Hallo zusammen,
etwa vier Femtosekunden nach der Ankündigung der Star Adventurer GTi Reisemontierung stand mein Entschluss fest, meinen Star Adventurer 2i zu verkaufen und die zweiachsige GTi-Version vorzubestellen. Teleskop Austria bot bereits im Februar m. E. als erstes die Möglichkeit der Vorbestellung an. Laut der Ankündigung sollte die Auslieferung im Mai erfolgen. Nach mehrmaligem Vertrösten ist die kleine Montierung Mitte August endlich bei mir angekommen. Dabei wurde der anfangs versprochene Preis von 599,98 € eingehalten und erst nach Auslieferung der ersten Charge haben sie sich den anderen Anbietern preislich angeglichen. An dieser Stelle ergeht ein herzlicher Dank an das Teleskop Austria Team und Tommy für die Auskünfte, die Updates und die portofreie Lieferung!
Ich mache mal diesen Thread auf, um meine Erfahrungen bzw. Ergebnisse damit mitzuteilen, rufe gleichzeitig aber auch euch auf, eure Erfahrungen/Ergebnisse ebenso mitzuteilen. Grund hierfür ist, dass ich im Netz fast nichts an Fakten und Erfahrungen gefunden habe.
Der erste Test am gestrigen 20.08.2022 fand unter prächtigem Sommersternhimmel statt. Ein kräftiger Regen hatte den Himmel reingewaschen und es herrschte eine super Transparenz, auch in Richtung südliche Sternbilder. Leider stieg die Feuchtigkeit im Laufe der Nacht auf und somit schwappte gegen Mitternacht dichter Nebel über meinen Beobachtungsstandort auf 335 m neben der Sternwarte Weikersheim. Dennoch bin ich mit dem ersten Ergebnis nach gerade mal 48 Minuten sehr zufrieden:
Ein 1:1-Ausschnitt aus nahe der Bildmitte:
Mein Setup sieht folgendermaßen aus, von "unten nach oben":
Pro Stativ aus Aluminium mit Auflageteller und 3/8" Schraube (ca. 2.5 kg)
Celestron Powertank (der große mit 158 Wh), am Stativbein befestigt (lt. Datenblatt 2 kg)
Star Adventurer GTi (lt. Datenblatt 2.3 kg), mit 2 kg Gegengewicht
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Sharpstar 61 EDPH II Mini-Apo mit Reducer/Flattener mit verlängerter GP-Level-Schiene (lt. Datenblatt 1.8 kg)
Haida USB Taukappenheizung
ASI 6200 MC Pro als Hauptkamera mit Adaptern und Optolong-Filtern (lt. Datenblatt 0.7 kg)
SVBONY SV 165 (lt. Datenblatt 0.36 kg), am Apo befestigt
ASI 120 MM Mini mit UV/IR Cut Filter (lt. Datenblatt 0.06 kg)
ASIAIR Pro (lt. Datenblatt 0.2 kg), am Apo befestigt
Kabelgedöns
In Summe macht das etwa 12 kg Gewicht. Dabei fallen etwa 2.9 kg auf den Rücken des SA GTi, GG und Stange nicht mitgerechnet:
Ich versuchte mich gleich an eine Fotoserie mit Autoguiding. Die Belichtungsdaten zum oben gezeigten Bild von M 8/M 20:
t= 16 x 3 min
Optolong L-Pro
Sensortemperatur minus 5 Grad
je 30 Flats und Darks
Stacken in Deepskystacker, Weiterverarbeitung in FITSWork und Photoshop.
Mit dem Autoguiding muss ich noch herumexperimentieren, ebenso mit dem Einnorden. Hier muss ich meinen Workflow optimieren, gestern beließ ich es bei einem visuellen Einnorden mit dem beleuchteten Polsucher. Lt. ASIAIR App kam ich auf 3 Bogenminuten Polabweichung. Dies ist natürlich optimierbar, beim nächsten Versuch mache ich es mit der Routine der ASIAIR App.
Der Autoguidinggraph schlug ein paar Mal aus, jedoch nie mehr als 4 Bogensekunden. Das schiebe ich allerdings auch auf die Seeingbedingungen, schließlich lag die Zielgegend keine 12 Grad über dem Südhorizont. Im Schnitt spuckte der Graph ein Autoguiding von +/- 1.5 Bogensekunden aus. Ich werde dies jedoch nochmals genauer im Auge behalten und auch dokumentieren. Bei einem Aufslösungs/Pixelverhältnis von 2.8 Bogensekunden je Pixel für mein Equipment ist das jedoch irrelevant.
Für den ersten Versuch bin ich mehr als zufrieden und ich sehe einen würdigen und starken Nachfolger zu meinem SA 2i. Ich erhoffe mir auch viel für kommende Reisen, insbesondere für den dreiwöchigen Aufenthalt unterm Himmel der Namib und der Kalahari im nächsten Jahr. Die Astro-ToDo-Liste ist schon geschrieben. Mit 274 mm Brennweite ist da viel zu machen!
Fazit nach den ersten Tagen bzw. dem ersten Praxistest:
Was mag ich?
- die robuste Bauweise
- die Leichtgängigkeit der Achsen, die ggüb. SA 1 und 2i nochmal deutlich besser und weicher ist
- die GoTo-Funktion, hier bin ich aus der ASI AIR App und deren Himmelskatalog verwöhnt
- die Motoren sind laut, aber nicht so laut, als dass ich den Punkt unter "Mag ich nicht" auflisten würde, im Gegenteil, die laufen ruhig und vermitteln einen wertigen Eindruck
- die Genauigkeit bei der Nachführung.
- nur 5 kg Payload, aber das ist kein wirklich negativer Punkt, ich denke, im Gegensatz zu den m. E. utopischen 5 kg beim SA 1 ist es dieses Mal realistisch, die Payloadgrenze ausreizen zu können
- die Polsucherbeleuchtung
- die Polhöhenwiege. Die Arretierung erfolgt beidseitig. Da wackelt nichts.
Was mag ich nicht?
- die Polsucherkappe/-abdeckung, die fällt einem regelmäßig entgegen und habe sie daher gleich beiseite gelegt, auch die Haltenasen daran sterben sicher zeitnah eines Todes durch Abbrechen
- die Batteriefachabdeckung, wenn man es denn nutzt und den SA mit AA versorgt. Billiges Plastik, auch deren Haltenasen sterben sicher schnell an einem Tod durch Abbruch
- die SynScan Pro App. Man steigt zwar durch und findet schnell die relevanten Bedienelemente, jedoch ist sie sehr instabil und langsam. Zum Glück nicht von Bedeutung, wenn man den SA GTi via ASIAIR nutzt
- die Nutzung der Polsucherbeleuchtung. Man muss zum Aktivieren/Deaktivieren in die App. Ein extra Taster (mit Helligkeitsreglung) hierfür am Gerät wäre praktikabel gewesen
- es sind keine Teilkreise vorhanden. Für die Astrofotografiepraxis jedoch nicht bzw. kaum von Belang.
Wie schauts bei euch aus? Habt ihr das Teil und habt damit Erfahrungen sammeln können oder bleibt ihr bei den älteren Generationen? Ich für meinen Teil fahre jetzt auf jeden Fall zweigleisig und möchte neben meinem 130er Apo gerne auch den kleinen Mini-Apo auf dem SA GTi einsetzen. Ich bin gespannt, was möglich ist.
Grüße,
Jens