Hallo zusammen,
hauptsächlich bedingt durch schlechtes Wetter habe ich seit September keine Deep-Sky Beobachtungen am heimischen Himmel mehr gemacht und deswegen auch schon länger keinen Beobachtungsbericht mehr hier geschrieben. Da muss dann manchmal der Urlaub dafür herhalten... Um die Weihnachtsferien herum war ich mal wieder in Südafrika und konnte an einigen Abenden mit meinem 8" Reisedobson Deep Sky beobachten. In 3 Wochen, von denen nur eineinhalb abends ohne Mond waren, nutzte ich so 4 Abende für Deep Sky. Unter mittlerem Landhimmel, also dieses Mal keine Halbwüstenausflüge.
Eines der Beobachtungsprojekte, mit denen ich mich beschäftigte, waren Nebel in der Großen Magellanschen Wolke. Bisher hatte ich den Tarantelnebel und unsystematisch einige weitere Nebel beobachtet, hatte das aber nie systematischer verfolgt.
Das änderte sich mit einem Artikel, der im VdS Journal 82 (3/2022) erschienen ist. Auf Seiten 52-58 gibt es einen Artikel "Die Emissionsnebel der Großen Magellanschen Wolke" von Peter Riepe, Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg mit einem sehr spektakulären Foto. Für diejenigen, die das VdS Journal nicht lesen, das Foto findet man auch dort:
Im VdS-Journal gibt es auch eine Version mit Beschriftungen dieser Nebel.
Selbst für 8" Öffnung und Landhimmel bietet die Große Magellansche Wolke derart viele Nebel, dass nur ein Urlaub eigentlich nicht ausreicht. Ich konzentrierte mich beim visuellen Beobachten auf die obere Hälfte dieses Fotos, der Rest folgt mal in einem späteren Urlaub. Die Große Magellansche Wolke erreicht um diese Jahreszeit den höchsten Stand überm Horizont am Abendhimmel.
Hier stelle ich ein paar dieser Nebel vor, die ich besonders spannend fand.
Den großen und hellen Tarantelnebel nutzte ich dabei nur als Aufsuchhilfe, um mich auf Objekte zu konzentrieren, die für mich Neuland waren. In den Beschreibungen versuche ich mich mal kurz zu fassen und stelle meine Skizzen dazu.
Die Nomenklatur dieser Nebel ist ziemlich komplex. Teilweise haben sie NGC/IC Nummern, ansonsten wurden die meisten von Karl G. Henize katalogisiert und werden in der Literatur meist mit "N" abgekürzt, in Simbad jedoch mit "LHA 120-N" und dann die Nummer. Unten nenne ich sie einfach Henize und dann die Nummer. Quelle ist dieses Paper:
https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1956ApJS....2..315H
Außerdem gab es eine Veröffentlichung von R.D. Davies, K.H. Elliott, J. Meaburn. Die Objekte aus diesem Katalog werden mit "DEM L" abgekürzt:
https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1976MmRAS..81...89D
Insgesamt hat sich herausgestellt, dass bei 67x Vergrößerung die meisten dieser Nebel kontrastreicher wirken, aber bei 120x Vergrößerung mehr Details sichtbar sind. Daher beobachtete ich die meisten dieser Nebel mit diesen beiden Vergrößerungen.
NGC 1935 Komplex
Sehr beeindruckender Nebelkomplex mit vielen hellen Filamenten und Knoten. Der Hauptbereich um NGC 1929, NGC 1935 und NGC 1936 ist in einen diffusen, schwachen, größeren Nebel eingebettet. Beobachtete Nebelteile: NGC 1934, NCG 1929, NGC 1935, NGC 1936, IC 2128, Henize 44G, Henize 44H, Henize 44E, Henize 44L, Henize 44M. (8”, 120x, UHC).
NGC 2029/2032 Komplex
Diese Strukturvielfalt an Nebeln muss man gesehen haben! Sehr beeindruckend!
NGC 2040: Kleiner, kompakter Nebelfleck mit hellem innerem Bereich.
NGC 2029, NGC 2032: Sehr beeindruckender Strukturreichtum. Drei helle Balken, von denen der mittlere auf der westlichen Seite scharf abgegrenzt ist. Der westliche Balken ist etwas schwächer. Die beiden westlichen mit einem weiteren Balken miteinander verbunden. Das alles eingehüllt in eine schwache, diffuse Nebelmasse.
NGC 2020: Donutförmiger Nebel, Kreis mit Loch in der Mitte. Westliche Seite etwas heller.
Henize 57A: Länglicher Nebelfleck, auf der östlichen Seite etwas heller. Nach Westen diffus auslaufend. Hellerer Bereich in gemottelte Sternansammlung eingebettet.
(8“, 120x, UHC).
Henize 144
Henize 144: Hufeisenförmig gebogene Nebelstruktur. (8”, 120x, UHC). Südlich etwas abseits der offene Sterhaufen NGC 1983, in dem ich 5 Sterne auflösen konnte. Westlich davon der Kugelsternhaufen NGC 1953: Diffus, rund klein. (8”, 120x).
Henize 64
Henize 64B: Länglicher auffälliger Nebelfetzen, Henize 64C: Kleiner kreisrunder Nebel. (8“, 120x, UHC).
NGC 1978
Als Beifang ein Kugelsternhaufen, der ist da mittendrin. Er erscheint als elongierter, diffuser Fleck mit schwächerem ebenso elongiertem Außenbereich. Keine Sterne aufgelöst. 8“, 120x.
Henize 70
Runder, sehr schwacher diffuser Nebel, in dessen Mitte ein gemottelt wirkener offener Sternhaufen (RSL 673) eingebettet ist. (8“, 120x, UHC). Recht schwieriges Objekt. Die donutförmige Struktur habe ich nicht gesehen, nur anhand seines Außenumfangs nachvollziehbar.
Henize 74 + DEM L 315
Zwei nebeneinander liegende Nebelfetzen. Beide zusammen im Gesichtsfeld. Einfach, springen sofort ins Auge. (8“, 120x, UHC).
Alles in allem beeindruckend, wie viele Nebel in der Großen Magellanschen Wolke mit 8" und bei nicht außergewöhnlichen Bedingungen erkennbar sind. Vor allem die hellen Vertreter aus dem NGC-Katalog sollten schon mit weniger Öffnung gehen. Und unter Wüstenhimmel und größeren Öffnungen könnte man vermutlich Wochen mit der Großen Magellanschen Wolke verbringen.
Clear skies
Robin