Bevor der Mond aufgeht

  • 2020-06-12/13, Fr/Sa, Alpenvorland, 20" Newton, Fernglas 8-16x21


    Ben schlägt vor den Halbmond für einen kurzen Astroausflug zu nutzen. Der Himmel ist bis zum Horizont stahlblau, die Temperaturen sommerlich und so packe ich Mittags den 20er ein. Und Ralf will auch kommen und seinen 5-ling 9.5“ unter die Sterne bringen.

    Bei der Hinfahrt werde ich einiger Wolken gewahr, die die extraordinäre Transparenz im Süden gefährden.
    Als ich gegen 21:30 am Beobachtungsort ankomme, sind Ben und Ralf sind schon da. Dort sind noch einige Besucher, die den Sonnenuntergang bewundern . Bald sind diese gegangen, und der Weg bleibt in aller Beschaulichkeit für uns allein. Der Platz beginnt wieder seinen Zauber zu entfalten! Ich komme ins Schwärmen!
    Ich hatte den Tag zuvor zu Hause im Garten in der Vorstadt eine gewisse Milchstraße und hoffe jetzt auf mehr.


    Ben stellt diverse Galaxien ein, 3 Objekte schaue ich auch an:
    - eine M82-artige Galaxie in der Jungfrau NGC 4866 mit einer dunklen Teilung, einem hellen Sternchen auf der Kante der Galaxie, recht hübsch an zu sehen.
    - eine helle Edge-On, NGC 4762, die schön definiert und sehr schlank erscheint, ein Staubband ist nicht wahrnehmbar
    - Seiferts Sextett, NGC 6027, ich sehe drei Galaxien sicher und eine vierte unsicher, die sehr eng beisammen stehen, ein schwieriges Objekt!



    Ben am 20"


    Ich beobachte die immer schöner werdende Milchstraße mit dem Pentax Zoom, 8-16x21. Mit Ministativ , angelehnt an den Oberkörper, bekomme ich das Glas halbwegs zitterfrei. Mich hat der Minifeldstecherwahn erfasst, ich konnte bei dem 310g + 70€ Teil nicht widerstehen.
    Der linke Kanal zeigt beste intra- und extrafokale Sternbilder, während der rechte Kanal eine leichte Koma hat. Letztlich ist das Teil fett scharf in der Mitte, aber 21mm Öffnung sind nun wirklich nicht viel! Damit geht M57 trotzdem eindeutig, und mir erscheint der Ringnebel bei 16x marginal nicht stellar. Das geht hier auf dem Land viel besser, als von zu Hause aus. Sehr hübsch M8, zusammen mit dem hellsten Teil des Trifid-Nebels. Bei 16x wird alles mausdunkelgrau, da muss ich die Seiten der Okulare mit der Hand abschirmen, und sehr gut adaptieren, wenn ich vorher in den Himmel geschaut oder die Karte studiert habe.



    Ralf am Fünfling


    Inzwischen schweben die beiden Schwanzsterne des Skorpions ganz knapp über dem Waldrand, hell und deutlich, auch mit bloßem Auge, noch schöner im Feldstecher. M4 ist im 8-16x21 eine große, lichtschwache Kugel.



    7.5mm UWW f2.8 an Olympus E-PL7, mit selbst gespraytem Kuppel-Diffusor, 39 x 15sec. Sequator Stack, stehende Kamera


    Der Skorpion mit seiner OB-Assoziation funkelt prachtvoll im Süden, beeindruckend. Die Sterne sind sehr unruhig und Antares durchläuft im Pentax alle Farben in schneller Folge. Ohne Brille flackern die Sternscheibchen sehr auffällig bis etwa auf halbe Höhe zum Zenith.
    Dann kommt doch der große Spiegel wieder dran, und ich schaue mir nochmals M4 an.
    Die Kamera halte ich fleißig in Bewegung, mit dem 7.5mm UWW bei f2.8 und dem 25mm bei f2.2. Irgendwie habe ich mir einen Fotovirus eingefangen, da ist für Corona kein Platz mehr. Leider habe ich im Kameramenü eine weitere, sehr praktische Serienbildfunktion entdeckt, was zur Folge hat, dass zu Hause eine erschreckende Datenflut über mich hinweg schwappt.
    Die Milchstraße präsentiert sich immer schöner und so wird auch der „Blumenkohlnebel“ [:D], der schwächere Bulge der Milchstraße nordwestlich des Zentrums, visuell, mit wenig Kontrast, aber klar sichtbar. Die Dunkelnebel darin sind schwierig und undefiniert, ich sehe allerdings, wenn ich genau hinschaue, eine nach oben, Richtung Norden weisende Dunkelstruktur. Dafür, dass die Stadt nur 20 km entfernt ist, ist der Himmel eine Pracht.
    Im Süden sind nur schwache Lichtkuppeln, so dass Skorpion und Milchstraße ästethisch den Himmel dominieren. Das Milchstraßenzentrum wirkt jetzt heller als die Schildwolke, so wie es sein muss. Die Transparenz ist ungewöhnlich gut.


