Erst auf zum Grillen, dann zum Spechteln mit 17 Zoll – Beobachtungsbericht vom 2./3. Juli 2022

  • Servus beinand,


    am 2. Juli 2022 fand (zum ersten Mal seit Corona) das traditionelle Grillfest der Astronomischen Gesellschaft Buchloe statt. Ich habe mir sagen lassen, dass man das Fest früher immer auf einen Vollmond gelegt hatte, damit niemand in an- oder betrunkenem Zustand auf die Idee kommt, mit der Sternwarte "zu spielen". Heutzutage ist man aber natürlich viel gesitteter und Grillen kurz nach Neumond heißt natürlich, dass irgendwer dann doch spechteln will. Der Irgendwer war ich *ähem*.

    Ab 1 Uhr war die Sternwarte eh schon vorreserviert bzw. besetzt. Kometen zu fotografieren geht vor visuellem Spechteln, vor allem wenn letzteres spontan erfolgt.

    Nach Genuss von diversem Grillgut, Salaten und Getränken – nicht zu vergessen: der üblichen Fachsimpelei – habe ich um halb elf das Teleskop für den Abend eingeweiht bzw. ausgelüftet. Wir haben einen 44cm-Newton mir 2,03 m Brennweite. Tubusseeing ist da natürlich ein Thema.


    Um 23 Uhr war es noch ziemlich hell, aber das Teleskop hat langsam die Außentemperatur auch im Rohr erreicht und es konnte losgehen. Zuerst einfach mal – wie immer M 57, den Ringnebel. In der Dämmerung nicht das beste Ziel, aber mit 44cm Öffnung kann man da schon genug Licht sammeln. Ich konnte innerhalb des Kringels bei 250× verschiedene Strukturen differenzieren, aber für den Zentralstern war es noch zu hell. Es gingen noch knapp jenseits der 14 mag, aber 15 mag auf Nebel bei zu geringem Kontrast geht eben nicht. Später, kurz vor halb zwölf, konnte man dann den Zentralstern indirekt erahnen.


    NGC 7048 war das erste eigentliche Ziel. Ich hatte diesen 12m1 schwachen oder hellen PN schon mit meinem 8-Zöller beobachtet und da erschien er mir etwas oval. Auf Fotos ist er aber fast rund. Das wollre ich mit dem 17-Zöller mal prüfen. Hier meine Notizen: Man sieht schon im Übersichtsokular einen diffusen, rundlichen, recht großen Nebelfleck. Bei 250x ist er am besten zu beobachten gewesen: man erkennt einen diffusen Fleck, dessen Rand nicht sehr scharf begrenzt erscheint. Bei genauem Betrachten fällt auf, dass ein ovaler Bereich etwas heller erscheint, zusammen mit schwächeren Bereichen der Nebel aber insgesamt fast kreisrund ist.

    Insofern kann ich meine damalige Beobachtung (vom 10.10.2021) durchaus bestätigen: "Mit 12m1 visuell ist dieser PN schon lichtschwächer. Auf Fotos sieht man eine ca. 1' große Scheibe, schön rund. Visuell habe ich aber einen etwas länglichen Nebelfleck gesehen. Direkt oberhalb war ein etwas hellerer Stern, der das untere Ende einer Raute markiert und unterhalb des PN schließen sich weitere Sterne an. Relativ zu diesen Sternen (Raute oberhalb, senkrecht nach unten zeigend) sah ich einen waagerecht liegenden, länglichen Fleck. Um die Form gut zu sehen, habe ich das 8mm-Okular genutzt, also ca. 200-fache Vergrößerung." Das hatte ich mit meinem 8-Zöller notiert.

    Jetzt kann ich es mir besser erklären. Ich habe die hellsten Bereiche gesehen und die etwas lichtschwächeren nicht. Hat vielleicht auch was mit OIII vs. H-alpha zu tun, denn der PN erscheint auf Fotos ja grün und rot gemischt. Das Auge ist weniger rotempfindlich und die grünen Bereiche erscheinen heller. So könnte der ovale Eindruck entstehen. Jetzt fehlt nur noch die Analyse meinerseits durch Fotografie.


    Weiter ging's zu NGC 7026, dem Cheeseburger-Nebel. Auch den habe ich am 10.10.2021 mit 8 Zoll beobachtet. Ich konnte da schon bei 200× erkennen, dass der Nebel in zwei Komponenten zerfällt, aber einen richtig breiten, dunklen Streifen habe ich nicht gesehen. Wohl aber mit den 17 Zoll bei 800×. Hier die Notizen: Im Übersichtsokular sehr hell, aber bereits als kleines Nebelfleckchen zu erkennen – direkt daneben ein heller Stern, sodass man an einen Doppelstern denken könnte, wäre die eine Komponente nicht nebelig. Bei 250× wird aus dem Nebelfleckchen ein etwas größeres Fleckchen, immer noch sehr hell, aber nicht deutlich strukturiert: bei 800x erkennt man plötzlich eine deutliche (!) Lücke zwischen zwei Nebelhälften, sodass der Name Cheeseburger-Nebel sehr passend erscheint. Ich kann sogar die an den Enden abgehenden "Zipfel" ansatzweise erkennen. Das Seeing war so gut, dass man mehr als nur zwei Burgerhälften erkennt. Grandios! Auf der von TYC 3592-2787-1 abgewandten Seite kann ich ab und zu auch die Verbindung der beiden Cheeseburgerhälften erkennen. Die von TYC 3592-2787-1 abgewandte Hälfte erscheint mir an der Unterkannte etwas heller als die obere Hälfte zu sein. Bei 800x und passendem Seeing ein toller PN! Im Vergleich zu NGC 7048 ist der hier äußerst hell. Zum einen etwas mehr als eine Größenklasse heller und dann auch noch viel kleiner, sprich eine deutlich größere Flächenhelligkeit.


