First Light mit nachgebessertem Seben Big Boss

  • Beobachtungsnacht 18./19. Juni 2005, Heidelberg


    Nach nachmittäglichem Spiegelausbau und Lüftungsverbesserungen meines Seben 150/1400 (der Spiegel lag auf zwei Schaumstoffmatten, die ich entfernte und durch Korkscheibchen zwischen Spiegel, Rückwand und Tubenausgang ersetzte; nun zirkuliert die Luft rund um den Spiegel) sowie erforderlicher Nachjustage (geht auch beim kadatioptischen Gerät mit ein bisschen Übung gut, wenn man die Barlowlinse vom Okular abschraubt während der Kollimation - später natürlich wieder drauf machen, weil sonst Fokussieren ummöglich ist) war ich sehr gespannt, ob die Verbesserungen tatsächlich wirken. Hinzu kommt, dass ich neulich schon den Tubus mit mattschwarzer Fotopappe ausgekleidet hatte. Bei geschätztem Seeing auf meinem abgedunkelten Vorstadtbalkon von ca. 5,2mag vor und vielleicht 5,8mag nach Monduntergang (gemessen an der Umgebung von Gamma und Beta Lyrae) hatte ich mir zunächst aber ein recht aussichtsloses Objekt gewählt: Den Kometen Tempel 1, der sich um diese Zeit rund 2,5° nördlich von Theta Virginis aufhielt: bei ca. 9,5mag Helligkeit waren in diesem vom Mond (er stand, ca. 11 Tage alt - Gassendi schön beleuchtet -, in der benachbarten Waage) doch ziemlich erhellten Teil des Himmels nicht mehr als Punkte zu orten, von denen einer der Komet gewesen sein könnte... Mehr war da für mich nicht auszumachen, trotz mehrfacher vorheriger Abkühlung des Balkons mit kaltem Wasser. Die Luft war 1a!
    Nächstes Ziel: M4, den ich bei 56x nur als Punkt sah und mich wunderte, dass da nicht mehr ist. Später las ich, dass dieser Kugelhaufen der kompakteste sein soll, den man kennt: Habe also - von der Neugier des wilden Hin- und Herspechtelns im bislang weniger bekannten Gebiet erfasst - verpasst, ihm mit 215x auf den Leib zu rücken. Naja: Auch das Augen-Wandern hat Spaß gemacht, und es soll ja noch schön bleiben die nächsten Nächte! Die Ungeduld trieb mich weiter zum "Diadem" (bei M53) und zu M13, an dem ich die Verbesserungen meines Skopes nun wirklich testen wollte: Und tatsächlich, was bisher nur Griespudding ähnlich sich an den Rändern aufgelöst hatte, war nun klar und deutlich, selbst der Kern wies diverse Nadelstich-Strukturen auf. Die relativ einfachen Nachbesserungen des "Big Boss" haben sich also gelohnt!
    Im Schützen blieb ich dann in der Laggon-Nebel-Gegend hängen, die ich noch nicht kannte. Interessante Formation und zwei deutliche helle Flecken mit reicher Struktur bei 56x und 70x Vergrößerungen. Auch mit Plössl 6,5mm (215x) noch sehr schöne Details, wenn auch zunehmend lichtschwächer. Nebel sind für meinen Beobachtungspunkt eine große Herausforderung, da sehr viel städtisches Streulicht die Sache erschwert. Bei größt möglicher Abschottung bzw. einem schwarzen Tuch überm Kopf plus Breitband-Nebelfilter war bei 70x/112x Vergrößerung am meisten rauszuholen.
    Da mir der Schütze an sich auch noch recht unbekannt ist, wanderte ich auch hier genüsslich hin und her bei kleinster Vergrösserung am Skope und mit meinem 25x50-Spektiv. An einem Kugelhaufen, der sehr flüchtig war (über 112x sinnlos), kaum einen helleren Kern hatte und sich nur ganz schwach auflöste am Rand (sonst nur Watte gesehen) blieb ich hängen - ehrlich: ohne genau zu wissen, welcher es war. Die Haufen liegen im Schützen ja rum wie die Nadeln im Heuhaufen. Ich war in Richtung M23 gezogen, aber dieser kann's ja nicht gewesen sein. Vielleicht NGC 6440? Ich machte wie gewohnt meine Zeichnung mit drei recht markanten Sternen drumherum. Vielleicht gelingt es mir später mal, ihn zu identifizieren.
    Gegen 3:40 Uhr verschwanden schon die ersten Sterne, und im Nordosten wurde der Himmel stetig heller. Mars kann ich leider noch nicht beobachten, da der Osten für mich nicht einsehbar ist; dito derzeit Capricornus und Aquarius, wo sich Neptun und Uranus tummeln. Muss also noch etwas warten, bis Mars zumindest hoch genug übern Berg kommt. Dagegen konnte ich wenig später meine drei Peil-Kirchtürme im ersten Sonnenlicht erstrahlen sehen: Vor allem der am weitesten entfernte in Ketsch (ca. 12,92 Kilometer Entfernung) war bisher auch früh morgens kaum mehr denn als Umriss erkennbar gewesen, der immer wilder in der Luft flackerte, je mehr man ihn vergrößerte. Jetzt aber konnte ich deutlich Details am neoromanischen Bauwerk erkennen und auch das Ziffernblatt der Turmuhr. Die Zeiger allerdings sind so dünn, dass ich die Zeit nicht ablesen konnte. Anders beim zweitnächsten in Plankstadt (ca. 7,93 km Entfernung): 215x und sogar 350x war möglich und das Ziffernblatt lesbar - 5:45 Uhr! Beim ersten Turm in fast 2 km Entfernung ist die Trennung der römischen Ziffern auch bei schlechteren Bedingungen problemlos. Dann aber noch der ultimative Tageslicht-Lufttest: das ca. 40 km weite Hambacher Schloss auf der anderen Seite der Rheinebene! Bei 215x ein leicht waberndes helles Quadrat mit leichten Ausbuchtungen vor dem dunklen Hintergrund des Pfälzer Waldes.
    Gruß Matthias

