Cherenkov Telescope Array South kommt zum Paranal

  • <b>Der Generaldirektor der ESO und der Geschäftsführer des Cherenkov Telescope Array (CTA)-Observatoriums haben eine Vereinbarung unterzeichnet, die für die Errichtung des CTA-Felds der südlichen Hemisphäre in der Nähe des Paranal-Observatoriums der ESO in Chile erforderlich ist. Darüber hinaus haben die chilenische Regierung und die ESO eine Übereinkunft geschlossen, die es der ESO ermöglicht, dieses neue Teleskop am Standort des Paranal-Observatoriums der ESO zu errichten. Dadurch erhält das ambitionierteste Gammastrahlen-Observatorium der Welt nicht nur Zugang zu den unberührten Beobachtungsbedingungen Chiles, sondern auch zu der hochmodernen Infrastruktur, dem Fachwissen und den Einrichtungen der ESO. Die ESO wird die Anlage im Auftrag des CTA-Observatoriums und seiner Mitglieder betreiben.</b>


    Das Cherenkov Telescope Array (CTA) ist das erdgebundene Instrument der nächsten Generation zur Detektion von sehr energiereicher Gammastrahlung mit Standorten sowohl auf der Süd- als auch auf der Nordhalbkugel. Die Gammastrahlung ist eine elektromagnetische Strahlung mit sehr hoher Energie, die von den heißesten und extremsten Objekten des Universums ausgestrahlt wird – supermassereichen Schwarzen Löchern, Supernovae und vielleicht sogar Überresten des Urknalls.


    Am 19. Dezember 2018 traf Federico Ferrini, Geschäftsführer der Cherenkov Telescope Array Observatory (CTAO), mit dem Generaldirektor der ESO, Xavier Barcons, in den ESO-Büros in Santiago, Chile. Zusammen mit dem Betriebsleiter der ESO, Andreas Kaufer, und anderen ESO-Mitarbeitern unterzeichneten sie die Vereinbarung über den Bau und Betrieb der südlichen CTA-Anlage innerhalb des Paranal-Standortes der ESO in Nordchile.


    Die stellvertretende chilenische Außenministerin Carolina Valdivia Torres und der Generaldirektor der ESO unterzeichneten ebenfalls die Vereinbarung, die es der ESO ermöglicht, CTA-Süd am Standort des Paranal-Observatoriums als ein ESO-Programm aufzunehmen.


    Ein drittes Abkommen wurde bereits am 17. Dezember 2018 zwischen der chilenischen Nationalen Kommission für Wissenschaft und Technologie (CONICYT) und CTAO unterzeichnet. Dieses Kooperationsabkommen zielt auf die Förderung der astronomischen Forschung in Chile ab und nutzt die Öffnung eines neuen Beobachtungsfensters, wie es durch CTA-Süd ermöglicht wird.


    Mit diesen drei Vereinbarungen kann das CTAO mit dem Bau der südlichen Anlage beginnen. Das Instituto de Astrofísica de Canarias wird das Array der Nordhalbkugel des CTA im Observatorio del Roque de los Muchachos auf der Insel La Palma, Spanien, beherbergen. Der Baubeginn für die nördlichen und südlichen Arrays wird für 2020 erwartet.


    „Der Betrieb des CTA am Paranal wird den Astronomen in den ESO-Mitgliedstaaten, Chile und weltweit ein neues Fenster zum Universum öffnen“, kommentierte der Generaldirektor der ESO, Xavier Barcons. „Die reiche Erfahrung der ESO bei der Wartung und dem Betrieb von Teleskopen in abgelegenen Gebieten wird für das CTA-Projekt von unschätzbarem Wert sein.“


    Der südliche Standort des CTA liegt nur 11 Kilometer südöstlich von der Position des Very Large Telescope am Paranal Observatorium der ESO in der Atacama-Wüste und nur 16 Kilometer von der Baustelle des kommenden Extremely Large Telescope entfernt. Dies ist eine der trockensten und isoliertesten Regionen der Erde – ein astronomisches Paradies. Neben den idealen Bedingungen für die ganzjährige Beobachtung bietet die Installation von CTA am Paranalobservatorium die Vorteile der Infrastruktur der ESO. Die bestehenden Infrastrukturen und Einrichtungen sowie die langjährige Erfahrung der ESO bei der Leitung internationaler astronomischer Projekte in Chile werden den Bau und Betrieb der neuen Teleskopanlage unterstützen.



