Hallo Freunde,
hier mal ein Youngtimer-Bericht....
Durch eher zufälliges Quer-Lesen auf einer meiner Lieblings-"Klassiker"-Seiten, nämlich DARK STAR astronomia, test strumentali, telescopi, montature astronomiche, fotografia planetaria, deep sky - TEST STRUMENTALI und hier insbesondere DARK STAR astronomia, test strumentali, telescopi, montature astronomiche, fotografia planetaria, deep sky - 102 F9 MEADE ACHRO war ich auf diesen Meade Refraktor bzw. dessen Objektiv neugierig geworden.
Wie der Zufall manchmal so im Leben spielt, entdeckte ich vor einigen Tagen besagten Refraktor in einem Kleinanzeigen-Portal und schlug zu. Heute kam der Bursche an und wurde sofort inspizert.
Es handelt sich hier um die deutsche Bresser-Version des Meade ACHR 102 EMC wohl aus Anfang der 90er Jahre.
Paolo Casarini beschreibt in seinem Artikel sehr gut die Hintergründe zu den Meade Teleskopen dieser Zeit, wenngleich er auch an manchen Stellen irrt.
Meade war zu dieser Zeit in einem Umbruch, es gab Besitzerwechsel, große Schwierigkeiten am Markt und es begann u.a. auch schon die Auslagerung von Teilen der Produktion oder ganzen Serien nach Taiwan. In all diesen Wirren, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten, Umlagerung von Produktionslinien entstanden also diese Teleskope !
Die Zeiten waren etwas chaotisch, Qualitätskontrolle oder gar Endkontrolle fielen oft hinten über und/oder wurden von schlecht geschultem, unerfahrenen Personal mehr schlecht als recht durchgeführt.
Die Qualitätsstreuungen waren enorm ! Recherchiert man im Netz findet man von Begeisterung bis totaler Missachtung dieser Refraktoren alles ! Zu dieser Zeit hatte Meade übrigens auch die berühmten ED-APOs eingeführt, die auf den sagenhaften GoTo-Montierungen der LXD 600/700 nachfolgend LXD650/750 installiert wurden.
Der Meade ACHR 102 EMC war ein wirtschaftlicher, achromatischer Ableger des hochpreisigen Meade ED 102/920 mm .
Das hier vorliegende Bresser Modell für den deutschen Markt hat die Art.Nr. 47-37000. Nun weiss ich, dass zu Rolf Bressers Zeiten und auch Anfang der 90er die Qualitätskontrolle bzw. Eingangsprüfung schon noch etwas genauer durchgeführt wurde, jedenfalls war dies damals Bressers Anspruch.
Ich habe also die leise Hoffnung, dass dieser Refraktor trotz f/9 Potential, wie von Paolo Casarini beschrieben, haben könnte.
Im übrigen irrt P. Casarini, wenn er schreibt, der ACHR 102 EMC würde den gleichen OTA wie der ED verwenden. Dies ist nicht ganz richtig.
Zum einen bietet der OAZ max. 40,2 mm Lichtdurchlass ist also kein echter 2" Auszug. Auch ist der Sucher ein normaler, aber guter, 6x30 Sucher. Ebenso kommt hier nicht der große Rohrschellenkäfig zum Einsatz, sondern ein Paar Einzelschellen.
Dennoch - was sehr angenehm auffällt, ist eine wohltuend gute mechanische Verarbeitung und Qualität, wie ich sie so nicht erwartet hätte !
Ich hatte schon mal den alten Bresser Uranus, der allen Unkenrufen zum Trotz, ordentlich verarbeitet war - dieser Refraktor hinterlässt aber den Eindruck, mechanisch nochmals eine oder gar zwei Klassen besser verarbeitet zu sein !
Im Einzelnen :
- wenn auch nur ein einfacher R&P Auszug, so ist dieser durchaus wertig verabeitet. Von der Verarbeitungsqualität erinnert er viel eher an Vixen Auszüge. Er läuft sehr geschmeidig, lässt sich fein einstellen und hat so gut wie kein Spiel auch bei vollem Auszug - sehr schön !