    Ich bin dann rüber zum OdM Juli (2022), musste dann aber feststellen, dass der Fangspiegel beschlagen ist. Es kam dann Besuch vom Vereinsvorstand, der neugierig war, was ich anschaue, weshalb ich dann zum spektakulären NGC 7026 zurückgekehrt bin. Das 2,5mm-Okular (800×) kann nämlich nur selten eingesetzt werden, da das Seeing meist zu schlecht ist. Den Cheeseburger konnte man zwar trotzdem noch gut erkennen, aber durch das Beschlagen war es schon schwierig geworden. Also Föhn raus und Fangspiegel trocken föhnen. Danach war das Teleskop natürlich total verstellt, man muss ja irgendwie ran kommen an den Fangspiegel, ohne mit Föhn auf eine Leiter zu klettern.


    Das OdM Juli habe ich dann auf das Ende der Session gelegt, um den dunkelsten Himmel dafür zu nutzen.


    Daher noch mal schnell Sight Seeing – M 56 in der Leier: Bereits im Übersichtsokular granuliert. Bei 250x bis in den Kern hin aufgelöst – viele, zerstreute Einzelsterne vor deutlich nebeligem Hintergrund; könnte auch ein sehr kompakter Offener Sternhaufen sein, für einen KS recht locker.


    Weiter zu M 4, bevor er für die Sternwarte zu tief steht... Den Sternenbalken mit 17 Zoll anzusehen, ist immer traumhaft schön. Mit 17 Zoll ist es aber nur noch genial. Da hat auch etwas Dunst am Horizont bis auf weniger Kontrast nichts geändert. Ist halt mein Lieblings-Kugelsternhaufen.


    Jetzt wurde es "ernst"... ab ins Schild zum Objekt des Monats Juni 2022. Der Bericht davon ist natürlich im OdM-Board zu finden: RE: OdM Juni 2022: IC1295 + NGC6712

    "Auf dem Weg" zum OdM kommt man irgendwie immer automatisch an M 11 vorbei. Der Haufen ist mit jeder Öffnung einfach nur genial. Dazu muss ich wohl nichts mehr schreiben. ;)


    Der Abend wurde schließlich mit dem Objekt des Monats Juli 2022 abgeschlossen. Auch hier verweise ich auf den Bericht hier: RE: OdM Juli 2022 - IC 5076, Barnard 351 und NGC 6991 - Nördlich von Nordamerika – Reflexion, Absorption und Sternengefunkel


    Schließlich packte ich meine sieben Zwetschgen ein und übergab das Teleskop für die Kometenfotografie. Die Sternwarte wird regelmäßig genutzt, Kometen bis ca. 21mag zu fotografieren und die Positionen zu bestimmen. Ich blieb da noch ein bisselr als Zaungast und bin dann gegen 2 Uhr gemütlich nach Hause gefahren. Ich konnte zwar nur knapp eine halbe Stunde dunklen Himmel nutzen, helle Objekte wie NGC 7026 kann man aber auch schon früher ansehen und bewundern.


    Ach ja, der Himmel: gemessen haben wir um 1 Uhr einen sqm-Wert von 21m1. Für eine laue Sommernacht gar nicht so schlecht. Und das bei sehr gutem Seeing. Was will man mehr?


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph,


    ein schöner Bericht eines Grillabends mit spechtlerischer Ergänzung :) .


    Sehr interessant, was du zu den beiden PN's NGC 7048 (Vergleich der Eindrücke zwischen 8- und 17-Zöller) und NGC 7026 schreibst ! Zu dem Cheeseburger-Nebel fiel mir wieder ein, dass ich den erst so richtig - mit den beiden Hälften - auf der Sternwarte Berg kennengelernt habe: Unser gemeinsamer Freund Julius hatte ihn dort hergezeigt, das musste doch irgendwann in den 90ern gewesen sein :/ . Also in alten Aufzeichnungen wühlen - Ergebnis:


    Es war der Abend des 9. Oktober 1993: Guter Himmel für Berg; neben Julius war Kollege Dufter dabei, auch Ralph mit seinem alten 6-Zöller sowie zwei englischsprachige Besucher. NGC 7026 bei 500x im 12-Zöller, das ist meine einzige Erinnerung an diese Nacht. Zudem sagt die Aufzeichnung, dass wir Saturn bei 500x, und weitere PN's (NGC 7662 bei 900x, NGC 7027, NGC 7009, NGC 6826, NGC 6804) und Galaxien (M77 bei 500x, NGC 520, 7606, 7454, 7448, 7814, 891, 1023) drin hatten. Mei, lang ists her ...


    Servus

    Ben

  • Hallo Christoph,


    danke für den schönen Bericht. Hmm, NGC7026 Cheeseburger Nebel. Der Name sagt mir etwas, beobachtet habe ich in noch nicht bewusst. Ein lohnendes Ziel für die so langsam wieder beginnende Saison, auch hier im Norden.


    Danke für den Tipp:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Servus Ben, Gerd und Marcus,


    vielen Dank für euer Feedback! Grillen und Specheteln ist eine tolle Kombination. Kann ich nur wärmstens empfehlen. :)

    Mettling – ja, der Cheeseburger lohnt sich. Man braucht aber wirklich Öffnung. Im 8-Zöller sieht man ja fast gar nichts, wenn ich das mit dem 17-Zöller vergleiche. NGC 7027 lohnt sich übrigens auch mit größerer Öffnung (ist auch im Schwan).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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