    Diese Illustration zeigt alle drei Klassen der 99 Teleskope, die für die Südhalbkugel am Paranal-Observatorium der ESO geplant sind. Die Darstellung ist keine genaue Repräsentation des endgültigen Array-Layouts, veranschaulicht aber die enorme Größe der CTA-Teleskope und des Arrays selbst.


    „Dank der heute unterzeichneten Vereinbarungen wird das CTAO nicht nur vom spektakulären Nachthimmel Chiles profitieren, sondern auch von den Einrichtungen und der langjährigen Erfahrung der ESO, die einen unschätzbaren Beitrag zur Realisierung dieses ehrgeizigen Systems von Teleskopen leisten werden“, sagte Federico Ferrini. „Die Partnerschaft zwischen der ESO und dem CTAO wird der Grundstein für die schnell wachsende Ära der Multi-Messenger-Astrophysik sein und die Möglichkeit bieten, mit anderen großen Infrastrukturen wie dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA), dem Square Kilometer Array (SKA) und modernsten Gravitationswellen-Interferometern weiter zusammenzuarbeiten.“


    Bereits existierende Tscherenkow-Teleskopfelder, die für sehr energiereiche Gammastrahlen empfindlich sind, bestehen nur aus einer Handvoll einzelner Teleskope. CTA – mit seiner größeren Sammelfläche und exzellenten Winkelauflösung – wird jedoch das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Teleskop der Welt sein. Es erkennt Gammastrahlung mit beispielloser Genauigkeit und ist 10-mal empfindlicher als alle seine Vorgänger.


    Obwohl die Erdatmosphäre verhindert, dass Gammastrahlen an die Oberfläche gelangen, werden die Spiegel und Hochgeschwindigkeitskameras des CTA die kurzlebigen Blitze der schauerlichen blauen Tscherenkow-Strahlung einfangen, die bei der Interaktion von Gammastrahlen mit der Erdatmosphäre entsteht. Durch den Nachweis dieses Tscherenkow-Lichts können die Wissenschaftler die Gammastrahlung bis zu seiner kosmischen Quelle zurückverfolgen.


    Die wissenschaftliche Bandbreite des CTA ist sehr groß: vom Verständnis der Rolle relativistischer kosmischer Teilchen bis hin zur Suche nach dunkler Materie. Das CTA wird das extreme Universum erforschen und Umgebungen in unmittelbarer Nähe von Schwarzen Löchern bis hin zu den kosmischen Hohlräumen auf den größten Skalen untersuchen. Es kann sogar zu einer völlig neuen Physik führen, da es die Natur von Materie und Kräften über das Standardmodell hinaus untersucht.


    CTA wird an zwei Standorten, einem in jeder Hemisphäre, tätig sein, um die Abdeckung des Nachthimmels zu maximieren. Nach Abschluss des Baus wird das CTAO 19 Teleskope auf der Nordhalbkugel – angesiedelt am Observatorio del Roque de los Muchachos auf der Insel La Palma auf den Kanarischen Inseln – und 99 Teleskope auf der Südhalbkugel umfassen.


    Mehr als 1400 Wissenschaftler und Ingenieure aus Ländern auf fünf Kontinenten beschäftigen sich mit der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung des CTA. Die Gesellschafter der jetzigen juristischen Person – CTAO gGmbH – sind die Vertreter von Ministerien und Fördereinrichtungen aus Australien, Österreich, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Japan, Slowenien, Südafrika, Spanien, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich [1]. Derzeit bereiten sie sich auf die Gründung eines European Research Infrastructure Consortium – des CTAO ERIC – vor, das dann die riesige Sternwarte bauen wird. Das ERIC wird sich aus den Mitgliedstaaten des CTAO und den assoziierten Ländern zusammensetzen.


