Hallo Forum, eigentlich gehört das Thema Seeing ja zu "Wetter" und "Atmosphäre". Ich platziere es dennoch hier unter "Planeten", denn ich brauche euch, als Beobachter und als "Seeing-Reporter". Der Hintergrund: Bei der Planetentagung in Bonn habe ich Michael Theusner kennengelernt. Der Name dürfte dem ein oder anderen Planetenfotografen noch bekannt sein, er hat u.a. die Stackingsoftware Avi-Stack und eine Polarlichtvorhersage entwickelt. Michael ist aber auch gelernter Meteorologe und er ist Amateurastronom seit seiner Kindheit. Wir kamen ins Gespräch und waren uns schnell einig, dass es z.Z. keine belastbare Seeingvorhersage gibt. Natürlich kennt jeder hier die Vorhersagen von Meteoblue. Nur, die stimmen oft nicht, oft nicht mal ansatzweise. Warum? Die Leute von Meteoblue haben ein eigenes Wettermodell zugrunde gelegt und berechnen daraufhin das Seeing. Es existiert aber eigentlich gar kein anerkanntes Wettermodell, das das Seeing beschreibt. Man ist also auf Ideen und Vermutungen angewiesen. Es gibt keinen Abgleich mit der Wirklichkeit. Das soll nun anders werden. Das Problem: Seeing entsteht durch Luftverwirbelungen. Diese können in hohen Luftschichten entstehen, aber eben auch in sehr niedrigen. Gerade diese niedrigen Luftschichten lassen sich in Bezug auf das Seeing aber nur sehr schwer abbilden und sie scheinen nicht unerheblich für das lokale Seeing zu sein. Die Datenlage dazu ist aber eigentlich recht gut. Die Auflösung der Windkarten vom Deutschen Wetterdienst beträgt 200 Meter und reicht runter bis 10 m über Grund. Es wird sogar die Bebauung berücksichtigt oder Wälder, die die Luftmassen bremsen. Es fehlt also eigentlich nur ein geeigneter Algorithmus. Die Idee: Statt nur zu vermuten, wollen wir messen! Hat man genügend Messdaten zur Verfügung, so kann man Korrelationen zwischen den Windkarten und dem realen Seeing vor Ort erkennen und so eine Wahrscheinlichkeit für bestimmte Seeing-Bedingungen angeben. Die Messpunkte: Jetzt kommt ihr ins Spiel. Die Messpunkte könntet ihr sein. Werdet zum "Seeing-Reporter". Beschreibt, wie das Seeing bei euch war. Michael hat dazu eine Website geschaffen, in der die Daten gesammelt und analysiert werden können. Ihr könnt euch dort anmelden und "Seeing-Berichte" abgeben. Die Seite ist sehr überschaubar und funktioniert auch auf dem Smartphone. Einen "Bericht" zu verfassen, dauert keine 20 Sekunden und man kann den quasi "just in time" vor Ort erstellen. Die Daten: Die Qualität der Daten ist natürlich von entscheidender Bedeutung. Ihr könnt in einer Skala von 7 Stufen eurer Seeing einordnen. Es handelt sich um eine rein subjektive Skala. War dein Seeing vor Ort eher durchschnittlich? Oder besser oder schlechter? Ihr werdet gebeten, wenn möglich und sinnvoll, mehrere Berichte pro Beobachtungsnacht abzugeben. Gerade eine Änderung bei den Seeing-Bedingungen kann gut auf eine Änderung im Wettergeschehen zurückgeführt werden. Michael lädt jetzt schon jeden Tag 3 GB an Daten (nicht Bilder) vom DWD herunter, um eure Beobachtungen mit dem lokalen Wetter abzugleichen. Das Projekt läuft schon seit zwei Wochen und es funktioniert. Die Werte: Wir brauchen eure subjektiven, lokalen Beobachtungen. Richtet euch dabei nicht nach irgendwelchen bekannten Skalen. Auch, wenn ihr z.B. über ein warmes Hausdach hinweg beobachtet, und das Seeing ist schlecht, dann ist das ein Wert, der wichtig ist, selbst, wenn ihr die Ursache kennt. Lediglich Luftverwirbelungen, die direkt mit dem Teleskop zu tun haben, sollten nicht übermittelt werden.(Z.B., wenn ihr die Schmidtplatte geföhnt habt, oder das Teleskop noch nicht ausgekühlt ist, oder wenn ihr zufällig daneben Würstchen grillt). Unter Kommentare/Besonderheiten könnt ihr ins Detail gehen. Auch das ist wichtig. Hier gehören Beschreibungen hinein wie: hochfrequentes Seeing, zappelig aber teilweise sehr scharf, ruhig aber unscharf, Sterne flackern bis zum Zenit, Wellen laufen durchs Bild, kontrastarm aber scharf, Bodennebel, minimale Windbewegung am Boden, leichter Wind, Zirren, Haloerscheinungen usw. Hat man keine besondere Idee, kann der Bereich frei bleiben. Andere Wetterdaten wie Temperatur, Luftfeuchte etc. brauchen wir nicht. Die Dauer: Das wird ein längerfristiges Projekt und die Dauer hängt stark von der Datenqualität und den zu findenden Korrelationen ab. Wir rechnen mindestens mit 1/2 Jahr an Datenerhebung, vermutlich wird es aber eher ein ganzes Jahr dauern, um alle jahreszeitlichen Einflüsse mit einbinden zu können. Der Ausblick: Eine Seeingvorhersage, die tatsächlich in groben Zügen das vorhersagt, was wir am Himmel sehen werden, deutschlandweit und in angrenzenden Ländern, für Planetenfotografen, aber auch für Deep-Sky-Fotografen - nicht mehr und nicht weniger. Und ihr könntet stolz sein, dazu beigetragen zu haben. Irgendwo werdet ihr dann sicher auch in einem Impressum auftauchen. Oder geht sogar doch noch ein bisschen mehr? Im Hintergrund laufen weitere Überlegungen und Experimente. Wem der Begriff "Phosim" etwas sagt, der möge sich bitte melden. Phosim ist eine Profisoftware zur Simulation von Ablenkungen der Photonen in der Erdatmosphäre. Schwere Kost, aber hier im Forum gibt es ja Experten. Wie werdet ihr nun Seeing-Reporter? Schreibt mir eine Mail an: . Ich lege ein Nutzerkonto an. Eure Mailadresse ist eure Nutzer-ID. Ihr bekommt die Zugangsdaten und ein Passwort über eure angegebene Mailadresse. Möge das Projekt erfolgreich sein, viele Grüße Ralf