- der Tubus ist solide und mechanisch sauber gefertigt aus spürbar dickerem Blech als z.B. beim Uranus . Vor allem ist er sauber abgelängt ! Ob man es glaubt oder nicht, aber selbst bei so einer trivialen Sache habe ich in meinem Astro-Leben schon die albernsten Dinge erlebt. So hatte ich mal einen Meade 395 Refraktor der tatsächlich original am OAZ Ende schräg abgelängt war ( nicht nachträglich gekürzt ! ), somit war eine Justierung schon mal per se absurd, da bereits serienmäßig der OAZ schief im Tubus saß !
- sehr schön gefertigt tatächlich die voll justierbare und auch schön beschriftete Objektiv-Zelle komplett aus Metall
Das Gerät macht auf dem Trocken-Deck wirklich den Eindruck einer sauberen und mechanisch guten Fertigung !
Das oft beschriebene Linsenklappern kann ich bei diesem Exemplar nicht beobachten !
Ein kurioses Detail am Rande : am Tubis befindet sich eine Bresser Metall (!) Plakette ( kein billiger Aufkleber ) mit der Art.Nr. 47-37000 und der Aufschrift D= 102mm und F= 900 mm !
Auf dem Frontring des Ojektivs jedoch die korrekte Bezeichnung F = 920 mm !
Das Gerät welches ich heute erhielt, wurde ofenbar wenig genutzt oder sehr gut gepflegt...denn der Zustand ist nahezu als neuwertig zu bezeichnen.
Allerdings dürfte der Vorbesitzer das volle Poential der Optik gar nicht ausgeschöpft haben ! Eine Überprüfung mit dem GRZY-Kollimator ergab nämlich eine reichliche Dejusterung des Objektivs !
Dank der Möglichkeit 3 Paare Zug/Druckschrauben nutzen zu können, war die Justage mit Hilfe eines Kreuzschraubendrehers und eines Inbusschlüssels in 5 min. erledigt und perfekt justiert !
Nun bleibt noch der echte Sterntest - und natürlich ist es wieder seit Tagen nur bewölkt und regnerisch !
Ich werde mal schauen, ob ich ähnliche Erfahrungen wie Paolo Casarini machen werde !
Ich möchte Paolo zu 100% zustimmen, dass "schlechte" Optiken dieser Baureihe gaaanz überwiegend schlicht auf schlechte/unsachgemäße End-Montage der Linsen zurückzuführen sein dürften.
Meist hilft hier ein simples Gegeneinander.Rotieren der Kron- und Flintlinse um ein optimales Ergebnis zu erzielen, aber natürlich warten wir erst mal den echten Sterntest ab !
Soweit ein schönes und sauber gearbeitetes Gerät. Aus Hartplastik ist hier nur der Obejtivdeckel und die Fokussierräder - der OAZ hätte durchaus Metallräder verdient....mal schauen.
Es folgen ein paar Bilder....entschuldigt die Schiefstellung der Schellen ! Hier muss ich bei der Prismenschiene noch 2 neue Löcher bohren, die vorhandenen liegen zu weit aussen.
Also kurzer Ersteindruck : wertig gefertigter Achromat und deutlich schwerer als z.B. der Uranus oder ein heutiger Bresser Messier 102 mm...klar , hier wird wie beschrieben, kaum Kunststoff verwendet. Auch die Taukappe ist aus Metall mit guter Wanddicke !
Nun bin ich gespannt auf den ersten Test am Himmel !
Ironie des Schicksals : gestern konnte ich einen ED 100/900 erwerben ! Es wird aber noch dauern, bis der bei mir eintrudelt. Soll der Bresser jetzt nur noch eine back-up Rolle spielen ?
Ich denke nicht - das Gerät ist so schön gefertigt, dass ich es sicher oft einsetzen werde !
Vielleicht werde ich mal den Kollegen Wolfgang Quere anschreiben, ob er noch was über diesen Refraktor in den Unterlagen hat. Soviel ich weiss hat Bresser aber mittlerweile alle schriftlichen Unterlagen zu Katalogen vor 2000 aus den Archiven getilgt - zumindest in Papierform ! Ob noch etwas digitalisiertes existiert ? Mal schauen !
Liebe Grüsse, Euer Michael Aaron
durchaus interessant : die Verwendung von Kreuzschlitzschrauben und Gewindestiften mit Inbuskopf als Zug/Druck-Paarung !