Spontane Starparty und magische Nacht (30.08)

  • Zeit: Dienstag auf Mittwoch, 30. auf 31. September 2005
    Gerät: Takahashi FS-102 Refraktor


    Durch positive Wetterprognosen angespornt, beschloß ich neulich abend kurzerhand, einen beliebten Beobachtungsplatz im Münchner Süden, den Taubenberg bei Holzkirchen (Bayern) in Alpennähe, aufzusuchen.
    Bei der Ankunft in der Abenddämmerung gab es dort einige Wolken - diese verschwanden dann jedoch mit der einsetzenden Dämmerung.


    Aufgrund langer Abstinenz ausgehungert, fanden sich dort etwa ein Dutzend Sternenfreunde mit umfangreichem Equipment ein, so daß ein regelrechtes Spontan-Teleskoptreffen zustandekam. Man sah drei Dobsons von 12 bis 20 Zoll, zwei Apos (4 und 5,5 Zoll), einige Newtons und mehrere andere Geräte wie SCs, einen riesigen Mak-Newton (MN 78) und einige Achromaten von 3 bis 6 Zoll. Alle Fraktionen waren vertreten - Fotografen, Dobsonauten, Refraktorianer.


    Ich hatte also die Gelegenheit, meinen viel zu wenig genutzen Tak auszureizen und mit anderen Fernrohren zu vergleichen.


    Die prominenten Objekte des Sommerhimmels wurden eins nach dem anderen eingestellt und genüßlich verkonsumiert. In der einsetzenden Dunkelheit begannen wir zunächst mit Albireo, dem blau-gelbem Sternenpaar im Schwan. Ein guter Anfang, und der Himmel wird inzwischen richtig dunkel.
    M27 (Hantelnebel), von dem ich gut die Form erahnen konnte, scheint deutlich vor dem Hintergrund zu schweben: Bei direkter Betrachtung schwächer sichtbar, scheint er sich beim Herumschauen leicht zu bewegen. Begeisterte Ausrufe von Herrn Ransburg weisen auf gelungene Fotografien dieses Objekts hin - hoffentlich bekommen wir sie hier zu sehen...
    M57 (Ringnebel) ist als zarter Rauchring immer ein schöner Anblick, und auch M13 (Herkuleshaufen) zählt zu meinen Lieblingsobjekten - ein silbriger Bausch mit staubfeinem Sternengegriesel.
    M31 (Andromeda) war wunderbar zu erkennen, einschließlich seiner Begleiter und doch recht ausgedehnt.


    Zwischendurch gönnte ich mir auf der Liege einige Spaziergänge durch die Milchstraße. Mit freiem Auge schon wunderbar tief bis zum Schützen hin strukturiert, bot sich mir im 12x70 Glas (das mir von einem Sternenfreund geborgt wurde) eine schier überschäumende und dicht gedrängte Menge an gleißenden Sternpünktchen, daß es mir den Atem verschlug.


    Ich spürte: Dies, mit dem lauen Wind und den zirpenden Grillen unter dem geradezu bunt gesprenkelten Himmelsgewölbe, ist eine magische Nacht.


    Der Blick durch den 20 Zöller eines Dobsonauten von der Teleskop-Selbstbau-Gruppe der VSW München offenbarte mir Großartiges. M17, der Omega-Nebel, war schön als "Ente mit Schopf" zu erkennen (wobei "Schwan" sicher edler klingt). Der Nebel zerfaserte sich in Ausläufer und wies eine gut erkennbare netzartige Struktur auf. Der Blick auf den Sternhaufen M22 verschlug einem abermals die Sprache - die dichte Anballung von hellen Funken füllte nahezu das gesamte Sichtfeld - Sternhäufen machen mich immer etwas fassungslos.
    Auch M16 (Adlernebel) gab Strukturen preis - die freundlichen und ausführlichen Kommentare des Fernrohrbesitzers wiesen mich auf die ansatzweise erkennbaren "Pillars of creation" hin.
    Eine Edge-on Galaxie mit zentralem Staubband (welche war es?... Nähe Pegasus) durfte ich mir auch einverleiben.


    Wieder an meinem Vierzöller, war abermals M17 das Ziel - und auch hier deutlich und erstaunlich hell, wenngleich natürlich viel kleiner, die Schopfente zu sehen.


    Als Untermalung des kosmischen Schauspiels fielen im Laufe der Nacht zwei Sternschnuppen (ca. Mag 2) und ein Iridium Flare warf kurz feine Schatten. Überhaupt sah man eigentlich ständig irgendwelche künstlichen Trabanten, alleine vier oder fünf durchkreuzten mein Okulargesichtsfeld - Rush-Hour im Weltall.


    Ruhig glimmend und mit feinen, stehenden Beugungsringen riefen nun die Doppelsterne nach mir: Epsilon Lyrae stand wie im Okular eingeprägt, beinahe künstlich anmutend.
    Der Doppelstern Pi Aql (1,4'') war auch deutlich zu trennen. Eine Herausforderung war dann Lamda Cygni mit 0,9 Bogensekunden und deutlicher Helligkeitsdifferenz - und es gelang! Um mir sicher zu sein, mir das nicht nur einzubilden, ließ ich Patrick einen Blick darauf werfen, ohne ihm die Stellung zu verraten - er konnte meine Beobachtung jedoch bestätigen - und ich bin mit meinem Vierzöller zufrieden. Überhaupt konnte ich viele Objekte wirklich hell sehen - der fein geschwungene Cirrusnebel war eine richtige Delikatesse.



    Mehrmals wurde im Laufe der Nacht H & Chi Persei angesteuert, der im Refraktor einfach ein Genuß ist. Prickelnde, superwinzige Sternenstäubchen umringt von helleren Fünkchen - Keine Fotografie kann diese Empfindung hervorrufen.


    Nach weiteren Kapriolen und Spaziergängen mit dem Refraktor durch zahl- und namenlose Sterne war die Nacht schon fortgeschritten, die Plejaden erschienen, und Mars wurde für das Fernrohr interessant. Hier konnte ich, ja mußte ich, den Vierzöller auf über 300-fach hochziehen, und wurde durch dunklere und hellere Schemen und ein Polkäppchen belohnt.


    Der krönende Abschluß gegen 3 Uhr war dann der Anblick der gerade aufgehenden schmalen roten Mondsichel, der sowohl mit freiem Auge als durch das Teleskop urtümliche Gefühle erweckte. Von schräg hinten angeleuchtet, der dunkle Teil des Mondes durch das Erdlicht aber trotzdem deutlich sichtbar, stellte sich unser Mond im Fernrohr als ein riesiger, orange leuchtender Weltenball dar, der durch das Relief der Krater sagenhaft plastisch wirkte wie auf einem Space-Art-Gemälde über die Urzeit der Erde - ein mit Worten nur schwer beschreibbarer Eindruck.


    Die Sinne völlig benebelt, die Stimmung aufgewühlt und die Fensterscheiben dicht zugetaut, trat ich schließlich um halb Vier Uhr morgens die Heimfahrt an - dies war eine magische Nacht.


    Beste Grüße
    Julian alias Moriarty

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