  • Hallo Matthias,
    sehr schöner Beobachtungsbericht.
    Da hast du ja eine erlebnisreiche Nacht hinter dir.
    Zu M4 er ist ein sehr lockerer Haufen Klasse 9 und 18' groß, bin mir sicher du hast ihn mit einem hellen Stern oder vielleicht M 80? verwechselt.
    Probier es nochmal!
    Von Antares einfach ein Stück nach rechts, sieht man schon im Ferhnglas als Kugelsternhaufen.
    Viel Erfolg und weiter so
    Bernhard

  • hallo nemo,
    werde es auf jeden fall noch mal versuchen. als solchen habe ich den punkt, der mit antares und sigma scorp. eine gleichschenkliges dreieck bildet, schon gesehen, nur als kugelhaufen habe ich ihn nicht wahrgenommen. vielleicht war ich zu "verhuscht". beim nächsten mal nehme ich mir mehr zeit.

  • Hallo Matthias,
    ein sehr schöner Bericht, der mich noch neugieriger auf den "Big Boss" macht.


    Bei Gelegenheit muß ich unbedingt mal bei einem durchsehen.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: donald</i>
    <br />Bei Gelegenheit muß ich unbedingt mal bei einem durchsehen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    hallo donald,
    weiß nicht, ob man unbedingt durch den big boss hindurchgesehen haben muss, wenn man andere geräte kennt und/oder zur verfügung hat. doch das als "gurke" bekannte gerät hat glaube ich ein paar möglichkeiten für jene, die diese kompakte tonne nunmal zuhause stehen haben und sich den spaß nicht nehmen lassen wollen. gruß matthias

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