    Im 20er versuche ich es mit dem Katzenpfoten-Nebel (NGC 6334), der knapp über dem Scorpionstachel steht. Doch kann ich nichts davon erkennen. Das steht alles so extrem niedrig, dass ich am Boden herumkriechen muss, um ins Okular zu schauen. Dann kommen noch ein paar Standartobjekte. M27, dort sehe ich ein Sternchen fast genau im geometrischen Zentrum, das ist wohl der Zentralstern. Bei M16 sehe ich einen der 3 Pillars of Creation mit UHC, die zwei anderen jedoch nicht. Ein kurzer Schwenk auf den rauchigen M17. Und zum Schluss teile ich mit Ralf einen Blick auf die Knochenhand des Cirrus-Nebels, die schöne Filamente offenbart.

    25mm Normalobjektiv bei f2.2 an Olympus E-PL7, 9 x 6 sec. Sequator Stack, stehende Kamera


    Dann fällt mir auf, dass die Milchstraße an Kontrast verloren hat. Kein Wunder, der Mond ist, versteckt hinter dem Wald, schon längst aufgegangen! Ich packe zusammen und siehe da, es ist schon 2h30 MESZ! Ralf und ich gehen den Platz mit der Lampe nochmals ab, damit nichts liegen bleibt, und fahren dann heim.

  • Hallo Ralph,


    da hast du unseren gemeinsamen Spechtelabend sehr schön dokumentiert, und die Stimmungsbilder sind wie immer wunderbar [:)][:p].


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Dafür, dass die Stadt nur 20 km entfernt ist, ist der Himmel eine Pracht. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Allerdings ! Die Milchstraße toll strukturiert, und die ganze Südhälfte des Himmels mit beachtlicher Qualität - gerade auch der Südhorizont: Was auch am Objektpaar NGC 6520/B86 (Sternhaufen/ Dunkelnebel) deutlich wurde, das tief im Süden in Ralf's Fünfling gut heraus kam.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> eine M82-artige Galaxie in der Jungfrau NGC 4866 mit einer dunklen Teilung <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Wie hatte Walter die Galaxie empfohlen:"das Hubble Bild zeigt eine sehr interessante und gar nicht so kartoffelig-wolkige, sondern eine elegante bläuliche Linsengalaxie mit Staubstrukturen. Eine echte Schönheit!" Ja, das Dunkelgebiet auf der Ostseite ist richtig ins Auge gefallen, während ich für Strukturen im Westen - da wo der Vordergrundstern liegt - indirektes Sehen benötigt habe. Wirklich lohnend ! Außerdem hatte ich noch die Galaxie NGC 5248 im südlichen Bootes eingestellt; in dem länglichen Nebel zeigten sich zwei Außenkanten - relativ zum Kern gegenüber liegend - besser definiert, ein Hinweis auf die Spiralarme.

    Servus
    Ben

  • Hallo Ben,


    danke für deinen netten Kommentar!
    Schön, dass wir mit dem Ausflug noch etwas Galaxien-Spechtelei in den Sommer hinüber retten konnten.


    Grüße
    Ralph

  • Hallo Ralph,


    danke für Deinen schönen Ausflugsbeitrag :)


    Hab erst gestutzt, mir kam die Ecke bekannt vor, hab auch den schon recht hohen Skorpion genau am Feldwegende und links ne Gehölzgruppe, aber ist doch woanders...


    Ja, die Nacht und der Tag zuvor waren extrem klar. So ein Blau ist mir schon lange nicht untergekommen. Dementsprechend leicht gabs am Tag auch den Sonnenbrand.


    Die kleinen Ferngläser scheinen in Mode zu kommen :-))
    Tatsächlich hab ich auch mit meinem 10x22 auf den Lagunennebel und Trifidnebel gehalten in jener Nacht - richtig schön in einem Sehfeld zu erkennen. Echt erstaunlich, dass man mit so einem kleinen Glas schon so tolle Eindrücke gewinnen kann, wenn die Qualität halbwegs stimmt zumindest.


    Seyfferts Sextett hatte ich vor einigen Jahren mal im Flachland bei recht guten Bedingungen mit 12" drinnen und hatte auch meine Mühe damit, aber 3 separate Boppel waren sichtbar wenn ich mich recht entsinne. 4 bei mir aber eher nicht. Muss da nochmal gucken.


