Guten Abend,
und abermals habe ich eine gelungene Chile-Tour hinter mir. Insgesamt wurde an 10 Nächten, vom 21.Nov. bis 1. Dez. im Raum San Pedro de Atacama beobachtet mit einem mitgebrachten 25cm Newton. Es geht hier nicht um Beobachtungsinhalte sondern mehr um Peripheres. Ich habe keine Beobachtungsnotizen oder so gemacht, reines Anschauen war der Vorsatz. Als Neuling am Südhimmel schaut und staunt man. Jede Nacht wurde eine bestimmte Himmelsregion abgeklopft mit Sky Safari.
Generell war nicht eine einzige Nacht bewölkt, verdunstet oder versandet. Andererseits gab es nie den perfekten Himmel, also ohne sichtbare Absorption bis zum Horizont. Das durfte ich nur ein Mal im letzten Jahr erleben auf dem Paso de Sico.
Paso de Jama
Ich habe eine Nacht bei Km 55 auf ca. 4800m Höhe gemacht. Bei sehr starkem Wind wartete ich im Auto auf die hereinbrechende Nacht. Ans Beobachten mit dem Instrument war nicht zu denken, das Auto bot zu wenig Windschutz. Plötzlich, wie auf Knopfdruck legten sich die Winde. Eine unbeschreibliche Stille und Wucht des Firmaments herrschten. Die Gasnebel machten einen plastischen, 3-dimensionalen Eindruck. Unglaublich der Orion-Nebel! Die Sterne zeigten kein Halo, superscharf trotz leicht verstaubtem Spiegel. Freude am selbst gemachten Instrument kam auf. Auch die feineren Sternbilder waren auf Anhieb mühelos bis in die feinsten Verästelungen erkennbar. Man hat hier oben gute Augen und eine bessere Optik als man meint. Ich war begeistert. Doch dann wurde es immer kälter und somit banger.
Der befürchtete Lastwagenverkehr mit Scheinwerfern blieb aus, kein einziges Fahrzeug kam vorbei und störte. Schliesslich kam die Stunde des Aufbruchs. Aber der Motor sprang nicht mehr an. Batterie zwar sehr gut, aber keine einzige Zündung nach -zig Versuchen. Wochen später sagte mir ein Taxifahrer: Logisch, Dieselmotor mit Kälte und Höhe kannst du vergessen. Ich hatte 2 Wolldecken und eine Rettungsfolie bei mir. Mehr nicht! Zuerst im Kühlschrank, dann im Eisfach und gegen Morgen ist das Auto eine Tiefkühltruhe. Ein Kollege hat mir gesagt, er hätte einmal gegen Morgen -30° gemessen, die Getränkeflasche ein Eisblock, also kein Morgenkaffee. Ich machte Anstalten den Wagen zu verlassen, um zum bolivianischen Grenzposten zu gehen, 12km zu Fuss. Ein Instinkt sagte nach wenigen hundert Metern, kehr um, bleib beim Wagen und mach immer wieder Sport, bis zur Morgendämmerung. Im Wagen angelangt, versuchte ich es nochmals, und ganz schwach gab der Motor ein Zeichen von sich, und siehe da, er erwachte wenige Minuten später. Wieder einmal Glück gehabt. Temperaturanzeige: -7°, und das bereits um 1 Uhr. Bei der Heimfahrt begegnete ich keinem einzigen Fahrzeug. Die Lastwagenchauffeure schliefen in ihrer Kabine am Fusse des Passes bei milden Temperaturen. Kein einziger wagte offenbar die nächtliche Ueberfahrt. So schön dieser Himmel und das Ambiente dort oben ist, ich wagte es auch nicht mehr.
Warten auf das Einbrechen der Dunkelheit......
Der Dobson kennt keine Startschwierigkeiten, funktioniert immer.
Talabre, paso Huaytiquina
Erfreulicherweise hatte der chilenische Staat die Erdstrasse inzwischen frisch gewalzt und man konnte problemlos noch etwas weiter fahren als bis zum Indianerdorf Talabre. Ich beobachtete in der Folge auf einer Höhe von 3900m, alles viel angenehmer als vorher. Immer windstill des Nachts und das bei Temperaturen im knappen Plusbereich. Man hatte hier oben auch kein Fremdlicht mehr zu beklagen. Also endlich hatte ich meinen Beobachtungsplatz gefunden in diesem Chile!
Die Gegend begeisterte mich dermassen, dass ich am Tag hier wandern ging. Immer wieder, bis die Indianer das registriert hatten und sich zu beklagen begannen: Das ist unser Land, sie dürfen hier weder parkieren, noch wandern und auch nicht Sterne beobachten…. So der Tenor einiger Hirten.
Zum Glück hatte ich einen guten Draht zum Alcalde, vom letzten Jahr noch und er verschaffte mir eine schriftliche Bewilligung, die er aber nicht gratis ausstellte.(Seine Frau meckerte im Hintergrund, er solle mehr verlangen.) Immerhin konnte ich bleiben.
Sternbild Puma
Im Verlauf des Gespächs kam auch das Thema Puma auf die Traktandenliste. Ist er ein Problem? Nein, er greife nur nachts die Herde an und erledige immer nur ein einziges Tier, fresse die Brustpartien heraus und verschwinde dann. Pro Jahr komme das etwa einmal vor. Das sei tolerierbar. Er sei häufig hier, Pfotenspuren auch im Dorf keine Seltenheit. Am Tag menschenscheu. Meine sofortige Frage: Und nachts? Er wiegt mit dem Kopf hin und her und sagt: Weiss ich nicht.
Einige Nächte später suche ich bei Höchstvergrösserung in der Kleinen Magellanschen Wolke nach Kugelsternhaufen und werde nicht fündig im Unterschied zur GMW. Plötzlich wird die majestätische Stille und Erhabenheit des sichtbaren Kosmos unterbrochen von einem überdeutlichen Rascheln aus nächster Umgebung. Mit einem Satz rase ich ins Auto und schlage sofort die Türe zu, damit nicht wie im Horro-Saurierfilm das Untier noch im Autoinnern zubeissen kann… Was war das? Ich überlege kühl: Für eine Ratte eindeutig zu laut, der Fuchs ist absolut lautlos, sonst gibt’s nie eine Maus, Herdentiere liegen und ruhen nachts, bleibt nur noch was?
Das strahlende Firmament bewirkt beim Menschen ein seelisches Gleichgewicht, man ist mit sich und der Umwelt zufrieden, das hat irgendwie Kant gespürt mit seinem bekannten Philosophem : Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit zunehmender Bewunderung, der gestrirnte Himmel über mir….. etc. Nach wenigen Minuten war bei mir innerlich der Spuk wieder vorbei und ich konnte seelenruhig weiterbeobachten.
Das Problem liegt weniger bei diesen wilden Tieren. Zu denken geben die sozialen Spannungen, die immer weitere Teile der chilenischen Bevölkerung erfasst haben und zu einer gefährlichen Polarisierung geführt haben. Das könnte dem künftigen Chile- Beobachter den Strich durch die Rechnung machen.
Grüsse Emil