Erster Test - GSO Low Expansion Spiegel (lang!)

  • Hallo alle!


    7:10 morgens, zwei kurze Klingeltöne und der in der Kälte stehende Postbote überreicht eine Riesenschachtel! Diese eifrig aufreißend finde ich vorerst nur Unmengen von Styropor. Dazwischen gut eingebettet liegt eine kleinere Schachtel. In dieser wieder großteils Styropor. Zwei ebene Platten, und dazwischen eine dickere Platte mit einem Loch in der Mitte - und da liegt er drinnen: der neue Low Expansion Austauschspiegel von GSO. Erdbebensicher verpackt, mit einer Plastik-Schutzkappe über die volle Öffnung und nochmal in Papier gewickelt.


    Dementsprechend unversehrt befreie ich ihn aus der Verpackung. Der erste Anblick ist einigermaßen gewöhnungsbedürftig - und jegliche Diskussionen über das verwendete Spiegelmaterial werden hier im Keim erstickt: Der Spiegelträger ist dunkelbraun und fast undurchsichtig - im Gegenlicht ist ein weinroter Schimmer erkennbar. Hübsch, irgendwie! Die Kappe kommt gleich wieder darauf, ich muss in die Arbeit :(


    Etwa 17:00 - daheim von der Arbeit, und ganz so klar wie es den ganzen Tag über ausgesehen hat ist es nicht mehr. Eine dünne Hochnebel- und Wolkenschicht bedeckt den Himmel - ich kann nur hoffen dass das Seeing einigermaßen brauchbar wird. Aber erst steht ohnehin der Spiegeleinbau auf dem Programm. Zuallererst bringe ich aber eine Mittenmarkierung an, peinlichst genau, damit sie auch auf den Millimeter stimmt. Das gelingt schon einmal gut - und wäre inzwischen die Dritte, nach dem TAL1- und dem ersten GSO-Spiegel. Dann den Spiegel in seine Halterung gelegt und die Halteklammern wieder befestigt, wie gehabt nur in Fallsicherungs-Stärke, damit das gute Stück ja nicht verbogen wird in seiner Fassung. Eingebaut und laserjustiert, noch minimales Feintuning der Hauptspiegeleinstellung mit einem Justierokular. Es könnte losgehen! Aber es ist noch hell...


    18:20 - Erstes Dämmerungslicht für den neuen Spiegel:
    Draußen hat es 18 Grad, drinnen vielleicht 21. Perfekt eigentlich, aber kann es nicht heute auch kalt werden, ich möchte doch auch das Temperaturverhalten des Neuen ergründen ;) - dann muss ich eben auf später warten. Dass es kalt wird, meine ich natürlich - beobachtet wurde sofort, als ich Jupiter der Dämmerung als feines Pünktchen entreißen konnte.


    Dieser versprach schon einiges - viele Strukturen sind schon zu sehen. Das Dämmerungs-Planetenschauen, das schon oft hoch gelobt wurde, ist aber nicht so recht meine Sache...


    Es wird dunkel - und erste Sterne sind sichtbar. Diese wurden sogleich zum Testen verwendet, und die unscharf gestellten Sternbilder lassen Freude aufkommen. Die intra- und extrafokalen Bilder sind praktisch identisch! Die intrafokalen Ringe sind nur minimal kontrastschwächer als die extrafokalen, aber auch sehr deutlich sichtbar. Die Helligkeitsverteilung der Ringe ist auf beiden Seiten des Fokus praktisch gleich, und der Fangspiegelschatten erscheint ebenfalls ziemlich in gleicher Distanz.


    Im Fokus ist das Beugungsscheibchen klar definiert, und Teile der Beugungsringe sind immer zu sehen, auch bei den hellsten Sternen. Eine stehende Beugungsfigur wird aber durch das Seeing verhindert. Auch Castor, dessen Trennung zugegebenermaßen keine rechte Herausforderung für einen 20cm Spiegel ist, erscheint wunderschön - 2 winzige Scheibchen mit wenigen Ringen drumherum. So gefällt mir das!


    Während es kälter wird, gehen die bekannten Warmluftschlieren durch das Bild. Mit einem kleinen, aber feinen Unterschied: die Beugungsmuster am unscharfen Stern werden zwar von Schlieren durchzogen, aber die grundlegende Form derselben ändert sich nicht, und immer noch sind auch intrafokal die Ringe gut zu sehen. Hier musste mein BK7 Spiegel passen, und hatte keine so feinen Sternpunkte mehr zu bieten.


    Auch Jupiter macht nun immer mehr Spaß. Folgende beiden Aufnahmen sind um ungefähr 8 Uhr bei brauchbarem, aber noch nicht sehr gutem Seeing entstanden:



    Später, als der große rote Fleck auftauchte, war Jupiter vom Standort der Montierung schon hinter dem Haus verschwunden, also wurde der Tubus auf die Rockerbox gewuchtet und visuell weitergemacht. Und da bescherte mir der neue Spiegel bei besser werdendem Seeing eine meiner bisher schönsten Jupiterbeobachtungen: Der große Fleck war wunderschön zart-orange, und in den Bändern und Zonen waren unzählige Feindetails erkennbar. Mit einem Kontrast, der nocheinmal einen kleines, aber merkliches Stück besser ist als der, den mein BK7-Spiegel (mit einem Strehl von 0.95) zu liefern im Stande war. Auch hohe Vergrößerungen konnten fast nach Belieben eingesetzt werden, zur maximalen Detailerkennung optimal war bei Jupiter etwa 250x bis 300x.


    Kurz zu den Spiegel-Testdaten: Ein Strehl von 0.99 (gemessen wurde bei 532nm) und eine sehr glatte Oberfläche sprechen eine deutliche Sprache.


    Mein Fazit: Das ist ein Spiegel, der wirklich Spaß macht, was ich trotz aller theoretischer Diskussionen immer noch für das Wichtigste halte. Und diesen werde ich garantiert nicht mehr hergeben!


    Ciao,
    Roland

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