    Schön, dass ihr die kurzen Nächte genutzt habt - prima!
    Danke nochmal für die schönen Eindrücke!


    Schöne Grüße und CS
    Norman

  • Hallo Norman,
    vielen Dank für deinen Kommentar!
    Als ich mit meinem kleinen Feldstecher unterwegs war, dachte ich an Dich, hatte ich doch deinen interessanten Bericht zum 10x22 gelesen.
    Ich selbst habe aus der Mini-Fraktion noch ein Canon 8x25 IS, das wiegt aber schon gut 400g, hat ein ordentliches Gesichtsfeld, welches auch ein recht gute Randschärfe bringt, es fällt allerdings in der Mittenschärfe gegenüber dem Pentax Papillio 6,5x21 und dem Pentax UP 8-21x21 etwas ab, die gerade darin verblüffend gut sind. Die Bildstabilisierung des Canon ist aber für Astro einfach wunderbar, während bei den unstabilisierten Gläsern für mich viel mehr Anstrengung nötig ist, um diese zumindest einigermaßen ruhig zu halten. Dein Kowa ist offensichtlich ein edles Teil und nutzt die 22mm Öffnung für allerbeste Bilder, die dann für spontane Begeisterung sorgen, wenn Du damit in den Sternhimmel eintauchst! Öffnung ist nicht Alles :) !



    Beste Grüße
    Ralph

  • Hallo Ralph, das sind ja wirklich sehr schöne Stimmungsbilder. Dein selbstgesprayter Kuppeldiffusor funktioniert ja prächtig! Ihr müsst dort eine schöne Sommer Stimmung gehabt haben. So ein 20- Zöller gibt natürlich trotz kurzer Dunkelheit ganz schöne Motive her.


    Mit einem 8-16x21 Zoom Ferngläschen beobachten zu müssen, käme mir allerdings weniger in den Sinn.


    Am Seyfert’s Sextet habe ich mit 17,5 Zoll selbst auf der Edelweißspitze nur 3 Galaxien sicher gesehen (NGC 6027, A, E) und die vierte NGC 6027 B nur noch erahnt.

  • Hallo Stathis,
    Nun einen 24" würde ich z.B. dem 8-16x0.8" Fernglas schon in eingen Fällen vorziehen (-:. Bisweilen reizt es mich, die Eindrücke und Leistungen von Minimaloptiken auszuloten.
    Ich empfehle immer die wunderschönen Sommernächte zu nutzen, die Zeit, während derer dann DeepSky gemacht werden kann, ist für mich auf 47° Nord gar nicht so kurz. Die geringen Dämmerungserscheinungen, wenn die Sonne die 18° unter dem Horizont nicht mehr ganz erreicht, werden doch meist von der wahren Plage, der Lichtverschmutzung, verdeckt.

  • Hi Stathis,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Mit einem 8-16x21 Zoom Ferngläschen beobachten zu müssen, käme mir allerdings weniger in den Sinn.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich bin erschüttert! Gerade bei Dir hätte ich etwas mehr Extremismus erwartet [;)][:o)]


    Nee im Ernst, schnall Dir so ein Ding ruhig mal an die Radhose, und wenn Du dann bei der nächsten 500km-am Stück-Tour unter griechischem Himmel in den Bergen dann doch mal 30 Sekunden Pause machst, zück so ein Ding mal, wirst überrascht sein denke ich...


    [:)][8)]


    Schöne Grüße und CS
    Norman

  • Hallo Ralph,


    warum bin ich jetzt erst auf Deinen schönen Bericht hier gestoßen.
    Ich schließe mich Euch (Dir und Norman) an. Die kleinen Gläser können einen ganz eigenen Zauber entfalten. Du hast ja wirklich schon jede Menge durch probiert. Und dann noch Fotografieren und Beobachten in so einer kurzen Nacht ... reife Leistung.


    Ich habe das Gefühl, dass wir dieses Jahr nach dem fantastischen Frühling auch einen fantastischen Sommer erleben. Immerhin gibt es hier im Forum viele Beobachtungsberichte zur besten Mittsommerzeit.


    Viele Grüße


    Rene

  • Hallo Rene, danke für die Bestärkung sich auch mit 2x0.8" auf die nächtliche Reise zu machen. Ich hoffe auch, dass der Sommer noch einige gute Nächte preis gibt!
    Ich hatte jetzt schon mehrfach sehr gute atmospärische Bedingungen, die sogar von der Terrasse aus der Vorstadt
    einen angenehmen Blick auf die helleren Objekte des Sommerhimmels hergaben.
    Ich hoffe du kannst weiter vom schönen Sommersternhimmel profitieren.
    Grüße
    Ralph

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