mich notgedrungen verrenkt und die Wolkenbänder durch Schiefhalten des Kopfes „geradegerückt“. Erst Ende der 1990er bekam ich ein 60°-Bauernfeind-Prisma, das die gewünschte Bildorientierung lieferte. Damit war ich fürs Erste glücklich:
Als ich es allerdings nach Jahren gegen einen guten Zenitspiegel testete, fiel mir auf, dass es im Kontrast merklich schlechter war. Damit begann die Suche erneut. Bei der Firma BW-Optik Langner und Foss wurde ich fündig. Ich konnte einen der letzten vorrätigen Pentaspiegel kaufen, musste das Gehäuse selbst modifizieren, hatte dann aber die Spiegelentsprechung eines Pentaprismas:
Die Schärfe war exzellent, doch leider die Verspiegelung nur suboptimal. Die Bilder waren immer ein bisschen kontrastarm und farbmatt, die kurzen Wellenlängen schienen gedämpft zu sein.
Als die Firma Baader vor einigen Jahren ihre BBHS-Zenitspiegel herausbrachte, witterte ich deshalb eine neue Chance. Was wäre, wenn man zwei dieser Spiegel hintereinander montieren würde? Noch besser wäre natürlich ein BBHS-Pentaspiegel. Doch diese Hoffnung musste ich leider begraben. Der Markt für derart spezielles visuelles Zubehör ist heute so klein, dass sich eine Serienfertigung nicht lohnt. Also blieb nur die eigene Lösung aus zwei Zenitspiegeln: Ein T2-BBHS hinter einem 2“-BBHS, verbunden mit der Baaderschen Schwerlastklemme. Für den nötigen Lichtweg sorgt eine Denkmeier-OCS, kombiniert mit einer X-Switch vom selben Hersteller. Das alles sitzt auf dem nachfolgenden Foto am AP EDF-S 130 hinter dem Gutekunst-ADC und liefert mit den im Bild sichtbaren Takahashi LE 30mm wahlweise binokulare 65x, 112x und 142x, mit den 16mm Orthos sind es 125x, 210x und 266x.
Trotz des vielen Glases zwischen Primärfokus und Okular (Extender, ADC, OCS, X-Switch, Binokularansatz) liefert diese Kombi endlich den Kontrast, den ich von der geradsichtigen Beobachtung kenne. Auch die Aufhellung der dunklen Teile des Bildes durch Streulicht ist viel geringer.
Ein Nachteil ist, dass das Bild in 90°-Stellung der Spiegel zu einander um 90° zur Seite gekippt ist. Das lässt sich jedoch gut für das Geraderücken Jupiters nutzen. Es erfordert allerdings etwas Übung, die in drei Achsen drehbare Kombi so einzustellen, dass die Jupiterbänder horizontal verlaufen. Und nebenbei sind kräftige Finger nötig, um den zu kleinen Rändelknopf der Schwerlastklemme rutschsicher festzuziehen. Ich habe diesen sehr speziellen Umlenker nun schon einige Wochen im Einsatz, lerne immer besser, mit ihm umzugehen und bin von seiner optischen Leistung begeistert.
CS, Jörg