    Fußnote
    [1] Die Niederlande und Südafrika beteiligen sich an der CTAO gGmbH als Beobachter


    Weitere Infos, eine Tonne Bilder und Videos auf den Seiten der ESO unter https://www.eso.org/public/germany/news/eso1841/, beim Max-Planck-Institut für Physik unter https://www.mpp.mpg.de/aktuell…suedhemisphaere-in-chile/ und beim Max-Planck-Institut für Kernphysik unter https://www.mpi-hd.mpg.de/mpi/…-cta-sued-unterschrieben/

  • Absolut faszinierende Geschichte... solche Projekte übersteigen immer mein Vorstellungsvermögen, was da in interdisziplinärer Planung und Arbeit zusammenkommt. Genial allenfalls. :)


    lg
    Niki

  • Schoen zu sehen, wie das CTA zur Realitaet wird. Ich habe bereits vor einigen Jahren eines der zwei Designs fuer die kleinen Teleskope gerechnet. Ein Prototyp davon steht in Meudon/Paris, und es sieht so aus, dass ca. 30 dieser Teleskope nach diesem Design gebaut werden koennten.


    "Klein" hiesst im gammastrahlenastronomischen Dialekt eine Oeffnung von lediglich vier Metern. Im Unterschied zu Einspiegelsystemen, die "Pixel" mit ca. 2.5cm Kantenlaenge aus Fotomultipliern im Primaerfokus mit Licht beliefern, hat das zweispiegelige Schwarzschild-Coudersystem einen Detektor mit 6.5mm-Pixeln aus Halbleitern.


    Waehrend die alten Fotomultiplierkameras tonnenschwer sind, Hochspannung benoetigen und bei Ueberbelichtung kaputt gehen koennen, ist die neue Kamera viel robuster und so leicht, dass eine Person sie tragen (okay, zumindest schleppen) kann. Allerdings muss der Plattenmuassstab aufgrund der kleineren Pixel reduziert sind.


    Das liefert das Schwarzschild-Couder-System. Ein 4m-Spiegel mit der Form eines geradzahligen Polynoms 16-ter Ordnung reflektiert das Licht zu einem ebenfalls konkaven Fangspiegel mit 2m Durchmesser (ebenfalls polynomial). Die Fokalebene mit einem Kruemmungsradius von 1m wird zwischen Haupt- und Fangspiegel erreicht. Wie bei einer Schmidtkamera befindet sich der Detektor so mitten im Teleskop. Die Pixel befinden sich auf Kacheln, die auf einer Kugelkalotte angebracht sind und so der Bildfeldkruemmung folgen.


    Die Detektorpixel werden konstant ausgelesen. Die Daten werden nur kurz gespeichert und dann geloescht, ausser es wird ein Ereignis detektiert. In dem Fall wird das Ereignis gespeichert. Wird das Ereignis von mehreren Teleskopen gleichzeitig registriert, laesst sich die Trajektorie des Teilchenschauers in der Atmosphaere rekonstruieren und damit laesst sich die Quelle am Himmel zuordnen. Insofern gehoert die Erdatmosphaere zwingend zum CTA dazu - auf dem Mond waere es sinnlos.


    Die optischen Daten mit 4m Oeffnung und f/0.6 stellen auf den ersten Blick einen Traum fuer den Astrofotografen dar. Aber halt! Die Halbwertsbreite einer Punktabbildung betraegt 2.5 Millimeter (NICHT Mikrometer), also etwa 1000-mal schlechter als die Beugungsgrenze. Fuer die typische Ausdehnung eines Teilchenschauers am Himmel ist das belanglos.

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