Hallo zusammen,
in Scientific American erschien kürzlich ein interessanter Artikel, der im Titel die die Frage stellt ob Dunkle Materie real ist:
https://www.scientificamerican…icle/is-dark-matter-real/ **
Wer nun wie häufig bei solchen Artikel, ein Nein erwartet wird enttäuscht.
Vielmehr stellt der Artikel erst sehr ausführlich die Erfolge, aber auch die z.T. schwerwiegenden Probleme sowohl des Standardmodels der Kosmologie als auch der alternativen Modelle mit modifizierter Gravitation dar. Modifizierte Gravitation funktioniert besser auf der Skala der Galaxien, anderseits versagt sie bei der korrekten Beschreibung der Bewegung in Galaxienhaufen und des Universums als Ganzem und passt nicht gut zur allgemeinen Relativitätstheorie. Dort punktet das Standardmodel mit Dunkler Materie und ist wie der Name schon sagt trotz Problemen und offener Frage das etablierte Model. Doch gerade neue Beobachtung wie die Bewegung von und innerhalb Satellitengalaxien fordern das Standardmodell heraus. Hier liefern Modell der modifizierten Gravitation eine schlüssige Beschreibung.
Im zweiten Teil des Artikel wird nun für ein Model geworben, dass die beiden Konzepte verbindet, im Kern jedoch ein Modell der Dunklen Materie bleibt. Sie hat ganz spezielle, ungewöhnliche Eigenschaften, denn sie maskiert auf der Skala der Galaxien das empirisch sehr erfolgreiche Model der modifizierten Gravitation, neuerdings als 'Milgroms Law' bezeichnet. Die unerwartete schnelle Rotation der Galaxien wird in diesem Modell nicht mit verstärkter Gravitation in Verbindung gebracht, sie resultiert vielmehr vorrangig aus der besonderen Eigenschaft der Dunklen Materie, sie ist supraflüssig, d.h. sie fliest ohne Reibung, zumindest in Galaxien und wechselt zusätzlich durch ihre Anregungen (Phononen) mit der baryonischen Materie. In Galaxienhaufen ist nur ein kleiner Teil der Dunklen Materie im suprafluiden Zustand - Dichte und Temperatur erlauben es nicht überall ein Bose-Einstein-Kondensat zu bilden - dies erklärt warum die modifizierten Gravitation die Bewegung in Galaxienhaufen nicht erklären können.
Der Artikel schließt mit dem Appell, solchen und anderen alternativen Modellen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, denn das klassische Standardmodel der Kosmologie, an dem gegenwärtig die große Mehrzahl Wissenschaftler arbeiten stecke in einer Krise. Neue Geräte, wie das Large Synoptic Telescope werden Vorhersagen der verschiedenen Modelle genau prüfen können wenn sie demnächst in Betrieb gehen. Vielleicht überraschend, einer der Autoren, Stacy McGaugh, gilt seit vielen Jahren als einer der Protagonisten der modifizierten Gravitation.
Wen das Thema, die bisweilen schwer verdauliche Kost interessiert, hier ein paar weiter Links:
https://www.spektrum.de/news/i…suprafluessigkeit/1516463 , dieser Artikel ist keine Übersetzung des o.g. Artikels in Scientific American
Dynamik in Galaxien:
http://www.pro-physik.de/detai…uer_Scheibengalaxien.html
Zu Dunkler Materie, Stichwort dark sector
https://www.nature.com/scienti…tificamerican0715-32.html
Detaillierte Beschreibung der suprafluiden Dunklen Materie und der bisher recht vielversprechende Vergleiche mit diversen Beobachtungen:
https://arxiv.org/abs/1711.05748
beste Grüße
Thomas
** viele öffentliche Bibliotheken führen Scientific American, vielleicht folgt auch demnächst eine Übersetzung in Spektrum der Wissenschaft